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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 29.08.2007
Aktenzeichen: 12 U 16/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 282
ZPO § 296 Abs. 2
ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 524 Abs. 4
ZPO § 529
ZPO § 531 Abs. 1
ZPO § 533
ZPO § 533 Nr. 2
BGB § 366 Abs. 2
BGB § 396 Abs. 1
BGB § 556
Werden Ableseprotokolle über den Verbrauch von Heizeinheiten und Wasser nicht vom gewerblichen (Zwischen-) Mieter, sondern von Dritten unterzeichnet, denen der (Zwischen-) Mieter mit Kenntnis und Billigung des Vermieters die Räume überlassen hat, so muss sich der Mieter derartige Erklärungen nicht ohne weiteres zurechnen lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mieter nicht über den Zeitpunkt der Ablesung rechtzeitig informiert wurde und die Endnutzer der deutschen Sprache nicht oder nur unzureichend kundig sind.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 U 16/07

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, den Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und die Richterin am Kammergericht Zillmann am 29. August 2007 beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Berufungsklägerin erhält gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden. Zusätzlich ist noch auf Folgendes hinzuweisen:

1. Das Landgericht ist in der angegriffenen Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin Ansprüche auf Heizkostennachzahlung für die Jahre 2001 und 2002 nicht verlangen kann.

Sie hat für die Richtigkeit der von ihr vorgelegten Ablesebelege bzw. für das Jahr 2001 der vorgelegten Ableseliste hinsichtlich der Heizeinheiten und der Wasserzählerstände keinen Beweis angeboten.

a) Soweit die Klägerin für den Ablesezeitraum 2002 Ablesebelege des Unternehmens nnnn vorlegt, haben die Beklagten bestritten, dass diese Werte tatsächlich abgelesen wurden und mit Schriftsatz vom 19. September 2006 im Einzelnen ausgeführt, dass und weshalb die Abrechnungen inhaltlich unrichtig seien.

Auf das Zeugnis der Hausverwalterin konnte sich die Klägerin, wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, bereits deshalb nicht berufen, weil diese unstreitig bei den einzelnen Ablesevorgängen nicht anwesend war und weder vorgetragen, noch ersichtlich ist, weshalb sie sonst die Richtigkeit der abgelesenen Daten sollte bestätigten können.

Soweit die Klägerin mit der Berufung die Auffassung vertritt, die Beklagten müssten sich die Bestätigung der Ableseprotokolle durch die Nutzer der Wohnungen zurechnen lassen, da sie diesen die Wohnungen überlassen und sie damit jedenfalls bevollmächtigte hätten, einfache Erklärungen wie die Bestätigung von abgelesenem Heizkostenverbrauch abzugeben, verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg.

Der vorgelegte Beleg für die Wohnung 03 ist bereits nicht unterzeichnet.

Soweit die Klägerin für die Wohnungen 04, 05 und 012 Belege vorlegt, die von den damaligen Nutzern der Wohnung unterzeichnet wurden, führt dies jedoch weder zu einem den Beklagten gegenüber wirksamen Anerkenntnis, noch ergibt sich daraus eine Umkehr der Beweislast.

Zwar wird dem Ablesebeleg, wenn er von dem Mieter gegengezeichnet wird, insoweit ein Beweiswert beigemessen, als sich aus ihm eine Umkehr der Beweislast ergibt, der Mieter also im Fall des erst nachträglichen Bestreitens der Richtigkeit der abgezeichneten Werte die Beweislast für deren Unrichtigkeit hat (vgl. Schumacher, Das Verschwinden des Ablesebelegs?, WuM, 2005, 509 m. w. N.).

Im Streitfall sind die Ableseprotokolle jedoch nicht von den Mietern der Klägerin, sondern von Dritten, denen die hiesigen Beklagten als Mieter die Wohnung mit Kenntnis und Billigung der Vermieterin zur Nutzung überlassen hatte, abgezeichnet und diesen ausgehändigt worden.

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Bevollmächtigung dieser Nutzer weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist.

Die von der Berufung insoweit vorgebrachten Argumente vermögen den Senat nicht zu überzeugen. Wenn der Vermieter Kenntnis darüber hat, dass die abzurechnende Wohnung vertragsgemäß nicht von seinem Mieter genutzt wird, so ist es erforderlich und auch zumutbar, das Ableseunternehmen darauf hinzuweisen, dass das Anbringen einer Benachrichtigung lediglich im Hausflur ohne vorherige Unterrichtung des Vermieters über den Zeitpunkt der Ablesung in diesem Fall nicht ausreichend ist.

Der Vermieter muss nämlich dafür Sorge tragen, dass der Mieter über den Zeitpunkt der Ablesung informiert wird, damit er gegebenenfalls veranlassen kann, selbst oder durch einen Vertreter bei der Ablesung anwesend zu sein. Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - die Überlassung der Wohnung unstreitig an Personen erfolgte, die der deutschen Sprache nicht, oder nicht in ausreichendem Maße kundig waren.

Ist dem Mieter der Zeitpunkt der Ablesung bekannt gegeben worden und überlässt er die Gegenzeichnung der Protokolle den Nutzern der Wohnung, so kann in dieser Verfahrensweise wie von der Berufung argumentiert, eine Bevollmächtigung gesehen werden.

Dies ist vorliegend unstreitig jedoch nicht erfolgt. Die Klägerin trägt vielmehr selbst vor, dass auch die Vermieterin und mithin auch die Beklagten als Mieter keine Kenntnis von dem Ablesetermin hatten.

Im Hinblick auf die von den Beklagten substantiiert vorgebrachten Zweifeln an der Steigerung der Kosten für Heizung, Warmwasser und Kaltwasser, die sich nach deren unbestrittenem Vorbringen auf Werte von 71,96 % bis zu 347,98 % beliefen, wäre es Aufgabe der Klägerin, die Abrechnungs-ergebnisse nachvollziehbar darzulegen und für deren Richtigkeit Beweis anzubieten.

b) Für das Jahr 2001 liegen bereits keine Ablesebelege vor, so dass die diesbezüglich in die Abrechnung eingestellten Verbrauchsdaten nur aus der Ableseliste übernommen werden könnten, zu denen die Beklagten seitens der Klägerin nicht widerlegte Einwände erhoben hatte.

Ob das Landgericht seiner Hinweispflicht nach § 139 ZPO nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist kann dahinstehen, da die Klägerin auch mit der Berufungsbegründung keinen weiteren Beweis angeboten hat, da sie insoweit vorträgt, bei einem entsprechenden Hinweis des Landgerichts hätte sie für die inhaltliche Richtigkeit der Heizkostenablesebelege den Zeugenbeweis des Mitarbeiters "NN" angeboten. Dies stellt keinen ordnungsgemäßen Beweisantritt dar.

c. Das Vorbringen zu § 556 BGB ist nicht weiterführend, da die Norm nur für Wohnraummietverhältnisse gilt, im Verhältnis zwischen Klägerin und den Beklagten jedoch ein gewerbliches Mietverhältnis begründet worden ist.

2. Keinen Erfolg kann die Berufung auch haben, soweit sie die durch das Landgericht als wirksam angesehene Aufrechnung der Beklagten in Höhe von 987,31 EUR und 147,12 EUR angreift. Die Berufung bringt gegen die zur Aufrechnung gestellten Ansprüche der Beklagten nichts vor. Soweit sie allein rügt, dass Landgericht habe nicht dargelegt, gegen welche Teile der zugesprochenen Klageforderung die Aufrechnung durchgreifen solle, ist dies unschädlich. Dies ergibt sich mangels Aufrechnungsbestimmung der Beklagten aus § 396 Abs. 1 BGB i.V.m. § 366 Abs. 2 BGB.

3. Mit Zurückweisung der Berufung verliert die Anschlussberufung nach § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirksamkeit, so dass über sie nicht mehr zu entscheiden ist.

Unabhängig davon dürfte der Anschlussberufung der Erfolg jedoch auch deshalb zu versagen sein, weil das Vorbringen der Beklagten zu den Kautionsansprüchen in erster Instanz zu Recht gemäß den §§ 282, 296 Abs. 2 ZPO teilweise zurückgewiesen worden ist. Damit bleibt es für die Berufungsinstanz nach § 531 Abs. 1 ZPO weiterhin ausgeschlossen und kann auch nicht über § 533 ZPO eingeführt werden, weil dieses Vorbringen wegen seines erstinstanzlichen Ausschlusses nicht gemäß § 529 ZPO der Entscheidung zugrunde zu legen ist, § 533 Nr. 2 ZPO.

4. Der Klägerin wird anheim gestellt, die weitere Durchführung der Berufung zu überdenken.

Ende der Entscheidung

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