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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 18.12.2003
Aktenzeichen: 12 U 54/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 765 Abs. 1
BGB § 767 Abs. 1 Satz 1
BGB § 776
BGB § 117
Da ein jeder Vertrag die Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen voraussetzt, ist zur substantiierten Darlegung eines streitigen Vertragsschlusses zumindest erforderlich, dass vorgetragen wird, welche Personen welche Willenserklärungen - ausdrücklich oder konkludent - abgegeben haben; wird dies dem Gericht nicht mitgeteilt, so fehlt dem Gericht die Grundlage für die Prüfung der Frage, ob Tatsachen behauptet werden, die geeignet sind, einen Erlass- oder Aufhebungsvertrag als abgeschlossen erscheinen zu lassen; die Vernehmung von Zeugen über die angebliche Entlassung aus der Bürgschaftsverpflichtung ist daher nicht angezeigt. Die Grundsätze der Sittenwidrigkeit einer Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung des Bürgen oder Mithaftenden, der - ohne eigenes wirtschaftliches Interesse - nur aus persönlicher, enger emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernimmt, sind nur anwendbar, wenn die vom Bürgen behauptete "emotionale Verbundenheit" auf einer Beziehung beruht, die einer Ehe, Verlobung, nichtehelichen Lebensgemeinschaft, geschwisterlichen Beziehung oder einem Eltern-Kind-Verhältnis gleichkommt.

Wird das Darlehenskonto als Kontokorrent geführt mit der Folge eines Saldoanerkenntnisses, kann sich die Bank zur Darlegung der Hauptschuld auf das Saldoanerkenntnis berufen, was wiederum zur Beweislastumkehr - auch im Verhältnis zwischen Bank und Bürgen - führt.


KAMMERGERICHT Im Namen des Volkers

Geschäftsnummer: 12 U 54/02

Verkündet am: 18. Dezember 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß sowie die Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und Spiegel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 18. Dezember 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin - 19 O 284/01 - wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1. der angefochtenen Entscheidung wie folgt lautet:

Der Beklagte wird verurteilt, an den klagenden Insolvenzverwalter 40.903,35 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2000 zu zahlen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand: Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 18. Dezember 2001 verkündete Urteil des Landgerichts, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Mit Beschluss vom 31. August 2002 hat das Amtsgericht Charlottenburg zum Aktenzeichen 101 IN 2398/02 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der klagenden Bnn Bnn AG (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) eröffnet und den im Rubrum genannten Rechtsanwalt zum Insolvenzverwalter bestimmt. Dieser hat den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 16. Juni 2003 als Kläger und Berufungsbeklagter aufgenommen.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags trägt der Beklagte zur Begründung seiner Berufung u. a. vor:

Das Landgericht habe seinen Vortrag zum Teil übersehen und deshalb zu Unrecht keinen Beweis über seine Behauptung erhoben, er sei aus einer etwaigen Bürgenhaftung wieder entlassen worden, da die Insolvenzschuldnerin es akzeptiert habe, dass an seine Stelle seine Ehefrau als Treuhänderin bzw. Strohfrau getreten sei.

Der Insolvenzschuldnerin sei klar gewesen, dass Treuhänder des Herrn Schnn diejenigen werden, die tatsächlich ins Handelsregister eingetragen werden bzw. sind.

Das Landgericht habe trotz seines Hinweises auf die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1997 (NJW 1998, 597) übersehen, dass die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Ehegatten- und Verwandtenbürgschaften vorliegend zu Gunsten des Beklagten anzuwenden seien. Er sei durch die Bürgschaft wirtschaftlich überfordert gewesen.

Das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass sein einfaches Bestreiten der Hauptforderung nicht ausreiche.

Zu Unrecht habe das Landgericht seinen Vortrag zur wirtschaftlichen Wertlosigkeit der Sicherungsmittel übergangen. Die von der Insolvenzschuldnerin freigegebene Papiermaschine sei zur Sicherheit für alle Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin übereignet worden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor zu 1. der angefochtenen Entscheidung lautet:

Der Beklagte wird verurteilt, an den klagenden Insolvenzverwalter 40.903,35 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2000 zu zahlen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung, die er für zutreffend erachtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung.

Ergänzend ist auszuführen:

1. Der klagende Insolvenzverwalter ist Partei Kraft Amtes und damit aktivlegitimiert. Der sich aus dem Schreiben der Pnnn Pnnnn Snnnn GmbH vom 6. Mai 2002 ergebende Verpfändung ändert hieran nichts, da der Kläger mit Schreiben dieser Firma vom 11. November 2003 namens und in Vollmacht der Pfandgläubigerin, der Ds Sn Linnn ermächtigt worden ist, die streitgegenständliche Forderung im eigenen Namen geltend zu machen und Zahlung an sich zu verlangen. Das für die gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche Eigeninteresse des Klägers ergibt sich aus dessen Stellung als Insolvenzverwalter der verpfändenden Insolvenzschuldnerin.

a) Auf die Frage, wann die Verpfändung erfolgt ist, ob diese wirksam war und ob Pfandreife eingetreten ist, kommt es vorliegend nicht an. In allen Fällen ist der Kläger - entweder als Insolvenzverwalter direkt oder als hierzu Ermächtigter - berechtigt, Leistung an sich zu verlangen.

b) Unerheblich ist auch, ob die Seitens der Insolvenzschuldnerin am 30. April 2002 erteilte "Vollmacht und Ermächtigung" infolge der Insolvenz erloschen ist. Mögliche Rechte der Dnnn Ss Lnnn ergeben sich nicht aus dieser Urkunde sondern aus der im Schreiben der Pnnnn Pnnnn Snnnn GmbH vom 6. Mai 2002 erwähnten Verpfändung. Diese ist aber - so sie erfolgt ist - trotz der Insolvenzeröffnung weiter wirksam. Auch die Wirksamkeit der mit Notarieller Urkunde vom 16. September 2003 seitens der Dnnn Sn Ls der Pnnn Pnnnn Snnnn GmbH erteilten Vollmacht wird von der Insolvenz nicht berührt.

c) Soweit der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 4. Dezember 2003 behauptet, die der Bürgschaft zugrunde liegende Forderung sei "schon vorher an die Landwirtschaftliche Rentenbank oder die Ennnnnn Dnnnnnnnnnnn t eG abgetreten worden, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich.

2. Zu Recht geht das Landgericht davon aus dass der Beklagte aus § 765 Absatz 1 BGB zur Zahlung von 40.903,35 EUR verpflichtet ist. Die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte haben am 23. April 1999 einen schriftlichen Bürgschaftsvertrag geschlossen.

3. Der Beklagte ist von der Insolvenzschuldnerin aus dieser Bürgschaftsverpflichtung nicht "wieder entlassen" worden. Für eine "Entlassung des Beklagten aus der Bürgschaft" wäre der Abschluss eines Erlass- oder Aufhebungsvertrages erforderlich gewesen. Dass ein solcher Vertrag zwischen ihm und der Insolvenzschuldnerin geschlossen worden ist, hat der Beklagte aber auch in zweiter Instanz nicht schlüssig dargelegt.

a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die i.V.m. einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen; genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; es ist Sache des Tatrichters bei der Beweisaufnahme, die Zeugen nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (so BGH v. 13.7.1998 - II ZR 131/97, NJW-RR 1998, 1409 m.w.N.). Da ein Erlass- oder Aufhebungsvertrages wie jeder Vertrag die Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen voraussetzt, ist zur substantiierten Darlegung eines solchen Vertragsschlusses zumindest erforderlich, dass vorgetragen wird, welche Personen welche Willenserklärungen abgegeben haben. Wird dem Gericht nicht mitgeteilt, welche Willenserklärungen (ausdrücklich oder konkludent) abgegeben worden sein sollen, so fehlt dem Gericht die Grundlage für die Prüfung der Frage, ob Tatsachen behauptet werden, die geeignet sind, einen Erlass- oder Aufhebungsvertrag als abgeschlossen erscheinen zu lassen.

b) Vorliegend beschränkt sich der Sachvortrag des Beklagten insoweit in beiden Instanzen auf die folgende Behauptung:

Zunächst sei er zwar als Kommanditist vorgesehen gewesen, im Ergebnis und im Einverständnis mit der Insolvenzschuldnerin sei jedoch an seine Stelle seine Ehefrau als "Strohfrau" getreten. Deshalb sei die von ihm abgegeben Bürgschaft am 2. Juli 1999 durch eine Bürgschaft seiner Ehefrau "ersetzt" worden, er sei mithin im Einvernehmen mit der Insolvenzschuldnerin jedenfalls aus einer etwaigen Bürgschaftsverpflichtung wieder entlassen worden. Am 12. Januar 2000 sei die von seiner Ehefrau gestellte Bürgschaft in den Geschäftsräumen der Insolvenzschuldnerin vernichtet worden.

Diesem Vortrag ist nicht zu entnehmen, welche Person im Namen der Insolvenzschuldnerin dem Beklagten gegenüber geäußert haben soll, die Insolvenzschuldnerin sei mit einer Aufhebung des Bürgschaftsvertrages bzw. mit einem Erlass der sich aus diesem ergebenden Schuld einverstanden. Dem Vortrag des Beklagten ist auch nicht zu entnehmen, wem gegenüber er ein solches Angebot angenommen haben will. Insbesondere da es sich bei der Insolvenzschuldnerin um eine Bank in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft handelt, die Willenserklärungen selbst nicht abgeben kann, ist die Angabe der die Willenserklärung abgebenden Person erforderlich. Ohne die Bekanntgabe dieser Person - sei es namentlich, sei es durch Beschreibung ihrer Funktion oder ihres Tätigkeitsfeldes - kann das Vorliegen einer im Namen der Insolvenzschuldnerin abgegebenen Willenserklärung nicht geprüft werden.

Es fehlt mithin vorliegend nicht an einer ausreichenden Darlegung weiterer Einzeltatsachen eines Vertragsschlusses, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen eines Zeugen erforderlich sind. Es fehlt vielmehr bereits die Darlegung des Vertragsschlusses selbst.

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die vom Beklagten geschilderte Motivlage nicht zutreffend ist. Es ist gerade nicht so, dass am 3. Mai 1999, dem Tag der Unterzeichnung der Bürgschaftserklärung durch den Beklagten, der Beklagte noch als Kommanditist "vorgesehen gewesen" sei. Vielmehr stand bereits spätestens seit dem 17. Dezember 1998 und damit mehrere Monate vor Unterzeichnung der Bürgschaftserklärung durch den Beklagten fest, dass nicht er selbst sondern seine Ehefrau Kommanditistin der Insolvenzschuldnerin werden soll. Dies ergibt sich zwingend aus dem an diesem Tag unterzeichneten Vertrag "über die Aufnahme weiterer Kommanditisten in die Gnn Spnnnnnn GmbH Co.KG", in dem neben Hans-Werner Schs und Dr. Horst Snnn die Ehefrau des Beklagten, nicht aber der Beklagte selbst als "Eintretender" genannt werden.

Auch aus dem vom Beklagten in erster Instanz eingereichten Schriftstück des Hans-Werner Schnnn vom 7. Dezember 2001, dessen Inhalt der Beklagte sich wohl als Tatsachenvortrag zu Eigen machen will, ergibt sich der für den behaupteten Vertragsschluss erforderliche Sachvortrag auch nicht. Aus diesem Schreiben, das sich auf ein am 1. Juni 1999 geführtes Gespräch Schnnn mit der früheren Vorstandsvorsitzenden der Insolvenzschuldnerin bezieht, ergibt sich lediglich der in diesem Gespräch geäußerte Wunsch bzw. die Bitte des Hans-Werner Schnn , mit Übernahme der Bürgschaft durch die Ehefrau des Beklagten diesem die dann gegenstandslose Bürgschaft zurückzugeben sowie die Zusage der früheren Vorstandsvorsitzenden, dass die Bürgschaft "herausgenommen" werde. Dass später tatsächlich so verfahren worden ist, dass mithin mit dem Beklagten tatsächlich ein Erlass- oder Aufhebungsvertrag geschlossen wurde, ist diesem Schreiben gerade nicht zu entnehmen.

Auch in seinem Schriftsatz vom 4. Dezember 2003 trägt der Beklagte die für die Darlegung eines Erlass- oder Aufhebungsvertrages nicht dar. Es geht nicht um die Frage, wer von der Insolvenz-schuldnerin im Juni/Juli/August 1999 jeweils bei Gesprächen anwesend gewesen ist. Zutreffend geht der Beklagte in seinem vorgenannten Schriftsatz davon aus, dass es auch nicht darauf ankommt, ob an dem einen Tag nur die Sachbearbeiter anwesend waren und an einem anderen Tag nur die Zeugin Knn oder jeweils alle drei. Vielmehr kommt es, wie oben dargelegt, ausschließlich darauf an, welche Person im Namen der Insolvenzschuldnerin dem Beklagten ein Angebot auf Abschluss eines Erlass- oder Aufhebungsvertrages unterbreitet hat, wie dieses Angebot dem Beklagten zugegangen ist und wem gegenüber er dieses Angebot angenommen hat. Hierzu trägt er auch in Kenntnis der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung nichts substantielles vor. Ein fehlender Sachvortrag kann aber entgegen der Ansicht des Beklagten nicht durch die Einvernahme der "Vielzahl der von dem Beklagten benannten Zeugen" ersetzt werden.

Die vom Beklagten benannten Zeugen Schnn , Stnn und Knn waren deshalb auch im zweiten Rechtszug nicht zu hören.

4. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Bürgschaftsvertrag auch nicht wegen Sittenwidrig-keit nichtig.

a) Eine finanziell belastende Bürgschaftsübernahme kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aufgrund besonderer erschwerender, dem Kreditinstitut zurechenbarer Umstände sittenwidrig sein. Das ist etwa der Fall, wenn das Kreditinstitut die geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen ausnutzt oder die Willensbildung und Entschließungsfreiheit durch Irreführung, Schaffung einer seelischen Zwangslage oder die Ausübung unzulässigen Drucks beeinträchtigt hat (vgl. BGH NJW 2002, 2634: BGHZ 125, 206, 210; 128, 230, 232; 132, 328, 329 f.; 137, 329, 333; BGH, WM 1996, 588, 592; BGH, WM 1997, 511, 512; BGH, WM 2002, 436, 437). Derartige Umstände hat der Beklagte nicht vorgetragen.

b) Eine Bürgschaft oder Mithaftungsvereinbarung kann auch ohne Hinzutreten besonders belastender und dem Gläubiger zurechenbarer Umstände gegen die guten Sitten verstoßen und daher nichtig sein, wenn ein Fall krasser finanzieller Überforderung vorliegt und der Mithaftende seine Verpflichtung ohne eigenes wirtschaftliches Interesse nur aus persönlicher, enger emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner oder der wirtschaftlich hinter diesem stehenden Person eingeht (vgl. BGH, NJW 2002, 2634; BGH, WM 2002, 436).

aa) Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Bürgschaft den Beklagten finanziell krass überfordert. Dahinstehen kann auch, ob - wie der Kläger meint und wofür einiges spricht - die enge emotionaler Verbundenheit des Bürgen mit dem Hauptschuldner nur dann zu einer Sittenwidrigkeit der Bürgschaft führen kann, wenn sie auf Ehe, Verlobung, nichtehelicher Lebensgemeinschaft, einer geschwisterlichen Beziehung oder auf einem Eltern-Kind-Verhältnis beruht.

Jedenfalls muss die emotionale Verbundenheit mit dem Hauptschuldner oder der wirtschaftlich hinter diesem stehenden Person auf einer Beziehung beruhen, die einer Ehe, Verlobung usw. gleichkommt.

bb) Der Beklagte hat vorliegend schon nicht ausreichend dargelegt, dass er lediglich aus einer persönlichen, engen emotionalen Verbundenheit heraus gehandelt hat. In erster Instanz hat der Beklagte in Bezug auf seine Person hierzu nichts vorgetragen sondern lediglich behauptet, anstatt des von Herrn Schnn angedachten Treuhänders hätten sich dann aus finanztechnischen Gründen, aus persönlicher Verbundenheit und uneigennützig Herr Dr. Snnn , Herr Knn r und seine, des Beklagten, Ehefrau bereiterklärt, die Kommanditeinlagen treuhänderisch für Herrn Schnnn zu halten. In zweiter Instanz beschränkt sich der Sachvortrag des Beklagten auf die Behauptung, er habe die Bürgschaft ohne eigenes wirtschaftliches Interesse allein aus persönlicher Verbundenheit übernommen. Selbst wenn man zugunsten des Beklagten unterstellt, dass er damit seine persönliche Verbundenheit zu Werner Schnn behaupten will, reicht dieser Vortrag nicht aus. Es fehlt jegliche Angabe dazu, worauf sich diese "persönliche Verbundenheit" gründet. Ohne solche Angaben kann aber nicht geprüft werden, ob eine so enge persönliche und emotionale Verbundenheit gegeben ist, die einer Ehe, Verlobung usw. gleichkommt.

Auch spricht das Verhalten des Beklagten Ende 1998/Anfang 1999 gegen seine Behauptung, er habe die Bürgschaftserklärung ohne eigens wirtschaftliches Interesse abgegeben. Immerhin war der Beklagte unstreitig maßgeblich an den Kreditverhandlungen mit der Insolvenzschuldnerin beteiligt. Er wird in der Anlage zum Kreditantrag vom 15. April 1999 als Komplementär und Prokurist der Hauptschuldnerin genannt. Er selbst bezeichnet sich im Schriftsatz vom 18. November 2001 als "Sprachrohr" des Geldgebers Schs.

5. Im Ergebnis zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass das Bestreiten der Hauptforderung durch den Beklagten mit Nichtwissen nicht ausreicht.

a) Gemäß § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB richtet sich der Umfang der Verpflichtung des Bürgen nach dem Bestand der jeweiligen Hauptschuld. Insoweit hat der Gläubiger das Entstehen und die Fälligkeit der Verbindlichkeit, also die Voraussetzungen der Bürgenhaftung, darzutun und zu beweisen. Sache des Bürgen ist es dagegen zu belegen, dass die Hauptschuld aufgrund rechtsvernichtender Einwendungen untergegangen ist. Zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger gilt insoweit dieselbe Beweislastverteilung wie zwischen diesem und dem Hauptschuldner; denn aus den Vorschriften über die Bürgschaft ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Bürge in dieser Hinsicht besser gestellt sein soll als der Hauptschuldner. Vielmehr folgt aus der strengen Akzessorietät der Bürgschaft das Gegenteil (BGH, NJW 1988, 906; BGH, NJW 1995, 2161, 2162; BGH, NJW 1996, 719).

Wird ein Konto im Kontokorrent geführt (§ 355 HGB), hat ein Saldoanerkenntnis eine Beweislastumkehr im Verhältnis zwischen Bank und Kontoinhaber zur Folge. Die Partei, zu deren Gunsten sich aus dem Abschlusssaldo ein Überschuss ergibt, braucht nicht die Einzelpositionen des Kontokorrents darzulegen und zu beweisen, sondern kann sich auf das abstrakte Saldoanerkenntnis berufen (BGH, NJW 1991, 2908). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat sich anschließt, gilt diese Beweislastumkehr, falls die Forderungen der Bank aus dem Kontokorrentkonto durch einen Dritten verbürgt worden sind, auch im Verhältnis zwischen Bank und Bürge (BGH, NJW-RR 1999, 1223; BGH, NJW 1985, 3007, 3009). Die Ausdehnung der Beweislastumkehr auch auf das Verhältnis zwischen Bank und Bürge steht nicht im Widerspruch zu der Vorschrift des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB, die bestimmt, dass die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert wird durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt. Damit soll verhindert werden, dass Hauptschuldner und Gläubiger eigenmächtig den Umfang der Bürgschaft ausweiten (BGHZ 130, 19, 27). Die Saldoanerkenntnisse im Kontokorrentmäßigen Verkehr bedeuteten keine solche eigenmächtige Ausweitung, weil der Bürge im Zeitpunkt der Verbürgung wusste, dass er sich für einen Kontokorrentkredit verbürgte.

b) Vorliegend handelt es sich um einen "Kreditvertrag für Kontokorrentkredite", der die Bearbeitungsnummer 09 01364 001 trägt. Die Insolvenzschuldnerin hat der Hauptschuldnerin mit Schreiben vom 1. September 2000 eine Schlussrechnung per 31. August 2000 übersandt, in der die Forderung aus dem Kontokorrentkonto 0901364001 mit 213.583,47 DM beziffert ist. Die Hauptschuldnerin hat diesen Saldo anerkannt, da sie nicht binnen der in Ziffer 7 Absatz 2 der AGB der Insolvenzschuldnerin genannten Frist von einem Monat widersprochen hat. Damit ist vor-liegend zum Bestand der Hauptforderung ausreichend vorgetragen worden. Deren Fälligkeit ergibt sich aus der Mit Schreiben vom 1. September 2000 erfolgten Kündigung. Dass die Hauptforde-rung entgegen diesem Anerkenntnis nicht besteht, hat der Beklagte nicht einmal im Ansatz dargelegt. Der Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass dieser Saldo nicht auf Auftrags-vorfinanzierungsgeschäften mit den Firmen Bnnnn , Ks und Sts beruht. Auch insoweit ist er aber, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, darlegungs- und beweispflichtig.

6. Für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich ist, ob die Insolvenzschuldnerin - wie vom Beklagten behauptet, über die "Finanzkonstruktion" und den "Hintergrund der Dinge" informiert war. Unerheblich ist auch, ob die Insolvenzschuldnerin von Anfang an wusste, dass Sicherheiten wertlos waren. Der Vortrag des Beklagten reicht jedenfalls nicht aus, um in Bezug auf die von ihm übernommene Bürgschaft von einem nicht ernstlich gewollten Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB ausgehen zu können. Die Insolvenzschuldnerin und der Kläger verstoßen auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn sie den Beklagten aus der Bürgschaft in Anspruch nehmen. Die Insolvenzschuldnerin hat den Bürgschaftsfall nicht treuwidrig herbeigeführt. Auch hat die Insolvenzschuldnerin gegenüber dem Beklagten keine Sorgfaltspflichten übernommen, deren Verletzung die Inanspruchnahme des Beklagten ausschließen könnte. Im Übrigen ist die Bürgschaft, wie oben dargelegt, nicht sittenwidrig.

7. Wie der Beklagte selbst zutreffend ausführt, kommt es vorliegend nicht darauf an, ob der Insolvenzschuldnerin vor Valutierung der Kreditmittel für die Auftragsvorfinanzierung im April 1999 die Anlagen K2 und K 10 kannte.

8. Zu Recht geht das Landgericht auch davon aus, dass der Beklagte sich nicht auf § 776 BGB stützen kann. Bezüglich der Papiermaschine fehlt es schon an einem Aufgeben der Sicherheit. Wie sich aus dem Schreiben des Rechtsanwalts Pnnnn vom 24. März 2003 ergibt, ist die Papiermaschine von Insolvenzschuldnerin nicht freigegeben sondern verwertet worden. Bezüglich der von der Ehefrau des Beklagten übernommenen Bürgschaft kann dahinstehen, ob die Insolvenzschuldnerin diese ersatzlos aufgegeben hat. Zum einen hat die Entlassung eines Mitbürgen aus seiner Bürgschaftsverpflichtung nicht ohne weiteres die Freistellung dieses Bürgen von seiner Ausgleichspflicht im Innenverhältnis der Bürgen untereinander zur Folge (vgl. hierzu Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 8. Auflage, Seite 356; BGH NJW 1992, 2286). Zum anderen war diese Bürgschaft nach dem Vortrag des Beklagten wertlos, der Beklagte hätte mithin aus dieser Bürgschaft auch bei deren Fortbestehen keinen Ersatz erlangen können (vgl. hierzu Lwowski, a.a.O., Seite 355).

9. Den Zinsausspruch hat der Beklagte mit seiner Berufung nicht angegriffen. Der Tenor zu 1) der angefochtenen Entscheidung war den geänderten Verhältnissen anzupassen.

10. Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr.1, Absatz 2 ZPO n. F.)

11. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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