Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 20.04.2007
Aktenzeichen: 12 W 18/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 141 Abs. 1 Satz 1
Ist das persönliche Erscheinen der Partei (hier GmbH) gem. § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Form des Erscheinens ihres Geschäftsführers angeordnet und erscheint dieser gleichwohl nicht, so ist das Ordnungsgeld gegen die Partei - und nicht gegen den Geschäftsführer persönlich - festzusetzen. Die Kosten der erfolgreichen Beschwerde gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes sind Teil der Kosten des Rechtsstreits.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 W 18/07

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts am 20. April 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Geschäftsführers der Klägerinnen, R... N......, wird der gegen ihn ergangene Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts Berlin vom 24. Januar 2007 aufgehoben.

Gründe:

Die in entsprechender Anwendung des § 380 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist erfolgreich. Das Landgericht hat zu Unrecht gegen den im Termin am 24. Januar 2007 trotz Anordnung seines persönlichen Erscheinen und ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienenen Geschäftsführer der Klägerinnen ein Ordnungsgeld verhängt.

1. Nach § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht das persönliche Erscheinen einer Partei zur Sachaufklärung anordnen. Bei juristischen Personen kommt nur die Anhörung des gesetzlichen Vertreters in Betracht (Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage 2007, § 141 ZPO, Rn. 2 m.w.N.).

§ 141 Abs. 3 ZPO sieht die Möglichkeit vor, gegen eine Partei, die trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens im Termin ausbleibt, ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festzusetzen. Diese Norm bietet keine Rechtsgrundlage für die Verhängung eines Ordnungsgeldes unmittelbar gegen den gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person.

Bereits der Wortlaut deutet darauf hin, dass die Folgen eines unentschuldigten Nichterscheinens die vertretene Prozesspartei treffen sollen, nicht den Vertreter persönlich. Darüber hinaus will die Sanktionsmöglichkeit nach § 141 Abs. 2 ZPO sicherstellen, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt so umfassend und rasch wie möglich aufgeklärt wird und dass einvernehmliche Konfliktlösungen gefördert werden (vgl. OLG Nürnberg, MDR 2001, 954). Die Pflicht zur Verfahrensförderung trifft jedoch nicht den Vertreter persönlich, sondern die Partei, die er vertritt. Damit hat diese auch die Partei für einen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht durch ihren gesetzlichen Vertreter einzustehen (vgl. OLG Frankfurt, MDR 2006, 170; KG, KGR 1996, 210; LAG Hamm, MDR 1999, 825; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 141 ZPO, Rn. 30).

Das zur Begründung für die Gegenauffassung vorgetragene Argument, nur durch eine Sanktion gegen den gesetzlichen Vertreter persönlich könne der Zweck der Sanktion, die Förderung von Sachaufklärung und einvernehmlichen Lösungen erreicht werden, überzeugt nicht (vgl. OLG Nürnberg, MDR 2001, 290; OLG Dresden, Beschluss vom 29. April 2002 - 11 W 583/02 -; Zöller/Greger, a.a.O., Rn. 14). Zutreffend formulieren Baumbach/Lauterbach (a.a.O.), auch eine GmbH spüre den Betrag und könne den Geschäftsführer zur Rechenschaft ziehen.

2. Danach war der Geschäftsführer der Klägerinnen der falsche Adressat für das vom Landgericht verhängte Ordnungsgeld, so dass der Beschluss aufzuheben war.

3. Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da die durch das Beschwerdeverfahren entstehenden Kosten Teil der Kosten des Rechtsstreits darstellen, die die unterlegene Partei nach § 91 ZPO zu tragen hat (vgl. LAG Hamm, KG, jeweils a.a.O.). Für eine gesonderte Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens besteht entgegen der Auffassung des OLG Dresden (a.a.O.) keine Veranlassung. Zwar kann die einheitliche Kostenentscheidung im Ergebnis dazu führen, dass die unterliegende Partei für Kosten in Anspruch genommen wird, die sie im Verfahren nicht veranlasst hat. Letztlich ist dies aber nichts Ungewöhnliches, wie etwa die einheitliche Entscheidung über die Verfahrenskosten durch das erstinstanzliche Gericht nach Zurückverweisung aufgrund erfolgreicher Berufung zeigt (vgl. Schumann/Kramer, Berufung in Zivilsachen, 6. Aufl. 2002, Rn. 621).

Ende der Entscheidung

Zurück