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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 05.04.2007
Aktenzeichen: 12 W 19/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 141 Abs. 3
Ein Ordnungsgeld gegen eine geladene Partei, die zwar nicht erscheint, aber gem. § 141 Abs. 3 ZPO durch einen informierten Rechtsanwalt vertreten wird, bezweckt nicht die Bestrafung eines Ungehorsams. Daher ist das Festsetzen eines Ordnungsgeldes trotz Abschlusses eines Vergleichs in Abwesenheit der Partei jedenfalls dann ermessensfehlerhaft, wenn es erst nach Widerruf des geschlossenen Vergleichs gegen die widerrufende Partei erfolgt.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 W 19/07

05.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Richterin am Kammergericht Zillmann als Einzelrichterin am 5. April 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 5. Februar 2007 - 29 O 482/06 - aufgehoben.

Gründe:

Auf die nach §§ 567 ff, § 380 Abs. 3 ZPO analog zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten war der angefochtene Beschluss aufzuheben, weil die Voraussetzungen zur Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Beklagten nach § 141 Abs. 3 ZPO nicht vorlagen.

1. Es ist bereits fraglich, ob die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO überhaupt statthaft war, da der Beklagte durch seine Prozessbevollmächtigte in dem Termin vom 16. Januar 2007, in welchem er nicht erschienen war, vertreten wurde. Das Landgericht hat ausweislich des Protokolls auch festgestellt, dass die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zugleich gemäß § 141 Abs. 3 ZPO für den Beklagten erschienen war. Bereits dadurch ist erkennbar, dass die den Beklagten vertretene Prozessbevollmächtigte von ihm zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere auch zum Abschluss eines Vergleichs, ermächtigt war, womit die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht statthaft ist.

Dass es sich bei dem in dem fraglichen Termin sodann tatsächlich geschlossenen Vergleich um einen Widerrufsvergleich handelte, ist für die Frage des Eingreifens von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO unerheblich (Zöller-Greger, 26. Aufl., § 141 ZPO, Rn 18; OLG Dresden, Beschluss vom 29. April 2002 - 11 W 583/02 - ).

Insbesondere wenn für die Partei nicht ersichtlich ist, in welchen Punkten über das schriftliche Vorbringen hinaus Aufklärungsbedarf besteht, darf bei dem vom Gericht allgemein gegebenen Hinweis auf § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entsendung eines informierten Bevollmächtigten reiche aus, nicht bemängelt werden, dass dieser einzelne Fragen nicht habe beantworten können (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 21 W 1/07 - ), zumal, wenn wie vorliegend, die Anordnung lediglich zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits nach § 278 Abs. 3 ZPO und nicht daneben auch nach § 141 Abs. 1 ZPO angeordnet worden ist.

2. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes beruhte zudem, auch wenn sie nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO grundsätzlich statthaft gewesen wäre, jedenfalls auf einem Ermessensfehlgebrauch.

a. In der Verhängung eines Ordnungsgeldes liegt die Sanktion der Nichtbeachtung einer prozessleitenden Maßnahme, die ihrerseits der umfassenden Aufklärung und Beschleunigung der Sache dienen soll. Da es sich um keine Bestrafung des Ungehorsams handelt, ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes trotz Abschluss eine Vergleichs in Abwesenheit der Partei grundsätzlich ermessensfehlerhaft (Zöller-Greger, 26. Aufl., § 141 ZPO, Rn 12), zumal, wenn sie - wie vorliegend - erst nach Widerruf des geschlossenen Vergleichs erfolgt (vgl. OLG Dresden,aaO).

Ob die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zur Beantwortung einzelner Fragen nicht in der Lage gewesen sein sollte, was der Beklagte bestreitet, kann daneben dahin stehen. Ersichtlich hat eine etwaige nicht umfängliche Kenntnis sämtlicher den Sachverhalt betreffender Details den Abschluss eines Vergleichs nicht gehindert. Im Übrigen ergibt sich weder die Stellung der in dem angefochtenen Beschluss aufgeführten Fragen, noch deren nicht erfolgte Beantwortung durch die Prozessbevollmächtigte des Beklagten aus dem Protokoll, in welches lediglich aufgenommen wurde, dass die Sach- und Rechtslage im Zuge des Vergleichsgesprächs eingehend erörtert wurde. Genau diesem, nämlich der eingehenden Erörterung der Sache mit möglicherweise abschließendem Vergleichsschluss, dient jedoch die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Partei nach § 278 Abs. 3 ZPO.

b. Schließlich ergibt sich der Ermessensfehlgebrauch auch daraus, dass lediglich gegen den nicht erschienen Beklagten, der den abgeschlossenen Vergleich widerrufen hat, ein Ordnungsgeld festgesetzt wurde. Auch der Geschäftsführer der Klägerin war ausweislich des Protokolls vom 16. Januar 2007 trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens unentschuldigt nicht erschienen. Da auch das Vorbringen der Klägerin ergänzungsbedürftig war, wie sich aus dem umfangreichen Hinweis des Landgerichts vom 5. Februar 2007 ergibt, ist ein nachvollziehbarer Grund für eine unterschiedliche Verfahrensweise nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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