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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 13.08.2004
Aktenzeichen: 14 U 23/03
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 16 Abs. 3
GmbHG § 19 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 14 U 23/03

verkündet am: 13.08.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 13. August 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Erich, die Richterin am Kammergericht Dr. Hollweg-Stapenhorst und den Richter am Kammergericht Jaeschke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 16. Januar 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 23 O 306/02 - teilweise abgeändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.669,38 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 07. August 2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt 61 %, der Beklagte trägt 39 % der Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der Kläger als Insolvenzverwalter verlangt vom Beklagten als Gesellschafter der n nnn nnnn nnnnnn GmbH (künftig: Gemeinschuldnerin) Zahlung der Stammeinlagen in Höhe der von ihm nach Anteilsübertragungen zuletzt gehaltenen GmbH-Anteile von insgesamt 38.000,00 DM = 19.429,09 Euro. Von weiterer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

Zulässigkeitsbedenken bestehen nicht. Die Zivilprozessreform hat gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nrn. 2 - 4 ZPO n. F. keine qualitative Erhöhung der Zulässigkeitsvoraussetzungen gegenüber dem früheren Rechtszustand bewirkt. Eher ist das Gegenteil der Fall (BGH NJW 2003, S. 2531/2532, vgl. auch BGH NJW 2003, S. 2532/2533, NJW 2003, S. 1580). Schon gemäß den Anforderungen des alten Zivilprozessrechts hat der Kläger die erstinstanzliche Urteilsbegründung hier aber nicht nur einfach als falsch gerügt, er hat hinreichend deutlich gemacht, dass er die Entscheidung jedenfalls aus Rechtsgründen für unzutreffend hält, weil er meint, das Landgericht habe die Anforderungen an das substanziierte Bestreiten des Erfüllungseinwandes des Beklagten hier aus fehlerhaften Billigkeitserwägungen heraus überspannt.

In der Sache ist die Klage teilweise begründet aus § 19 Abs. 1 in Höhe von 14.250,00 DM wegen des Gründungsanteils des Beklagten von 19.000,00 DM und aus § 16 Abs. 3 GmbHG in Höhe von 750,00 DM wegen des vom Beklagten später erworbenen Anteils von 1.000,00 DM, zusammen also in Höhe von 7.669,38 €.

Nach den vorgelegten Anteilsabtretungsurkunden hatte der Beklagte zunächst Anteile von 19.000,00 DM und 30.000,00 DM.

Soweit es insofern um die von dem Beklagten behauptete Zahlung von 4,750,00 DM auf den Gründungsanteil von 19.000,00 DM am 31. August 1979 und um die Sacheinlage im Wert von 30.000,00 DM aus der entsprechenden Kapitalerhöhung des Jahres 1980 geht, liegen im Ergebnis Rechtsfehler oder unrichtige bzw. unvollständige Tatsachenfeststellungen des Landgerichts nicht vor, so dass von der Erfüllung der Einlageverpflichtung in diesem Umfang auszugehen ist.

Für die Erfüllung der im Gesellschaftsvertrag bzw. bei der Kapitalerhöhung übernommenen Einlageverpflichtungen trägt der Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast (BGH NJW 1992, S. 2698, OLG Dresden, Urteil vom 08. Mai 2000, Juris Nr. KORE543472000, OLG Frankfurt NJW-RR 2002, S. 822, OLG Koblenz NJW-RR 2002, S. 821). Im vorliegenden Fall sind seit den behaupteten Erfüllungsleistungen mehr als zwanzig Jahre vergangen. Ob allein wegen dieses Zeitablaufs und wegen der insoweit wahrscheinlichen Beweismittelverluste die grundsätzliche Darlegungslast des in Anspruch genommenen Gesellschafters aus "Billigkeitsgründen" nur noch eingeschränkt gilt, braucht nicht entschieden zu werden.

Denn nach der Rechtsprechung des BGH gelten für den vom Gesellschafter zu führenden Beweis, dass er seine Einlage erbracht hat, jedenfalls die allgemeinen Darlegungs- und Beweisgrundsätze (BGH a.a.o.). Bei den beiden hier zu erörternden Einlageleistungen trägt der Beklagte nun aus rechtlicher Sicht gesehen nur vor, dass er die gesetzlich vorgegebenen Anforderungen an die Stammeinlageleistung erfüllt hat. Es handelte sich also nicht um Leistungen auf spätere individuelle Anforderungen der Gesellschaft oder um freiwillige "Mehrleistungen" im Gründungs- bzw. Kapitalerhöhungsstadium. Denn mit der vorgetragenen Zahlung der 4.750,00 DM nach der Gründung der Gesellschaft hat der Beklagte den damals geltenden gesetzlichen Mindesteinzahlungsanforderungen von einem Viertel der Stammeinlage vor dem Inkrafttreten der GmbH-Novelle vom 04. Juli 1980 entsprochen. Ebenso hat er unter substanziierter Bezugnahme auf das Eintragungsverfahren wegen der Sachkapitalerhöhung beim Handelsregister die volle wertmäßige Einbringung des Einzelunternehmens in die Gesellschaft u.a. zur Erfüllung der Übergangsvorschriften der GmbH-Novelle vom 04. Juli 1980 dargelegt, u.a. durch Bezugnahme auf eine aussagekräftige Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer. Insofern darf nicht übersehen werden, dass vor Eintragung der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage dem Handelsregister eine eigenständige Prüfungspflicht wegen der Sachbewertung obliegt, vgl. den mit der GmbH-Novelle 1980 eingefügten und hier schon wirksamen § 9 c GmbHG.

In diesem Fall der vorgetragenen Erfüllung der zwingend vorgegebenen und auch vom Handelsregistergericht überprüfbaren bzw. zu überprüfenden gesetzlichen Mindesteinlageanforderungen ist der Kläger bei zeitbedingter Darlegungsschwierigkeit wegen der Details der Einzahlungen bzw. der Sacheinbringung nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast verpflichtet, zumindest Anhaltspunkte aufzuzeigen, aus denen auf tatsächlich fehlende Einlageleistungen geschlossen werden kann. Alles andere würde auf das unhaltbare Ergebnis hinauslaufen, dass die fehlende Erfüllung der gesetzlichen Mindesteinzahlungspflichten zunächst einmal als Regel unterstellt würde und in der Folge noch nach Jahrzehnten auf einfaches Bestreiten eines Insolvenzverwalters die Pflicht zur Neuaufbringung ggfls. auch erheblicher Stammeinlagebeträge durch die Gründungsgesellschafter bestehen würde. Eine Abgrenzung zur Unterbilanzhaftung, für die ggfls. im Ausgangspunkt der Insolvenzverwalter darlegungspflichtig ist (BGH NZG 2003, S. 393), wäre in Höhe der Mindestbeträge dann faktisch überflüssig.

Der Kläger hat nun irgendwelche greifbaren Anhaltspunkte für die fehlende Einzahlung der Mindeststammeinlage durch den Beklagten bei Gesellschaftsgründung und fehlende wertmäßig vollständige Unternehmenseinbringung nicht vorgetragen, so dass sein Bestreiten der Einlageerbringung unerheblich bleibt.

Anders liegt die Situation bei der vom Beklagten behaupteten (atypischen) Erfüllung der Stammeinlageforderung in Höhe von 14.250,00 DM durch Aufrechnung seitens der Gesellschaft und eigener teilweiser Bareinzahlung. Der Beklagte trägt in diesem Zusammenhang nur unsubstanziiert zu den Einzelheiten vor, so dass auch eine Beweisaufnahme als unzulässige Ausforschung nicht in Betracht kommt und der Einzahlungsanspruch in dieser Höhe besteht.

Es ist dabei davon auszugehen, dass ein Gesellschafter die Stammeinlageforderung nicht von sich aus durch Aufrechnung tilgen darf, vielmehr darf nur die GmbH mit der offenen Stammeinlageforderung eine eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter durch Aufrechnung zum Erlöschen bringen. Dies gilt jedoch nur, wenn die Gegenforderung des Gesellschafters vollwertig, liquide und fällig ist. Vollwertigkeit liegt aber nur dann vor, wenn das Gesellschaftsvermögen nach Höhe und Liquidität im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung zur Befriedigung aller fälligen Gesellschaftsschulden einschließlich der zur Aufrechnung stehenden Gesellschafterforderung sicher ausreicht. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Aufrechnungsvoraussetzungen trifft den Einzahlungspflichtigen. Insgesamt ist damit auch die Aufrechnung durch die Gesellschaft nur eingeschränkt möglich (vgl. zum Ganzen mit weiteren Nachweisen Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Auflage 2000, § 19 Rn. 18) und eher streng zu beurteilen, weil es stets wirtschaftlich um die volle Erbringung der Einlage gehen muss und eine auch nur teilweise indirekte Befreiung nicht stattfinden darf.

Der Beklagte hat sich in diesem Sinne aber allein auf die Behauptung einer "Vollwertigkeit" der Gegenforderung, also nur auf die abschließende rechtliche Wertung gestützt ohne auch nur ansatzweise Tatsachen zur Finanz- und Wirtschaftslage der Gesellschaft im Aufrechnungszeitpunkt vorzubringen. Dazu hätte aber auch deshalb Grund bestanden, weil das hier behauptete Darlehen nur ein Jahr vor der behaupteten Aufrechnung in der nicht unbeträchtlichen Gesamthöhe von 70.000,00 DM gegeben worden sein soll. Dies soll zudem 1983 geschehen sein, also auch nur 3 - 4 Jahre nach Gesellschaftsgründung und der für den Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin ersichtlich grundlegenden Unternehmenseinbringung eines Einzelunternehmens. Das lässt auf einen großen Finanzbedarf schließen, der die Vollwertigkeit der Darlehensrückforderung zweifelhaft macht. Schließlich mag auch noch darauf hingewiesen werden, dass der Beklagte bereits in der Handelsregisteranmeldung der Kapitalerhöhung um 50.000,00 DM vom 20. Juni 1980 versichert hatte, die bisherige Stammeinlage von 20.000,00 DM sei voll erbracht (Anlage 3 d. Bekl.). Das lässt zumindest auf Unsicherheiten wegen der Stammeinlagenbelegung schließen, so dass auch insoweit nicht ohne weiteres von der Erfüllung einer Resteinlageforderung im Jahre 1984 auszugehen ist.

Auch wegen der vom Beklagten in diesem Zusammenhang behaupteten Einzahlung von 3.288,00 DM als offenem Restbetrag nach der Aufrechnung der Gemeinschuldnerin wegen des Anteils von 19.000,00 DM kommt im Übrigen eine Beweisaufnahme nicht in Betracht. Der Beklagte hat insoweit nur angegeben, der als Zeuge benannte Steuerberater könne bekunden, dass er die Darlehensforderung des Beklagten gegen die Gemeinschuldnerin kannte und die Barzahlung des Beklagten sowie die gleichzeitige Zahlung der Gesellschafterin Annnn nnnnn in Höhe von 750,00 DM auf ihren Gründungsanteil von 1000,00 DM aufgrund der Angaben des Beklagten und der Frau Annnn nnnn sowie wegen des vorgelegten Kassenbuchs und der von ihm erstellten Bilanz bestätigen könne. Auch wenn man unterstellt, dass der Zeuge diese in sein Wissen gestellten Angaben bestätigt, ist damit noch kein Beweis für die tatsächliche Einzahlung in die Kasse erbracht.

Deshalb haftet der Beklagte auch in Höhe der danach als nicht geleistet anzusehenden 750,00 DM aus dem Gründungsanteil der Frau Annnn nnnn von 1000,00 DM gemäß § 16 Abs. 3 GmbHG, weil er diesen Anteil nach den vorgelegten Abtretungsurkunden in der Folgezeit nach Eintragung der Gesellschaft erworben hat.

Eine weitergehende Haftung aus dem Anteil von 1.000,00 DM in der Höhe der verbleibenden 250,00 DM entfällt, weil insoweit von Erfüllung auszugehen ist. Denn der Beklagte hat auch wegen des Anteils von 1.000,00 DM vorgetragen, dass die 250,00 DM im Gründungsstadium eingezahlt wurden. Es gelten daher die vorstehend zur Mindesteinzahlung beim Anteil von 19.000,00 DM bereits angeführten Überlegungen.

Abschließend wird mit Blick auf den Streitgegenstand noch klarstellend darauf hingewiesen, dass aus der Sicht des Senats nach den vorgelegten Abtretungsurkunden weitere Stammeinlagen über den hier zugesprochenen Betrag hinaus nicht offen sind. Inhaber des nur noch vorhandenen, nicht vom Beklagten gehaltenen und hier nicht den Streitgegenstand bildenden Anteils über 12.000,00 DM ist nach der letzten Urkunde vom 09. Januar 1996 Frau Annnn nnnnn . Dieser Anteil ist aber aus dem nach den vorstehenden Ausführungen als wirksam erbracht anzusehenden Anteil der 30.000,00 DM entstanden, den der Beklagte in Höhe von 24.500,00 DM an Frau nnnn abgetreten hatte. Die letzte Anteilshöhe von 12.000,00 DM ist danach durch Teilabtretungen über 5.500,00 DM, 7.800,00 DM und 4.700,00 DM entstanden.

Die Zinsforderung beruht auf § 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Ziffer 8 EGZPO.

Die Revision war gemäß den §§ 26 Nr. 7 S. 1 EGZPO, 543 Abs. 1,2 ZPO nicht zuzulassen. Denn der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, da er keine entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfragen aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen oder die Interessen der Allgemeinheit berühren; ebenso erfordern auch die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung die Zulassung nicht, da insbesondere von bisheriger Rechtsprechung nicht abgewichen wird (vgl. allg. u.a. BGH NJW 2002, S. 2473ff., NJW 2003, S. 65ff.). Wegen der unterschiedlichen Fallgestaltung weicht der Senat insbesondere nicht von tragenden Grundsätzen der vorstehend angeführten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Frankfurt bzw. Koblenz ab.

Ende der Entscheidung

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