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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 09.08.2007
Aktenzeichen: 19 WF 132/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
1. Die Einschaltung einer Detektei ist daher nur dann im Sinne von § 91 ZPO erstattungsrechtlich als erforderlich anzusehen, wenn aus vernünftiger Sicht der Partei ein konkreter Anlass oder Verdacht besteht, es für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung auf die Bestätigung der Verdachtsmomente durch nachvollziehbare Einzeltatsachen ankommen konnte und diese nur durch ein Detektivbüro sachgerecht ermittelt werden konnte.

2. Für eine Erforderlichkeit der Beauftragung einer Detektei im Sinne von § 91 ZPO spricht eine Vermutung, wenn die Ermittlungen des Prozessausgang beeinflusst haben


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 19 WF 132/07

In der Familiensache

hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen durch den Richter am Kammergericht Feskorn als Einzelrichter am 9. August 2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 3. Mai 2007 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 20.000 EUR.

Gründe:

Die gemäß § 104 Abs. 3 ZPO statthafte und rechtzeitig eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Gegen die Beklagte sind Detektivkosten in der geltend gemachten Höhe festzusetzen. Diese Kosten waren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Beklagten notwendig (§ 91 Abs. 1 ZPO). Zu den Prozesskosten können auch Kosten für die Einschaltung eines Detektivs gehören (BGH MDR 2006, 776).

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind der Partei solche Aufwendungen, die ihr durch die Einschaltung einer Detektei entstanden sind, gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu erstatten, wenn sie ihr im Zeitpunkt der Beauftragung bei vernünftiger Beurteilung der damaligen Prozesslage als zur Förderung des Prozesserfolgs notwendig erscheinen mussten. Allerdings ist bei der Anerkennung der Notwendigkeit solcher Kosten Zurückhaltung geboten, um zu vermeiden, dass entgegen dem Grundsatz der kostensparenden Prozessführung dem Unterlegenen kostspielige Aufwendungen lediglich für die Ausforschung aufgrund bloßer Mutmaßungen aufgebürdet werden. Die Einschaltung einer Detektei ist daher nur dann erstattungsrechtlich als erforderlich anzusehen, wenn aus vernünftiger Sicht der Partei ein konkreter Anlass oder Verdacht besteht, es für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung auf die Bestätigung der Verdachtsmomente durch nachvollziehbare Einzeltatsachen ankommen konnte und diese nur durch ein Detektivbüro sachgerecht ermittelt werden konnten. Auch dürfen die dadurch entstandenen Aufwendungen nicht außer Verhältnis zum Streitgegenstand stehen (vgl. zu diesen Grundsätzen z.B. KG, 1. ZS, JurBüro 2004, 32; OLG Koblenz FamRZ 2006, 1217 OLGR Schleswig 2005, 561, ferner Zöller/ Herget, ZPO, 25. Aufl., § 91 Rn. 13, "Detektivkosten" m.w.N. aus der Rspr.)

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Beklagte hat die Detektive wegen des von ihm gehegten Verdachts beauftragt, dass der Kläger nicht unter so erheblichen behinderungsbedingten Einschränkungen seiner Fähigkeiten leidet wie von ihm behauptet. Die Ermittlungen der Detektive waren auch erforderlich im Sinne von § 91 ZPO. Dafür spricht eine - auch hier nicht widerlegte - Vermutung, wenn die Ermittlungen den Prozessausgang beeinflusst haben. Hier hat der 16. Zivilsenat des Kammergerichts sein Urteil vom 16. November 2006 in erheblichem Maße auf das Ergebnis der Ermittlungen gestützt (vgl. z. B. Seite 10 des Urteils), wie er auch in seinem Beschluss vom 4. Januar 2007 noch einmal deutlich gemacht hat. Zwar trifft es zu, dass die Berufung im Ergebnis wegen Beweisfälligkeit des Klägers zurückgewiesen worden ist. Das Erfordernis des (weiteren) Gutachtens hat sich aber erst aufgrund der im Laufe des Verfahrens vom 16. Zivilsenat gewonnenen Erkenntnisse herausgebildet (vgl. dessen Beschluss vom 4. Januar 2007 sowie bereits der Hinweis der Vorsitzenden vom 6. Oktober 2006), zu denen neben dem von der Staatsanwaltschaft eingeholten Glaubwürdigkeitsgutachten maßgeblich die Detektivberichte gehörten. Zum Zeitpunkt der Beauftragung der Detektive konnte der Beklagte von dem Glaubwürdigkeitsgutachten vom 5.7.2006 noch keine Kenntnis haben, so dass es deren Beauftragung nicht obsolet machte.

Die erneut in der Sache gegen die Richtigkeit, Erheblichkeit und Zulässigkeit der Ermittlungen vorgebrachten Einwendungen können der für das Kostenfestsetzungsverfahren entscheidenden tatsächlichen Verwertung nicht entgegen gehalten werden. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist zur Überprüfung der Entscheidung in der Hauptsache weder bestimmt noch geeignet.

Der Kläger verweist zwar zutreffend darauf, dass die Kosten für die Ermittlungen sehr hoch waren. Dies steht aber im Ergebnis ihrer Festsetzung nicht entgegen. Es erscheint bereits fraglich, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gegenseite ein geeignetes Kriterium darstellen. Dies kann aber im Ergebnis offen bleiben, da selbst bei Berücksichtigung dieses Kriteriums hier die Kosten erstattungsfähig wären. Denn auf der anderen Seite ist die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für beide Parteien zu berücksichtigen. Diese kommt bereits in dem vom 16. Zivilsenat festgesetzten Streitwert von 95.000 € zum Ausdruck. Hinzu kommt, dass der fortlaufend begehrte Unterhalt (Regel- und Sonderbedarf) auch für die Zukunft zuerkannt werden sollte, was angesichts von § 323 ZPO nur sehr eingeschränkt abänderbar wäre. Eine - mit der Beschwerdebegründung behauptete - Befristung enthielt der Berufungsantrag nicht. Angesichts dessen kann die Höhe der Kosten nicht als unangemessen angesehen werden. Im Verhältnis zum Streitwert sind die Kosten erst Recht nicht unverhältnismäßig.

Der Senat sieht es aufgrund der vorgelegten Ermittlungsberichte sowie der Rechnungen als glaubhaft gemacht (§ 104 Abs.2 ZPO) an, dass die getätigten Ermittlungen mit den entsprechenden Aufwendungen - zumindest aus der maßgeblichen Sicht des Beklagten bei Auftragserteilung - erforderlich waren, um sich (ggf. beweiskräftig) gegen die Klage zu verteidigen. Da konkrete Einwendungen gegen einzelne Positionen im Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht werden, wird von einer näheren Begründung abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der Wert entspricht den in der Beschwerdeinstanz streitigen Kosten.

Ende der Entscheidung

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