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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 03.06.2005
Aktenzeichen: 2 AR 63/05 - 5 ARs 31/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 138 a Abs. 1 Nr. 1
Zu den formellen Voraussetzungen eines Antrags auf Ausschließung eines Verteidigers.
2 AR 63/05 - 5 ARs 31/05

In der Ermittlungssache gegen

wegen Steuerhinterziehung

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 03. Juni 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen, den Verteidiger Rechtsanwalt K... C..., ... Berlin, ..., von der Mitwirkung in dem Verfahren auszuschließen, wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen - Bußgeld- und Strafsachenstelle - ermittelt gegen die Beschuldigte wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Die Beschuldigte soll am 23. Oktober 2003 bei einer Verhandlung mit Vertretern des Finanzamtes Lichtenberg/Hohenschönhausen, in der es um ihre hohen Steuerrückstände ging, erklärt haben, sie erwarte aus ihrer früheren Tätigkeit als Handelsvertreterin eine Abfindung von 15.000 bis 20.000 Euro. Nach dem Eingang dieses Betrages werde sie hiervon 5.000 Euro auf ihre Steuerschuld leisten. Nach den Ermittlungen hatte sie die Abfindung jedoch bereits im März 2003 erhalten. Durch die unzutreffenden Angaben soll sie bewirkt haben, daß das Finanzamt Vollstreckungsmaßnahmen gegen sie zunächst nicht weiterführte. Die zugesagten 5.000 Euro zahlte sie erst im Januar 2005.

Ein weiteres Ermittlungsverfahren in dieser Angelegenheit führt das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen gegen den Rechtsanwalt K... C..., der für die Beschuldigte an der Verhandlung vom 23. Oktober 2003 teilgenommen hat. Ihm legt das Finanzamt Beihilfe zur Steuerhinterziehung der Beschuldigten zur Last.

In dem Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigte hat sich Rechtsanwalt C... am 21. Februar 2005 als deren Verteidiger gemeldet. Daraufhin hat das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen beantragt, ihn nach § 138 a Abs. 1 Nr. 1 StPO von der Mitwirkung in dem Verfahren auszuschließen. Der Antrag hat keinen Erfolg.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Antrag wie folgt Stellung genommen:

"Dem Ausschließungsantrag kann nicht entsprochen werden.

Nach den Anforderungen, die nach der obergerichtlichen Rechtsprechung an einen Antrag, den Verteidiger von der Mitwirkung in dem Verfahren auszuschließen, zu stellen sind, müssen mit der Vorlage diejenigen objektiven und subjektiven Tatsachen substantiiert dargelegt werden, die im Falle ihres Nachweises den gegen den Verteidiger erhobenen Verdacht einer nach § 138 a Abs. 1 StPO zur Ausschließung führenden Handlung stützen (KG, Beschluss vom 14. Juli 2003 - 4 ARs 50/03 -). Diesen inhaltlichen Mindestanforderungen genügt der Ausschließungsantrag nicht.

a) Zu beanstanden ist schon, dass der Antrag zur Begründung des gegen den Verteidiger erhobenen Vorwurfs auf die ihm beigefügten Beiakten Bezug nimmt. Dies ist zur ausreichenden Begründung eines Ausschließungsantrages nicht zulässig. Geht man nämlich davon aus, dass der Ausschließungsantrag hinsichtlich des den Verfahrensgegenstand des Ausschließungsverfahrens bildenden Sachverhalts - ebenso wie die Anklage im Strafverfahren - eine Umgrenzungsfunktion hat, dann müssen sich aus der Begründung des Antrages selbst und nicht erst aus ihm beigefügten Anlagen - mögen diese auch im Einzelnen bezeichnet sein - die Umstände ergeben, die die Ausschließung des Rechtsanwalts als Verteidiger begründen sollen (OLG Hamm, NStZ-RR 1999, 50).

b) Zudem reicht der in der Antragsschrift mitgeteilte Sachverhalt selbst bei Unterstellung seiner Erweislichkeit nicht aus, um einen den Verteidigerausschluss rechtfertigenden hinreichenden oder gar dringenden Verdacht der Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu begründen. Es wird nicht behauptet, dass der durch die unwahre Angabe der Beschuldigten K... über erwartete Leistungen aus einem vormaligen Arbeitsverhältnis erreichte Aufschub von Vollstreckungsmaßnahmen zu einer Steuerverkürzung geführt hat. Zwar ist eine vorsätzliche Verkürzung von Steuern noch so lange möglich, wie der geschuldete Betrag noch nicht in voller Höhe entrichtet worden ist; demzufolge kann Steuerhinterziehung grundsätzlich auch noch im Beitreibungsverfahren begangen werden (vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht, Rdnr. 149.2 zu § 370 AO). Dies setzt im Fall des erschlichenen Vollstre-ckungsaufschubes jedoch stets voraus, dass während der so erwirkten Frist beim Steuerpflichtigen überhaupt vollstreckbare Gegenstände oder ein beitreibungsfähiges Vermögen vorhanden sind (vgl. Kohlmann a.a.O., Rdnr. 190.1). Hierzu enthält die Antragsschrift indes keinerlei Angaben. Ist aber bereits das Vorliegen einer rechtswidrigen Haupttat der Steuerhinterziehung nicht schlüssig dargelegt, wirkt sich dieser Mangel nach dem Grundsatz der Akzessorietät von Tat und Teilnahme zwingend auf den gleichfalls erhobenen Vorwurf der Beihilfe aus.

Es besteht kein Anlass, vor der Entscheidung den Antrag an das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen zur Nachbesserung zurückzugeben, da seine Zurückweisung als unzulässig die Wiederholung unter Beachtung der beschriebenen Darlegungspflicht nicht ausschließt."

Diese Ausführungen treffen zu. Der Senat schließt sich ihnen an und verwirft daher den Ausschließungsantrag als unzulässig.

Ende der Entscheidung

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