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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 02.04.2007
Aktenzeichen: 20 U 55/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 2
Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist ist grundsätzlich nicht zu gewähren, wenn die bereits bei Einlegung der Berufung arme Partei mit Ablauf der Berufungsbegründungsfrist PKH beantragt und zugleich den anwaltlich gefertigten Entwurf der Berufungsbegründung einreicht.
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 20 U 55/06

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Kammergerichts am 2. April 2007 durch seine Richter Budde, Balschun und C. Kuhnke beschlossen:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

2. Der Beschluss vom 30. November 2006 wird auf den als Gegenvorstellung anzusehenden erneuten Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin nicht geändert.

3. Der Gebührenstreitwert des zweiten Rechtszuges beträgt 146.252,06 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin wirft der Beklagten vor, deren Ärzte hätten in der Operation am 16. März 1989 entgegen der Planung statt der Bandscheibe L5/S1 die Bandscheibe L4/L5 operiert, weshalb am 9. April 1994 die weitere Operation, die zu einer Nervverletzung führte, erforderlich gewesen wäre. Ihre Beschwerden seien auf die Operationen zurückzuführen.

Sie begehrt Schmerzensgeld (mindestens 45.016,27 €), Schadenersatz (Verdienstausfall von 56.242,11 € und 18.917,80 €) sowie Feststellung der materiellen Ersatzpflicht der Beklagten.

Das Landgericht hat die Beklagte mit am 28. Februar 2006 verkündeten Urteil zur Zahlung von 1.000 € Schmerzensgeld verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Gegen das ihr am 20. März 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 7. April 2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und angekündigt, die Berufungsbegründung erfolge mit gesondertem Schriftsatz.

Auf rechtzeitigen Antrag der Klägerin ist sodann die Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Juni 2006 verlängert worden.

Mit am 22. Juni 2006 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin nunmehr unter Bezugnahme auf den Entwurf der Berufungsbegründung Prozesskostenhilfe beantragt und klargestellt, dass die Berufung nur im Umfang der Bewilligung durchgeführt werden würde. Sie beabsichtige nach Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen.

Dem Schriftsatz lag die vollständige, 14-seitige und unterschriebene Berufungsbegründung vom 22. Juni 2006 bei. Der Schriftsatz ist mit der Überschrift "Entwurf einer Berufungsbegründung" versehen.

Der Senat hat den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin mit Beschluss vom 30. November 2006 zurückgewiesen, weil die Berufung als unzulässig zu verwerfen sein werde. Der Entwurf der Berufungsbegründung könne nicht als Berufungsbegründung genügen und der angekündigte Wiedereinsetzungsantrag werde scheitern müssen, weil die Berufungsbegründung als Entwurf bereits vollständig erstellt und eingereicht sei, weshalb die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht mehr auf dem wirtschaftlichen Unvermögen der Klägerin beruhen könne.

Der Beschluss ist der Klägerin am 14. Dezember 2006 zugestellt worden.

Mit am 28. Dezember 2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Wiedereinsetzung und erneut Prozesskostenhilfe beantragt. Zugleich hat sie mit weiterem Schriftsatz die Berufung begründet. Der Schriftsatz entspricht zunächst bis auf zwei geringfügige Abweichungen dem Entwurf. Sodann hat der Prozessbevollmächtigte ausgeführt, dass er im sicheren Bewusstsein Prozesskostenhilfe zu erhalten, weiter tätig geworden sei und ergänzt die Berufungsbegründung im Hinblick hierauf mit Ausführungen um knapp vier Seiten. Weitere geplante zeitaufwendige Recherchen hätten erst nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgen sollen und seien jetzt nicht durchgeführt worden.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Ansicht des Senats verstoße gegen die Grundsätze der Rechtsprechung des VI. Senats des BGH und verstoße gegen all das, was ihr Prozessbevollmächtigter den einschlägigen Formularbüchern und sonstigen Fachbüchern entnommen habe. Er habe sich, weil er bereits in einem anderen Fall vor dem Senat gescheitert sei (Anmerkung: auch dort wurde die Berufung verworfen, was vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde), minutiös an dem Beck'schen Prozessformularbuch in 9. Auflage orientiert. Insbesondere sei er dem dort aufgeführten Vorschlag zu I.C.3 gefolgt. Sie verweist ferner auf die erstinstanzliche Handhabung, Prozesskostenhilfeanträgen einen Klageentwurf beizufügen. Die Berufungsbegründung bereits endgültig einzureichen, bedeute ein Kostenrisiko. Eine Begründung des Prozesskostenhilfeantrages müsse ihr Prozessbevollmächtigter aber liefern, sonst bestünde das Risiko der Ablehnung, weil der Senat nicht in die Lage versetzt würde, die Erfolgsaussichten einigermaßen intensiv zu prüfen. Der Entwurf sei nicht vollständig gewesen, es hätten noch weitere Recherchen stattfinden sollen und ihr Prozessbevollmächtigter habe sich im Hinblick auf ihr wirtschaftliches Unvermögen auch geweigert, die Berufung bereits vollständig zu begründen.

Zur Glaubhaftmachung der Verweigerung bezieht sie sich auf eine Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten vom 27. Dezember 2006.

Die Beklagte verweist darauf, dass die Vorgehensweise nicht dem Muster im Beck'schen Prozessformularbuch entspreche und es nicht zwingend ersichtlich sei, dass der Entwurf keine vollständige Begründung gewesen sein solle. Die Behauptung der Klägerin, das Mandat ihres Prozessbevollmächtigten sei mit der Rechtsmitteleinlegung und dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beendet gewesen, werde bestritten und stehe im Widerspruch zu der tatsächlichen Vorgehensweise.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO versäumt und der Klägerin auf ihren rechtzeitigen Antrag Wiedereinsetzung (§§ 233 ff. ZPO) nicht zu gewähren ist.

1. Die Berufungsbegründungsfrist war nicht durch die Einreichung des Entwurfs gewahrt, wie der Senat bereits im Beschluss vom 30. November 2006 ausgeführt hat und was die Klägerin insoweit ebenso beurteilt. Vorsorglich seien die Ausführungen dennoch wiederholt:

Grundsätzlich genügt der Entwurf der Berufungsbegründung zwar den formalen Anforderungen, insbesondere ist er auch unterzeichnet worden. Der Schriftsatz ist jedoch nicht zur Begründung bestimmt gewesen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat dies nicht nur in seinem Antragsschriftsatz hervorgehoben, sondern die Berufungsbegründung mit einer entsprechenden Überschrift versehen, sodass auch bei Anlegung großzügiger Auslegungsmaßstäbe ein Herausinterpretieren der Einschränkung nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BGH mit Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - NJW 2006, 693 [13]), zumal regelmäßig davon auszugehen ist, dass ein Rechtsanwalt nach eigener rechtlicher Prüfung für sachgerechtes Vorgehen seine Erklärungen auch so abgibt, wie er sie meint.

2. Der rechtzeitige Wiedereinsetzungsantrag bleibt erfolglos, weil die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht auf dem wirtschaftlichen Unvermögen der Klägerin beruht und daher nicht ohne Verschulden (§ 233 ZPO) unterblieben ist.

a) Der Senat hat hierzu in seinem Beschluss vom 30. November 2006 ausgeführt:

Mit Rücksicht auf das Entstehen der Verfahrensgebühren der Prozessbevollmächtigten sowie des Gerichts ist es schon nicht überzeugend, wenn eine Partei anstelle eines isolierten Prozesskostenhilfeantrages unbedingt Berufung einlegt und sodann (bei unveränderten Einkommens- und Vermögensverhältnissen) vorbringt, an der - von der Verfahrensgebühr des Prozessbevollmächtigten bereits gedeckten - Berufungsbegründung gehindert zu sein. Im Falle einer "formularmäßigen" Berufungseinlegung mag man das noch akzeptieren können, wenn die weitere Leistung durch den Prozessbevollmächtigten verweigert wird. Jedenfalls dann lässt sich ein mangelndes Verschulden noch schlüssig begründen (vgl. dazu BGH mit Beschluss vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - NJW 1999, 3271 [3. a) bb) und cc)]; BGH mit Beschluss vom 16. Oktober 1985 - VIII ZB 15/85 - VersR 1986, 91; BGH mit Beschluss vom 6. Oktober 1952 - III ZR 369/51 - BGHZ 7, 280 ff. = NJW 1953, 504; Greger in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 233 Rn. 23 "Prozesskostenhilfe" [Rechtsmittel]; Grandel in: Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 233 Rn. 31 a.E.), was aber voraussetzen dürfte, dass glaubhaft gemacht ist, der Prozessbevollmächtigte habe seine Leistung wegen ausbleibender Vorschusszahlung der Partei berechtigt verweigert. Das wirtschaftliche Unvermögen der Partei und eine Weigerung des Prozessbevollmächtigten scheiden jedoch offenkundig als Ursachen aus, wenn die Berufungsbegründung vollständig erstellt und - als "Entwurf" gekennzeichnet - bei Gericht eingereicht ist, der Prozessbevollmächtigte also tatsächlich seine (wegen der Berufungseinlegung vergütungspflichtige) Leistung in vollem Umfang bereits erbracht hat. Es mag sein, dass - was hier wohl bezweckt ist - das wirtschaftliche Risiko der Partei sich durch die vorbehaltene Beschränkung auf den Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung begrenzen ließe (vgl. § 47 Abs. 1 GKG). Abgesehen von der unproblematischen Möglichkeit zunächst einen isolierten Prozesskostenhilfeantrag (mit Begründung dieses Antrages) einzureichen, geht es hier aber nicht um eine wirtschaftliche Betrachtung (Kostenrisikominderungsbemühen), sondern ist allein entscheidend, ob die Partei an der Berufungsbegründung tatsächlich gehindert war, was vorliegend ersichtlich ausscheidet.

b) Die weiteren Einwände der Klägerin hiergegen überzeugen nicht.

aa) Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat sich an keine dem Senat für das Vorgehen in zweiter Instanz bekannte Empfehlung gehalten. Es mag sein, dass in einem Formular im Beck'schen Prozessformularbuch auch auf den beigefügten Entwurf der Berufungsbegründung Bezug genommen ist (vgl. die seit Anfang 2006 aktuelle 10. Aufl., I.C.3). In dem zu I.C.3 vorgeschlagenen Formular wird die Berufungseinlegung aber erst angekündigt. In der Anmerkung 7 wird hierzu die Problematik erörtert, wie weit ein Prozesskostenhilfegesuch für eine Berufung zu begründen ist, und deshalb als möglicherweise ("dürfte") zweckmäßig dargestellt, die Erfolgsaussichten in Form der ohnehin später erforderlich werdenden Berufungsbegründung darzulegen (aaO, S. 73 f.). Mit der hier vorliegenden Problematik, die der Senat unter Hinweis auf Rechtsprechung und Literatur, die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ebenfalls zugänglich war, erörtert hat, hat sich der Autor weder an dieser Stelle noch zum Formular zu I.F.2 beschäftigt, was darin begründet liegt, dass die Klägerin sich entgegen der Annahme ihres Prozessbevollmächtigten gerade nicht an dessen Empfehlung gehalten hat, sondern bereits kostenverursachend Berufung eingelegt hatte. Auch zu I.F.2 wird nicht der Fall einer bereits eingelegten Berufung behandelt. Hätte der Prozessbevollmächtigte sich also an die Empfehlung gehalten, würde sich das hier aufgetretene Problem nicht stellen. In einem Standardwerk zur Berufung ist ebenfalls die hier maßgebliche Problematik nachzulesen (vgl. Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen, 6. Aufl., Rn. 590). Dort wird wegen näher aufgeführter Probleme zur Begründung einer Wiedereinsetzung bei bereits eingelegter Berufung die Empfehlung ausgesprochen, mit der Berufungseinlegung bis zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag abzuwarten. Bei allem Verständnis für die Probleme der Rechtsberatung in diesen Fällen bietet diese in beiden Werken empfohlene Vorgehensweise den sichersten, dem Mandanten wirtschaftlich günstigsten und jedenfalls unproblematischsten Weg. Dem scheinen andere Rechtsanwälte offenbar zu folgen, denn dem Senat sind aus seiner Tätigkeit keine Verfahren mit anderen Prozessbevollmächtigten bekannt, in denen sich vergleichbare Probleme stellen würden.

bb) Deshalb geht auch der Hinweis auf den Fall des bereits mit Stellung des Prozesskostenhilfeantrages eingereichten Klageentwurfs fehl. Dies betrifft nicht die hier vorliegende Problematik, denn die Berufung war bereits eingelegt und nicht nur als Entwurf eingereicht.

cc) Dass der Prozessbevollmächtigte beabsichtigt hatte, die Berufungsbegründung noch aufzuarbeiten, ändert nichts an dem maßgeblichen Umstand, dass der Entwurf inhaltlich einer vollständigen Begründung entsprach und zur formgerechten Begründung zweifellos genügte, zumal eine solche inhaltlich abweichende Kennzeichnung schon formal fehlte. Die Absicht einer weiteren Ausarbeitung hätte auch keinen Bezug zum wirtschaftlichen Unvermögen der Partei. Schließlich ist es nicht unüblich, dass nach einer Berufungsbegründung noch Schriftsätze gewechselt werden, und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin reicht solche auch in anderen Rechtsstreiten vor dem Senat regelmäßig noch nach. Vielmehr zeigt die Schilderung, dass der Prozessbevollmächtigte sich gerade nicht geweigert hatte, das Erforderliche zur Fristwahrung tatsächlich zu leisten. Das Prozesskostenhilfeverfahren dient der Gleichstellung der armen Partei und nicht dazu, der armen Partei gegenüber der nicht armen Partei eine deutlich verlängerte Berufungsbegründungsfrist zu ermöglichen, wie es hier vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin gehandhabt wird, wenn er das Erforderliche erbringt und zudem seine Arbeit zunächst unabhängig von der Entscheidung des Senats über die Prozesskostenhilfe fortsetzt. Die Argumentation zu dem Kostenrisiko nimmt auf die Ausführungen des Senats hierzu keinen Bezug und geht an dem Kern des Problems vorbei, dass - in welchem Umfang auch immer - Kosten bereits endgültig verursacht sind, weshalb der Hinweis auf das Ausräumen eines Kostenrisikos durch die gewählte Verfahrensweise nur sehr eingeschränkt noch zutreffen kann. In diesem Zusammenhang wird sich der Prozessbevollmächtigte, der durch die Berufungseinlegung mit Rücksicht auf die ihm bekannte Einkommens- und Vermögenssituation pflichtwidrig Kosten ohne vorherige Beantragung von Prozesskostenhilfe verursacht hat, nicht gegenüber der Partei darauf berufen können, er sei trotz der pflichtwidrigen Verursachung der Kosten nicht bereit, die bereits gefertigte und von den angefallenen Kosten schon gedeckte Berufungsbegründung als solche durch Weglassen der Überschrift "Entwurf" zu widmen und einzureichen. Dass er einen Vorschuss überhaupt gefordert hätte und mangels Zahlung seine Arbeit eingestellt hat, ist trotz der Ausführungen des Senats zudem nicht vorgetragen worden. Vielmehr ist sogar vorgetragen, dass der Prozessbevollmächtigte seine Arbeit fortsetzte. Nur nebenbei wird darauf hingewiesen, dass dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin die nun schon seit mehreren Jahren geübte Verfahrensweise des Senats vor einer etwaigen Terminierung zunächst nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren und in diesem Zusammenhang dann auch über Prozesskostenhilfe zu entscheiden, sicherlich bekannt ist.

dd) Zur Klarstellung sei angemerkt, dass ein Prozesskostenhilfeantrag für den zweiten Rechtszug nicht voraussetzt, dass bereits die Berufungsbegründung mitgeteilt wird. Sicherlich ist eine Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs dahin erforderlich, dass das Gericht erkennen kann, in welchem Umfang Berufung eingelegt werden soll und welche Ausführungen der ersten Instanz nicht akzeptiert werden sollen. Schließlich ist es nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, der Partei im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung Rechtsberatung zu leisten und den Umfang der Berufungsangriffe vorzugeben. Eine solche Begründung der Partei, wie umfangreich sie auch ausfallen mag, und sei es als vollständiger Entwurf einer Berufungsbegründung, ließe jedoch noch keine Gebühren entstehen, wenn Berufung noch nicht eingelegt wäre, und stünde - anders als hier - der Annahme, das wirtschaftliche Unvermögen hindere an der Durchführung der Berufung, daher nicht entgegen.

ee) Die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Beschlüsse vom 22. Januar 2002 - VI ZB 51/01 - und vom 7. November 2006 - VI ZB 70/05) bestätigen die Rechtsausführungen des Senats zu 1., beschäftigen sich aber nicht mit der hier zu 2. entscheidenden Problematik.

ff) Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist daher nicht unverschuldet, weil diese nicht auf wirtschaftlichem Unvermögen beruhte. Vorsorglich wird angemerkt, dass die hier daneben aufgezeigten Fehler ihres Prozessbevollmächtigten der Klägerin zuzurechnen sind, sodass deshalb ebenfalls fehlendes Verschulden ausgeschlossen ist. Ein Teil der Ausführungen der Klägerin ist schon tatsächlich nicht überzeugend, weil ihr bereits in erster Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt worden war und ihr nicht erst im Zusammenhang mit einer Erörterung der Berufungsbegründung die kostenrechtliche Relevanz klar geworden sein kann. Es war von Anfang erkennbar, dass die Berufung wirtschaftlich vernünftig nicht ohne Prozesskostenhilfe durchzuführen sein würde. Etwaige hier in Betracht kommende Beratungsdefizite (rechtzeitiger Hinweis auf erforderliche Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz) bzw. rechtliche Fehler bei der Durchführung (Verkennen der Empfehlungen in den einschlägigen Werken) ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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