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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 26.01.2004
Aktenzeichen: 24 W 182/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 16 II
WEG § 21 III
WEG § 28 V
1. Es widerspricht nicht Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer mehrjährige Bauarbeiten am Schluss erstmalig jahresübergreifend abrechnen.

2. Bei Zweifeln über die Bestandskraft von vorschussweisen Sonderumlagebeschlüssen ist die Eigentümermehrheit nicht gehindert, im Zuge der Abrechnung der tatsächlichen Baukosten nochmals bestätigend über die Vornahme der Bauarbeiten zu beschließen und den auf die Baukosten entfallenden Teil der Jahresabrechnung als "Sonderumlage" zu bezeichnen.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 182/02

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnanlage

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 16. April 2002 - 85 T 353/01 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und den Richter am Kammergericht B.-D. Kuhnke am 26. Januar 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen.

Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 5.624,21 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft der im Rubrum bezeichneten Anlage. Ihnen gehört die Wohnung Nr. 11, auf die ein Miteigentumsanteil von 2.083,85/100.000stel entfällt, wonach sich auch ihr Anteil an den Betriebskosten richtet.

In den Jahren 1998 und 1999 wurden Sanierungsarbeiten an der Fassade des Gebäudes durchgeführt, wofür im Jahre 1998 Kosten von 210.634,09 DM und im Jahre, 1999 Kosten von 76.649,85 DM, insgesamt also 287.283,94 DM entstanden. Der erste Sonderumlagenbeschluss vom 6. Februar 1998 in Höhe von 200.000,00 DM wurde aus formellen Gründen im Beschlussanfechtungsverfahren für ungültig erklärt. Der zweite ergänzende Sonderumlagenbeschluss vom 8 Mai 1998 über die Aufstockung der Sonderumlage um 60.000,00 DM wurde bestandskräftig, die Antragsteller wurden insoweit zur Zahlung ihres Anteils von 1.250,31 DM durch den rechtskräftigen Beschluss des Landgerichts vom 25. Januar 2000 zur Zahlung verpflichtet. Die im Jahre 1998 entstandenen Baukosten wurden in der Jahresabrechnung 1998 nicht abgerechnet. Die Abrechnung der gesamten Baukosten erfolgte vielmehr erstmalig mit der Jahresabrechnung 1999, die Gegenstand des vorliegenden Beschlussanfechtungsverfahrens ist. Die Verwalterin ging dabei wie folgt vor: Sie ließ unter TOP 5 die bereits gefassten Sonderumlagebeschlusse vom 6 Februar 1998 und 26 Mai 1998 mit einem Volumen von 260.000,00 DM bestätigen. In die Gesamtjahresabrechnung setzte die Verwalterin die tatsächlichen Gesamtkosten von 287.283,94 DM abzüglich der eingegangenen Sonderumlage von 274.131,73 DM (Minusdifferenz von 13 152,21 DM) ein und kam auf Gesamtausgaben von 112.208,44 DM. Hiervon setzte sie die Minusdifferenz von 13.152,21 DM ab und kam auf "echte Kosten 1999", also für alle Betriebskosten ohne die Baukosten, auf den Betrag von 99.056,23 DM. Ausgehend von diesem Betrag erstellte die Verwalterin für die Antragsteller einen Einzelabrechnung, endend mit einem Soll von 2 224,80 DM, dem Vorschusszahlungen von 12 x 192,00 DM, also 2.304,00 DM gegenüber standen. Ausgehend von den tatsächlichen Baukosten von 287.283,94 DM erstellte die Verwalterin nach dem Miteigentumsanteil der Antragsteller eine gesonderte Einzelabrechnung vom 18. April 2000 über 5.986,57 DM. Letzterer Betrag war Gegenstand des Parallelverfahrens 70 II 160/01 AG Charlottenburg = 85 T 360/01 LG Berlin = 24 W 183/02 KG.

In der Eigentümerversammlung am 5. Mai 2000, zu der die Verwaltung unter Übersendung einer Tagesordnung mit Schreiben vom 18. April 2000 eingeladen hatte, wurden mehrheitlich folgende Anträge zu TOP 2, TOP 4 und TOP 5 angenommen:

TOP 2: "Die Wohngeldabrechnung 1999 inklusive der Abrechnung über die entstandenen Baukosten für die Fassadensanierung (Kosten 287 283,94 DM) wird in der vorliegenden Form als Einzel- und Gesamtabrechnung verabschiedet. Die Zahlungsverpflichtung entsteht mit der Beschlussfassung."

Zu TOP 4 wurde der Verwaltung Entlastung für das Jahr 1999 erteilt.

TOP 5: "Die Durchführung der Fassadensanierung mit einem Kostenrahmen von ca. 260.000,00 DM gemäß den Beschlüssen aus den Eigentümerversammlungen vom 6. Februar 1998 (TOP 4 der dortigen Tagesordnung) und vom 26. Mai 1998 (TOP 2 der dortigen Tagesordnung) wird unter gleichzeitiger Bildung von Sonderumlagen erneut beschlossen.

Und die bereits gefassten Beschlüsse bestätigt."

Die Antragsteller haben diese Eigentümerbeschlüsse angefochten und dazu vorgetragen, die Wohngeldabrechnung 1999 entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da in sie Kosten für die Fassadensanierung eingeflossen seien, die größtenteils bereits vor dem 1. Januar 1999 bezahlt worden seien. Demgemäß sei auch die Verwalterentlastung für ungültig zu erklären. Der erneute Beschluss zur Durchführung der Fassadensanierung mit einem Kostenrahmen von ca. 260,000,00 DM sei aufzuheben, weil die Fassadensanierung im Zeitpunkt dieser Beschlussfassung bereits seit eineinhalb Jahren abgeschlossen gewesen sei.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 29. Juni 2001 die Anfechtungsanträge zurückgewiesen. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. April 2002 die Erstbeschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Ihre sofortige weitere Beschwerde bleibt erfolglos.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig.

Das Rechtsmittel ist jedoch sachlich nicht begründet. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluss des Landgerichts nicht auf. Aus Gründen der Darstellung wird die rechtliche Erörterung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 5 vorgezogen.

Eigentümerbeschluss zu TOP 5

Ohne Rechtsirrtum führt das Landgericht aus, dass die bestätigende Wiederholung des aus formellen Gründen vom Gericht für ungültig erklärten Sonderumlagebeschlusses vom 6. Februar 1998 und des Aufstockungsbeschlusses vom 26. Mai 1998 mit einem Kostenrahmen von ca. 260 000,00 DM nicht gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen. Über den Ergänzungsbeschluss war am 5. Mai 2000 noch nicht rechtskräftig entschieden. Gerade auch im Hinblick auf die Wohnungseigentümer, die ihre Anteile auf die Sonderumlagen gezahlt hatten, bestand ein Bedürfnis, die Anspruchsgrundlagen für die Vorschusszahlungen vorsorglich zu bestätigen sowie darüber hinaus auch die Rechtsmäßigkeit der Bauarbeiten. Den Antragstellern ist dadurch auch kein Nachteil entstanden. Soweit sie wegen der Anteile an der Aufstockung in Höhe von 60.000,00 DM verurteilt worden sind, war ihnen dieser Betrag gutzubringen, was in dem Parallelverfahren 70 II 160/01 AG Charlottenburg = 85 T 360/01 LG Berlin = 24 W 183/02 KG auch geschehen ist. Schon nach dem Einladungsschreiben vom 18. April 2000 hatte die Verwalterin klargestellt, dass die "Fassadenbeschlüsse vorsichtshalber noch einmal gefasst werden" müssen aufgrund der bestehenden Beschlussanfechtungen, wobei andererseits zu TOP 2 auch klargestellt war, dass zu den eigentlichen Betriebskosten der Wohngeldabrechnung 1999 zusätzlich die Gesamtkosten für die Fassadensanierung in Höhe von 287.283,94 DM kamen. Für die Antragsteller musste deshalb auch klar sein, dass durch den Eigentümerbeschluss zu TOP 5 keine weiteren Belastungen auf sie zukamen.

Zu TOP 2

Rechtlich einwandfrei führt das Landgericht aus, dass die Antragsteller durch die Abrechnung der tatsächlichen Fassadensanierungskosten im Jahre 1999 nicht in ihren Rechten verletzt wurden.

Es widerspricht nicht Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer mehrjährige Bauarbeiten am Schluss erstmalig jahresübergreifend abrechnen. Es kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen die Antragsteller die Einstellung der im Kalenderjahr 1998 getätigten Ausgaben für Sanierungsarbeiten in die Jahresabrechnung 1998 hätten verlangen können oder ob die Eigentümermehrheit bei Erhebung von Sonderumlagen größeren Umfanges eventuell sogar mittelbar festlegt, dass wegen der Übersichtlichkeit die Baukosten erst nach Beendigung der Sanierungsarbeiten abgerechnet werden. Zumindest dann, wenn die im Jahre 1998 ausgegebenen Baukosten noch nicht in der Jahresabrechnung 1998 abgerechnet worden sind, ergibt sich zwingend, dass dann nicht nur in der Jahresabrechnung 1999 die in diesem Kalenderjahr aufgelaufenen Baukosten abzurechnen sind, sondern zugleich auch die noch nicht abgerechneten Baukosten des Vorjahres. Würden in die Jahresabrechnung 1999 nur die in diesem Jahr angefallenen Baukosten eingestellt, verbliebe ein Abrechnungsergänzungsanspruch für die bereits im Vorjahr ausgegebenen Baukosten, die aus der Gmeinschaftskasse getätigt worden sind. Die Verwalterin hat nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen der Vorinstanzen die Baukosten auch in genauer Höhe angegeben und sogar die Einzelabrechnungen 1999 danach betrennt, was auf die "echten Kosten 1999" entfällt und was auf die tatsächlichen Baukosten zu zahlen ist. Entgegen der Rechtsbeschwerdebegründung kann daraus nicht hergeleitet werden, dass "zwei getrennte und unabhängige Abrechnungen" vorliegen, sondern es sind gerade auch die tatsächlichen Gesamtbaukosten in die Jahresabrechnung 1999 integriert worden. Die Überschreitung des Abrechnungszeitraumes 1999 in Richtung auf das Vorjahr ergab sich zwingend daraus, dass im Vorjahr noch keine Abrechnung der Baukosten stattgefunden hat.

Soweit die Antragsteller auch in dritter Instanz beanstanden, dass die Einzelabrechnung über die Baukosten bei der Abstimmung über die Gesamtabrechnung noch nicht vorgelegen habe, kann dies auf sich beruhen, weil die Verwalterin sowohl im Einladungsschreiben wie auch in dem Beschlussantrag zu TOP 2 die entstandenen Baukosten für die Fassadensanierung in Höhe von 287.283,94 DM angegeben hatte und die Berechnung nach dem Miteigentumsanteil der Antragsteller relativ einfach nachvollzogen werden kann. Im Übrigen würde das Fehlen von Einzelabrechnungen nicht dazu führen, dass der Eigentümerbeschluss über die Gesamtabrechnung für ungültig erklärt wird. In diesem Fall bestehen lediglich Ergänzungsansprüche.

Zu TOP 4

Ohne Rechtsfehler führt das Landgericht aus, dass angesichts der Ordnungsmäßigkeit der Jahresabrechnung die von der Eigentümermehrheit beschlossene Verwalterentlastung Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nicht widerspricht.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsteller die Gerichtskosten dritter Instanz tragen. Dagegen besteht kein hinreichender Anlass, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen (§ 47 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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