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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 31.10.2005
Aktenzeichen: 24 W 195/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 16 II
WEG § 28 III
WEG § 28 V
Beschließen die Wohnungseigentümer, einen Gesamtbetrag wegen "doppelt abgerechneter Kosten" allgemein in den Jahresabrechnungen 1997 und 1998 den Eigentümern "gutzubuchen", diesen Betrag zunächst nach dem Ursprung auf die betroffenen Häuser und danach nach Miteigentumsanteilen auf die Eigentümer aufzuteilen, sind allenfalls die Gesamtabrechnungen 1997 und 1998 bereits geändert, während die modifizierten Einzelabrechnungen erst noch beschlossen werden müssen und zunächst noch nicht geändert sind.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 195/01

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnanlage Wnnnnnnnnn nnnnnnnnnnn Bnnn

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 27. April 2001 - 85 T 264/00 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und den Richter am Amtsgericht Einsiedler am 31. Oktober 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen und dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft die außergerichtlichen Kosten dritter Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 161.703,59 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner ist Eigentümer der Teileigentumseinheit Nr. 350 der Wohnanlage. Sein Miteigentumsanteil beträgt 17.071,55/100.000. Seine Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch erfolgte am 25. November 1998. Die weiteren Beteiligten sind die übrigen Wohnungseigentümer in der genannten Anlage, die aus insgesamt 438 Einheiten besteht.

Die Antragstellerin ist die Verwalterin der Wohnanlage, die nach der Teilungserklärung das Recht hat, die von den Eigentümern an die Gemeinschaft zu entrichtenden Beiträge einzuziehen und diese gegenüber einem säumigen Eigentümer auch im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. In der Gemeinschaftsordnung ist auch eine Erwerberhaftung (ausgenommen der Erwerb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung) vorgesehen.

In der Eigentümerversammlung vom 21. Februar 1999 beschlossen die Eigentümer zu TOP 6 die Jahresabrechnung für 1997, die für die Teileigentumseinheit Nr. 350 einen Nachzahlungsbetrag von 213.894,97 DM ergab und nicht angefochten wurde.

In der Eigentümerversammlung vom 11. März 2000 beschlossen die Eigentümer zu TOP 3 die Gesamt- und Einzelabrechnungen für 1998, wonach auf die Einheit Nr. 350 gemäß der Einzelabrechnung vom 22. Februar 2000 ein Nachzahlungsbetrag von 91.793,26 DM entfällt. In derselben Versammlung beschlossen die Eigentümer zu TOP 5 die Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne für das Wirtschaftsjahr 2000. Auf die Teileigentumseinheit Nr. 350 des Antragsgegners entfiel ein monatliches Wohngeld in Höhe von 19.114,00 DM.

Außerdem beschlossen die Eigentümer in der Versammlung vom 11. März 2000 zu TOP 6 eine Sonderumlage in Höhe von 236.000,00 DM, fällig bis zum 7. April 2000, zur Tilgung nicht gezahlter Rechnungen aus dem Jahre 1998. Auf die Einheit Nr. 350 entfallen davon 40.288,80 DM.

Ferner beschlossen die Eigentümer in dieser Versammlung zu TOP 7 eine weitere Sonderumlage in Höhe von 462.000,00 DM, fällig ebenfalls am 7. April 2000, zur Tilgung von Schulden aus dem Jahre 1999. Auf die Teileigentumseinheit Nr. 350 entfallen 78.870,53 DM.

Schließlich beschlossen die Eigentümer in dieser Versammlung zu TOP 8 eine weitere Sonderumlage in Höhe von 485.000,00 DM, ebenfalls fällig bis zum 7. April 2000, zur Beseitigung baulicher Mängel am Gemeinschaftseigentum. Auf die Einheit Nr. 350 entfallen 82.797,02 DM.

Die vorgenannten Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 11. März 2000 sind seitens des Antragsgegners gerichtlich angefochten worden (70 II (WEG) 24/00 Amtsgericht Köpenick = 85 T 18/01 WEG Landgericht Berlin). Dieses Beschlussanfechtungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. In der Verhandlung vom 24. Juli 2001 wurde im Hinblick auf die Einigungsbemühungen der Beteiligten festgelegt, dass neuer Verhandlungstermin nur auf Antrag anberaumt werden sollte. Ein derartiger Antrag ist bisher nicht gestellt worden.

Die Antragstellerin macht gegen den Antragsgegner in dem vorliegenden Verfahren Ansprüche in Verfahrensstandschaft geltend. Sie hat zunächst 213.894,97 DM aus der Jahresabrechnung 1997 geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2000 hat sie ihr Begehren insoweit um 71.638,80 DM beschränkt, und zwar im Hinblick auf Zahlungen des Antragsgegners in dieser Höhe aus dem Jahre 1999. Mit demselben Schriftsatz hat sie zugleich die Anträge um 358.205,63 DM erweitert. Insoweit verlangt sie Zahlung in Höhe von 91.793,26 DM aus der Jahresabrechnung 1998, weiter die drei am 11. März 2000 beschlossenen Sonderumlagen in Höhe von insgesamt 201.956,37 DM und schließlich Wohngeld für die Monate Januar bis April 2000 in Höhe von 64.456,00 DM. Sie verlangt für Januar, Februar und April 2000 jeweils 19.114,00 DM und für März 2000 im Hinblick auf eine bereits geleistete Zahlung des Antragsgegners in Höhe von 12.000,00 DM restliche 7.114,00 DM.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 14. Juli 2000 verpflichtet, an die Antragstellerin zugunsten der Eigentümergemeinschaft 500.461,80 DM nebst 4 % Zinsen auf 142.256,17 DM seit dem 9. März 2000 und auf 358.205,63 DM seit dem 29. Mai 2000 zu zahlen.

Gegen diesen Beschluss des Amtsgerichtes hat sich die Erstbeschwerde des Antragsgegners insoweit gerichtet, als er verpflichtet worden ist, Zahlung auf die Jahresabrechnungen 1997 und 1998 sowie auf die zu TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 11. Februar 2000 beschlossene Instandhaltungsumlage zu leisten. Die Jahresabrechnungen 1997 und 1998 würden so gravierende Fehler enthalten, dass sie nichtig seien. Der zu TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 11. Februar 2000 gefasste Beschluss verstoße gegen § 8 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Erstbeschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners bleibt erfolglos.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig, jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluss enthält keine Rechtsverletzung (§ 27 Abs. 1 FGG).

Ohne Rechtsirrtum hat das Landgericht den Antragsgegner zur Zahlung von 142.256,17 DM aus der Jahresabrechnung für 1997 verpflichtet. Der Eigentümerbeschluss vom 21. Februar 1999 zu TOP 6 ist nicht angefochten worden und somit bestandskräftig. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Antragsgegners ist er nicht nichtig. Nach der Gemeinschaftsordnung besteht eine Erwerberhaftung. Die vom Antragsgegner behaupteten formellen und inhaltlichen Mängel machen den Beschluss nicht nichtig. Insoweit waren Beweise nicht zu erheben. Nach dem Sachvortrag des Antragsgegners bis einschließlich zur zweiten Instanz war es auch nicht geboten, weitere Ermittlungen anzustellen.

Rechtlich einwandfrei hat das Landgericht der Eigentümergemeinschaft gegen den Antragsgegner auch den Anspruch auf Zahlung aus der Jahresabrechnung 1998 in Höhe von 91.793,21 DM zugesprochen. Auch hier ist der Eigentümerbeschluss vom 11. März 2000 nicht für ungültig erklärt worden und auch nicht nichtig.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht auch den Anspruch der Gemeinschaft gegen den Antragsgegner in Höhe der zu TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 11. März 2000 beschlossenen Sonderumlage in Höhe von 82.797,02 DM für begründet angesehen. Auch wenn dieser Beschluss angefochten worden ist (vgl. das noch nicht abgeschlossene Parallelverfahren 70 II 24/00 Amtsgericht Köpenick = 85 T 18/01 Landgericht Berlin) ist dieser Beschluss bis zu einer evtl. Ungültigerklärung wirksam, so dass er eine Anspruchsgrundlage gegen den Antragsgegner darstellt.

Das Vorbringen des Antragsgegners in der Rechtsbeschwerdebegründung ist nicht geeignet, Rechtsfehler des Landgerichts erkennen zu lassen. Den vom Antragsgegner vorgebrachten Sachverhalt bis einschließlich zur zweiten Instanz hat das Landgericht ausreichend gewürdigt und weitere Ermittlungen nicht für erforderlich angesehen. An die verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist der Senat als Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG in Verbindung mit § 559 ZPO gebunden. Der teilweise neue Sachvortrag des Antragsgegners gebietet demgemäß auch keine weiteren Ermittlungen, die ohnehin nur im Zuge einer Zurückverweisung an das Landgericht möglich wären.

Aus dem Parallelverfahren 70 II 24/00 Amtsgericht Köpenick = 85 T 18/01 Landgericht Berlin ergibt sich, wie gesagt, dass das Beschlussanfechtungsverfahren noch nicht beendet ist. Soweit in der beigezogenen Parallelakte das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 17. November 2001 vorgelegt worden ist, ergibt sich nicht, dass die aus den Jahresabrechnungen 1997 und 1998 gegen den Antragsgegner aufgestellten Einzelabrechnungen inzwischen durch einen an sich zulässigen Zweitbeschluss aufgehoben worden sind. Soweit der Versammlungsniederschrift vom 17. November 2001 zu folgen ist, wurde zu TOP 11 folgender Beschluss gefasst und verkündet:

"Die Eigentümergemeinschaft beschließt, den Betrag von 315.174,69 DM der in der Abrechnung 1997 und danach nochmals in der Abrechnung 1998 auf die Eigentümer verteilt wurde bzw. Kosten beinhaltet, die von Drittkonten bezahlt aber gegenüber den Eigentümern 1997 abgerechnet wurden, den Eigentümern Gutzubuchen. Die Verteilung des Betrages erfolgt zunächst nach dem Ursprung auf die betroffenen Häuser und danach nach Miteigentumsanteilen auf die Eigentümer. Eine Auszahlung des gutgebuchten Betrages an die Eigentümer soll nur bei ausgeglichenem Hausgeldkonto erfolgen. Sind Eigentümer mit ihren Hausgeldzahlungen im Verzug, erfolgt eine Verrechnung in Höhe des Rückstandes."

Der zitierte Eigentümerbeschluss enthält allenfalls in Bezug auf die Gesamtabrechnungen für die Wirtschaftsjahre 1997 und 1998 einen Grundsatzbeschluss, dass in den Gesamtabrechnungen der genannte Betrag von 315.174,69 DM herausgenommen werden soll. Mit dieser Beschlussfassung (ihre Nichtanfechtung unterstellt) sind die Einzelabrechnungen der Wohnungseigentümer, insbesondere auch im Hinblick auf die Teileigentumseinheit Nr. 350 noch nicht abgeändert worden. Dazu sind die Vorgaben nicht hinreichend präzise. Denn die Verteilung des Gesamtbetrages sollte zunächst nach dem Ursprung auf die betroffenen Häuser und danach nach Miteigentums-anteilen auf die Eigentümer verteilt werden. Offenkundig erforderte dieser Grundsatzbeschluss noch einen weiteren Ausführungsbeschluss mit der Festlegung der Einzelbeträge.

Trotz der seit dem 17. November 2001 verstrichenen fast vier Jahre hat nicht einmal der Antragsgegner selbst probeweise vorgerechnet, welche Anteile des Gesamtbetrages auf ihn entfallen würden und von der Gemeinschaft pflichtgemäß fallengelassen werden müssten. Im Gegenteil hat der anwaltlich vertretene Antragsgegner mit Schriftsatz vom 30. September 2005 auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, dass zwischenzeitlich keine anderweitigen Eigentümerbeschlüsse über die Jahresabrechnungen 1997 und 1998 sowie über die Sonderumlage vom 11. Februar 2000 gefasst worden sind. Damit muss es vorerst bei den von den Vorinstanzen ausgesprochenen Zahlungsverpflichtungen des Antragsgegners verbleiben. Im Falle eines konkretisierenden Eigentümerbeschlusses mag eine Vollstreckungsgegenklage des Antragsgegners analog § 767 ZPO möglich sein.

Es entspricht billigem Ermessen, dass der Antragsgegner die Gerichtskosten dritter Instanz trägt und dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft die außergerichtlichen Kosten dritter Instanz erstattet.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der des Landgerichts.

Ende der Entscheidung

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