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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 11.03.2002
Aktenzeichen: 24 W 310/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 26 I
WEG § 27 II Nr. 3
Überträgt der WEG-Verwalter seine Verwalteraufgaben und -befugnisse vollständig auf einen unterbevollmächtigten Verwalter, kann dieser die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht wirksam in einem Beschlussanfechtungsverfahren vertreten, auch wenn der unterbevollmächtigte Verwalter die Eigentümerversammlung einberufen und im Beisein des Geschäftsführers der eigentlichen WEG-Verwalterin durchgeführt hat.
KAMMERGERICHT Beschluß

Geschäftsnummer: 24 W 310/01

In der Wohnungseigentumssache

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu III. 1. (GFG Hausverwaltungs GmbH) gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 7. August 2001 - 85 T 89/01 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, den Richter am Kammergericht B.-D. Kuhnke und die Richterin am Landgericht Hinrichs am 11. März 2002 beschlossen:

Tenor:

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Berlin sowie des Beschlusses des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 14. Februar 2001 - 70 II 38/00 WEG - wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Pankow/Weißensee zurückverwiesen, das auch über die Gerichts- und außergerichtlichen Kosten sämtlicher Instanzen zu befinden hat.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 7.066,48 EUR festgesetzt.

Gründe:

Nach einer unvollständig, nämlich ohne die Aufstellung der Miteigentumsquoten und hinsichtlich der Verwalterbestellung mit zwei Fragezeichen versehenen, vorgelegten notariellen Teilungserklärung vom 30. Juli 1997 hat sich die teilende GmbH & Co. KG die Verwalterbestellung "mit Wirkung vom Zeitpunkt der Anlegung der Wohnungsgrundbuchblätter ab längstens bis zum Ablauf von 5 Jahren gesondert durch Beschluss des Wohnungseigentümers bzw. Erklärung des teilenden Grundstückseigentümers" (GmbH & Co. KG) vorbehalten. Nach einer handschriftlichen Notiz soll die Anlegung der Wohnungsgrundbuchblätter am 12. Januar 1998 erfolgt sein. Mit einem "Verwaltervertrag nach WEG" vom 5. Februar 1998 hat der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH namens der Wohnungseigentümergemeinschaft die von ihm vertretene Komplementär-GmbH für 5 Jahre bis zum 31. Januar 2003 eingesetzt und dem Verwalter die Befugnis eingeräumt, "jederzeit mit einer Untervollmacht die Verwaltung im Ganzen oder teilweise zu übertragen." Durch einen "Hausverwaltervertrag" vom 8. November 1999 und einer dazu gehörigen Vollmacht zur Hausverwaltung vom 11. November 1999 hat die Komplementär-GmbH die gesamte Wohnungseigentums- und Sondereigentumsverwaltung auf eine dritte Hausverwaltungs GmbH für eine Vergütung von jährlich 600,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer pro Wohneinheit übertragen, nachdem zuvor eine vierte Hausverwaltung für die Wohnungseigentumsverwaltung eingesetzt worden war. Diese vierte Hausverwaltung hat für die Wohnungseigentümergemeinschaft unter dem 19. Juli 2000 eine "vorläufige Wohngeldabrechnung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 1999" aufgestellt, wonach der Antragstellerin ein Wohngeldguthaben von 823,43 DM zusteht. Die Antragstellerin hat zu einem ungeklärten Zeitpunkt das Wohneigentum Nr. 13 gekauft und mit notariell beglaubigter Erklärung vom 5. August 1998 der Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG, die bei Verfahrenseinleitung noch mit 10 von 14 Einheiten Mehrheitseigentümerin war Verwaltervollmacht erteilt.

Die von der angeblich eigentlichen WEG-Verwalterin, nämlich der Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG (Mehrheitseigentümerin) unterbevollmächtigte Hausverwaltungs GmbH hat die Wohnungseigentümerversammlung am 1. August 2000 einberufen, auf der zu TOP 2 über die von der vierten Hausverwaltung aufgestellte Jahresabrechnung 1999 sowie zu TOP 3 über die Entlastung der vierten Hausverwaltung abgestimmt werden sollte. Auf der Versammlung am 1. August 2000 waren nach der Versammlungsniederschrift sämtliche Teil- und Wohnungseigentümer vertreten, also die Mehrheitseigentümerin mit 10 Einheiten und 4 einzelne Wohnungseigentümer, nach den Angaben der Antragsteller gibt es seit dem 1. Juni 2000 eine weitere Wohnungseigentümerin (Wohnung Nr. 8), die nicht eingeladen und nicht anwesend war. Für die teilende GmbH & Co. KG als Mehrheitseigentümerin nahm der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH persönlich teil und stimmte offenkundig auch zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 mit ab. Sowohl zur von der Vorverwaltung aufgestellten Jahresabrechnung 1999 als auch zu deren Entlastung (mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung) ergaben sich jeweils 10 Ja-Stimmen sowie bei zwei bzw. einer Enthaltung entsprechend 2 bzw. 3 Nein-Stimmen. Die Antragstellerin hat die Eigentümerbeschlüsse vom 1. August 2000 zu TOP 2 und 3 mit der am 28. August 2000 eingegangenen Antragsschrift angefochten und die unterbevollmächtigte Hausverwaltungs GmbH als Verwalterin der Wohnanlage angegeben, welche die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten solle. Demzufolge ist die Antragsschrift auch der unterbevollmächtigten Hausverwaltungs GmbH zugestellt worden, welche - anwaltlich vertreten - von Anfang an darauf hingewiesen hat, dass nicht sie, sondern die Komplementär-GmbH der Mehrheitseigentümerin (teilende GmbH & Co. KG) die eigentliche WEG-Verwalterin sei. Dabei wurde auch die von der Antragstellerin an diese erteilte notariell beglaubigte Verwaltervollmacht vom 5. August 1998 vorgelegt. Im Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht ist für die unterbevollmächtigte Hausverwaltungs GmbH niemand aufgetreten. Mit Beschluss vom 14. Februar 2001 hat das Amtsgericht die Zustellung an die Unterbevollmächtigte für wirksam angesehen und die Eigentümerbeschlüsse vom 1. August 2000 zu TOP 2 und TOP 3 für unwirksam erklärt, weil die Aufwendungen für die Heizungsanlage entgegen der Teilungserklärung nicht im Verhältnis von 30 % nach der beheizten Fläche und 70 % nach dem Verbrauch umgelegt worden seien, sondern nach Miteigentumsanteilen, und demzufolge auch die Entlastung unwirksam sei. Gegen diesen Beschluss hat die unterbevollmächtigte dritte Hausverwaltungs GmbH form- und fristgerecht Erstbeschwerde eingelegt und auf ihre mangelnde Vertretungsberechtigung für die Wohnungseigentümergemeinschaft hingewiesen. Daraufhin hat das Landgericht die maßgeblichen Schriftsätze der Komplementär-GmbH in Stuttgart zugestellt. Diese hat sich in einem Schreiben vom 30. Mai 2001 dahin geäußert, dass die Hausverwaltungs-GmbH in Berlin in ihrem Auftrage die "Aufgaben des Verwaltervertrages" durchführe. Sie, die Komplementär-GmbH, habe veranlasst, dass die Wohnungseigentümer die "übersandten Schriftstücke erhalten". Sie, die Komplementär-GmbH, vertrete die Auffassung, "dass die Anfechtung des Beschlusses mit dieser Zustellung verspätet ist". Im Übrigen sehe sie, die Komplementär-GmbH, sich als nicht an dem Verfahren beteiligt an.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 7. August 2001 die Erstbeschwerde der unterbevollmächtigten Hausverwaltungs GmbH gegen den Beschluss des Amtsgerichts verworfen und der Hausverwaltungs GmbH die Gerichtskosten zweiter Instanz auferlegt sowie die Erstattung der der Antragstellerin entstandenen außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz angeordnet. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der unterbevollmächtigten Hausverwaltungs GmbH, die zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht führt.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der unterbevollmächtigten Hausverwaltungs GmbH ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig, und zwar schon deshalb, weil deren Erstbeschwerde als unzulässig verworfen worden ist. Die sofortige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht, weil das gesamte gerichtliche Verfahren von Anfang an unter dem Mangel leidet, dass schon nach dem bisherigen (noch unvollständigen) Akteninhalt die Wohnungseigentümergemeinschaft, gegen die sich das Beschlussanfechtungsverfahren richtet, nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war und insoweit auch nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt worden ist (§ 551 Nr. 5 ZPO a.F. i.V. mit § 27 Abs. 1 FGG). Wegen der fehlerhaften Vertretung wäre auch die Rechtskraftwirkung nach § 45 Abs. 2 WEG äußerst zweifelhaft, was wiederum Wiederaufnahmeverfahren nach sich ziehen könnte, wenn der Verfahrensfehler nicht beseitigt wird.

Die vorgelegte notarielle Teilungserklärung vom 30. Juli 1997 (Bl. 7-23 d.A.) kann nur ein Entwurf und zumindest in dieser Fassung nicht im Grundbuch eingetragen worden sein, weil beispielsweise auf Seite 33 bei der Einsetzung des Verwalters bisher lediglich zwei Fragezeichen angebracht worden sind. Ob an dieser Stelle letztlich die Komplementär-GmbH der teilenden GmbH & Co. KG eingesetzt worden ist, ist fraglich, zumal unter § 18 ein Bestellungsrecht durch "Beschluss des Wohnungseigentümers bzw. Erklärung des teilenden Grundstückseigentümers" vorgesehen ist. Dieses Recht würde jedenfalls mit dem Entstehen einer faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft entfallen sein (BayObLG NJW-RR 1994, 784 = ZMR 1994, 483 = MDR 1994, 798). Für die weitere rechtliche Erörterung soll davon ausgegangen werden, dass die Komplementär-GmbH der teilenden Eigentümerin wirksam bestellt worden ist, wie es im Übrigen auch die von der Antragstellerin erteilte Verwaltervollmacht vom 5. August 1998 ausweist.

Jedenfalls ist die vollständige Übertragung der Verwalteraufgaben seitens der Komplementär-GmbH an die dritte Hausverwaltungs GmbH mit Vertrag vom 8. November 1999 rechtswirksam. Die Tätigkeit des Verwalters ist grundsätzlich an dessen Person gebunden. Er darf sich zwar bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben der Unterstützung durch Hilfspersonen bedienen, seine Befugnisse und Aufgaben aber, wie sich vor allem aus den §§ 675, 613, 664 BGB ergibt, nicht ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer ganz oder teilweise auf einen Dritten übertragen. Die Wohnungseigentümer müssen sich keine andere Person als Verwalter oder Mitverwalter aufdrängen lassen (BayObLG NJW-RR 1997, 1443 = ZMR 1998, 174). Eine solche Weitergabe der Verwalteraufgaben ist rechtsunwirksam. Die unterbevollmächtigte Hausverwaltungs GmbH hat sich also von Anfang an zutreffend auf ihre mangelnde Vertretungsberechtigung für die Wohnungseigentümergemeinschaft berufen. Daraufhin hätte das Amtsgericht nach § 12 FGG die Vertretungsverhältnisse aufklären müssen, schon um eine ordnungsgemäße Zustellung und Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu gewährleisten.

Durch die vom Landgericht versuchte Einbeziehung der mutmaßlichen WEG-Verwalterin, nämlich der Komplementär-GmbH der Mehrheitseigentümerin, ist der Verfahrensfehler nicht geheilt worden. Denn eine ausdrückliche oder stillschweigende Genehmigung der Prozessführung durch die unterbevollmächtigte Hausverwaltungs GmbH lässt sich nach dem Schreiben der Komplementär-GmbH vom 30. Mai 2001 nicht feststellen. Die Komplementär-GmbH hält die vollständige Übertragung der Verwalterbefugnisse auf die unterbevollmächtigte Hausverwaltungs GmbH für rechtswirksam. Sie vertritt den fragwürdigen Standpunkt, dass die Anfechtung entweder des amtsgerichtlichen Beschlusses oder der Eigentümerbeschlüsse verspätet sei. Abschließend erklärt sie, dass sie an dem vorliegenden Verfahren nicht beteiligt sei. Damit lehnt sie es ab, für die Wohnungseigentümergemeinschaft tätig zu sein. Demgemäß kann dies auch nicht als ausdrückliche oder stillschweigende Genehmigung der Prozessführung angesehen werden.

Im Gegenteil ergeben sich aus dem Schreiben der Komplementär-GmbH vom 30. Mai 2001 konkrete Anhaltspunkte, dass die eigentliche WEG-Verwalterin als Komplementär-GmbH der Mehrheitseigentümerin sich in einer Interessenkollision mit der Wohnungseigentümergemeinschaft befindet, weil sie ersichtlich einseitig die Interessen der Mehrheitseigentümerin, nämlich der GmbH & Co. KG zu vertreten scheint. Zumindest bezüglich der Verwalterentlastung ergeben sich übrigens auch Bedenken, wenn der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bei der von ihm eingesetzten unterbevollmächtigten Vorverwaltung sein Stimmrecht für die Mehrheitseigentümerin ausübt (§ 25 Abs. 5 WEG).

Aus den vorgenannten Gründen unterliegt das gesamte gerichtliche Verfahren einem anfänglichen Zustellungsmangel, indem nämlich die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht nach Maßgabe der Gesetze vertreten worden ist. Die Antragsschrift vom 28. August 2000 wird also den bei Verfahrenseinleitung vorhandenen 5 oder 6 Wohnungseigentümern jeweils einzeln und der Komplementär-GmbH der Mehrheitseigentümerin zusätzlich als mutmaßlicher WEG-Verwalterin zuzustellen sein. Für die weitere Sachbehandlung wird darauf hingewiesen, dass die Wohnungseigentümerversammlung vom 1. August 2000 beschlussfähig war ungeachtet einer fehlerhaften Einberufung, wenn nämlich sämtliche Wohnungseigentümer vertreten waren. Soweit zum Tagesordnungspunkt 2 ein Stimmrechtsausschluss nach § 25 Abs. 5 WEG eingreift, weil der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nicht über die Entlastung der von ihm eingesetzten Unterverwaltung mit abstimmen darf, findet § 25 Abs. 3 WEG keine Anwendung, weil sonst eine erste Versammlung angesichts der Mehrheitsverhältnisse nie beschlussfähig wäre (Senat NJW-RR 1994, 659; OLG Düsseldorf WE 1999, 69). Ob die inhaltlichen Mängel gegen die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2 und TOP 3 bestehen, kann erst nach ordnungsgemäßer verfahrensrechtlicher Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer geklärt werden.

Demgemäß sind die vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben. Die Sache ist an die erste Instanz zurückzuverweisen, weil der Verfahrensmangel von Anfang an besteht. Bei der erneuten Entscheidung ist auch über die Kosten der jetzigen zweiten und dritten Instanz neu zu befinden.

Ende der Entscheidung

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