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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 02.07.2007
Aktenzeichen: 24 W 34/07
Rechtsgebiete: BGB, WEG, ZPO, UWG


Vorschriften:

BGB § 1004 Abs. 1
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 14 Nr. 2
WEG § 15 Abs. 3
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1
WEG § 47
WEG § 48 Abs. 3
ZPO § 5
ZPO § 240
ZPO § 249 Abs. 2
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 34/07

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentumsanlage Z S, B,

hat der 24.Zivilsenat des Kammergerichts in 10781 Berlin-Schöneberg, Elßholzstraße 30-33, im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 28.Juli 2006 - 85 T 646/04 WEG -, nachdem der Beteiligte zu I. seinen verfahrenseinleitenden Antrag zurückgenommen hat, durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Harte, den Richter am Kammergericht Einsiedler und die Richterin am Kammergericht Dr.Kasprik-Teperoglou am 02. Juli 2007 beschlossen:

Tenor:

I. 1. Der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 28.Juli 2006 - 85 T 646/04 WEG - wird für wirkungslos erklärt.

2. Der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 22.Oktober 2004 - 73 II 58/03 WEG - wird teilweise für wirkungslos erklärt, soweit er im Verfahren des Beteiligten zu I. gegen die Beteiligten zu II. ergangen ist. Im Übrigen bleibt es bei der Zurückweisung der Anträge erster Instanz.

3. Das Verfahren des Beteiligten zu I. gegen die Beteiligten zu II. ist durch Antragsrücknahme beendet.

II. 1. Von den Gerichtskosten erster Instanz haben die Beteiligten zu II. ein Sechstel zu tragen. Davon entfallen auf den Beteiligten zu II.1. 1/2 - absolut also 1/12 - und auf den Beteiligten zu II.2., die Beteiligten zu II.3. als Gesamtschuldner und die den Beteiligten zu II.4. je 1/6 - absolut also je 1/36.

Im Übrigen bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts über die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten erster Instanz.

2. Die Gerichtskosten zweiter Instanz haben der Beteiligte zu II.1. zu 1/2 und der Beteiligte zu II.2., die Beteiligten zu II.3. als Gesamtschuldner und der Beteiligte zu II.4. zu je 1/6 zu tragen.

3. Gerichtskosten dritter Instanz werden nicht erhoben.

4. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird für keine der Instanzen angeordnet.

III. 1. Der Geschäftswert zweiter Instanz wird - unter Abänderung der Wertfestsetzung des Landgerichts von Amts wegen - auf 16.000,00 EUR festgesetzt.

2. Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 16.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

A. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Unterlassung der hotelähnlichen gewerblichen Zwischenvermietung der Wohneinheiten der Antragsgegner. Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit Beschluss vom 22.Oktober 2004 die Anträge der Beteiligten zu I., III. und V. zurückgewiesen und ihnen die Verfahrenskosten als Gesamtschuldner auferlegt. Auf die Erstbeschwerde des Beteiligten zu I. hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss seinen Unterlassungsanträgen stattgegeben. Der Beschlusstenor ist im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 28.Juli 2006 verkündet worden. In vollständiger Form ist der Beschluss erst im Februar 2007 der Geschäftsstelle übergeben worden. Hiergegen haben die Antragsgegner am 6.März 2007 sofortige weitere Beschwerde eingelegt und mit einem Verstoß gegen §§ 27 Abs.1 FGG, 547 Nr.6 ZPO begründet.

Über das Vermögen des Beteiligten zu I. ist mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 23.März 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Mit Schreiben vom 3.April 2007, eingegangen am folgenden Tag, hat er persönlich erklärt, er "trete" in dem Verfahren "als Antragsteller und Beschwerdeführer zurück" und "werde die Anträge und Beschwerden nicht weiter verfolgen noch führen". Der Insolvenzverwalter hat mit Schreiben vom 30.April 2007 die Freigabe des Wohnungseigentums aus der Insolvenzmasse erklärt. Die Beteiligten zu II. (Antragsgegner) haben mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14.Mai 2007 die Aufnahme des Verfahrens und ihre Zustimmung zur Antragsrücknahme erklärt sowie die Feststellung der Wirkungslosigkeit des angefochtenen Beschlusses und die Auferlegung der Kosten des Verfahrens auf den Beteiligten zu I. beantragt.

B. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu II. ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 Abs.1 WEG ursprünglich zulässig, insbesondere form- und fristgerecht, eingelegt worden. Das Verfahren des Beteiligten zu I. ist nach Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde dadurch beendet worden, dass der Beteiligte zu I. mit Schreiben vom 3.April 2007 seinen verfahrenseinleitenden Antrag wirksam zurückgenommen hat. Die Beteiligten zu II. haben der Antragsrücknahme zugestimmt und die sofortige weitere Beschwerde auf den Kostenpunkt beschränkt. Der Senat hat daher in entsprechender Anwendung des § 269 Abs.3 Satz 1 ZPO die Wirkungslosigkeit des landgerichtlichen Beschlusses und der Entscheidung des Amtsgerichts, soweit sie im Verfahren des Beteiligten zu I. gegen die Beteiligten zu II. ergangen ist, auszusprechen und über die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens des Beteiligten zu I. gegen die Beteiligten zu II. und über deren außergerichtliche Kosten zu befinden.

I. Die Erklärung des Beteiligten zu I. im Schreiben vom 3.April 2007 ist als Zurücknahme seines verfahrenseinleitenden Antrags auszulegen und als solche wirksam.

1. Die Erklärung des Beteiligten zu I., er "trete" in dem Verfahren "als Antragsteller und Beschwerdeführer zurück" und "werde die Anträge und Beschwerden nicht weiter verfolgen noch führen", bedarf als verfahrensrechtliche Erklärung der Auslegung. Sie lässt erkennen, dass der Beteiligte zu I. das Verfahren nicht mehr fortführen will, und zwar weder als Antragsteller noch als Beschwerdeführer, und eine Entscheidung in der Sache nicht mehr wünscht. Sie ist als Antragsrücknahme auszulegen, da sie unter den vorliegenden Umständen zulässig ist und im Hinblick auf ihre weitergehenden Wirkungen gegenüber einer Zurücknahme seiner Erstbeschwerde auch seiner Interessenlage gerecht wird.

Die Zurücknahme des Verfahrensantrags ist in Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in jeder Verfahrenslage bis zur formellen Rechtskraft der Entscheidung möglich. Sie bedarf nach weithin, auch vom Senat vertretener Auffassung nicht der Zustimmung des Antragsgegners. Nach der Gegenauffassung ist es im Hinblick auf die Ausgestaltung des Wohnungseigentumsverfahrens als echtes Streitverfahren und die materielle Rechtskraft, die in ihm ergangenen Entscheidungen zukommt, gerechtfertigt, in entsprechender Anwendung des § 269 Abs.1 ZPO eine Antragsrücknahme ohne Einwilligung des Antragsgegners nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zuzulassen, es sei denn, dass - wie in Beschlussanfechtungsverfahren nach Ablauf der Anfechtungsfrist - ein erneutes Verfahren unzulässig wäre (vgl. zu Vorstehendem Senat WE 1988, 62; ZMR 1998, 656 Rdn.16 nach juris; BayObLG ZMR 2001, 989/990; Bärmann/Pick/ Merle, WEG, 9.Aufl., § 44 Rdn.92, jew. m.w.N.). Welcher Auffassung zu folgen ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben, nachdem die Antragsgegner ihre Zustimmung zur Antragsrücknahme ausdrücklich erklärt haben.

Die Antragsrücknahme ist unter den gegebenen Umständen auch sachgerecht und daher als vom Beteiligten zu I. gewollt anzusehen, weil sie die Wirkungslosigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Folge hat und eine Kostenentscheidung für alle drei Instanzen ermöglicht, während bei Zurücknahme seiner Erstbeschwerde die Entscheidung des Amtsgerichts auch ihm gegenüber rechtskräftig würde.

2. Die Erklärung der Antragsrücknahme ist auch in Ansehung des Umstands wirksam, dass sie während der Unterbrechung des vorliegenden Verfahren entsprechend § 240 Satz 1 ZPO infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beteiligten zu I. erfolgt ist.

a) Grundsätzlich tritt in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Beteiligten keine Unterbrechung ein. In Wohnungseigentumsverfahren als echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet § 240 Satz 1 ZPO jedoch entsprechende Anwendung, wenn Verfahrensgegenstand ein Individualanspruch des insolventen Antragstellers bzw. eine Individualschuld des insolventen Antragsgegners ist und die Insolvenzmasse betroffen ist (vgl. zu Vorstehendem Senat ZMR 2005, 647/648; OLG Frankfurt ZMR 2005, 145; Palandt/Bassenge, BGB, 66.Aufl., WEG, § 43 Rdn.17; KK-WEG/Abramenko, vor §§ 43 ff. Rdn.57; Zöller/Greger, ZPO, 26.Aufl. § 240 Rdn.2).

Eine Unterbrechung eines anhängigen Verfahrens findet gemäß § 240 Satz 1 ZPO statt, wenn sein Gegenstand ein Vermögensgegenstand ist, der rechtlich zur Insolvenzmasse gemäß § 35 InsO gehört; eine nur wirtschaftliche Beziehung reicht nicht aus. Keine Unterbrechung tritt ein, wenn nur unpfändbare oder vermögensmäßig neutrale Gegenstände, höchstpersönliche oder nichtvermögensrechtliche Ansprüche betrifft. Auch wenn nur Teile des Verfahrensgegenstands die Masse betreffen, wird das Verfahren einheitlich unterbrochen (vgl. zu Vorstehendem BGHR 2004, 146; Zöller/Greger a.a.O. Rdn.8 m.w.N.). Unterlassungsansprüche des Schuldners gehören zur Insolvenzmasse, soweit sie dem Schutz von Massegegenständen, z.B. des schuldnerischen Gewerbebetriebs, dienen (vgl. Hess, InsO, §§ 35, 36 Rdn.366 m.w.N.).

Vorliegend macht der Beteiligte zu I. gegen die Antragsgegner Individualansprüche aus § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 15 Abs.3, 14 Nrn.1 und 2 WEG, gerichtet auf Unterlassung der Nutzung ihrer Wohneinheiten zur gewerblichen hotelähnlichen Zwischenvermietung geltend. Die von ihm vorgetragenen und vom Landgericht festgestellten Auswirkungen der beanstandeten Nutzung auf sein Sondereigentum (die Wohnung Nr.54 der Wohnanlage) und das Gemeinschaftseigentum sind jedenfalls teilweise vermögensrechtlicher Art. Denn danach führt die hotelähnliche Nutzung der Wohnungen durch zahlreiche, ständig wechselnde kurzzeitige Mieter zu einem Anstieg der auf alle Miteigentümer umzulegenden Bewirtschaftungskosten der Gemeinschaft, soweit die dadurch bedingte erhöhte Verschmutzung und Abnutzung von Treppenhaus und Aufzug zu höheren Reinigungs- und Instandhaltungskosten führt. Auch sonst ist die hotelähnliche Nutzung einiger Wohnungen geeignet, sich wertmindernd auf die übrigen auszuwirken, indem sie das Wohnumfeld für dauernde Bewohner beeinträchtigt.

Nach alledem sind die Unterlassungsansprüche jedenfalls teilweise vermögensrechtlicher Art und gehörten rechtlich zur Insolvenzmasse, da sie dem Schutz des ihr zugehörigen Wohnungseigentums des Beteiligten zu I. dienten. Das anhängige Verfahren ist daher entsprechend § 240 Abs.1 ZPO unterbrochen worden.

b) Die Erklärung der Antragsrücknahme war gleichwohl - entgegen der im richterlichen Schreiben vom 8.Mai 2007 geäußerten Auffassung - dem Gericht gegenüber wirksam und ist auch durch Genehmigung der Antragsgegner ihnen gegenüber wirksam geworden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränkt sich die Unwirksamkeit nach § 249 Abs.2 ZPO auf Prozesshandlungen, die gegenüber dem Gegner vorzunehmen sind. Prozesshandlungen, die gegenüber dem Gericht erklärt werden müssen, sind dagegen trotz der Unterbrechung voll wirksam (vgl. BGHR ZPO § 249 Abs.2, Prozesshandlung 1 m.w.N.). Als Prozesshandlungen gegenüber der Gegenseite sind sie nur relativ unwirksam und nicht schlechthin nichtig. Der Erklärende bleibt an sie gebunden und kann sich nicht auf ihre Unwirksamkeit berufen. Der Gegner kann sie ausdrücklich oder stillschweigend genehmigen (vgl. zu Vorstehendem BGH NJW 1952, 507; 1969, 48/49; Zöller/Greger a.a.O. § 249 Rdn.4 m.w.N.).

Da die Antragsrücknahme gegenüber dem Gericht zu erklären ist, bei dem das Verfahren anhängig ist (vgl. Keidel/Schmidt, FGG, 15.Aufl., § 12 Rdn.39), war die dem Senat gegenüber abgegebene Erklärung des Beteiligten zu I. wirksam. Ihre relative Unwirksamkeit gegenüber den Beteiligten zu II. entsprechend § 249 Abs.2 ZPO ist jedenfalls durch ihre Genehmigung geheilt worden. Im Übrigen könnte sich der Beteiligte zu I. - wie dargelegt - auf ihre Unwirksamkeit auch nicht mit Erfolg berufen.

II. Nachdem der Insolvenzverwalter den streitbefangenen Gegenstand, das Wohnungseigentum des Beteiligten zu I., aus der Insolvenzmasse freigegeben hat und die Beteiligten zu II. die Aufnahme des Verfahrens entsprechend § 250 ZPO erklärt haben, ist das Verfahren nunmehr fortzuführen. Durch die Freigabeerklärung wird der Gegenstand des Rechtsstreits in Aktivprozessen freies Vermögen des Schuldners; die Unterbrechung endet aber erst mit der Aufnahme durch den Schuldner oder den Prozessgegner (vgl. BGH NJW 1962, 589/590; Zöller/Greger, a.a.O. § 240 Rdn.11 m.w.N.).

III. Da die Antragsrücknahme zur Beendigung des Verfahrens in der Hauptsache geführt hat, ist entsprechend § 269 Abs.3 Satz 1 ZPO die Wirkungslosigkeit des landgerichtlichen Beschlusses und der Entscheidung des Amtsgerichts, soweit sie im Verfahren des Beteiligten zu I. gegen die Beteiligten zu II. ergangen ist, auszusprechen und über die Gerichtskosten des Verfahrens des Beteiligten zu I. gegen die Beteiligten zu II. und über deren außergerichtliche Kosten gemäß § 47 WEG für alle drei Instanzen zu befinden. In Bezug auf die übrigen Antragsteller erster Instanz (Beteiligte zu III. und V.) ist die Kostenentscheidung des Amtsgerichts rechtskräftig geworden und einer Abänderung daher nicht mehr zugänglich.

1. Bei der Zurücknahme eines Antrags oder Rechtsmittels hat regelmäßig derjenige, der das (Rechtsmittel-) Verfahren in Gang gesetzt hat, gemäß § 47 Satz 1 WEG die Gerichtskosten zu tragen, wenn nicht besondere Umstände, die zur Zurücknahme des Antrags oder des Rechtsmittels geführt haben, eine andere Entscheidung nach billigem Ermessen rechtfertigen (vgl. Senat ZMR 1998, 656; BayObLG ZWE 2001, 155/156 m.w.N.). Bei einer Antragsrücknahme ist insbesondere der mutmaßliche Ausgang des Verfahrens "summarisch" zu würdigen und die Tatsache der Antragsrücknahme unter Berücksichtigung ihres Grundes zu würdigen. Es ist nicht zwingend, dem Antragsteller entsprechend § 269 Abs.3 Satz 2 ZPO die Gerichtskosten aufzuerlegen (vgl. Bärmann/Pick/Merle a.a.O. § 47 Rdn.20 m.w.N.).

2. Vorliegend sind besondere Umstände gegeben, die eine Auferlegung der Gerichtskosten erster (anteilig) und zweiter Instanz auf die Beteiligten zu II. rechtfertigen. Nach der - wie dargelegt - allein gebotenen summarischen Prüfung durch den Senat hat das Landgericht den Anträgen des Beteiligten zu I. aufgrund verfahrensfehlerfrei getroffener Feststellungen und rechtsfehlerfreier Erwägungen stattgegeben. Es liegt nahe, dass die Antragsrücknahme auf seine verschlechterte wirtschaftliche Situation zurückzuführen ist, denn die abzusehende Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts aus verfahrensrechtlichen Gründen und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht wäre mit einem Fortgang des Verfahrens und der Entstehung weiterer Kosten verbunden.

Zu den Erfolgsaussichten der Anträge des Beteiligten zu I. wird lediglich ergänzend und zusammenfassend zur Begründung des Landgerichts Folgendes bemerkt:

Die Anträge des Beteiligten zu I. auf Unterlassung der hotelähnlichen gewerblichen Zwischenvermietung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen der Beteiligten zu II. als Appartements oder Ferienwohnungen waren gemäß § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 15 Abs.3, 14 Nr.1 und 2 WEG in Verbindung mit Teil III. § 4 Abs.1 und 2 der Teilungserklärung begründet.

Gemäß § 15 Abs.3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sonder- und Teileigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen entspricht. Die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen durch die Antragsgegner hält sich nicht im Rahmen der durch die Teilungserklärung festgeschriebenen Wohnnutzung und beeinträchtigt die Wohnungseigentümergemeinschaft stärker, als dies bei einer Nutzung entsprechend dem in der Teilungserklärung festgelegten Zweck der Fall wäre.

a) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass die Antragsgegner die Wohnungen gewerblich nutzen. Nach allgemeiner Verkehrsanschauung stellt die Vermietung eigenen Wohnungseigentums dann keine Wohnnutzung, sondern eine gewerbliche Nutzung dar, wenn der Vermieter sich aus der Vermietung eine berufsmäßige Erwerbsquelle zu verschaffen beabsichtigt und die Vermietung einen Umfang an unternehmerischer Tätigkeit erfordert, der über die übliche Verwaltungsarbeit eines Hauseigentümers hinausgeht. Dies ist nach den rechtsfehlerfreien, insbesondere auf den Internetauftritten der unter der Bezeichnung "Tn Cnn " auftretenden Zwischenvermieterin beruhenden Feststellungen des Landgerichts vorliegend der Fall. Diese betreibt eine gewerbsmäßige hotelähnliche Nutzung, wobei Buchungen der Wohnungen über ihre Internetseite möglich sind. Sie beschäftigt Personen, die die anreisenden Mieter begrüßen, sie in die jeweiligen Wohnungen einweisen, ihnen Schlüssel zur Wohnung und zum Gebäude übergeben, Wäsche zur Verfügung stellen und die benutzten Wohnungen nach deren Abreise reinigen, die benutzte Wäsche entfernen und durch neue Wäsche ersetzen. All dies sind Tätigkeiten, die normalerweise im Rahmen der Vermietung einer Wohnung nicht anfallen, sondern einem Hotelbetrieb angenähert sind und ihnen das Gepräge einer selbständigen, von Gewinnerzielungsabsicht getragenen gewerblichen Betätigung geben.

b) Die gewerbliche Nutzung der Wohnung durch Vermietung an ständig wechselnde Personen, die sich nur vorübergehend in Berlin aufhalten, beeinträchtigt die Wohnungseigentümergemeinschaft stärker als dies bei einer Nutzung entsprechend dem in der Teilungserklärung festgelegten Zweck der Fall wäre.

Eine Wohnnutzung ist durch das auf Dauer angelegte Bewohnen durch denselben Nutzer geprägt, der an seiner baulichen und sozialen Umgebung ein Mindestmaß an Interesse aufbringt und seine Haushaltsführung mehr oder weniger selbst gestaltet. Dies ist bei ständig wechselnden Bewohnern in kürzeren Zeitabständen nicht der Fall. Die hotelartige Nutzung der Wohnungen der Antragsgegner rechtfertigt bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise die Annahme, dass die Nutzung über eine solche zu Wohnzwecken hinausgeht und für die anderen Miteigentümer Nachteile begründet, die über die mit einer zulässigen Wohnnutzung einhergehenden Nachteile hinausgehen und die von ihnen auch nicht gemäß § 14 Nr. 1 WEG im Interesse eines gedeihlichen Zusammenlebens in der Wohnanlage hinzunehmen sind. Bei der vorzunehmenden typisierenden Betrachtungsweise (vgl. KK-WEG/Abramenko, § 14 Rdn.11 m.w.N.) ist davon auszugehen, dass durch die ständig wechselnden Bewohner die Anonymität zwischen den Nachbarn erhöht und ihr Sicherheitsgefühl verringert wird. Das Gebäude wird für einen unüberschaubaren Personenkreis geöffnet. Dies ist für ein Wohngebäude atypisch und nicht mit der Fluktuation der Mieter in einem Mietwohnhaus vergleichbar. Auch ist die Gefahr größer, dass die Bewohner, die eine Nutzung von kurzer Dauer ohne Kontakte zur Nachbarschaft beabsichtigen, weniger auf die Interessen der Hausgemeinschaft und die Sorge für das gemeinsame Eigentum Rücksicht nehmen als diejenigen, die ihren Lebensmittelpunkt in der Wohnungseigentumsanlage haben und im Interesse ihrer Nachbarn und im Eigeninteresse auf ihre Umgebung achten. Schließlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Vermietung einer Wohnung an ständig wechselnde Bewohner mit einer höheren Beanspruchung des Gemeinschaftseigentums einhergeht.

c) Aus den vorgenannten Gründen liegen auch die Voraussetzungen für eine Einwilligung des Verwalters entsprechend Teil III. § 4 Abs.2 der Teilungserklärung nicht vor. Von der Wiederholungsgefahr gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ist auszugehen, weil die Erwartung gerechtfertigt ist, dass die Antragsgegner auch in Zukunft die gewerbliche Nutzung ihrer Wohnungen fortsetzen lassen.

3. Es entspricht nach alledem billigem Ermessen, den Beteiligten zu II. die anteilig auf das Verfahren des Beteiligten zu I. gegen sie entfallenden Gerichtskosten erster Instanz sowie die Gerichtskosten zweiter Instanz aufzuerlegen.

Bei der Gerichtskostenentscheidung für die erste Instanz hat der Senat berücksichtigt, dass es für die vom Amtsgericht ausgesprochene gesamtschuldnerische Haftung der Antragsteller an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Vielmehr haften mehrere Kostenschuldner im Außenverhältnis zu den Kostengläubigern grundsätzlich analog § 100 Abs.1 ZPO nach Kopfteilen (vgl. BGH NJW 2007, 1869/1872 Rdn.20 m.w.N.). Da der Beteiligte zu I. lediglich Unterlassungs- und keine Feststellungsanträge (wie die übrigen Antragsteller erster Instanz) gestellt hat, hat der Senat den auf sein Verfahren entfallenden Gerichtskostenanteil - ausgehend von der Bewertung der Unterlassungsanträge mit 20.000,00 EUR und der Feststellungsanträge mit 4.000,00 EUR (s.u.) - mit einem Sechstel bewertet. Diesen Anteil von einem Sechstel haben die Beteiligten zu II. als Teilschuldner zu tragen, wobei auf den Beteiligten zu II.1. als Eigentümer von drei der insgesamt sechs verfahrensgegenständlichen Wohnungen 1/2 davon und auf die übrigen (die Beteiligten zu II.3. gesamtschuldnerisch) je 1/6 davon entfallen, da sie bei Rechtshängigkeit jeweils Eigentümer einer Wohnung waren bzw. noch sind.

4. Die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz bleiben außer Ansatz, weil die angefochtene Entscheidung auf einer unrichtigen Sachbehandlung im Sinne des § 16 Abs.1 S.1 KostO beruht.

Wird die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung des Tenors in vollständiger Form der Geschäftsstelle übergeben, so ist gemäß § 27 Abs.1 S.2 FGG in Verbindung mit § 547 Nr.6 ZPO die Entscheidung als nicht mit Gründen versehen anzusehen und auf eine zulässige Rechtsbeschwerde hin aufzuheben (vgl. - im Anschluss an GemS-OGB NJW 1993, 2603 - Senat WE 1994,216; NZM 2005, 429, Rdn.4 nach juris; Keidel/Meyer-Holz, a.a.O. Vorbem. §§ 8-18 Rdn.17 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall, weil der am 28.Juli 2006 verkündete Beschluss erst im Februar 2007 zur Geschäftsstelle gelangt ist.

5. Es besteht vorliegend keine Veranlassung, von dem in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der Nichterstattung der außergerichtlichen Kosten ausnahmsweise abzuweichen, zumal die Anträge in erster Instanz zurückgewiesen worden sind (§ 47 Satz 2 WEG).

III. Der Geschäftswert ist gemäß § 48 Abs.3 Satz 1 WEG nach dem Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung von Amts wegen festzusetzen. Gemäß § 31 Abs.1 Sätze 2 und 3 KostO ist der Senat auch zur Überprüfung und gegebenenfalls Abänderung der Wertfestsetzungen der Vorinstanzen von Amts wegen berechtigt und im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens auch verpflichtet.

1. Die Geschäftswertfestsetzung für die erste Instanz auf insgesamt 24.000,00 EUR begegnet keinen Bedenken. Das Amtsgericht hat für jede der verfahrensgegenständlichen sechs Wohnungen einen Wert von 4.000,00 EUR angesetzt. Der sich daraus ergebende Gesamtwert von 24.000,00 EUR erscheint nach den Umständen angemessen, zumal auch die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.

a) Bei den verfahrensgegenständlichen Unterlassungsansprüchen aus § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 15 Abs.3, 14 Nrn.1 und 2 WEG handelt es sich um rechtlich selbständige individuelle Unterlassungsansprüche, die jedem der Antragsteller unabhängig voneinander zustehen und auch jeden der Antragsgegner rechtlich selbständig und unabhängig voneinander treffen. Maßgebend für deren Bewertung ist gemäß § 48 Abs.3 Satz 1 WEG sowohl das Interesse der Antragstellerseite an der Unterlassung als auch dasjenige der Antragsgegnerseite an der Möglichkeit der Fortsetzung der beanstandeten Nutzung (vgl. BayObLG ZMR 2001, 556 Rdn.23 nach juris; KK-WEG/Abramenko, § 48 Rdn.17, S.670 m.w.N.) Die abweichende Ansicht des Senats, nach der es allein auf das Interesse der Antragstellerseite ankam (vgl. WE 1993, 223; ebenso Bärmann/Pick/Merle a.a.O. § 48 Rdn.40) wird nicht aufrechterhalten, weil sie mit der Regelung des § 48 Abs.3 Satz 1 WEG nicht vereinbar ist (vgl. BayObLG a.a.O.).

Für die Feststellungsanträge der Beteiligten zu III. und V. gilt Vorstehendes entsprechend.

b) Im Hinblick darauf, dass auf Seiten der Antragsgegner keine wirtschaftliche Identität der Einzelansprüche gegeben ist, sind für die Anträge gegen jeden von ihnen (wobei derjenige gegen die Antragsgegner zu 3. als einheitlicher Antrag anzusehen ist, da sie gemeinsam Eigentümer einer Wohnung sind) an sich - an der Zahl ihrer Wohnungen orientierte - Einzelwerte anzusetzen und diese sodann entsprechend § 5 ZPO zusammenzurechnen. Da die Antragsgegner jedoch gemeinsam anwaltlich vertreten wurden, ist eine Aufteilung des Gesamtwerts von 24.000,00 EUR auf sie entbehrlich. Von diesem Betrag entfallen auf die Unterlassungsanträge im Hinblick auf deren Bedeutung 20.000,00 EUR und auf die Feststellungsanträge 4.000,00 EUR.

c) Auf Antragstellerseite ist zusätzlich die teilweise Identität ihrer Anträge zu berücksichtigen.

Nach wohl herrschender Auffassung erfolgt bei einer subjektiven Klagen- bzw. Antragshäufung, d.h. wenn mehrere Kläger oder Antragsteller ein identisches Unterlassungsbegehren verfolgen, keine Zusammenrechnung, sondern ist vom höchsten Interesse eines Klägers oder Antragstellers auszugehen und für jeden weiteren ein Zuschlag in der Höhe vorzunehmen, der seinem Interesse an einer eigenen Titulierung des Anspruchs entspricht (vgl. BGH GRUR 1998, 958 - Verbandsinteresse - Rdn.6 nach juris; KG - 5.ZS. - KGR 1999, 344; Zöller/Herget, a.a.O. § 3 Rdn.16 Stichwort "Unterlassung", jew. m.w.N.).

Vorliegend ist jedenfalls von teilweiser Identität der Ansprüche der Antragsteller auszugehen, nämlich soweit sie auf die Abwehr von Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums gerichtet sind. Unterschiedlich sind sie nur, soweit sie auf ihr jeweiliges Sondereigentum bezogen sind, wobei die Beteiligte zu V. als Verfahrensstandschafterin wirtschaftlich die Interessen weiterer Wohnungseigentümer vertreten hat. Dies rechtfertigt eine einheitliche Bewertung der Anträge in Bezug auf alle Antragsteller in der festgesetzten Höhe, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass in dem angesetzten Gesamtgeschäftswert angemessene Zuschläge für mehrere Antragsteller enthalten sind.

2. Bei der Festsetzung des Geschäftswerts für die zweite Instanz ist ausgehend von vorstehenden Erwägungen zu berücksichtigen, dass nur der Beteiligte zu I. seine Unterlassungsanträge weiterverfolgt hat. Von dem auf diese entfallenden Geschäftswert erster Instanz von 20.000,00 EUR ist daher im Hinblick auf den Wegfall der übrigen Antragsteller ein angemessener Abschlag zu machen, den der Senat unter Berücksichtigung der gesamten Umstände auf 4.000,00 EUR bemisst. Der Geschäftswert für die für die zweite Instanz ist deshalb auf 16.000,00 EUR festzusetzen.

3. Der Geschäftswert dritter Instanz entspricht bis zur Antragsrücknahme am 4.April 2007 ebenfalls dem Betrag von 16.000,00 EUR. Ab Antragsrücknahme entspricht der Wert den bis dahin entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beteiligten. Eine gesonderte Wertfestsetzung ist jedoch nicht geboten, weil Gerichtskosten für diese Instanz nicht zu erheben sind und weitere außergerichtliche Kosten - soweit ersichtlich - nicht mehr angefallen sind.

Ende der Entscheidung

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