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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 05.10.2005
Aktenzeichen: 24 W 6/05
Rechtsgebiete: WEG, FGG


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 2
WEG § 16 Abs. 5
WEG § 28 Abs. 5
WEG § 45
FGG § 27
FGG § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 6/05

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnanlage Wnnnnnn, 1nn Bnnn

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragsteller und der Beteiligten zu II. und III. gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 10. November 2004 - 85 T 43/03 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, den Richter am Amtsgericht Einsiedler und die Richterin am Kammergericht Kingreen am 5. Oktober 2005 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert:

Auf die Erstbeschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 13. Januar 2003 - 76 II 214/02 WEG - teilweise geändert:

Die Beschluss der Eigentümerversammlung vom 26. April 2002 zu TOP 3 wird hinsichtlich der Position "Recht/Beratungskost." über 4.543,14 DM in den Einzelwohngeldabrechnungen 2001 für ungültig erklärt.

Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller als unzulässig verworfen.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu II. und III. wird zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten der ersten beiden Instanzen haben die Antragsteller als Gesamtschuldner 36 % und die Beteiligte zu III. 64 % zu tragen. Von den Gerichtskosten dritter Instanz haben die Antragsteller als Gesamtschuldner 16 % und die Beteiligte zu III. 84 % zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert wird für alle Instanzen, für die erste und zweite Instanz in Änderung der Beschlüsse vom 13. Januar 2003 und 10. November 2004, auf 3.222,87 Euro festgesetzt. Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Beteiligten zu II. bilden die aus dem Rubrum ersichtliche Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu III. ist die Verwalterin, der Antragsteller zu I.2. ist der ehemalige Verwalter.

Am 26.4.2002 beschloss die Eigentümerversammlung die Jahresabrechnung nebst Einzelabrechnungen für das Jahr 2001 mit der Position "Recht/Beratungskost." über 4.543,14 DM, der anteilig auf die Antragsteller und die Beteiligten zu II. umgelegt wurde. Diesen Betrag hatte die Beteiligte zu III. am 6.12.2001 aus Gemeinschaftsmitteln bezahlt. Er setzt sich zusammen aus Honoraren, die der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu II. und III. mit seinen Rechnungen vom 1.11.2001 gegenüber der Beteiligten zu III. geltend machte. Zum Einen rechnete er 4.335,50 DM ab für die Vertretung der Beteiligten zu II. und zu III. in einem u.a. auf Abberufung der Beteiligten zu III. gerichteten Anfechtungsverfahren der Antragsteller vor dem Amtsgericht Schönberg - 76 II 155/99 WEG -, das auch wegen eines Gegenantrages auf Wohngeldzahlung und eines weiteren Antrags von keinem Beteiligten weiter betrieben wird. Zum Anderen begehrte er 207,64 DM, weil er im März 1999 im Auftrag der Beteiligten zu II.1. und anderer ehemaliger Eigentümer Strafanzeige gegen den Antragsteller zu I.2. gestellt hatte.

Das Amtsgericht Schöneberg hat durch Beschluss vom 13.1.2003 - 76 II 214/02 WEG - den Anfechtungsantrag hinsichtlich des von der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.4.2002 zu TOP 3 gefassten Beschlusses zurückgewiesen und den zu TOP 5 gefassten Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.4.2002 für "unwirksam" erklärt. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die sofortigen Beschwerden der Antragsteller und der Beteiligten zu II. und III. zurückgewiesen.

Die Antragsteller sind der Ansicht:

Der angefochtene Beschluss des Landgerichts sei zu TOP 3 wegen Verstoßes gegen §§ 16 Abs. 2, 5 und 28 Abs. 5 WEG fehlerhaft, weil der Eigentümerversammlung die Regelungskompetenz fehle, andere als gemeinschaftliche Rechtsverfolgungskosten aller Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss auf Nichtbetroffene abzuwälzen. Der Verwalterin sei wegen des Gesamtbetrages von 2.322,87 Euro zu TOP 5 die Entlastung zu versagen, da die Entnahme der Rechtsanwaltskosten ordnungsmäßiger Verwaltung widersprochen habe und der Gemeinschaft Bereicherungsansprüche zustünden.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

unter teilweise Abänderung des landgerichtlichen und des amtsgerichtlichen Beschlusses TOP 3 des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 26.4.2002 bezüglich der Einzelwohngeldabrechnungen für 2001 und TOP 5 auch bezüglich der Anwaltskostenrechnung über 2.216,71 Euro für ungültig zu erklären und die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu II. und III. zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu II. und III. beantragen sinngemäß,

die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zurückzuweisen und unter Abänderung des landgerichtlichen und des amtsgerichtlichen Beschlusses den Anfechtungsantrag zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 26.4.2002 zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu II. und III. sind der Ansicht:

Bei Entnahme von Verfahrenskosten aus dem Verwaltungsvermögen seien diese in die Jahresabrechnung einzustellen. Ohne Vorliegen einer gerichtlichen Kostenentscheidung habe die Beteiligte zu III. zu Recht die Kosten nach dem Kostenverteilungsschlüssel umgelegt. Die Antragsteller seien davon nicht auszunehmen, da nicht die besondere Verantwortung anderer Wohnungseigentümer feststehe. Wenn die Jahresabrechnung ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, müsse das auch für die Entlastung gelten. Der Entlastungsbeschluss betreffe nicht Schadensersatzansprüche.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gemäß §§ 27, 29 FGG, § 45 WEG hat weitgehend Erfolg, die der Beteiligten zu II. und III. bleibt erfolglos. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts ist nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei.

1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller zu TOP 3 ist so zu auszulegen, dass sie in der dritten Instanz nur noch die Einzelabrechnungen 2001 wegen der streitgegenständlichen Position: "Recht/Beratungskost." über 4.543,14 DM, und nicht mehr die Gesamtabrechnung 2001 angreifen.

Hinsichtlich der angefochtenen anteiligen Beträge waren sämtliche Einzelabrechnungen für ungültig zu erklären; nach der nunmehr geänderten Rechtsauffassung des Senats ist im Verfahren wegen der Anfechtung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung über eine Jahresabrechnung auf die entsprechende konkrete Rüge des anfechtenden Eigentümers vom Gericht zu prüfen, ob in den die Einzelabrechnungen aufgeteilte Kosten materiellrechtlich einem Wohnungseigentümer oder mehreren einzelnen Wohnungseigentümern aufzubürden sind (Beschluss vom 26.9.2005 - 24 W 123/04 -, in Abgrenzung zu KG - 24 W 189/02 - ZMR 2003, 874).

Die im Anfechtungsverfahren der Antragsteller vor dem Amtsgericht Schöneberg - 76 II 155/99 WEG - entstandenen Anwaltskosten von 4.335,50 DM (= 2.216,71 Euro) hätten nicht den Antragstellern auferlegt werden dürfen. Auch wenn vor Verteilung der Kosten nach § 47 WEG durch eine bestandskräftige Entscheidung eine quotenmäßige Umlage gerechtfertigt ist (vgl. KG NJW-RR 1992, 845), so verbietet sich eine Umlegung der Verfahrenskosten ohne Rücksicht auf die Beteiligtenstellung der einzelnen Wohnungseigentümer in dem Verfahren (vgl. BayObLG NJW-RR 1992, 1431; vgl. auch BayObLG WuM 1993, 486). Die Antragsteller standen in dem Anfechtungsverfahren vor dem Amtsgericht Schönberg - 76 II 155/89 WEG - auf der Antragstellerseite und die Beteiligten zu II. und III. mussten sich ihrer Angriffe mit Hilfe ihres Verfahrensbevollmächtigten erwehren und haben ihrerseits einen Gegenantrag gestellt. Dann hätten im Hinblick auf diese Beteiligtenstellung die Kosten vorläufig nur unter den auf der anderen Seite stehenden Beteiligten zu II. und nicht auch auf die Antragsteller umgelegt werden dürfen.

Die Kosten der Strafanzeige gegen den Antragsteller zu I.2. in Höhe von 207,64 DM (= 106,16 Euro), die die Beteiligte zu II.1. und andere frühere Eigentümer erstattet haben, waren ebenso wenig den Antragstellern aufzubürden. Wie das Landgericht bei seinen Gründen zu TOP 5 verfahrensfehlerfrei festgestellt hat, beruhte diese Auftragserteilung nicht auf einem von der Gemeinschaft gebildeten Willen, was schon eine Kostenlast der Antragsteller ausschließt. Zudem steht der Antragsteller zu I.2. in dem Ermittlungsverfahren gleichfalls auf der Gegenseite der Beteiligten zu II. und kann deshalb nicht in Anspruch genommen werden.

2. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller zu TOP 5 war als unzulässig zu verwerfen, denn es liegt keine Beschwer vor. Das Amtsgericht hat bereits mit seinem Beschluss vom 13.1.2003 - 76 II 214/02 WEG - den zu TOP 5 gefassten Beschluss für unwirksam erklärt und das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu II. und III. zurückgewiesen. Die Antragsteller können nicht verlangen, dass die Begründung dafür, dass der Entlastungsbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, auch bezogen auf die Gebührenrechnung über 4.335,50 DM (= 2.216,71 Euro) erweitert wird, denn in Rechtskraft erwächst nur der Beschlusstenor.

3. Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu II. und III. ist unbegründet. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht angenommen, dass der Entlastungsbeschluss zu TOP 5 nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Ein Eigentümerbeschluss, mit dem einem Verwalter Entlastung erteilt wird, steht dann im Widerspruch zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn Ansprüche gegen den Verwalter erkennbar in Betracht kommen und nicht aus besonderen Gründen Anlass besteht, auf die hiernach möglichen Ansprüche zu verzichten (BGH NJW 2003, 3124 - 2. Ls.). Das gilt auch für Schadensersatzansprüche. Solche kommen nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hier in Betracht, weil die Beteiligte zu III. die Anwaltskosten für die Strafanzeige nicht aus Gemeinschaftsmitteln hätte bezahlen dürfen. Hinzu tritt nach den Ausführungen zu II.1., dass sie die Anwaltskosten für das Anfechtungsverfahren vor dem Amtsgericht Schönberg - 76 II 155/89 WEG - nicht hätte auf die Antragsteller umlegen dürfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Es entsprach billigem Ermessen, den Antragstellern als Gesamtschuldnern die Gerichtskosten der Instanzen anteilig aufzuerlegen, soweit sie in den ersten beiden Instanzen wegen der Anfechtung der gesamten Jahresabrechnung und in der dritten Instanz wegen des Antrages zu TOP 5 unterlegen sind. Im Übrigen waren der Beteiligten zu III. die Kosten aufzuerlegen, weil sie durch ihr unrichtiges Verhalten bei der Entnahme von Geldern und bei der Aufstellung der Einzelabrechnungen das Verfahren verursacht hat.

Angesichts der das Verfahren prägenden schwierigen Rechtslage zur Anfechtung von Einzelabrechnungen bestand keine Veranlassung, ausnahmsweise die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.

Der Geschäftswert war gemäß § 48 Abs. 3 WEG festzusetzen. Dabei war zu berücksichtigen, dass hinsichtlich TOP 3 die gesamte Position von 4.543,14 DM (= 2.322,87 Euro) auch bei den in dritter Instanz nur noch angegriffenen Einzelabrechnungen im Streit stand. Auf die Anfechtung der Verwalterentlastung entfallen, wie von den Vorinstanzen angenommen, 1.000,00 Euro.

Ende der Entscheidung

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