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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.05.2004
Aktenzeichen: 24 W 83/03
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
WEG § 4
WEG § 10 Abs. 2
WEG § 15 Abs. 2
WEG § 45
WEG § 48 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 83/03

In der Wohnungseigentumssache

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 4. Februar 2003 - 85 T 213/01 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und die Richterin am Kammergericht Hinrichs am 24. Mai 2004 beschlossen:

Tenor:

Unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Berlin werden auf die Erstbeschwerde der Antragsteller die Eigentümerbeschlüsse vom 25. Oktober 1999 zu TOP 1a) bis c) und zu 4b) für nichtig erklärt.

Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben von den Gerichtskosten aller drei Instanzen als Gesamtschuldner 1/5 zu tragen; im Übrigen werden die Gerichtskosten dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft auferlegt.

Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird für keine Instanz angeordnet.

Der Geschäftswert wird für die 3. Instanz auf 6.391,15 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu I. und II. bilden die Eigentümergemeinschaft der im Rubrum genannten Wohnanlage. Sie streiten im vorliegenden Verfahren über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung vom 25. Oktober 1999.

Die Teilungserklärung vom 9. Oktober 1979 bestimmt in Ziffer 2 a):

Von den Bewirtschaftungskosten trägt jeder Eigentümer einen der Nutzungsfläche seines Sondereigentums entsprechenden Teil. Davon ausgenommen sind Kosten, die durch gesonderte Zähler oder in anderer Weise gesondert dem jeweiligen Sondereigentümer in Rechnung gestellt werden; dieser hat der jeweilige Sondereigentümer allein zu tragen.

Bereits in der Eigentümerversammlung vom 11. Juni 1996 wurde zu TOP 8 der Einbau von Wasseruhren und für die Zeit danach eine verbrauchsabhängige Abrechnung beschlossen. In der Versammlung vom 19. Mai 1998 wurde zu TOP 3 ein Beschluss über den Einbau von Wasseruhren gefasst, der später aus formellen Gründen für ungültig erklärt wurde.

Zu der Eigentümerversammlung vom 25. Oktober 1999 wurde mit Einladungsschreiben vom 1. Oktober 1999 geladen, in der die Tagesordnung u.a. zu TOP 3 lautete: "Wiederholung der Beschlussfassungen zum Thema "Haushandwerker" aus der Versammlung vom 30. 9. 98".

Folgende Eigentümerbeschlüsse wurden am 25. Oktober 1999 mehrheitlich gefasst:

zu TOP 1a):

Die Gemeinschaft stimmt dem Dachgeschossausbau des Seitenflügels zu einer neuen Wohnung, der entsprechenden Änderung der Teilungserklärung sowie der Veräußerung des Dachbodens an Herrn Knn zu.

1b)

Den Wohnungen Nr. 29 und 30 wird jeweils die Hälfte des derzeitigen Hauswartkellers im Vorderhaus als Kellerverschlag zugewiesen. Die Wohnungen 31 und 32 erhalten jeweils einen Keller in dem noch freien Bereich des Quergebäudes.

1c)

Der Verwalter wird bevollmächtigt, die erforderlichen Änderungen der Teilungserklärung zur Ermöglichung des Ausbaus des Dachs im Seitenflügel für Wohnraum (inklusive des Verzichts auf die Sondernutzungsrechte am Dachboden) für die Eigentümer (als vollmachtloser Vertreter) zu unterzeichnen und auch den Kaufvertrag mit Herrn Knn .

Zu TOP 3:

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 30.9.98 zur Beauftragung des Haushandwerkers(TOP 1 dort) wird hiermit ausdrücklich bestätigt.

Zu TOP 4:

4a)

Alle vorhandenen Kalt- und Warmwasserzähler werden bei der nächsten Ablesung von der Abrechnungsfirma verplombt.

4b)

Bei der Frage des Beginns der verbrauchsabhängigen Abrechnung verbleibt es bei dem entsprechenden Beschluss der vorhergehenden Eigentümerversammlung.

Mit Telefaxschreiben vom 25. November 1999 haben die Antragsteller die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 1a) bis c), zu TOP 3 und zu TOP 4a) und b) angefochten und eine Begründung in einem gesonderten Schriftsatz angekündigt. Nach Eingang des Originals der Antragsschrift wurde dem Verwalter eine einfache Abschrift der Antragsschrift formlos zur Kenntnis übersandt. Nach sechs Monaten wurde das Weglegen der Akten verfügt und die einfache Gebühr für das gerichtliche Verfahren nach einem Wert von 10.000,-- DM von den Antragstellern erfordert. Nachdem der Verwalter bereits Ende 1999 die Verteidigungsabsicht schriftsätzlich mitgeteilt hatte, unterrichtete er mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2000 das Gericht von Einigungsversuchen in der Eigentümerversammlung vom 25. September 2000. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2000 wurde der Antragstellervertreter darüber unterrichtet, dass auch ohne Antragsbegründung Termin anberaumt werden würde. Am 15. Dezember 2000 änderte das Amtsgericht nach Rücksprache mit dem Antragsgegnervertreter seine Absicht dahin, dass die Akte weggelegt werden soll. Nachdem der Antragsgegnervertreter am 25. Januar 2001 um den Fortgang des Verfahrens bat, wurde der Antragstellervertreter auf den fehlenden Gerichtskostenvorschuss hingewiesen sowie die Anberaumung eines Termins angekündigt. Mit der Ladung zum Termin am 20. April 2001 wurde über die bisher gezahlten 50,-- DM ein weiterer Kostenvorschuss von 30,-- DM erfordert. Unter dem 28. Februar 2001 erfolgte eine eingehende Antragsbegründung. Auf Antrag wurde der Verhandlungstermin auf den 11. Mai 2001 verlegt, an dem auch streitig verhandelt wurde. Mit Beschluss vom 16. Mai 2001 hat das Amtsgericht die Anfechtungsanträge mit der Begründung zurückgewiesen, das Anfechtungsrecht sei durch die Nichtbetreibung des Verfahrens nachträglich verwirkt worden, weil zwar fristgerecht Anfechtungsanträge eingereicht, aber das gerichtliche Verfahren über Jahre nicht betrieben worden sei, es vielmehr auf Dauer in der Schwebe gehalten werden sollte (unter Hinweis u.a. auf KG, NJW-RR 1998, 370 = WE 1998, 29). Die Erstbeschwerde der Antragsteller hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 4. Februar 2003 mit der Begründung zurückgewiesen, die Antragsteller hätten durch ihr prozessuales Verhalten ihre Verpflichtung, Verfahrensrechte so wahrzunehmen, dass die anderen Beteiligten sich darauf einstellen könnten, verletzt. Die Antragsteller könnten zwar noch Nichtigkeitsgründe geltend machen, diese seien aber in Bezug auf die angefochtenen Eigentümerbeschlüsse nicht erkennbar. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, die teilweise Erfolg hatte.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig und teilweise sachlich auch gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG).

Entgegen der Annahme der Vorinstanzen ist das Beschlussanfechtungsrecht der Antragsteller nicht verwirkt. In dem vom Senat entschiedenen Fall (KG, Beschluss vom 25. April 1997, 24 W 8686/96, NJW-RR 1998, 370 = ZMR 1997, 484) hat ein Wohnungseigentümer zwar fristgerecht Anfechtungsanträge gegen Eigentümerbeschlüsse bei Gericht eingereicht, das Verfahren danach jedoch über viele Jahre hinweg nicht weiter betrieben, sondern es ersichtlich auf Dauer in der Schwebe halten wollen. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Hier hat der WEG-Verwalter umgehend von der Beschlussanfechtung Kenntnis erlangt und jedenfalls bis zur Eigentümerversammlung vom 25. September 2000 Vergleichsbemühungen entfaltet. Es kann auch dahinstehen, inwieweit die Nichtzahlung der Gerichtskostenvorschüsse für das Beschlussanfechtungsverfahren erheblich ist (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 1998, 244 und ZMR 1998, 302; BayObLGZ 2000, 340 = NZM 2001, 143 = ZMR 2001, 294; OLG Zweibrücken ZMR 2003, 451) oder das WEG-Gericht auch einen anwaltlich vertretenen Beteiligten deutlich auf die möglichen Rechtsfolgen einer verzögerten Einzahlung des Vorschusses hinweisen muss (OLG Schleswig NZM 2002, 960 = ZMR 2002, 865; NZM 2003, 519 = NJW-RR 2003, 951). Denn der vom Amtsgericht eingeforderte Kostenvorschuss wurde eingezahlt und das Amtsgericht hat in der Frage der Terminsanberaumung mit oder ohne Antragsbegründung geschwankt und schließlich auf Drängen des Antragsgegnervertreters Termin anberaumt. Sowohl die Kenntnis der Wohnungseigentümergemeinschaft von der Beschlussanfechtung wie auch die zwischenzeitlichen Vergleichsbemühungen schließen die Annahme einer Verwirkung bereits innerhalb von eineinhalb Jahren aus.

Nach den Hilfserwägungen des Landgerichts liegen hinsichtlich der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3 und zu TOP 4a) weder Nichtigkeitsgründe vor noch ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung.

TOP 3 (Wiederholung der Beschlussfassungen zum Haushandwerker aus der Versammlung vom 30. September 1998 zu TOP 1)

Einen Einladungsmangel vermag der Senat hier nicht zu erkennen. Auch wenn der Eigentümerbeschluss vom 30. September 1998 zu TOP 1 zwischenzeitlich aus formellen Gründen für ungültig erklärt worden war, kann in der angekündigten Bestätigung auch die Wiederholung des zwischenzeitlich aufgehobenen Eigentümerbeschlusses gesehen werden. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts, die dem Senat eine abschließende Beurteilung ermöglichen, ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass mit der Beauftragung der Firma Knn eine Ordnungswidrigkeit oder gar eine Straftat begangen werden sollte. Der Eigentümerbeschluss stand unter der Voraussetzung, dass die Auftragsvergabe im rechtlich zulässigen Rahmen erfolgt, wofür der WEG-Verwalter einzustehen hat.

TOP 4a) (Verplombung von Wasseruhren)

Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts handelt es sich um keinen unzulässigen Eingriff in das Sondereigentum, vielmehr um einen Beschluss gemäß § 15 Abs. 2 WEG, mit welchem das Gemeinschaftsanliegen der ordnungsgemäßen Verbrauchserfassung sachgerecht geregelt wird. Eine Beschlusskompetenz der Gemeinschaft hierfür ist gegeben.

Rechtlich bedenklich sind dagegen die Ausführungen des Landgerichts zu den Eigentümerbeschlüssen zu TOP 1 und TOP 4b).

Wie sich schon aus dem Einladungsschreiben vom 1. Oktober 1999 ergibt, stehen die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 1 in einem unauflösbaren Zusammenhang. Es geht um die Zustimmung zur Veräußerung des Dachbodens des Seitenflügels und zum Ausbau zu Wohnraum. Demgemäß bewegen sich die Unterbeschlüsse zu a) bis c) im Bereich der absoluten Beschlussunzuständigkeit der Wohnungseigentümerversammlung gemäß der allerdings erst nach dem 25. Oktober 1999 ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20. September 2000 (BGHZ 145, 158). Sowohl die Änderung der Teilungserklärung wie auch die Umwidmung des Dachbodens zu Wohnzwecken betreffen nicht Vereinbarungen im Rahmen des § 10 Abs. 2 WEG, sondern fallen in den Bereich des § 4 WEG und erfordern deshalb zwingend eine notarielle Beurkundung unter Beteiligung aller Wohnungseigentümer, wie sie übrigens auch unter 1c) geplant war. Angesichts der fehlenden Allstimmigkeit kann auch eine Vereinbarung nicht angenommen werden. Die Antragsteller verweisen zu Recht auf den nutzlosen Kostenaufwand, wenn der WEG-Verwalter hier vorbereitend tätig wird.

Der Eigentümerbeschluss zu TOP 4b) ist ebenfalls nichtig, weil die Teilungserklärung der Gemeinschaft unter Ziffer 2a) bereits eine Regelung über den durch gesonderte Zähler oder in anderer Weise gesondert dem jeweiligen Sondereigentümer zuzurechnenden Verbrauchskosten auch eine teilweise verbrauchsabhängige Abrechnung möglich machen.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsteller als Gesamtschuldner 1/5 der Gerichtskosten aller Instanzen tragen, während der Rest dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft aufzuerlegen ist (§ 47 Satz 1 WEG). Dagegen besteht kein hinreichender Anlass, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht derjenigen der Vorinstanzen.

Ende der Entscheidung

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