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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 26.10.2008
Aktenzeichen: 26 U 154/07
Rechtsgebiete: BGBEG


Vorschriften:

BGBEG Art. 229 § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 26 U 154/07

verkündet am: 26.10.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 26. Zivilsenat des Kammergerichts in auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Hennemann, den Richter am Amtsgericht Tegeder und den Richter am Kammergericht von Gélieu

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. Mai 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 36 O 10/07 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Kostenbetrages abzuwenden wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000,00 €.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft B straße GbR (G Fonds 18). Er war dieser im Jahre 1996 mit einem Zeichnungsbetrag von 70.000,00 DM (35.790,43 €) beigetreten. Er macht gegenüber der Beklagten als Initiatorin und Gründungsgesellschafterin des Fonds und Herausgeberin des Fondsprospekts aus dem Jahr 1995 (Anlage K1, Band I Bl. 52 ff. d.A.) Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Prospektangaben geltend. Zweck des G Fonds 18 war die Errichtung von Wohnungen im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau (erster Förderungsweg), wonach im Grundförderzeitraum zunächst über die Dauer von 15 Jahren Aufwendungshilfen gewährt wurden. Für die Zeit nach Ablauf des Grundförderzeitraums war eine Anschlussförderung durch den Senat von Berlin vorgesehen. Zu dieser Anschlussförderung wird es jedoch nicht kommen, da der Senat von Berlin beschlossen hat, künftig keine Anschlussförderungen für die Projekte des sozialen Wohnungsbaus mehr zu bewilligen. Diese Entscheidung hat vor dem Bundesverwaltungsgericht Bestand gehabt.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, mit dem die Klage abgewiesen worden ist, Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Gegen dieses Urteil wehrt sich die Beklagte mit seiner Berufung. Sie rügt:

Das Landgericht habe verkannt, dass der Prospekt nicht fehlerhaft sei. Tatsächlich habe man seinerzeit davon ausgehen können, dass es zu einer Anschlussförderung kommen werde. Auch die Darstellung der quotalen Haftung im Prospekt sei korrekt. Jedenfalls habe ein eventuell doch vorhandener Prospektfehler keinen Schaden auf Seiten des Klägers bewirkt. Es fehle auch an einem Verschulden der Beklagten. Überdies sei Verjährung eingetreten. Ferner habe das Landgericht die Kausalität eines möglicherweise vorhandenen Prospektmangels für den Fondsbeitritt des Klägers fehlerhaft bejaht.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 15. Mai 2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin, Az.: 36.O.10/07, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen dahin, dass er gegenüber dem Zeugen R ausdrücklich seine Investitionsentscheidung davon abhängig gemacht habe, dass die Anschlussförderung sicher gewährt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat auf Grund des Beschlusses vom 11. Juni 2008 (Band II Bl. 57 d.A.) Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen G R . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 8. Oktober 2008 (Band II Bl. 60-62 d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, da sie statthaft ist und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Sie bleibt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch ohne Erfolg.

A.

Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo in Verbindung mit Art. 229 § 5 EGBGB zu. Es liegt ein Fall der Prospekthaftung im weiteren Sinne vor, da die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin als Prospektverantwortliche im Hinblick auf ihren damaligen Charakter als städtisches Wohnungsbauunternehmen und im Hinblick auf ihre auch im Prospekt dargestellte 70-jährige Erfahrung in bedeutenden Projekten des sozialen Wohnungsbaus besonderes Vertrauen der Anleger in Anspruch genommen hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Emissionsprospekt den potentiellen Anleger oder Erwerber über alle Umstände des angebotenen Modells sachlich richtig und vollständig informieren, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können (BGH, Urteil vom 26. 9. 1991 - VII ZR 376/89, NJW 1992, 228, 230; Urteil vom 7. 9. 2000 - VII ZR 443/99, NJW 2001, 436, 437; BGH, Urteil vom 1. 3. 2004 - II ZR 88/02, NJW 2004, 2228, 2229).

1. Diesen Anforderungen genügen die Angaben im Prospekt zur Darstellung der quotalen Haftung, nicht aber diejenigen zur Anschlussförderung.

a) Entgegen der Auffassung des Klägers stellt sich allerdings die Darstellung der quotalen Haftung der Gesellschafter nicht als unrichtig dar.

aa) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des 27. Senats des Kammergerichts zur Haftung eines Fondsinitiators verweist, sind die Grundsätze dieser Entscheidungen auf den vorliegenden Sachverhalt schon nicht anzuwenden, soweit die dortigen Verurteilungen wegen unzutreffender Prospektangaben zur Haftungsreihenfolge erfolgt sind.

Eine konkrete Haftungsreihenfolge, nach der zunächst das Fondsvermögen und erst danach die einzelnen Gesellschafter haften, wird in dem streitgegenständlichen Prospekt weder konkret bezeichnet noch suggeriert. Nach Auffassung des Senats wird hinreichend deutlich, dass die Gesellschafter neben dem Gesellschaftsvermögen in Anspruch genommen werden und nicht darauf vertrauen können, dass zunächst das Gesellschaftsvermögen verwertet wird. Der Fondsprospekt erläutert auf S. 8 einerseits die Regelung der quotalen Haftung und macht andererseits unter der Überschrift "Nachschusspflicht" deutlich, dass die Gesellschafter unter Umständen eine Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nur dadurch abwehren können, dass sie zusätzlich zu ihren persönlichen Haftungsbeiträgen Leistungen für Gesellschafter erbringen, die nicht zahlungsfähig oder -willig sind. Zudem wird deutlich, dass für den Fall, dass die Verbindlichkeiten nicht durch die Zwangsveräußerung der Immobilie gedeckt werden, ein anteiliger Schuldenausgleich durch die Gesellschafter erforderlich wird.

Dass der Anleger im schlechtesten Fall sowohl die aufgrund seiner quotalen Haftung zu erbringende Geldsumme aus seinem persönlichen Vermögen aufzubringen hat als auch das Grundstück und damit den wertbildenden Faktor seiner Gesellschafterbeteiligung verliert, ist ein der Beteiligung an einer BGB-Gesellschaft immanentes Risiko: Das dem Gesellschaftszweck gewidmete Vermögen der Gesellschafter stellt ein dinglich gebundenes Sondervermögen dar, das vom sonstigen Vermögen der Gesellschafter, dem Privatvermögen, streng zu unterscheiden ist (BGH, Urteil vom 25. 2. 1999 - III ZR 53-98, NJW 1999, 1407). Ansprüche gegen die Gesellschaft wie z.B. die Darlehensverbindlichkeiten richten sich gegen diese und können mit Wirkung gegen das Gesellschaftsvermögen gegen sie durchgesetzt werden. Davon zu unterscheiden ist die Haftung der Gesellschafter mit ihrem persönlichen Vermögen. Die Frage, inwieweit die Haftung der Gesellschafter beschränkt worden ist, d.h. quotal entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, betrifft ausschließlich ihre persönliche Haftung; die Haftung der Fonds- Gesellschaft (bzw. nach früherer Auffassung die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit) mit dem Gesellschaftsvermögen bleibt davon unberührt.

Etwas anderes lässt sich auch den ebenfalls auf Seite 8 des Prospekts unter der Rubrik "Haftungsregelung" enthaltenen Hinweisen nicht entnehmen. Dort heißt es:

"Der Haftungsumfang ist in den in diesem Prospekt abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) geregelt. Neben dem Gesellschaftsvermögen haften die Gesellschafter persönlich entsprechend ihrer Beteiligungsquote unbeschränkt und müssen sich daher in den Darlehensverträgen der Zwangsvollstreckung in ihr Privatvermögen unterwerfen.

....Die quotale Haftung gilt, soweit nicht das Gesetz für einzelne Verbindlichkeiten...zwingend die gesamtschuldnerische Haftung vorschreibt. Dies trifft jedoch nur auf einzelne Verbindlichkeiten zu. Für die wesentlichen Haftungsbereiche, insbesondere die Grundschulden, wird die quotale Haftung vertraglich vereinbart...."

Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich allein aus der Vereinbarung einer quotalen Haftung nicht herleiten, dass der Gesellschafter im Falle der Zwangsversteigerung des Gesellschaftsgrundstücks den auf seine Quote entfallenen Veräußerungserlös erhält, sofern er seine persönliche Schuld bereits beglichen hat. Denn die quotale Haftung begrenzt lediglich den Umfang seiner persönlichen Haftung, besagt aber nichts darüber, inwieweit er am Versteigerungserlös zu beteiligen ist. Bei Zahlungsausfällen anderer Gesellschafter bleibt die Höhe seiner persönlichen Haftung unverändert.

Dies ergibt sich auch aus dem Prospekt, der stets auf das Gesellschaftsvermögen einerseits und die persönliche Haftung der Gesellschafter andererseits als Haftungsmassen verweist. Sofern ausgeführt wird, dass die quotale Haftung auch hinsichtlich der Grundschulden vereinbart sei, so kommt damit zum Ausdruck, dass sich durch die Grundschuldbestellung bzw. die im Rahmen der Grundschuldbestellung abzugebende persönliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung nichts an der quotalen Haftung hinsichtlich des Privatvermögens ändert. Dies entspricht schließlich auch den in der Zeichnungserklärung auf Seite 31 des Prospekts erwähnten Vollmachten sowie § 6 Nr. 3 und 4 des Gesellschaftsvertrages. An beiden Stellen wird ausdrücklich unterschieden zwischen dem unbeschränkt haftenden Gesellschaftsvermögen und der nur quotalen Haftung der einzelnen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen.

bb) Zu Unrecht rügt der Kläger die in der weiteren Anlage zu den Grundschuldbestellungen vereinbarten "Weitere Darlehensbedingungen" unter IV enthaltene Bestimmung, dass Zahlungen an den Gläubiger nicht zur Tilgung der Grundschuld erfolgen, sondern zur Begleichung der durch die gesicherten persönlichen Forderungen des Gläubigers. Nach seiner Auffassung wäre die Fondsgesellschaft danach im Falle der Versteigerung der Immobilie nicht in der Lage, durch eine Tilgungsbestimmung gem. § 366 Abs. 2 BGB vorzuschreiben, wie der Versteigerungserlös zu verwenden ist. In der Zwangsvollstreckung steht der Gesellschaft jedoch grundsätzlich kein Tilgungsbestimmungsrecht zu (BGH, Urteil vom 23. 2. 1999 - XI ZR 49-98, NJW 99, 1704), während § 366 Abs. 2 BGB eine gesetzliche Tilgungsreihenfolge angibt, die grundsätzlich auch mangels anderweitiger Parteivereinbarung bei der Verwertung von Sicherheiten gilt. Sofern der vertragstreue Gesellschafter aufgrund persönlicher Inanspruchnahme seine quotale Haftung erfüllt hat, haftet er nicht über seine Quote hinaus, wenn aus der nachfolgenden Zwangsversteigerung der Immobilie lediglich die Bank befriedigt wird und er keinen, seiner Quote entsprechenden Anteil an dem Erlös erhält. Es verwirklicht sich vielmehr das Risiko seiner Beteiligung, im schlechtesten Fall seinen quotalen Anteil der privaten Haftung erbringen zu müssen und "entschädigungslos" das Grundstück der Gesellschaft zu verlieren. Hinweise, nach denen der Kläger vorliegend von einer anderen Gestaltung ausgehen konnte, enthält der Prospekt nicht.

b) Fehlerhaft ist dagegen die Darstellung der Anschlussförderung. Dazu heißt es auf Seite 10 f. des Prospekts:

"Nach Ablauf des ersten Förderungszeitraums von 15 Jahren ist eine Anschlussförderung gesichert. ...

Die Bedingungen der Anschlussförderung werden auf der Grundlage einer fortgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsberechnung durch Bewilligungsbescheid geregelt."

Hieraus ist für den verständigen Leser zu entnehmen, dass für das streitgegenständliche Fondsobjekt nach Abschluss des ersten Förderungszeitraums von 15 Jahren die Bewilligung der Anschlussförderung sicher ist und nur noch nicht feststeht, wie die Ausgestaltung dieser Förderung im Einzelnen erfolgen soll. Tatsächlich gab es einen Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Anschlussförderung aber nicht. Denn, wie das Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 11. Mai 2006 (5 C 10/05, Rn. 63 zitiert nach juris) zutreffend ausgeführt hat, kann ein durch Verwaltungsvorschriften festgelegtes Förderungsprogramm wie die Anschlussförderung ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG aus sachlichen Gründen jederzeit geändert werden, womit ein Subventionsempfänger auch rechnen muss. Gerade im Bereich der staatlichen Wohnungsbauförderung kann der Einzelne nur eingeschränkt auf das unveränderte Fortbestehen einer ihm günstigen Rechtslage vertrauen (BVerwG a.a.O.). Dem die Subvention gewährenden Land steht bei dem Ausstieg aus der Förderung ein nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbarer Spielraum zu. Die diesbezügliche Entscheidung der Exekutive ist unter reduzierter gerichtlicher Kontrolldichte nur daraufhin zu überprüfen, ob die zugrunde liegenden Prognosen mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung aller für sie erheblicher Umstände sachgerecht erstellt worden sind (BVerwG a.a.O., Rn. 64).

Da die Bewilligung der Anschlussförderung unstreitig für den wirtschaftlichen Erfolg des Fonds einen äußerst wichtigen Umstand darstellte, ist die sachgerechte Information dazu für die Entscheidung eines Anlageinteressenten auch von wesentlicher Bedeutung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Auch wenn die übrigen Ausführungen zwischen dem oben zitierten ersten und letzten Satz dieser Rubrik insofern zutreffend sind (Hinweis auf die im Amtsblatt vom 30. Dezember 1993 veröffentlichte Richtlinie über die Anschlussförderung von Sozialwohnungen der Wohnungsbauprogramme 1977 bis 1981 und deren Grundsätze), als sie sich auf frühere Wohnungsbauprogramme beziehen, so erweckt die Bezeichnung der Anschlussförderung als gesichert an herausgehobener, erster Stelle dieser Rubrik den Eindruck, als sei die Anschlussförderung dem Grunde nach auch für dieses Vorhaben bereits beschlossene Sache und nicht mehr rückgängig zu machen.

2. Dieser Prospektfehler ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahmen, anders als in anderen, den Fonds 18 betreffenden Sachverhalten vom Senat entschieden, auch als ursächlich für die Entscheidung des Klägers, dem Fonds beizutreten anzusehen.

Die Kausalität eines Prospektfehlers für die Anlageentscheidung wird nach ständiger Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs vermutet, da dies der Lebenserfahrung entspricht (Urteil vom 6. 2. 2006 - II ZR 329/04, NJW 2006, 2042, 2043 m.w.N.). Diese Kausalitätsvermutung setzt jedoch voraus, dass es nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben hat; für den Geschädigten muss den Umständen nach nur eine Möglichkeit der Reaktion bestanden haben. Hingegen ist die Vermutung nicht begründet, wenn eine sachgerechte Aufklärung beim Vertragspartner einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftiger Weise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben hätte (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, NJW 2004, 2967, 2969 m.w.N.). Kommen mehrere Verhaltensvarianten in Betracht, müssen die Alternativen und ihre Rechtsfolgen geprüft und mit dem Handlungsziel des Betroffenen verglichen werden. In diesen Fällen trifft den Geschädigten die ggf. durch § 287 ZPO erleichterte Beweislast, dass er damals die von ihm nunmehr behauptete Entscheidung bei vertragsgerechter Belehrung durch den Berater getroffen hätte (BGH NJW-RR 04, 1210 ff; § 287 ZPO nicht erwähnend und die Kausalität ablehnend dagegen BGH Urteil vom 13.07.2004, XI ZR 178/03).

Zudem ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Fondsbeteiligung des Klägers im Jahre 1995 das Risiko, dass keine Anschlussförderung bewilligt werde, als relativ gering einzustufen war. Insbesondere ist gerichtsbekannt, dass noch bis zum Frühjahr 2002 keine politischen Signale dahin öffentlich abgegeben worden waren, dass ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel in der Wohnungsbaupolitik des Landes Berlin ansteht; dies ergab sich letztlich erst im Zusammenhang mit den geänderten politischen Kräfteverhältnissen im Senat von Berlin. Für das Jahr 1996 stellte sich deshalb eine Prognose, wonach der Senat von Berlin auch für die Zukunft an der eingeübten Praxis der Anschlussförderung festhalten würde, als realistisch dar. Eine ordnungsgemäße Risikoaufklärung hätte dementsprechend aber nur dahin gehen müssen, dass über die Bewilligung der Anschlussförderung erst gegen Ende des ersten Förderungszeitraums entschieden werde. Ergänzend hätte darauf hingewiesen werden können, dass die Entscheidung über die Anschlussförderung seit 1977 stets positiv ausgefallen sei. Es bestand daher keine hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Haftungsfalles; das Risiko war als sehr gering einzuschätzen.

Zwar sprechen diese Tatsachen wie auch der Umstand, dass der Kläger auch andere Risiken hingenommen hat, die im Prospekt dargestellt werden gegen das Eingreifen der Kausalitätsvermutung, der Kläger hat jedoch zur Überzeugung des Senats bewiesen, dass die im Prospekt dargestellte absolute Sicherheit der Anschlussförderung für seine Anlageentscheidung maßgeblich war.

Der von ihm benannte Zeuge R hat überzeugend und nachvollziehbar angegeben, dass der Kläger mit ihm die Frage der Anschlussförderung erörtert und ausdrücklich nochmals nachgefragt habe, ob diese tatsächlich, wie im Prospekt angegeben, sicher sei. Er, der Zeuge, habe ihm dies unter Hinweis auf von verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten abgegebene Erklärungen bestätigt, wobei der Kläger unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass er den Fonds ohne diese Anschlussförderung nicht zeichnen werde. Soweit der Zeuge angegeben hat, ihm seien zur damaligen Zeit Anlageobjekte anderer Initiatoren, wie der Dr. G - und der O -Gruppe bekannt gewesen, die keine derart eindeutige Aussage zur Sicherheit der Anschlussförderung enthalten hätten, so ist auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ersichtlich, dass entsprechende Prospekte dem Kläger alternativ vorlagen, weshalb für diesen auch kein Anlass bestand, nachzufragen, warum andere Verkaufsprospekte für vergleichbare Immobilienfonds die Anschlussförderung in anderer Weise darstellten. Die Gründe, aus denen der Zeuge guten Gewissens im Hinblick auf Angaben seitens der Beklagten dem Kläger die sichere Gewährung der Anschlussförderung für den streitgegenständlichen Fonds bestätigen konnte, hat der Zeuge dem Kläger nach seinen Bekundungen im Einzelnen nicht angegeben, sondern lediglich auf von Seiten der Beklagten erteilte Informationen verwiesen. Dass es sich hierbei letztlich um an sich nachvollziehbare Schlussfolgerungen handelte, hat der Zeuge nach seinen Bekundungen dem Kläger gegenüber nicht erklärt, zumal hierfür aus seiner Sicht auch kein Anlass bestehen musste.

Die Angaben des Zeugen R sind in sich glaubhaft, der Zeuge machte auf den Senat auch einen glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck. Insoweit kommt es im Ergebnis auch nicht darauf an, ob, wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. November 2008 vorträgt, eine Vergleichbarkeit der Anlage mit einem Berlin-Darlehen seitens ihres Mitarbeiters E nie behauptet worden sei, da der Zeuge nach seinen Angaben lediglich die Richtigkeit der Prospektangaben gegenüber dem Kläger bestätigt hat. Entscheidend für den Senat ist allein, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die im Prospekt dargestellte absolute Sicherheit der Gewährung einer Anschlussförderung für den Kläger entscheidend war, die Investition zu tätigen.

3. Die Beklagte handelte auch schuldhaft, da sie durch die Angabe, eine Anschlussförderung sei gesichert, gegen die ihr im Verkehr obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen hat (§ 276 BGB). Nach dem Sachstand zum Zeitpunkt der Herausgabe des streitgegenständlichen Prospekts durfte sie zwar davon ausgehen, dass mit höchster Wahrscheinlichkeit eine Anschlussförderung gewährt werde, sie durfte jedoch - auch für sie erkennbar - nicht die rechtliche Schlussfolgerung aus der bisherigen Förderpraxis derart unkommentiert in den Prospekt aufnehmen, dass, wie hier, der Anleger davon ausgehen durfte, es handele sich um eine Tatsache und nicht lediglich um eine Bewertung sowohl der bisherigen Förderpraxis als auch von Erklärungen politischer Entscheidungsträger. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte in anderen Fondsprospekten durchaus abweichende Formulierungen gewählt hat, die teilweise gerade nicht die Auslegung zulassen, die Anschlussförderung stehe fest, lediglich deren Ausgestaltung im Einzelnen erfolge erst zum Abschluss des ersten Förderzeitraums. Im Hinblick auf den für Subventionenen typischen fehlenden Rechtsanspruch durfte die Beklagte dabei auch nicht ohne Verschulden davon ausgehen, dass allein auf Grund der Förderpraxis die Anschlussförderung auf jeden Fall gesichert sei.

Der Kläger kann deshalb im Rahmen seines Schadensersatzanspruchs gem. § 249 BGB die Freistellung von den Verbindlichkeiten aus der von ihm eingegangenen quotalen Haftungsverpflichtung verlangen und im Wege der nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässigen Feststellungsklage die Feststellung begehren, dass die Beklagte ihn von zukünftigen weiteren Schäden aus der von ihm eingegangenen Beteiligung freizustellen hat. Soweit ihm Ausschüttungen und Steuervorteile zugeflossen sind, ist dies bereits im Rahmen des Klageantrags und der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt.

4. Die Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Schadensersatzansprüche aus einer Prospekthaftung im weiteren Sinne verjährten ursprünglich gem. § 195 a.F. BGB nach 30 Jahren. Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB sind auf vor dem 1. Januar 2002 entstandene und noch nicht verjährte Ansprüche die Bestimmungen der §§ 195 ff. BGB n.F. anzuwenden, sofern nicht die Anwendung des alten Rechts zu einer kürzeren Verjährung führt. Es ist inzwischen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass für den Beginn der kurzen Verjährung nach § 195 n.F. BGB für vor dem 1. Januar 2002 entstandene Ansprüche grundsätzlich auch die Vorschrift des § 199 Abs. 1 BGB heranzuziehen ist.

Insoweit ist der Eintritt der Verjährung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs aber rechtzeitig nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Klageerhebung gehemmt worden. Kenntnis von der fehlerhaften Prospektangabe und dem Schaden i.S.v. § 199 Abs. 1 BGB konnte der Kläger, dessen Ansprüche bis dahin nicht verjährt waren, erst mit der Entscheidung des Senats von Berlin aus dem Jahre 2003, die Anschlussförderung zukünftig nicht mehr zu gewähren, erlangen. Damit konnte der Schadensersatzanspruch erst mit Ablauf des Jahres 2006 verjähren, der Eintritt der Verjährung wurde jedoch durch die Klageerhebung am 13. April 2005 gehemmt.

Einer Haftung der Beklagten stehen auch nicht die auf S. 33 des Prospekts genannten Haftungsvorbehalte entgegen. Soweit hierin darauf verwiesen wird, dass prospektierte Ergebnisse von Änderungen der Gesetzgebungs-, Rechtsprechungs- oder Verwaltungspraxis beeinflusst werden können, konnte der Kläger dies nicht dahin verstehen, dass die nach dem Prospektinhalt gerade nicht erkennbare Möglichkeit einer Änderung der Verwaltungspraxis hinsichtlich der Anschlussförderung von dem Haftungsvorbehalt umfasst war.

B.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO. Eines Ausspruchs über die außergerichtlichen Kosten der vormaligen Beklagten zu 2) und 3) bedurfte es nicht, da diese bereits Gegenstand des landgerichtlichen Beschlusses vom 5. Oktober 2006 - 4a O 315/05 - waren.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung grundsätzlich nicht von der in bisherigen Entscheidungen des Senats im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Fonds abweicht, sondern sich lediglich auf einen auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme anders zu beurteilenden Einzelfall bezieht.

Ende der Entscheidung

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