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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 14.09.2007
Aktenzeichen: 3 Ws (B) 405/07
Rechtsgebiete: OWiG


Vorschriften:

OWiG § 79 Abs. 1 Nr. 1
Hat der Tatrichter wegen während einer Fahrt begangener, fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeiten unterschiedliche Geldbußen festgesetzt und ein einheitliches Fahrverbot angeordnet, bedarf die Rechtsbeschwerde auch dann nicht der Zulassung, wenn eine der Geldbußen die Wertgrenze des § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht übersteigt.
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 3 Ws (B) 405/07 2 Ss 148/07

In der Bußgeldsache

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts in Berlin am 14. September 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 19. April 2007 wird verworfen.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung gegen §§ 3 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO nach § 24 StVG zu einer Geldbuße von 75.-- Euro und wegen einer weiteren vorsätzlichen Zuwiderhandlung gegen §§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO nach § 24 StVG zu einer Geldbuße von 425,-- Euro verurteilt. Zugleich hat es nach § 25 StVG ein Fahrverbot von drei Monaten angeordnet, und bestimmt, dass dies erst mit der Abgabe des Führerscheins des Betroffenen, spätestens jedoch vier Monate nach Eintritt der Rechtskraft wirksam werden soll. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat keinen Erfolg.

1. Entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft bedarf die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich gegen die Verurteilung wegen vorsätzlichen Missachtens des Anhaltegebotes des roten Lichtzeichens nach §§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7 StVO richtet, nicht der Zulassung. Zwar hat der Tatrichter insoweit lediglich auf eine Geldbuße von 75,-- Euro erkannt, das darüber hinaus angeordnete Fahrverbot von drei Monaten jedoch nicht nur auf die Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern - wie die Urteilsgründe unmißverständlich ausweisen - auch auf den vorsätzlichen Rotlichtverstoß gestützt. Da die Anordnung eines einheitlichen Fahrverbotes in den Fällen tatmehrheitlich begangener Zuwiderhandlungen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, in der obergerichtlichen Rechtsprechung für zulässig erachtet wird [vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 6. September 2001 - 2 SsOWi 222/01 - in juris; OLG Düsseldorf VRS 95, 392] und der Senat jedenfalls dann keine rechtlichen Bedenken hat, wenn die Taten - wie hier - während einer einzigen Fahrt begangen worden sind, liegen auch hinsichtlich des abgeurteilten Rotlichtverstoßes die Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG vor.

2. Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung und eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes.

a. Sie weisen das Messverfahren aus - hier Nachfahren mittels ungeeichtem Tachometer bei gleichbleibendem Abstand - und lassen die Länge der Messstrecke, des eingehaltenen Abstandes zwischen den Fahrzeugen sowie den berücksichtigten Toleranzwert erkennen (20%). Soweit dem der Betroffene entgegenhält, der Verstoß sei provoziert worden und die Beiziehung des Fahrtenbuches für erforderlich hält, damit geklärt werden kann, wer das Blaulicht auf das Dach des Einsatzfahrzeuges gesetzt hat, wird dies durch die für den Senat allein maßgeblichen Urteilsfeststellungen nicht getragen (Provokation) und hat für die Ermittlung der Geschwindigkeit keinerlei Bedeutung (Blaulicht). Auch soweit die Aussagen der beiden Polizeibeamten differieren, hat dies der Tatrichter gewürdigt und ohne Rechtsfehler als nicht entscheidungserheblich erachtet. Dass er Zweifel gehabt haben könnte, lassen die Urteilsausführungen nicht erkennen, und ob er sie nach Ansicht des Betroffenen hätte haben müssen, ist unbeachtlich.

b. Auch den vorsätzlichen Rotlichtverstoß hat der Tatrichter ohne Rechtsfehler festgestellt. Insoweit ist entbehrlich, dass die Urteilsgründe nicht näher ausführen, in welcher Entfernung zur Haltelinie sich der Betroffene befand, als das Lichtzeichen auf "Rot" umsprang. Denn dieser Angabe bedarf es, um sicher feststellen zu können, ob sich der Betroffene zum Zeitpunkt des Phasenwechsels auf "Rot" auch tatsächlich noch vor der Haltelinie befunden hat und in der Lage gewesen wäre anzuhalten. Vorliegend ergibt sich jedoch aus dem festgestellten Fahrverhalten des Betroffenen, dass er das rote Lichtzeichen nicht nur wahrgenommen hatte, sondern auch im Begriffe war zu beachten. Erst als er die Polizeikelle des nunmehr links neben ihm befindlichen Polizeifahrzeuges wahrnahm, hat er sich entschlossen, unter bewusster Missachtung des Haltgebotes der roten Ampel und der Polizeikelle, rechts abzubiegen, um sich einer polizeilichen Kontrolle zu entziehen. In derartigen Fällen kann auf die Angabe von Geschwindigkeit und Entfernung zur Haltelinie verzichtet werden.

3. Auch gegen den Rechtsfolgenausspruch ist aus Rechtgründen nichts zu erinnern. Die Bemessung der Geldbußen orientiert sich an den jeweiligen Regelbußen des Bußgeldkataloges, die im Hinblick auf die vorsätzliche Begehungsweise und die zum Teil einschlägigen Vorbelastungen erhöht worden sind. Dass der Tatrichter in diesem Zusammenhang den Angaben des Betroffenen, er sei gelernter Kfz.-Meister und arbeite als Betriebleiter im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung lediglich 60 Stunden pro Monat bei einem Stundenlohn von 6,50 Euro, nicht gefolgt ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Auch die Anordnung eines dreimonatigen Fahrverbotes hält der rechtlichen Prüfung stand. Denn der - von fahrlässiger Begehungsweise eines unbelasteten Betroffenen ausgehende - Bußgeldkatalog sieht bereits für die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung ein Fahrverbot von zwei Monaten vor (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BkatV iVm Anhang Tabelle 1 Buchstabe c Nr. 11.3.8. BKat), dessen Verlängerung um einen Monat im Hinblick auf den weiteren Rotlichtverstoß und die vorsätzliche Begehungsweise beider Zuwiderhandlungen keinen Bedenken begegnet. Auch dass der Tatrichter das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte verneint hat, beanstandet der Senat nicht. Abgesehen davon, dass behauptete berufliche Konsequenzen eingehend und kritisch zu würdigen sind, muss sich der als Kfz.-Meister teilzeitbeschäftigte Betroffene entgegen halten lassen, dass er um die Notwendigkeit seiner Fahrerlaubnis weiß und sein Fahrverhalten deshalb entsprechend einzurichten hat. Mißachtet er dies bei - wie hier - vorsätzlichen Zuwiderhandlungen bewusst, kann er sich auf die beruflichen Konsequenzen seines Fehlverhaltens nicht berufen.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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