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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 21.05.2004
Aktenzeichen: 5 U 285/03
Rechtsgebiete: ZPO, UWG


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
UWG § 13 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 5 U 285/03

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Haase, die Richterin am Kammergericht Dr. Kasprik-Teperoglou und den Richter am Kammergericht Dr. Pahl am 21. Mai 2004 beschlossen:

Tenor:

1. Die Berufung des Antragstellers gegen das am 19. August 2003 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 103 des Landgerichts Berlin - 103 O 136/03 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Berufungsverfahrens nach einem Wert von 10.000,00 Euro zu tragen.

Gründe:

I. Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO aus den weiterhin zutreffenden Gründen der Verfügung des Senats vom 6. April 2004 zurückzuweisen.

1. Der als Bauträger auftretende und zugleich als Rechtsanwalt tätige Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch, für den Vertrieb von Wohnimmobilien dergestalt zu werben, dass lediglich der monatliche Finanzierungsaufwand bei einem Kauf genannt werde, nicht jedoch der Endpreis (wie in einer Anzeige in der Berliner Zeitung vom 14. Juni 2003).

2. Die Geltendmachung des erhobenen Unterlassungsanspruchs stellt sich unter den gegebenen Umständen als missbräuchlich im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG dar.

(1) Der BGH hat in seinem Urteil vom 5. Oktober 2000 (GRUR 2001, 260 ff - "Vielfachabmahner") die gegen wettbewerbswidrige Immobilienanzeigen in Tageszeitungen gerichtete Rechtsverfolgung des Antragstellers als missbräuchlich angesehen. Schon die vom Antragsteller für 1997 (etwa 150) und 1998 (etwa 35) zugestandenen Abmahnungen belegten, dass seine Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen zu seinen behaupteten gewerblichen Tätigkeiten gestanden hatte. Aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Gewerbetreibenden diene seine Rechtsverfolgung keinem anderen Interesse als seinem Gebühreninteresse als Rechtsanwalt.

(2) Daraus folgt zwar nicht, dass der Antragsteller eine Klagebefugnis als Wettbewerber in alle Zukunft verloren hat. Es bleibt aber Aufgabe des Antragstellers, gewichtige Veränderungen in den maßgeblichen Umständen darzulegen, die nunmehr die Gewähr einer redlichen Rechtsverfolgung bieten. Dies ist vorliegend nicht geschehen. Im Gegenteil: Erhebliche Indizien sprechen weiterhin für eine missbräuchliche, am Gebühreninteresse orientierte Rechtsverfolgung.

a) Allerdings mahnt der Antragsteller - nach seinem Vortrag - nunmehr unter Verzicht auf die Erhebung von Abmahngebühren ab. Dies steht einem Gebührenerzielungsinteresse aber nicht entscheidend entgegen. Unterwirft sich der Abgemahnte strafbewehrt, dann eröffnet sich dem Antragsteller eine nicht unerhebliche Aussicht, bei einem weiteren Verstoß nicht geringe Vertragsstrafen geltend machen zu können. Dabei kann er zudem wieder anwaltliche Gebühren erheben, sofern es zu einem Rechtsstreit kommt.

Angesichts der o. g. - auch nach Einlassung des Antragstellers in Immobilienkreisen bestens bekannten - Entscheidung des BGH ("Vielfachabmahner") darf der Antragsteller darüber hinaus davon ausgehen, dass er im Wege der Abmahnung kaum eine Streiterledigung erreichen kann. Mit Einleitung der gerichtlichen Verfahren fallen ihm dann aber die anwaltlichen Gebühren zu. Die "kostenlosen" Abmahnungen stellen somit im Wesentlichen nur durchlaufende Handlungen zur Vorbereitung der absehbaren gerichtlichen Verfahren dar. Ein Gebührenerzielungsinteresse bliebe weitestgehend gewahrt.

Nach seinem Vortrag hat der Antragsteller in den "letzten Monaten" etwa 50 Abmahnungen ausgesprochen.

b) Die äußeren Umstände der vorliegenden Rechtsverfolgung entsprechen im Wesentlichen dem vorbekannten Muster. Der in München geschäftsansässige Antragsteller sichtet den Immobilienteil unschwer beziehbarer Zeitungen auf leicht feststellbare wettbewerbsrechtliche Verstöße. Die Zahl der von ihm ausgesprochenen Abmahnungen ist nach wie vor hoch. Bei seiner Rechtsverfolgung als Gewerbetreibender vertritt er sich wiederum selbst und verdient damit die in gerichtlichen Verfahren anfallenden Anwaltsgebühren.

c) Eine erhebliche gewerbliche Tätigkeit des Antragstellers in dem vorliegend berührten Bereich des Verkaufs von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern ist nicht erkennbar, geschweige denn glaubhaft gemacht. Soweit der Antragsteller in Berlin noch als Bauträger tätig ist, betrifft dies nur die Abwicklung einzelner ihm bzw. der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (in der der Antragsteller seine Tätigkeit als Bauträger ausgeübt hat) verbliebener Wohnungen aus den Projekten der Gesellschaft vor dem Jahr 2000.

Wenige Wochen vor der hier streitgegenständlichen Abmahnung hatte der Antragsteller die eidesstattliche Versicherung wegen Zahlungsproblemen aus der Bauträgertätigkeit und Streit mit seinem Mitgesellschafter abgeben müssen. Der Antragsteller weist dabei darauf hin, sein Partner habe seit zwei Jahren einen Verkauf restlicher Wohneinheiten und eines Objekts insgesamt blockiert. Dann konnte ihn die hier streitgegenständliche Werbeanzeige eines Konkurrenten nicht wesentlich getroffen haben.

Wenn der Antragsteller sich darüber beklagt, ein zum Verkauf an sich anstehendes Objekt sei wegen der hohen Kreditbelastung, der geringen Mieten und der fehlenden Steuervorteile bei Anlagen unverkäuflich gewesen, so belegt dies nur, wie wenig sein etwaiger wirtschaftlicher Misserfolg von etwaigen Wettbewerbsverletzungen von Konkurrenten im Preisangabenrecht abhängt. Um so weniger ist auch verständlich, warum es dem Antragsteller gerade um die Unterbindung dieser Verstöße gehen sollte. Zudem spricht die streitgegenständliche Anzeige weniger Anleger an (an die sich nach seinem Vortrag der Antragsteller in erster Linie wendet), sondern an einer Eigennutzung interessierte - insbesondere junge - Familien. In zeitnahem Zusammenhang hat der Antragsteller sogar - wie dem Senat aus einem anderen Verfahren bekannt ist - Preisangaben im Zusammenhang mit der Vermietung von Wohnraum abgemahnt.

d) Der geringe, außer Verhältnis zu seiner Abmahntätigkeit und Rechtsverfolgung stehende Umfang einer eigenen gewerblichen Tätigkeit wird auch daran deutlich, dass der Antragsteller sich nicht mit eigenen Werbeanzeigen und Prospekten um Käufer bemüht.

e) Zu diesen Indizien für ein Vorgehen im Gebühreninteresse kommt der Umstand, dass der Antragsteller verfahrenseinleitend (also noch unbeeinflusst vom Ausgang des Verfahrens) selbst einen (überhöhten) Streitwert von 15.000,00 Euro angegeben hat, um dann nach der landgerichtlichen Entscheidung sogleich (wegen geringer Wettbewerbsberührung) eine Wertherabsetzung auf gar nur 3.000,00 Euro zu fordern.

3. Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt. Die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der besonderen Umstände dieses Einzelfalles.

II. Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 3 ZPO.

Die Festsetzung des Berufungsstreitwertes mit 10.000,00 Euro für das vorliegende Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung trägt einerseits dem verfahrenseinleitend (und damit noch unbeeinflusst vom Verfahrensausgang) zum Ausdruck gekommenen hohen Interesse des Antragstellers Rechnung, andererseits aber auch der objektiv eher geringen konkreten Betroffenheit des Antragstellers. Immerhin betraf die streitgegenständliche Anzeige hier aber zu verkaufenden (und nicht nur zu vermietenden) Wohnraum.

Ende der Entscheidung

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