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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 07.01.2000
Aktenzeichen: 5 U 7969/99
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 5 Abs. 3
MarkenG § 15 Abs. 3, 4
MarkenG §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 3, 4

Ein Verstoß gegen MarkenG §§ 5 Abs. 3 und 15 Abs. 3 kann vorliegen, wenn ein Fernsehsender zu dem Werktitel einer von einem anderen Sender ausgestrahlten Serie mit überragender Bekanntheit in erkennbarem Bezug steht. Der beabsichtigte Imagetransfer ist als unlauter anzusehen.

Kammergericht, 5. Zivilsenat, Urteil vom 7. Januar 2000 - 5 U 7969/99 - nicht anfechtbar


KAMMERGERICHT

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 5 U 7969/99 15 O 360/99 LG Berlin

Verkündet am: 7. Januar 2000

Lohey, Justizsekretärin

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bornemann, den Richter am Kammergericht Crass und die Richterin am Landgericht Kingreen auf die mündliche Verhandlung vom 7. Januar 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 3. August 1999 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Antragstellerin produziert die Fernsehserie "Gute Z, Schlechte Z ", die der Fernsehsender R als exklusiver Lizenznehmer seit dem 11. Mai 1992 von Montag bis Freitag täglich um 19.40 Uhr ausstrahlt. Nach dem Produktionsvertrag ist die Antragstellerin zur Verfolgung von Titelrechtsverstößen berechtigt.

Die Antragsgegnerin sendete am 5. Juli 1999 um 21.45 Uhr ihre angekündigte und beworbene Realsatire "Gute N, Schlechte N ", bei der es sich um ein neues wöchentliches Reportage-Magazin mit dokumentarischem Charakter handelt.

Die Antragstellerin hat am 6. Juli 1999 einen Beschluss des Landgerichts Berlin erwirkt, mit dem der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden ist, eine Fernsehsendung unter der Bezeichnung "Gute N, Schlechte N " auszustrahlen und/oder zu bewerben oder bewerben zu lassen und/oder anzukündigen oder ankündigen zu lassen.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht durch das angefochtene Urteil die einstweilige Verfügung bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 15 Abs. 2 MarkenG, denn es bestehe die Gefahr, dass die Zuschauer und Konsumenten aufgrund der gemeinsamen Merkmale der Titel annähmen, eine Kennzeichnung sei eine Abwandlung der anderen und beide Kennzeichnungen wiesen auf die Herkunft aus demselben Betrieb hin.

Die Antragsgegnerin rügt mit ihrer Berufung:

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr scheide aufgrund der wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Titeln aus. Es bestehe eine Verkehrsgewöhnung dahin, dass der Verkehr bei Titeln von Rundfunksendungen auf geringe Unterschiede achte. Die einzig feststellbare Gemeinsamkeit bestehe in den beiden Adjektiven. Ausschlaggebende Merkmale der Werktitel seien die Substantive. Zwischen diesen bestünden keine Gemeinsamkeiten. Sie würden die Titel und die Inhalte der Sendungen klar voneinander abgrenzen. Die Titel würden mit einem Reportagen-Magazin einerseits und einer fiktiven Seifenoper andererseits unterschiedliche Genres mit anderen Zielgruppen betreffen. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr liege nicht vor. Im Verkehr entstehe nicht der Eindruck, dass es sich bei ihrer Sendung um eine Auskopplung aus der Serie der Antragstellerin handele. Auch ein Imagetransfer scheide aus.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 3. August 1999 die einstweilige Verfügung vom 6. Juli 1999 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin erwidert:

Die Titel seien unmittelbar verwechslungsfähig. Bei nicht beschreibenden Titeln würden geringe Unterschiede nicht ausreichen, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die Titel würden durch das Gegensatzpaar und den Sprachrhythmus geprägt. Die Kennzeichnungen seien jedenfalls im weiteren Sinne verwechslungsfähig, weil es zu einer Herkunftsverwechslung komme. Aufgrund der überragenden Bekanntheit komme den Bestandteilen "Gute..., Schlechte..." Kennzeichnungsschutz zu.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Antragsgegnerin ist unbegründet. Der zulässige Antrag der Antragstellerin ist begründet.

Die Antragstellerin ist zur Geltendmachung kennzeichenrechtlicher Verletzungsansprüche in gewillkürter Prozessstandschaft befugt, da sie durch den Produktionsvertrag mit dem ausschließlichen Lizenznehmer dazu wirksam ermächtigt ist und ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran hat, dass der Ruf des Titels einer von ihr produzierten Sendung nicht ausgebeutet wird (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Vor §§ 14 - 19 Rdnr. 8).

Es kann dahinstehen, ob zwischen den Titeln der Sendungen der Parteien eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne oder eine solche im weiteren Sinne besteht. Die Antragstellerin hat jedenfalls einen Verfügungsanspruch aus §§ 5 Abs. 1 und 3, 15 Abs. 3 und 4 MarkenG.

Bei der von der Antragstellerin produzierten Fernsehsendung handelt es sich um ein Filmwerk gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 5 Rdnr. 44). Dessen Name ist als Werktitel nach § 5 Abs. 1 MarkenG geschützt.

Dieser Werktitel ist im Inland bekannt und die Antragsgegnerin benutzt im geschäftlichen Verkehr ein ähnliches Zeichen, wodurch die Wertschätzung des Werktitels der Antragstellerin ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt wird, § 15 Abs. 3 MarkenG.

Der Werktitel der Antragstellerin für eine seit über sieben Jahren montags bis freitags laufende Fernsehserie ist von überragender Bekanntheit, die den erforderlichen Grad von nicht unter 35 %, d.h. wie bei mittlerer Verkehrsgeltung (vgl. Urteil des Senats vom 03.02.1998 - 5 U 1605/97 -, S. 14 - Wintergarten) deutlich übersteigt. Dies hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht. Die Übersicht über die Monatsdurchschnitte seit Sendestart der GfK Fernsehforschung zeigt, das die Sendung im Mai 1999 kurz vor der am 5. Juli 1999 ausgestrahlten Sendung der Antragsgegnerin 4,63 Mio Zuschauer, einen Marktanteil von 20,5 % und unter den Erwachsenen zwischen 14 und 49 Jähren 2,69 Mio Zuschauer und einen Marktanteil von 31,2 % hatte. Nach der Forsa Repräsentativbefragung vom Februar 1994 hatten bereits 1994 49 % der Teilnehmer von der Sendung gehört und 24 % sie schon gesehen. Der Bekanntheitsgrad des Titels der Antragstellerin liegt danach überwiegend wahrscheinlich bei mindestens 73 %, denn angesichts der Einschaltquoten und der umfangreichen Presseberichterstattung auch in überregionalen Zeitungen allein Ende 1998 und 1999 über die Serie gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Ergebnis der Repräsentativbefragung sich zu Lasten der Antragstellerin verschlechtert haben könnte.

Nach dem maßgeblichen Gesamteindruck ist Werktitel der Antragsgegnerin dem der Antragstellerin ähnlich. Beide Titel werden geprägt durch die knappe und rhythmische Gegenüberstellung jeweils groß geschriebener Adjektive "Gute..., Schlechte...", die als Gegensatzpaar ohne vorangestellte Präposition jeweils nur mit einem wiederholten zweisilbigen Substantiv kombiniert werden.

Auch die Bedeutung der Substantive liegt nicht weit auseinander, denn der Begriff der "Z" kann auch den der Beziehung zu "N" umfassen.

Der Titel "Gute Z, Schlechte Z" genießt eine hohe Wertschätzung. Der Verkehr verbindet mit diesem Titel angesichts der Dauer dieser Serie und ihres Erfolgs Güte- und Sympathievorstellungen. Diese positiven Assoziationen überträgt die Antragsgegnerin auf ihre Sendung. Aufgrund dieser Assoziationen und des guten Rufs erreicht die Antragstellerin mit der Verwendung ihres Titels ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit und beutet auf diese Weise objektiv den guten Ruf des Titel der Antragstellerin für sich aus (vgl. OLG Hamburg GRUR 1999, 76, 78 - Tagesschau I; GRUR 1992, 73, 74 f. - Tagesbild).

Die Bezeichnung der Antragstellerin besitzt auch eine gewisse Originalität, indem sie die Floskel der Umgangssprache, in guten und in schlechten Zeiten zueinander zu stehen, auf die Pole verkürzt, ohne dass diese glatt beschreibend für den Inhalt der Sendung sind. Jedenfalls weist der Titel der Antragstellerin einen sehr hohen Bekanntheitsgrad auf, der eine eventuelle ursprüngliche Originalitätsschwäche kompensiert (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rdnr. 502).

Die Unlauterkeit ist bei Verwendung eines nur ähnlichen Zeichens nicht ausgeschlossen, wenn die Ähnlichkeit - wie hier - ausreicht, um einen erkennbaren Bezug zu dem rufbegründenden Titel herzustellen (vgl. BGH GRUR 1996, 508, 509 - Uhren-Applikation; Ingerl/Rohnke, a.a.O. Rdnr. 503).

Nach der notwendigen wettbewerblichen Gesamtbetrachtung und -bewertung (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O. Rdnr. 500) liegt die Anstößigkeit, die zur objektiven Rufausbeutung hinzutreten muss (vgl. BGH WRP 1997, 310, 312 - Yellow Phone) darin, dass die Antragsgegnerin eine Beziehung ihres Titels zu dem der Antragstellerin nur deshalb hergestellt hat, um von dem fremden Ruf zu profitieren. Sie hat sich im Interesse des Imagetransfers bewusst und gezielt an den Titel der Antragstellerin angehängt. Für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dieser Intention sprechen entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung der Antragsgegnerin schon nach dem unstreitigen Sachverhalt konkrete Umstände, die über die (einfache) Bekanntheit des Titels der Antragstellerin hinausgehen (vgl. BGH WRP 1999, 1279, 1282 - SZENE): der überragende Bekanntheitsgrad des Titels der Antragstellerin, die Identität der Dienstleistungen der Parteien und die große Titelähnlichkeit trotz der ohne Weiteres bestehenden Möglichkeit, einen anderen Titel zum Thema von Nachbarstreitigkeiten zu wählen, wie das spätere Ausweichen auf den Titel "Liebe N, Böse N" bestätigt.

Die Antragstellerin hat auch einen Verfügungsgrund. Insoweit wird von der Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen, da der Senat den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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