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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.09.2006
Aktenzeichen: 5 Ws (B) 360/06
Rechtsgebiete: LMHV, LMBG, OWiG


Vorschriften:

LMHV § 2 Nr. 1 b
LMHV § 2 Nr. 2
LMHV § 3 Satz 1
LMHV § 3 Satz 2
LMHV § 3 Satz 2 Nr. 1 b
LMHV § 5 Abs. 1
LMBG § 10
LMBG § 53 Abs. 2 Nr. 1 a
LMBG § 53 Abs. 3
OWiG § 79 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Beschluß

Geschäftsnummer: 5 Ws (B) 360/06 2 Ss 133/06

In der Bußgeldsache gegen

wegen Zuwiderhandlung gegen die Lebensmittelhygiene-Verordnung

hat der 5. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts in Berlin durch ... als Einzelrichterin am 27. September 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 9. März 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Betroffenen wegen vorsätzlichen Inverkehrbringens von Lebensmitteln, die einer nachteiligen Beeinflussung ausgesetzt waren, zu einer Geldbuße von 500,00 Euro verurteilt. Mit seiner dagegen erhobenen Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen §§ 3 Satz 1, 5 Abs. 1 LMHV in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 1 a, Abs. 3 LMBG.

a) Die genannten Vorschriften sind allerdings auch nach Inkrafttreten des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, LFGB) am 7. September 2005 (vgl. Art. 9 des Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts vom 1. September 2005, BGBl. I S. 2618 ff.) - das (unter anderem) für den Bereich der Lebensmittel an die Stelle des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) getreten ist - anwendbar.

Gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes über den Übergang auf das neue Lebensmittel- und Futtermittelrecht vom 1. September 2005 (Art. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts vom 1. September 2005) sind auf Sachverhalte, die - wie der vorliegende - vor dem 7. September 2005 entstanden sind, die Vorschriften der in § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes genannten Gesetze hinsichtlich der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten weiter anzuwenden, somit auch der in § 1 Abs. 1 Nr. 8 aufgeführte § 53 Abs. 2 Nr. 1 a, Abs. 3 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1997 (BGBl. I S. 2296, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 13. Mai 2004, BGBl. I S. 934).

Auch die Lebensmittelhygiene-Verordnung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2008) ist weiterhin anwendbar. Zwar ist § 10 LMBG, der den Bund zum Erlaß von Hygienevorschriften für Lebensmittel ermächtigte, mit Wirkung vom 7. September 2005 aufgehoben worden. Dies ergibt sich aus Art. 5 des Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts (Änderung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes), der die Umwandlung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes in ein - ausschließlich auf Tabakerzeugnisse anwendbares - Vorläufiges Tabakgesetz vorsieht (vgl. Meyer NJW 2005, 3320, 3323) und (unter anderem) sämtliche Vorschriften aufhebt, die ausschließlich Lebensmittel betreffen, darunter § 10 LMBG. Der Wegfall der Ermächtigungsgrundlage hat jedoch auf die Gültigkeit der Lebensmittelhygiene-Verordnung keine Auswirkungen; eine Rückwirkung der Gesetzesänderung besteht insoweit nicht (vgl. BayVGH München, Beschluß vom 31. März 2006 - 25 CS 05.1989 - bei JURIS).

b) Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen belegen indes keinen Verstoß des Betroffenen gegen §§ 3 Satz 1, 5 Abs. 1 LMHV in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 1 a, Abs. 3 LMBG.

Nach § 5 Abs. 1 LMHV handelt ordnungswidrig im Sinne des § 53 Abs. 2 Nr. 1 a LMBG, wer vorsätzlich oder fahrlässig § 3 Satz 1 LMHV zuwiderhandelt. Dieser sieht vor, daß Lebensmittel nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden dürfen, daß sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind. Nachteilige Beeinflussung ist nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 2 LMHV eine ekelerregende oder sonstige Beeinträchtigung der einwandfreien hygienischen Beschaffenheit von Lebensmitteln, etwa durch Mikroorganismen, Verunreinigungen, Witterungseinflüsse, Gerüche, Temperaturen, Gase, Dämpfe, Rauch oder Aerosole. Der in § 3 Satz 1 LMHV aufgestellte Grundsatz erfährt eine Konkretisierung in § 3 Satz 2 LMHV, der spezielle Anforderungen an Betriebsstätten einerseits (Nr. 1) sowie Anforderungen beim Umgang mit Lebensmitteln und an das Personal andererseits (Nr. 2) vorsieht (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 3 LMHV Rdn. 2, 10; Erbs/Kohlhaas, § 3 LMHV Rdn. 3).

aa) Die Feststellungen des angefochtenen Urteils belegen zwar, daß der Betroffene Lebensmittel unter Verstoß gegen § 3 Satz 2 Nr. 1 b LMHV hergestellt, behandelt und in den Verkehr gebracht hat. Denn er hat in einem als Betriebsstätte nach § 2 Nr. 1 b LMHV zu qualifizierenden mobilen Stand, der nicht den für ortsveränderliche oder nichtständige Einrichtungen geltenden Anforderungen nach § 3 Satz 2 Nr. 1 b LMHV entspricht, gewerbsmäßig Backwaren produziert und zum Verkauf angeboten und Mehl sowie Backwaren zumindest kurzfristig gelagert (zur Definition der Tatbestandsmerkmale vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., § 1 LMHV Rdn. 4 ff.). Das insoweit einschlägige Kapitel 3 der Anlage zu § 3 Satz 2 sieht unter anderem vor, daß die genannten Betriebsstätten (ausgenommen Verkaufsautomaten und Transportfahrzeuge) folgenden Anforderungen entsprechen müssen:

1.1 Sie müssen so beschaffen sein, daß sie sauber und instand gehalten werden können und eine gute Lebensmittelhygienepraxis zum Schutz der Lebensmittel gegen nachteilige Beeinflussung gewährleistet ist.

1.4.2 Oberflächen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, sind in einwandfreiem Zustand zu halten und müssen leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein. Dabei sind glatte und abwaschbare Materialien zu verwenden.

Die Urteilsfeststellungen weisen aus, daß der von dem Betroffenen betriebene Stand diesen Erfordernissen nicht in jeder Hinsicht entsprach. Es handelte sich um eine Art Zeltbau, der aus hölzernen Seitenwänden und einem mit einer Plane aus einem Baumwoll-Kunststoff-Mischgewebe abgedeckten hölzernen Dachgerüst bestand und dessen Fußboden mit Siebdruckplatten ausgelegt war. In den Urteilsfeststellungen werden die Ergebnisse der Überprüfung durch den Lebensmittelkontrolleur im einzelnen wie folgt wiedergegeben (UA S. 3):

"Der Zeuge stellte dabei fest, dass die Seitenwände (Segmente) des Standes aus größtenteils unlackiertem, zum Teil auch ungehobeltem Holz (Seitenständer, Dachfirstkonstruktion) bestanden und die Dachhaut (Plane) über den nach oben offenen Produktions- und Verkaufsbereichen großflächig mit dunklen Schmutzbelägen unbekannter Herkunft behaftet waren.

Die mit einem weißen Anstrich versehene Eingangstür zum Verkaufsstand ... war über die gesamte Breite nach einem Transportbruch mit einem Riss versehen und gab an den Bruchstellen das rohe Holz frei.

Im Produktionsbereich lagerte der Betroffene ... auf so genannten Europapaletten, die ohne Trennung auf dem Straßenland abgestellt waren, Mehlsäcke, die an Ort und Stelle geöffnet und in die Knetmaschine entleert und zu Teig verarbeitet wurden. Im Laufe der Produktion hatte sich bereits ein Mehlbelag auf den benachbarten Siebdruckplatten, aber auch auf den Gehwegplatten gebildet.

Die fertig gebackenen Brotwaren wurden auf unlackierten Holzteilen, die teilweise auch Absplitterungen aufwiesen, zum Auskühlen vor dem Verkauf abgelegt, wodurch sich in den Rissen des Holzes bzw. den Fugen der einzelnen Bretter Teig- und Mehlreste abgelagert hatten."

Jedenfalls die Verwendung ungehobelter und zugleich unlackierter Holzbauteile verstößt gegen die zitierte Beschaffenheitsvorschrift Nr. 1.1, da ungehobeltes Holz Unebenheiten aufweist, die eine einwandfreie Oberflächenreinigung nicht zulassen, und aufgrund der fehlenden Behandlung zudem kein Schutz gegen das Eindringen von Schmutz und Feuchtigkeit in das Material besteht. Entsprechendes gilt für die durch einen Riß beschädigte Holztür. Es kann daher dahinstehen, inwieweit die Dachplane den aus Nr. 1.1 folgenden Anforderungen entsprach. Ob das Material so beschaffen war, daß es - ungeachtet des derzeitigen Reinigungszustandes - sauber und instand gehalten werden konnte, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen. Daß die Verwendung einer großflächig mit Schmutzbelägen behafteten Dachabdeckung einer guten Lebensmittelhygienepraxis - das heißt den allgemein anerkannten Erkenntnissen der Wissenschaft, den Auffassungen der Gewerbetreibenden im Lebensmittelbereich und der Auffassung der amtlichen Lebensmittelüberwachung (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., § 3 LMHV Rdn. 14) - nicht entsprechen dürfte, liegt nahe. Der Rechtsbegriff ist indes derart unbestimmt, daß allein eine Verletzung der guten Lebensmittelhygienepraxis keine Ahndung mit einer Geldbuße rechtfertigt (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., § 3 LMHV Rdn. 13). Die Ablage der fertig gebackenen Brotwaren auf unlackierten und zum Teil Absplitterungen aufweisenden Holzteilen steht im Widerspruch zu Kapitel 3 Nr. 1.4.2, da die verwendete Ablagefläche aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht leicht zu reinigen und zu desinfizieren ist; sie ist insbesondere nicht glatt.

bb) Der Verstoß gegen § 3 Satz 2 LMHV ist als solcher jedoch - entgegen der mißverständlichen Formulierung der amtlichen Begründung (BR-Drs. 332/97 S. 31: "mittelbar auch bewehrt") - nicht bußgeldbewehrt (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., § 5 LMHV Rdn. 3). Die in dieser Vorschrift festgelegten Anforderungen stellen zwar konkrete Regeln dar, die - ebenso wie der allgemeine Grundsatz in § 3 Satz 1 (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., § 3 LMHV Rdn. 3) - dem Ziel dienen, die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln bei deren Herstellung, Behandlung und Inverkehrbringen auszuschließen; dies ergibt sich aus der Bezugnahme der Vorschrift auf Satz 1 durch das Wort "dazu". Jedoch gelten diese Anforderungen unabhängig davon, ob eine nachteilige Beeinflussung im Sinne des § 3 Satz 1 LMHV vorliegt; Satz 2 setzt - anders als Satz 1 - eine nachteilige Beeinflussung nicht voraus (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., § 3 Rdn. 10 f.). Daraus folgt, daß ein Verstoß gegen § 3 Satz 2 nicht schon als solcher den Schluß zuläßt, der Tatbestand des § 3 Satz 1 LMHV - der die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung voraussetzt - sei erfüllt. Zwar dürfte in der Regel davon auszugehen sein, daß bei Verletzung der speziellen Anforderungen nach § 3 Satz 2 LMHV eine solche Gefahr besteht (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., § 5 LMHV Rdn. 3 und § 3 LMHV Rdn. 11). Dies ist aber gerade nicht ausnahmslos der Fall und bedarf - soweit die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht auf der Hand liegt - der Darlegung im Einzelfall. Denn ebenso wie die allgemeinen Hygieneanforderungen auf die einzelnen Betriebe nur in dem Maße angewandt werden können, wie dies aufgrund der jeweiligen und spezifischen hygienischen Notwendigkeit erforderlich ist (vgl. BR-Drs. 332/97 S. 2, 25; Erbs/Kohlhaas, a.a.O., § 3 LMHV Rdn. 4), ist auch die Gefahr nachteiliger Beeinflussung stets unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Falles zu beurteilen (vgl. Nds. OVG NdsVBl. 2002, 102).

Die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung aber wird durch die Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht belegt. Zwar dient die in § 3 Satz 1 LMHV festgelegte öffentlich-rechtliche Pflicht der Abwehr abstrakter Gefahren; entsprechend dem Zweck lebensmittel- und hygienerechtlicher Vorschriften, einen umfassenden Schutz der Verbraucher vor gesundheitlichen Schädigungen und Nachteilen zu gewährleisten, soll bereits im Vorfeld - beginnend bei der Herstellung - jede Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln ausgeschlossen werden (vgl. Nds. OVG NdsVBl. 2002, 102; Zipfel/Rathke, a.a.O., § 3 LMHV Rdn. 3, 8; Erbs/Kohlhaas, a.a.O., § 3 LMHV Rdn. 2). Jedoch muß eine solche Gefahr feststehen. Erforderlich ist insoweit die hinreichende Wahrscheinlichkeit, daß eine nachteilige Beeinflussung im Sinne des § 2 Nr. 2 LMHV eintritt (vgl. BayVGH München, Beschluß vom 18. Oktober 2005 - 25 CS 05.1636 - bei JURIS; Zipfel/Rathke, a.a.O., § 3 LMHV Rdn. 8 f.). Hierzu bedarf es - soweit die Gefahr nicht offensichtlich ist - konkreter Feststellungen, an denen es vorliegend fehlt.

In den Urteilsgründen ist nicht dargelegt, inwieweit von der Verwendung ungehobelten und unlackierten Holzes in Wänden und Dachkonstruktion, von der unreparierten Tür und von der verschmutzten Dachplane die Gefahr einer nachteiligen Einwirkung im Sinne des § 2 Nr. 2 LMHV auf die Lebensmittel ausging, ob insbesondere die Backwaren mit den beanstandeten Flächen in Kontakt kamen oder sich Schmutzpartikel von der Decke lösen konnten. Ebenso fehlt es an Feststellungen, inwieweit das zum Backen verwendete Mehl infolge seiner Lagerung - etwa durch unmittelbaren Kontakt mit dem Gehweg oder Lagerung geöffneter Säcke in der Nähe von Passanten (vgl. VG Düsseldorf, Beschluß vom 10. Dezember 2003 - 16 L 3656/03 - bei JURIS) - einer solchen Gefahr ausgesetzt war; der Umstand, daß sich ein Mehlbelag auf Gehweg- und Siebdruckplatten gebildet hatte, besagt nichts weiter, als daß bei der Entleerung der Säcke und beim Backen - wie bei jedem Backvorgang üblich - Mehl zu Boden gefallen war.

Schließlich belegt auch die Zwischenlagerung der fertig gebackenen Brotwaren auf unlackierten und teilweise Absplitterungen aufweisenden Holzteilen nicht die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung. Während eine solche Beeinflussung bei Verwendung einer rohen Sperrholzplatte als Verkaufstisch für Fisch - der leicht verderblich ist und zudem Flüssigkeit absondert - auf der Hand liegt, ohne daß es näherer Begründung bedürfte (vgl. OLG Karlsruhe NStZ-RR 2002, 280, 281), ist eine solche Gefahr im vorliegenden Fall weder dargelegt noch offensichtlich. Die Feststellung des angefochtenen Urteils, daß sich infolge der Ablage der fertig gebackenen Brotwaren Teigreste in Rissen und Fugen abgelagert hätten, ist schon als solche nicht nachvollziehbar, da bereits gebackene Brotwaren keinen (noch ungebackenen) Teig, sondern nur Krümel absondern können. Im übrigen fehlen Ausführungen dazu, ob es sich um frische oder ältere Teig- und Mehlreste handelte und ob, wann und auf welche Weise der Betroffene die Ablageflächen gereinigt hatte.

2. Da die Sachrüge bereits aus den dargelegten Gründen Erfolg hat, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den weiteren Angriffen der Revision. Das Gericht weist allerdings darauf hin, daß die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils unzulänglich ist. Sie läßt insbesondere eine Auseinandersetzung mit der Einlassung des Betroffenen - die in den Gründen unkommentiert wiedergegeben wird - vermissen und verhält sich nicht zu den Widersprüchen zwischen den Angaben des Zeugen M. einerseits und der Einlassung des Betroffenen andererseits.

3. Das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten war daher aufzuheben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 4 StPO).

Da es dem Rechtsbeschwerdegericht verwehrt ist, eigene ergänzende Feststellungen zu treffen (vgl. Senat, Beschluß vom 27. März 2006 - 5 Ws (B) 60/06 -), und es daher an einer eigenen Sachentscheidung nach § 79 Abs. 6 OWiG gehindert ist (vgl. Seitz in Göhler, OWiG 14. Aufl., § 79 Rdn. 45, 47), wird die Sache gem. § 79 Abs. 6 OWiG zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen.

Für die neue Verhandlung ist darauf hinzuweisen, daß im vorliegenden Fall die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung bestand, in Erwägung zu ziehen ist (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., § 2 LMHV Rdn. 49).

Ende der Entscheidung

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