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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 28.07.2006
Aktenzeichen: 5 Ws 557/05 REHA
Rechtsgebiete: StPO, StrRehaG, StPO/DDR


Vorschriften:

StPO § 366 Abs. 2
StrRehaG § 1 Abs. 1 Nr. 2
StrRehaG § 1 Abs. 6 Satz 1
StrRehaG § 1 Abs. 6 Satz 2
StrRehaG § 13 Abs. 2 Satz 2
StrRehaG § 14 Abs. 1
StrRehaG § 4 Abs. 2
StrRehaG § 26 Abs. 3 Satz 2
StPO/DDR § 311 Abs. 1
StPO/DDR § 311 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Beschluß

Geschäftsnummer: 5 Ws 557/05 REHA

In der Rehabilitierungssache betreffend

hat der 5. Beschwerdesenat für Rehabilitierungssachen des Kammergerichts in Berlin am 28. Juli 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 25. August 2005 wird aus den im wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben (§ 14 Abs. 1 StRehaG).

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Tatbestand:

Das Stadtgericht Berlin - 103a BS 9/98; 131-454-87-16 - verurteilte den Beschwerdeführer am 3. Oktober 1988 wegen versuchten Mordes und wegen (unter Rückfallbedingungen begangener) Nötigung (§§ 112 Abs. 1 und 3, 129 Abs. 1, 44 Abs. 1 StGB/DDR) zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren, erkannte ihm die staatsbürgerlichen Rechte für die Dauer von acht Jahren ab, verpflichtete ihn (gemäß § 27 StGB/DDR), sich einer fachärztlichen Heilbehandlung zu unterziehen und dazu, den Geschädigten Schadenersatz zu leisten. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung des Verurteilten verwarf das oberste Gericht der DDR durch Beschluß vom 27. Februar 1989 - 5 OSB 74/88 - als offensichtlich unbegründet. Eine Kassationsanregung gegen das Urteil wurde mit Schreiben vom 13. März 1990 zurückgewiesen. Nach Rechtskraft des Urteils (am 27. Februar 1989 und vorangegangener Untersuchungshaft seit dem 19. Oktober 1987) begann die Vollstreckung der Freiheitsstrafe. Den Kassationsantrag des Verurteilten wies das Landgericht Berlin - (506 Kass) 3 Js 393/90 (80/91) - mit Beschluß vom 8. Juli 1991 (gemäß § 349 Abs. 2 StPO) als offensichtlich unbegründet zurück; dies unter anderem deshalb, weil das Gericht auch den Strafausspruch weder als gröblich überhöht noch als mit rechtsstaatlichen Maßstäben unvereinbar erachtete.

Mit Bescheid vom 31. August 1994 setzte die Senatsverwaltung für Justiz die bis dahin noch nicht verbüßte Freiheitsstrafe im Gnadenwege zur Bewährung aus, bestimmte die Bewährungszeit auf fünf Jahre und unterstellte den Verurteilten einem Bewährungshelfer.

Wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in 13 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes (Tatzeit: Juni 1996 bis 18. Juni 2000) verurteilte das Landgericht Neuruppin - 12 KLs 379 Js 17589/00 (10/00) - den Beschwerdeführer am 19. Januar 2001 - inzwischen rechtskräftig - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren, die er nach Unterbrechung der Strafvollstreckung in hiesiger vom 5. August 2002 bis 3. September 2005 vollständig verbüßte. Seitdem wird der Rest der 12jährigen Freiheitsstrafe vollstreckt; das Strafende ist auf den 3. September 2009 notiert.

Wegen der neuen Taten widerrief die Senatsverwaltung für Justiz mit Bescheid vom 4. April 2001 die gnadenweise Strafaussetzung. Den dagegen gerichteten Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung verwarf der 4. Strafsenat des Kammergerichts - 4 VAs 18/01 - am 2. Juli 2001.

Den Rehabilitierungsantrag des Beschwerdeführers hat das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin einstimmig als (gemäß § 1 Abs. 6 StrRehaG) unzulässigen Zweitantrag verworfen. Die dagegen gerichtete, nach § 13 Abs. 2 Satz 2 StrRehaG zulässige Beschwerde des Betroffenen hat keinen Erfolg.

Gründe:

1. Es ist zwar richtig, daß sich bei der Entscheidung über einen Zweitantrag nicht um ein Wiederaufnahmeverfahren handelt. Daraus folgt hier aber nur, daß - anders als im Wiederaufnahmeverfahren (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl., § 372 Rdn. 7 m. weit. Nachw.) - auch im Beschwerderechtszug noch Tatsachen oder Beweismittel nachgeschoben werden können (vgl. Senat, Beschluß vom 13. April 2005 - 5 Ws 516/04 REHA) und das Formerfordernis des § 366 Abs. 2 StPO nicht besteht. Jedoch beurteilt sich nach den Grundsätzen des Wiederaufnahmeverfahrens (§ 359 Nr. 5 StPO), ob ein neuer Sachverhalt gegeben ist, also neue Tatsachen vorgebracht werden, die die Rechtsstaatswidrigkeit der strafrichterlichen Entscheidung begründen können (vgl. Senat VIZ 1994, 261, 262; a.a.O. und Be-schluß vom 3. Mai 2001 - 5 Ws 219/01 REHA -).

2. Die Begründung des angefochtenen Beschlusses ist indes dahin zu ergänzen, daß der Zweitantrag des Betroffenen auch nicht nach § 1 Abs. 6 Satz 2 StrRehaG zulässig ist. Nach dieser Vorschrift ist ein Zweitantrag dann zulässig, wenn der frühere Antrag nach dem RehaG (dem Vorläufer des StrRehaG) oder - wie hier - im Kassationsverfahren behandelt und abschlägig beschieden worden ist (vgl. Senat a.a.O.) und dargelegt wird, daß er nach dem StrRehaG Erfolg gehabt hätte.

a) Die generelle Behauptung des Beschwerdeführers, daß die Strafzumessung im Kassationsverfahren nur in den engen Grenzen des § 311 Abs. 1 StPO/DDR überprüfbar war, gemäß dem StrRehaG jetzt hingegen nach den "wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung" (wobei er sich auf die BT-Drs. 12/1608 S. 16 bezieht), ist nicht tragfähig. Dabei läßt er eine wesentliche Aussage in der von ihm angegebenen Fundstelle aus. Dort heißt es nämlich auch:

"Während das RehaG-alt an gewaltfreie, friedliche Handlungen zur Wahrnehmung politischer Grundrechte (der ehemaligen DDR-Verfassung) anknüpfte, also an Aktionen der Bürger, ist nunmehr - wie schon bisher bei der Kassation - die Reaktion des Staates Gegenstand der Überprüfung."

Nach dem RehaG (alt) fand eine Überprüfung der Höhe der Strafe und etwa angeordneter Nebenfolge nicht statt (vgl. Senat VIZ 1992, 166). Anders verhielt es sich im - hier durchgeführten - Kassationsverfahren. Nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 StPO/DDR in der Fassung des 6. Strafrechtsänderungsgesetzes in Verbindung mit Anlage I Kapitel 3 Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 14 Buchst. a Satz 4 des Einigungsvertrages war eine Entscheidung zu ändern, die im Strafausspruch oder im Ausspruch über die sonstigen Rechtsfolgen der Tat gröblich unrichtig oder nicht mit rechtsstaatlichen Maßstäben vereinbar ist (Art. 4 Nr. 2 Buchst. hh der Vereinbarung vom 18. September 1990 zur Durchführung und Auslegung des Einigungsvertrages - BGBl. II S. 1239 -). Zu den rechtsstaatlichen Maßstäben gehört auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen Tat und Rechtfolgenausspruch. Die jetzige Bestimmung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 StrRehaG ermöglicht nur noch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als Regelbeispiel für die Rechtsstaatswidrigkeit einer Entscheidung (vgl. Bruns/Schröder/Tappert in NJ 1992, 394, 399).

Günstiger stellen die Regelungen des StrRehaG den Antragsteller nur insofern, als nunmehr auch bei einer Milderung des Strafmaßes soziale Ausgleichsleistungen zu gewähren sind, während im Kassationsverfahren eine Entschädigung nur bei Freispruch, nicht jedoch bei Herabsetzung des Strafmaßes zugesprochen werden konnte (§ 16 a StrEG vom 31. August 1990 - BGBl. II S. 889, 957 i. V. m. § 369 StPO/DDR). § 1 Abs. 6 Satz 1 StrRehaG stellt jedoch für die Zulässigkeit eines Antrages nicht auf Unterschiede in der Entschädigungsfolge, sondern nur darauf ab, ob der Antrag auf Aufhebung einer rechtsstaatswidrigen Entscheidung Erfolg gehabt hätte. Die Angleichung der Folgeansprüche aus Entscheidungen in Kassationsverfahren nach dem seit dem 3. Oktober 1990 geltenden Vorschriften ist in § 26 Abs. 3 Satz 2 StrRehaG vorgenommen (zu diesen Grundsätzen vgl. Senat VIZ 1994, 261, 262).

Der Zweitantrag des Betroffenen war auch nicht deshalb zulässig, weil die nach früherem Recht mögliche Überprüfung des Strafausspruches im Kassationsverfahren nicht erfolgt wäre. Nach dem Sachverhalt der zuletzt genannten Entscheidung des Senats hatte - anders als hier - nur ein Verfahren nach dem RehaG (alt) stattgefunden, jedoch kein Kassationsverfahren. In dem hier durchgeführten ist hingegen auch die Strafhöhe überprüft und als mit rechtsstaatlichen Maßstäben vereinbar erachtet worden.

b) Neue Tatsachen, die dem Zweitantrag zum Erfolg verhelfen könnten, hat der Betroffene auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht und glaubhaft gemacht. Solche sind nicht darin zu sehen, daß er (mit Schreiben vom 8. November 2005) sechs Kopien aus Unterlagen des MfS eingereicht hat. Sie sind für die hiesige Sache ohne Aussagekraft. Aus ihnen geht nur hervor, der Betroffene, ein mehrfach unter anderem wegen Diebstahls vorbestrafter Haftentlassener, habe in seinem Betrieb geäußert, "daß er es soweit treiben würde, bis man ihn wieder einbuchtet und er nach der BRD ausgewiesen wird" (Bericht vom 2. November 1983). Darunter findet sich auch ein Vermerk vom 19. Oktober 1987, dem Tattag des versuchten Mordes, in dem der Sachverhalt (... durch einen Stich mit einem stilettartigen Messer schwer verletzt ...) kurz genannt ist. Auch das Blatt aus der Vorverdichtungs-, Such- und Hinweis-Kartei (VSH-Kartei), in der - so die vom Beschwerdeführer wiedergegebene Erläuterung der BStU - Informationen zu aus sicherheitspolitischen Gründen interessierenden Personen erfaßt werden, enthält neben den Personaldaten des Beschwerdeführers nur die Angaben der abgeurteilten Delikte (§§ 112, 129 StGB/DDR), das Strafmaß von 12 Jahren, die voraussichtliche Haftdauer und den Vermerk: gewalttätig, Suizidgefahr. Eine weitere Urkunde enthält eine Einschätzung seines Verhaltens im Strafvollzug (vor der Begehung des versuchten Mordes u.a.), in der der Betroffene folgende Passagen gekennzeichnet hat:

"An den Maßnahmen der staatsbürgerlichen Erziehung und allgemeinen Bildung nimmt er desinteressiert und ohne Aktivitäten teil. Seine politische Grundeinstellung ist von Labilität gekennzeichnet. Er interessiert sich kaum für politische Tagesfragen und bringt auch zum Ausdruck, daß er für derartige Dinge sich keine Zeit nimmt."

Schließlich vermerkt ein Bericht der VB-Inspektion Berlin-Köpenick vom 5. Januar 1984 (cirka drei Jahre und neun Monate vor den hiesigen Taten), in dem vorgeschlagen wird, die Maßnahme des zeitweiligen Entzuges des Personalausweises stehen zu lassen, unter anderem, wiederum von dem Betroffenen gekennzeichnet, folgendes:

"... zeitweilige Entzug des PA für (es folgen die Personaldaten des Betroffenen). ... Er besitzt dort in Grimma Kontakt zu Antragstellern und negativen Personen. Seine Einstellung ist negativ zu unserem Staat. Dies bring er auch offen zum Ausdruck."

Es mag sein, daß der Beschwerdeführer mit den Verhältnissen in der ehemaligen DDR nicht einverstanden war, dies auch zum Ausdruck gebracht und sich an gesellschaftlichen Aktivitäten nicht oder nur desinteressiert beteiligt hat. Für die am 3. Oktober 1988 abgeurteilten Delikte des versuchten Mordes und der Nötigung (unter Rückfallbedingungen begangen durch Andrücken eines Messers an den Hals des Opfers und dadurch bewirkte kleine Schnittverletzung) sagt das nichts aus und es ist auch nicht in das Urteil eingegangen oder zur Strafschärfung verwendet worden.

3. Der Beschwerdeführer vermißt in der angefochtenen Entscheidung zwar zu Recht Ausführungen zu seinem Hilfsantrag, die Vollstreckung des noch nicht verbüßten Strafrestes (gemäß § 4 Abs. 2 StRehaG) für erledigt zu erklären. Solche wären angezeigt und wohl auch geeignet gewesen, ihm seinen Irrtum deutlich zu machen, es handele sich dabei um einen Antrag, auf den hin unabhängig von einer rechtskräftigen Kassationsentscheidung und der Zulässigkeit oder - wie hier - Unzulässigkeit seines Zweitantrages über die Verhältnismäßigkeit der weiteren Strafvollstreckung zu befinden wäre.

a) Demgegenüber gilt: Ist der Rechtsfolgenausspruch im Kassationsverfahren an rechtsstaatlichen Grundsätzen gemessen worden und unbeanstandet geblieben, so ist § 4 Abs. 2 StrRehaG Rechnung getragen. Ist - wie hier - ein Zweitantrag nach einer rechtskräftigen Kassationsentscheidung unzulässig (nach § 1 Abs. 6 StrRehaG), ist für eine Entscheidung nach § 4 Abs. 2 StrRehaG kein Raum mehr; der dahingehende Antrag ist ebenfalls unzulässig (§ 27 Nr. 4 StrRehaG i. V. m. Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Buchst. d des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 - BGBl. II S. 885, 933); Schröder in Bruns/Schröder/Tappert, § 4 StrRehaG Rdn. 18). In der jetzt geltenden Fassung lautet diese Regelung:

"Die Vollstreckung einer Rechtsfolge aus einer Entscheidung eines Strafgerichts der Deutschen Demokratischen Republik ist zulässig, es sei denn, es wird durch ein Gericht festgestellt, daß die Verurteilung mit rechtsstaatlichen Maßstäben nicht vereinbar ist oder daß Art oder Höhe der Rechtsfolge nach rechtsstaatlichen Maßstäben nicht angemessen sind oder dem Zweck eines Bundesgesetzes widersprechen. Es kann auch festgestellt werden, daß die Rechtsfolge in einer milderen Folgenart zu vollstrecken ist. Der Antrag auf Feststellung kann von dem Verurteilten oder von der Staatsanwaltschaft gestellt werden. Der Antrag ist unzulässig, wenn ein Kassationsverfahren oder ein Rehabilitierungsverfahren durchgeführt worden ist oder ein Rehabilitierungsverfahren noch durchgeführt werden kann. Über den Antrag entscheidet das Gericht, das nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz vom 29. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1814) für die Rehabilitierung zuständig wäre."

Dazu ist klarzustellen, daß mit "Rehabilitierungsverfahren" entsprechend dem Zweck der Neufassung (der kursiv gedruckten Sätze) ein solches nach dem StrRehaG (nicht dem RehaG (alt)) gemeint ist.

b) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nichts anderes. Der Begründung des Entwurfs des StrRehaG (BT-Drs. 12/1608 S. 19) hatte der Bundesrat (a.a.O. S. 33) zutreffend entgegengehalten, es handele sich bei der Regelung des § 4 Abs. 2 StrRehaG (Entwurf) um einen Systembruch gegenüber dem geltenden Strafrecht (u. a. §§ 57, 57a, 56g StGB) und auf die Möglichkeiten des geltenden Rechts, insbesondere der Kassation, aber auch des Gnadenverfahren hingewiesen. In ihrer Gegenäußerung hat die Bundesregierung (a.a.O. S. 42) diesen Bedenken entgegengehalten, nach der vorstehend zitierten (jetzt dem StrRehaG durch § 27 Nr. 4 angepaßten) Regelung des Einigungsvertrages sei ein Antrag (nach § 4 Abs. 2 StrRehaG - Entwurf -) unzulässig, wenn - dies ist hier maßgeblich - ein Kassa-tionsverfahren durchgeführt worden sei.

c) Da sowohl der Zweitantrag als auch derjenige nach § 4 Abs. 2 StrRehaG unzulässig sind, ist für die von dem Beschwerdeführer ebenfalls beantragte Unterbrechung der Strafvollstreckung (§ 4 Abs. 1 Satz 3 StrRehaG) kein Raum.

Sein Hinweis auf die noch 18 Jahre nach den (dem Urteil vom 3. Oktober 1988 zugrunde liegenden) Taten fortdauernde Vollstreckung übersieht, daß diese nach cirka sechs Jahren und acht Monaten im Gnadenwege ab dem 31. August 1994 zur Bewährung ausgesetzt worden war. Damit hätte es sein Bewenden haben können, wenn der Verurteilte nicht in der Zeit von Juni 1996 bis zum 18. Juni 2000 in 13 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes, Schutzbefohlene sexuell mißbraucht hätte. Wegen dieser neuen Taten wurde er durch Urteil des Landgerichts Neuruppin - 12 KLs 379 Js 17589/00 (10/00) - vom 19. Januar 2001 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die gnadenweise Reststrafenaussetzung mußte widerrufen werden (vgl. KG, Beschluß vom 2. Juli 2001 - 4 VAs 18/01 -, mit dem der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Verurteilten gegen den Widerrufsbescheid der Senatsverwaltung für Justiz verworfen wurde). Nachdem er cirka fünf Jahre in Freiheit war, mußte er nach Untersuchungshaft (355 Tage) in der neuen Sache und nach Teilverbüßung in der hiesigen die vier Jahre Gesamtfreiheitsstrafe bis zum 3. September 2005 verbüßen. Allein dies und nicht Fehler der Justiz erklären den langen Zeitraum bis zu dem jetzt noch vollstreckten Rest (1461 Tage) der Strafe von 12 Jahren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 14 Abs. 1 StrRehaG. Seine notwendigen Auslagen hat der Beschwerdeführer selbst zu tragen (§ 14 Abs. 4 StrRehaG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO entsprechend), ohne daß es insoweit eines Ausspruches in der Beschlußformel bedurfte.

Ende der Entscheidung

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