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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 13.01.2009
Aktenzeichen: 6 W 45/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Ist eine Forderung aus einer Kfz-Kaskoversicherung betroffen, die der finanzierenden Bank bei Erwerb sicherungshalber abgetreten worden war und die im Zuge der Schadensabwicklung an den Versicherungsnehmer rückabgetreten worden ist, kommt es allein auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§114 ZPO) des Versicherungsnehmers an.
Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: 6 W 45/08

13.01.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Reinhard, die Richterin am Amtsgericht von Hollen und die Richterin am Kammergericht Düe am 13.1. 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Zivilkammer 24 des Landgerichts Berlin vom 22. Oktober 2008 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers nach Maßgabe der Entscheidungsgründe zurückverwiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen den Kaskoversicherer aus einem von ihm abgeschlossenen Versicherungsvertrag für ein Motorrad. Der Kaskoversicherer hatte Leistungen wegen eines vom Antragsteller geltend gemachten Diebstahls des Motorrades mit Schreiben vom 4.6.2008 (Anlage K 2) abgelehnt.

Der Antragsteller hatte den Erwerb des betroffenen Motorrades mittels eines Kredits der SDDDD C B AG (künftig: S-B ) teilweise finanziert. Er hatte das Motorrad der S-B in diesem Zusammenhang sicherungshalber übereignet wie auch die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten.

Nachdem der Antragsteller zunächst beabsichtigt hatte, den an die S-BNN abgetretenen Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistung mit deren Ermächtigung im eigenen Namen geltend zu machen, und das Landgericht darauf hingewiesen hatte, dass auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Forderungsinhaberin, d.h. S-Bee , bei der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu berücksichtigten sei, hat der Antragsteller sich die Forderung aus dem Kaskoversicherungsvertrag wie auch das Sicherungseigentum rückübertragen lassen (Anlage K 5).

Das Landgericht hat mit dem angefochten Beschluss Prozesskostenhilfe versagt, weil zur Beurteilung der Bedürftigkeit i.S.v. § 114 ZPO nicht nur die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, sondern auch diejenigen der S-Bee maßgeblich seien.

II.

1. Die nach §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den angefochtenen Beschluss des Landgerichts ist begründet.

Die vom Antragsteller begehrte Prozesskostenhilfe kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die S-BDD über ausreichende Mittel zur Prozessführung verfüge. Maßgeblich für die Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen i.S.v. § 114 ZPO sind allein die Verhältnisse des Antragstellers. Grundsätzlich ist allein die Vermögenslage der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei maßgeblich und zwar auch für den Fall, dass diese die einzuklagende Forderung durch Abtretung erlangt hat (BGH NJW 1967, 1566, 1567; im Ergebnis ebenso: BGH VersR 1984, 989, 990; Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 114 Rn. 9 m.w.N.). Gläubiger, selbst solche, denen ein Pfändungspfandrecht an der einzuklagenden Forderung zusteht, bleiben bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse regelmäßig außer Betracht (Zöller/Philippi, a.a.). Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist die Vermögenslage des Zedenten nur dann ausnahmsweise ebenfalls von Bedeutung, wenn der nicht ausreichend finanzstarke Zessionar vom wirtschaftlich leistungsfähigen Zedenten zur Führung des Rechtsstreits nur vorgeschoben worden ist, Prozesskostenhilfe also rechtsmissbräuchlich erstrebt wird (BGH NJW 1967, a.a.O.) bzw. das Interesse des Zessionars an der klageweisen Durchsetzung gegenüber dem Interesse des Zedenten gänzlich zurücktritt (BGH VersR 1984, a.a.O.) oder kein triftiger Grund für eine Abtretung besteht (OLG Köln FamRZ 1995, 940; OLG Celle NJW-RR 1999, 579; KG -4. ZS- MDR 2002, 1396).

Keine dieser Ausnahmesituationen liegt im hier zu beurteilenden Sachverhalt vor. Die Interessenlage in der hier gegebenen Konstellation ist nicht vergleichbar mit derjenigen, die jeweils in den angeführten Entscheidungen zugrunde lag. Es gibt hier durchaus triftige Gründe für den Antragsteller, den Rechtsstreit gegen den Versicherer zu führen. Auch ist es nicht so, dass die Interessen der S-Bff derart überwiegen, dass die des Antragstellers dahinter als unbedeutend zurücktreten. Diese Bewertung des Senats gründet sich darauf, dass der Antragsteller Vertragspartner im betroffenen Versicherungsverhältnis ist. Die daraus erwachsenden Versicherungsforderungen standen originär ihm zu. Sie waren nur vorübergehend, sicherungshalber an die S-Bee abgetreten und jetzt im Zuge der Rechtsverfolgung an den Antragsteller, zwar zeitlich vorgezogen, aber im Übrigen plangemäß an ihn zurück übertragen worden. Aus der beschriebenen Konstellation ergibt sich zum einen ein ganz erhebliches eigenes Interesse des Antragstellers an der Durchsetzung der Forderung gegen den Kaskoversicherer, weil etwaige Leistungen des Versicherers zunächst einmal ihm (bzw. seinem Prozessbevollmächtigten als Treuhänder) zufließen und, soweit er sie aufgrund interner Absprachen teilweise an die S-B weiterzuleiten hat, seine Schulden bei der S-B zum Erlöschen bringen. Schon in dem Interesse des Antragstellers, seine Verbindlichkeiten gegenüber der S-B zu tilgen, sieht der Senat einen triftigen Grund und ein anerkennenswertes eigenständiges Interesse des Antragstellers, seinen Kaskoversicherer zu verklagen (vgl. auch OLG Hamm VersR 1982, 1068). Zum anderen ist der Antragsteller als Vertragspartner des Prozessgegners auch "näher dran", den Rechtsstreit zu führen, weil er im Gegensatz zur S-B über die notwendigen tatsächlichen Informationen zur Führung des Rechtsstreits und zur Einschätzung des mit der Prozessführung verbunden Risikos verfügt. Auch dies verbietet es, die Rolle des Antragstellers als nur von der S-B zum Zwecke der Prozesskostenersparnis vorgeschoben einzuschätzen.

Demgegenüber reicht das bloße Interesse der S-BDD , als Gläubigerin des Antragstellers mittelbar vom Prozessausgang zu profitieren, nicht aus, ein übergeordnetes Interesse an der Prozessführung anzunehmen, zumal die Gläubigerin zur Wahrung ihrer finanziellen Interessen nicht auf die Realisierung der Versicherungsforderung angewiesen ist, sich vielmehr weiterhin an den Antragsteller halten kann. Eine derart überragende Bedeutung im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung (BGH VersR 1984, a.a.O.), dass dagegen die Interessen des Antragstellers als unbedeutend zurücktreten, kommt der Beteiligung der S-Btt nicht zu.

2. Die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers war nach § 571 Abs. 3 ZPO dem Landgericht zu übertragen, weil die Sache nicht zur Entscheidung reif ist. Das Landgericht hat sich, von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent, bislang weder mit den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage noch mit der Frage befasst hat, ob der Antragssteller nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen bedürftig i.S.v. § 114 ZPO ist. Dem Antragsteller wie auch dem am Verfahren zu beteiligenden gegnerischen Versicherer wird Gelegenheit zu ergänzendem bzw. erstmaligen Vorbringen zu geben sein. Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsstellers fehlen aktuelle Erklärungen, insbesondere die angekündigte Verdienstbescheinigung betreffend die vom Antragsteller im Sommer 2007 neu angetretene Arbeitsstelle. Eine Beurteilung der Erfolgsaussicht ist nicht ohne Beteiligung der gegnerischen Versicherung möglich, da ein Erfolg des Antragsstellers im Prozess maßgeblich von deren Einwänden bzw. Einreden abhängt.

3. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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