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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 17.12.2004
Aktenzeichen: 7 U 168/03
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B, ZPO


Vorschriften:

BGB § 643
BGB § 645
BGB § 648a
BGB § 648a Abs. 1
BGB § 648a Abs. 2 S. 2
BGB § 648a Abs. 3
BGB § 648a Abs. 5
BGB § 767
BGB § 812
VOB/B § 8 Nr. 3
VOB/B § 8 Nr. 3 Abs. 1
VOB/B § 9 Nr. 1 b
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 538 Abs. 2
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 7 U 168/03

verkündet am: 17. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 30.11.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Sellin und Renner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.April 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin - 19 O 439/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beitreibbaren Betrages, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 1.4.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin - 19 O 439/02 - Bezug genommen.

Gegen das ihr am 28.4.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.5.2003 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 30.7.2003 an diesem Tag begründet.

Die nnnnnnnnnnnnn GmbH ist zwischenzeitlich infolge Insolvenz aus der Klägerin ausgeschieden. Die Klägerin ist von der nnnnn Bank ermächtigt worden, die Rückzahlungsforderung an sich selbst zu verlangen.

Die Beklagte trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags ergänzend vor, das Landgericht habe zu Unrecht der Klägerin einen Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 648 a BGB zugestanden. Selbst wenn ein solcher Anspruch bestünde, sei das Sicherungsverlangen treuwidrig. Auch wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, für ihren Leistungsteil in entsprechender Höhe eine Rückbürgschaft zu stellen. Da sie dies nicht getan habe, sei sie unter Berücksichtigung des Schreibens der Klägerin vom 4.7.2001 nicht mehr zur Stellung der Sicherheit verpflichtet gewesen. Insoweit sei die Klägerin auch nicht zur Leistungseinstellung berechtigt gewesen.

Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die streitbefangene Bürgschaft auch Rückzahlungsansprüche wegen Überzahlung abgesichert habe und sie, die Beklagte, vorgetragen habe, dass die Klägerin in Höhe von 438.270,25 DM überzahlt gewesen sei. Aus der Auseinandersetzungsbilanz ergebe sich noch eine Überzahlung von 86.001,73 Euro, sodass in dieser Höhe die Inanspruchnahme der Bürgschaft in jedem Fall gerechtfertigt gewesen sei.

Da der Klägerin aber kein Recht auf Sicherheitsleistung zugestanden habe, sei ihre, der Beklagten, Kündigung nach § 8 Nr.3 VOB/B berechtigt und insoweit würden ihr auch Schadensersatzansprüche nach § 24.5 des Dach-ARGE-Vertrages zustehen. Sie habe nunmehr nochmals die Rechnungen über die fertigzustellenden Restarbeiten überprüft und teilweise korrigiert (Anlagen BB 2-4), woraus sich Gesamtkosten von 3.925.362,45 Euro ergäben. Demgegenüber hätte die Klägerin bei ordnungsgemäßer Leistungserbringung maximal noch 2.433.395,76 DM (=1.244.175,55 Euro) brutto verlangen können und selbst unter Berücksichtigung des Bürgschaftsbetrages (1.461.262,02 Euro) würde noch eine Restforderung von 1.219.924,88 Euro gegen die Klägerin verbleiben.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 1.4.2003 die Klage insgesamt abzuweisen,

hilfsweise,

den Rechtsstreit gemäß § 538 Abs.2 ZPO zur neuen Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt nach Rücknahme ihres erweiterten Zinsantrages,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend vor, das Landgericht habe ihr zu Recht einen Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 648a BGB zugebilligt. Sie habe nie die Leistungen endgültig verweigert. Ihre Kündigung sei nach § 9 Nr.1 b VOB/B wegen Verzuges mit Abschlagszahlungen i.V.m. § 25.220 des Dach-ARGE-Vertrages gerechtfertigt gewesen. Es gebe keine Überzahlungen, auf die sich die Bürgschaft im Übrigen auch nicht beziehe. Die Geltendmachung eines Rückzahlungsanspruchs sei vorliegend angesichts § 25.119 des Dach-ARGE-Vertrages gesellschaftstreuwidrig. Ihre Schlussrechnung (Anlage K34) mit einem Restwerklohnanspruch von 12.197.073,22 DM sei prüffähig und richtig und zeige, dass keine Überzahlung vorliege. Nur wegen § 25.221 des Dach-ARGE-Vertrages werde mit der Klage dieser Restwerklohn noch nicht geltend gemacht. Die Mehrkostenberechnung der Beklagten sei nach wie vor nicht schlüssig.

Die Akten des Landgerichts Berlin 29.O.197/01 lagen dem Senat zur Information vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung (Art.229 § 5 S.1 EGBGB). Für das Verfahrensrecht gelten die Regelungen der ZPO in der seit dem 1.1.2002 gültigen Fassung.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch aus § 812 BGB zu. Im sogenannten Rückforderungsprozess nach Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern muss der Gläubiger und mithin hier die Beklagte darlegen und beweisen, dass sie den eingezogenen Betrag behalten darf, also die Entstehung und Fälligkeit der durch die Bürgschaft gesicherten Hauptforderung (Ingenstau/Korbion, VOB/B, 14.Aufl., Teil B § 17 Rn.93; BGH, Urteil vom 24.10.2002 - IX ZR 355/00 -). Diesen Nachweis hat die Beklagte nicht zu führen vermocht.

Die Beklagte begründet die Inanspruchnahme der Bürgschaft der Dresdner Bank vom 28.11.1997 mit Ansprüchen gegen die Klägerin auf Rückzahlung von Überzahlungen, Mehrkosten infolge Ersatzvornahme aus § 8 Nr.3 VOB/B und Schadensersatz aus § 24.5 des Dach-Arge-Vertrages vom 22.5.1997.

I.

Voraussetzung für den Anspruch auf Mehrkosten nach § 8 Nr.3 VOB/B ist eine berechtigte Kündigung bzw. Auftragsentziehung der Beklagten gegenüber der Klägerin nach § 8 Nr.3 Abs.1 VOB/B. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn die Klägerin war aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, denen der Senat folgt, mit der Erbringung der von ihr geschuldeten Leistungen nicht im Verzug.

Die von der Beklagten mit Schreiben vom 13.7.2001 erklärte und der Klägerin am 16.7.2001 zugegangene fristlose Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Nachunternehmervertrages vom 15.7.1997 ist wirkungslos, denn das Vertragsverhältnis ist bereits zuvor am 13.7.2001 infolge der gesetzlichen Fiktion nach §§ 648a Abs.5, 643 BGB beendet worden.

Der Klägerin stand gegen die Beklagte aus den zutreffenden Gründen des Landgerichts aus § 648a BGB ein Anspruch auf Sicherheitsleistung und wegen der unstreitigen Nichtleistung dieser Sicherheit ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Die Gegenausführungen der Beklagten in der Berufung sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen.

Die Doppelfunktion der Klägerin als Mitglied der Dach-Arge und Vertragspartnerin des Nachunternehmervertrages steht der Anwendbarkeit des § 648a BGB nicht entgegen. Vertragspartner des Nachunternehmervertrages waren die Klägerin und die Dach- , die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit besitzt (§ 14 Abs.2 BGB, BGH NJW 2001, 1056). Die Dach-Arge kann auch selbst insolvent werden, ohne dass davon ihre Mitglieder unmittelbar betroffen sind (§§ 11 Abs.2 Nr.1, 93 InsO). Es ist gerade Eigenart des Dach-Arge-Vertrages, dass - anders als bei der normalen Arge - mit den Gesellschaftern gesonderte Nachunternehmerverträge hinsichtlich der ihnen zugewiesenen Einzellose abgeschlossen werden. Soweit im Rahmen des Dach-Arge-Vertrages jeder Gesellschafter für sein Einzellos das Leistungs- und Vergütungsrisiko allein trägt, gilt dies nur auf der gesellschaftsvertraglichen Ebene.

Wenn, wie hier, eine vertragliche Konstruktion gewählt wird, bei der zwischen Gesellschaftern durch die Bildung einer Arge nicht nur ein Gesamthandsvermögen gebildet wird, sondern zusätzlich auch gesonderte und selbstständige Nachunternehmerverträge zwischen der Gesellschaft einerseits und ihren Mitgliedern andererseits geschlossen werden, dann finden für diese gesonderten Werkverträge im Außenverhältnis auch diejenigen Vorschriften Anwendung, die auch für jeden anderen Werkvertrag zwingend vorgeschrieben sind.

Die rechtliche Trennung zwischen Arge-Vertrag und Nachunternehmervertrag folgt auch aus der Präambel zum Dach-Arge-Vertrag, wonach das Haftungsprivileg der Gesellschafter untereinander unter Ausschluss der leichten Fahrlässigkeit nicht auf die Nachunternehmerverträge übertragen wird. Es ist gerade eines der wesentlichen Strukturmerkmale der Dach-Arge, dass dort durch die Weitergabe aller Bauleistungen an die Einzellose durch getrennte Nachunternehmerverträge eine gesonderte Leistungsbeziehung geschaffen wird, in welcher die gleichen strengen Rechte und Pflichten gelten wie im normalen Geschäftsverkehr zwischen Fremden (Burchardt/Pfülb, ARGE-Kommentar, 3.Aufl. 1998, § 25 Rn 147). Die zwingende Vorschrift des § 648a BGB gilt daher auch hier, zumal es nur darauf ankommt, dass ein Unternehmer eines Bauwerks Vergütungsansprüche hat, was hier unstreitig der Fall ist.

Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Geltendmachung dieses Rechts auch nicht die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen. Soweit die Klägerin auf der gesellschaftsvertraglichen Ebene das Leistungs- und Vergütungsrisiko für ihr Los gegenüber dem Bauherrn allein trifft, hat dies mit dem vorliegend geltend gemachten Sicherungsbedürfnis nichts zu tun. Wenn der Bauherr, aus welchen Gründen auch immer, die Bezahlung der Leistung gegenüber der Beklagten ablehnt, dann ergibt sich aus § 25.220 des Dach-Arge-Vertrages, dass dies allein zu Lasten der Klägerin als Mitgesellschafterin geht. Insoweit stünde der Klägerin, wie sie auch selbst vorträgt, gegen die Beklagte kein Zahlungsanspruch zu. Anders sieht es jedoch aus, wenn die Beklagte zwar Zahlung erhält, diese jedoch nicht entsprechend der Vereinbarungen im Dach-Arge-Vertrag behandelt und auszahlt. In diesem Fall ist die Klägerin als Nachunternehmerin gegenüber der Beklagten als ihrer Auftraggeberin, die auch in Insolvenz gehen kann, nicht geschützt. Dem dient die Sicherung nach § 648a BGB.

Der Gesellschaftszweck wird dadurch nicht gefährdet, weil die Sicherheit nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Bauherr bezahlt hat und damit auch der Auszahlungsanspruch gegen die Beklagte entstanden ist, was die Dach-Arge dem einzelnen Nachunternehmergesellschafter auch jederzeit bei Inanspruchnahme der Sicherheit gemäß § 767 BGB entgegenhalten könnte. Hinzukommt, dass die Bürgschaft nach § 648a Abs.2 S.2 BGB streng akzessorisch ist, denn sie kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der Besteller den Vergütungsanspruch anerkennt, oder durch vorläufig vollstreckbares Urteil zur Zahlung der Vergütung verurteilt worden ist und diejenigen Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Zwangsvollstreckung begonnen werden darf.

Unerheblich ist die Ansicht der Beklagten, § 648a BGB sichere nicht gesellschaftsrechtliche Schadensersatzansprüche, die bei pflichtwidriger Verteilung der Gelder entstehen würden, denn eine pflichtwidrige Verteilung der Gelder führt nicht zum Erlöschen des Zahlungsanspruchs aus dem Nachunternehmervertrag. Der Werklohnanspruch ist lediglich durch den Dach-Arge-Vertrag modifiziert, was aber schon nach dem Wortlaut des § 648a Abs.1 BGB (Unternehmer eines Bauwerks) unerheblich für die Anwendbarkeit der Norm ist.

Es kann auch keine Rede davon sein, dass die einzelnen Gesellschafter im Außenverhältnis entgegen dem Gesellschaftszweck für die anderen Einzellose haften würden. Die Einzelverantwortlichkeit betrifft das Verhältnis zum Bauherrn. Selbstverständlich haften die Gesellschafter aber dann, wenn es um das Verhältnis der Dach-Arge zu den Nachunternehmern aus den selbstständigen Nachunternehmerverträgen geht.

Unerheblich ist der Hinweis der Beklagten auf § 25.221 des Dach-Arge-Vertrages, der einen Verzicht der Gesellschafter auf Klage gegen die Dach-Arge bis zur Schlusszahlung des Auftraggebers regelt. Aus dieser Bestimmung ergibt sich gerade ein besonderes Bedürfnis zur Sicherung der Forderung, weil das Einzellos im Gegensatz zu einem normalen Werkunternehmer über einen längeren Zeitraum gehindert sein kann, die Forderung geltend zu machen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt auch kein Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Klägerin vor. Der Zweck der Arge wird, wie bereits ausgeführt, hierdurch nicht gefährdet. Voraussetzung wäre ein Verstoß gegen das Verbot, den Vertragspartner zu schädigen oder zu schikanieren. Davon kann nicht ausgegangen werden, denn hier besteht das Sicherungsbedürfnis der Klägerin wegen der Trennung der Ansprüche aus dem Nachunternehmervertrag von ihren gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen. Im Übrigen hat sich die Beklagte selbst mit Schreiben vom 2.7.2001 grundsätzlich zur Ausreichung der Sicherheit bereit erklärt. Die Beklagte hat lediglich von der Klägerin eine Rückbürgschaft in Höhe ihres Gesellschaftsanteils verlangt und damit entgegen ihrer in der Berufung geäußerten Ansicht nicht eine solche in Höhe des gesamten Betrages. Dem hat die Klägerin dadurch entsprochen hat, dass sie ihre Bürgschaftsforderung um diesen Anteil reduziert hat, was die Beklagte nicht dahin verstehen konnte, dass nunmehr keine Sicherheit nach § 648a BGB mehr verlangt werde, sondern nur noch hinsichtlich des Differenzanteils. Auch eine solche Sicherheit wurde indes nicht gestellt.

Dies kann jedoch dahinstehen, denn es bestand kein Anspruch auf Rückbürgschaft, denn der Dach-Arge drohte insoweit kein Schaden. Die Kosten für die Sicherung hatte ohnehin die Klägerin gemäß § 648a Abs.3 BGB zu tragen. Da die Bürgschaft zudem nur unter den bereits oben dargelegten engeen Voraussetzungen des § 648a Abs.2 S.2 BGB in Anspruch genommen werden kann und hiervon nur Ansprüche betroffen sind, die von der Klägerin unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden konnten (nach Zahlung durch den Bauherrn), besteht für eine Rückbürgschaft, die allenfalls für den Fall unberechtigter Inanspruchnahme Sinn ergibt, überhaupt kein Bedürfnis. Insoweit besteht auch keine Gefahr, dass Mitgesellschafter hier unberechtigt und ungewollt gegenüber einem Mitgesellschafter für dessen Einzellos haften könnten.

Es liegt schließlich auch kein überhöhtes und völlig unangemessenes Sicherungsverlangen der Klägerin vor, auf das die Beklagte nicht hätte reagieren müssen. Es ist anerkannter Grundsatz in der Rechtsprechung, dass ein Schuldner auch dann in Verzug geraten kann, wenn der Gläubiger eine zu hohe Zahlung anmahnt (BGHZ 146, 24,35 f). Diese Grundsätze sind auch auf den Fall übertragbar, in denen eine zu hohe Sicherheit gefordert wird (BGH aaO). Der zur Kooperation verpflichtete Besteller kann danach den Rechtsfolgen des § 648a Abs.1 und 5 BGB nicht ohne weiteres dadurch entgehen, dass er auf eine Zuvielforderung überhaupt nicht reagiert, sondern er muss die für ihn berechenbare geringere Sicherheit auch anbieten. (BGH aaO). Weder ist dies geschehen noch hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 2.7.2001 die Angemessenheit der Sicherheitsforderung in Abrede gestellt. Soweit die Beklagte jetzt im Schriftsatz vom 23.11.2004 meint, sicherungsfähig seien nur 827.483,14 DM gewesen, setzt sie sich in Widerspruch zu ihrer Abrechnung in der Berufungsbegründung, wo sie von einem Anspruch der Klägerin von maximal rund 2,3 Mio.DM ausgeht. Es hätte daher nahegelegen, dass sie zumindest eine Bürgschaft über diesen Betrag ausreicht, was aber ebenfalls nicht geschehen ist. Die Klägerin durfte daher davon ausgehen, dass nur um die Rückbürgschaft, nicht aber um die Höhe der verlangten Bürgschaft gestritten wird. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Klägerin mit einer reduzierten Sicherheit nicht einverstanden erklärt hätte, ergeben sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 4.7.2001 entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, zumal sie auf die Reduzierung im Zusammenhang mit der verlangten Rückbürgschaft eingegangen ist und über eine sonstige Reduzierung hinsichtlich der Höhe der verlangten Sicherheit nie diskutiert worden ist.

Aus der Anwendbarkeit des § 648a BGB ergibt sich, dass die Klägerin berechtigt war, die Sicherheitsleistung mit Schreiben vom 29.6.2001 unter Fristsetzung zum 6.7.2001 und Androhung der Leistungsverweigerung einzufordern und unter Hinweis auf die Folgen gemäß §§ 648a Abs.5, 643, 645 BGB eine Nachfrist zum 13.7.2001 zu setzen. Da bis zum Ablauf dieser Frist die Sicherheit nicht geleistet wurde, durfte die Klägerin nach dem 6.7.2001 ohne in Verzug zu geraten ihre Arbeiten einstellen und zugleich gilt der Nachunternehmervertrag mit Ablauf der Nachfrist als aufgehoben. Die mit Schreiben der Beklagten vom 13.7.2001 ausgesprochene und erst am 16.7.2001 zugegangene Kündigung war danach wirkungslos, sodass der Beklagten auch keine Ersatzansprüche aus § 8 Nr.3 VOB/B zustanden, mit denen sie die Inanspruchnahme der Vertragserfüllungsbürgschaft rechtfertigen kann.

2.

Zu Recht hat das Landgericht auch einen Ersatzanspruch der Beklagten aus § 24.5 des Dach-Arge-Vertrages verneint.

Nach dieser Regelung, die die Haftung für diejenigen Kosten betrifft, die durch das Ausscheiden eines Gesellschafters nach § 23 des Vertrages entstehen, muss der Gesellschafter das Ausscheiden zu vertreten haben (siehe auch Burchard/Pfülb, aaO, § 24 Rn.79). Dies ist nicht der Fall. Die Klägerin war wegen der Beendigung des Nachunternehmervertrages, die sie nicht zu vertreten hatte, berechtigt, ihre Mitgliedschaft in der Dach-Arge mit Schreiben vom 14.7.2001 aus wichtigem Grund zu kündigen, sodass der nachfolgend von der Beklagten am 30.7.2001 beschlossene Ausschluss der Klägerin aus der Gesellschaft ins Leere ging.

Zu Recht hat das Landgericht die zwischen den Parteien streitige Frage dahinstehen lassen, ob die Klägerin anlässlich der Aufsichtsstellensitzung vom 10.7.2001 erklärt hat, an der Kündigung festzuhalten und die Leistung endgültig verweigert hat. Einer Beweisaufnahme bedurfte es hierzu nicht, denn jedenfalls hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 11.7.2001 nochmals zur Leistungsaufnahme aufgefordert, worauf die Klägerin mit Schreiben vom 11./12.7.2001 darauf hingewiesen hat, dass sie wegen der Nichtleistung der Sicherheit zur Leistungsverweigerung berechtigt sei, sie aber nach wie vor leistungswillig und auch leistungsbereit sei. Es war damit klargestellt, dass keinesfalls eine unbegründete und endgültige Leistungsverweigerung ausgesprochen werden sollte, sondern dies allein auf der Nichterfüllung der von der Klägerin aus obigen Gründen berechtigt geltend gemachten Sicherungsrechte beruhte.

3.

Hinsichtlich des von der Beklagten bereits erstinstanzlich geltend gemachten Anspruchs aus Überzahlung der 18.Abschlagsrechnung rügt die Beklagte zu Recht, dass dies vom Landgericht fehlerhaft nicht geprüft worden ist. Insoweit handelt es sich nicht um einen neuen Einwand im Sinne des § 531 Abs.2 Nr.3 ZPO. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die Rückzahlungsforderung aus Überzahlungen auch durch den Bürgschaftstext gedeckt. Gleichwohl ist ein entsprechender Anspruch nicht feststellbar.

Die Beklagte behauptet zwei Überzahlungen, und zwar einerseits die Überzahlung von 438.270,25 DM in Bezug auf die 18.Abschlagsrechnung der Klägerin und andererseits eine sich aus der vorläufigen Auseinandersetzungsbilanz ergebende Überzahlung von 86.001,73 Euro.

Hinsichtlich des letztgenannten Anspruchs hat die Beklagte die Bürgschaft auf jeden Fall zu Unrecht in Anspruch genommen, denn diese ohnehin bestrittene Überzahlung ergibt sich jedenfalls nicht aus dem Nachunternehmervertrag, sondern aus dem Gesellschaftsverhältnis (Dach-Arge-Vertrag) und Ansprüche der Beklagten hieraus erfasst die Vertragserfüllungsbürgschaft ihrem Wortlaut nach eindeutig nicht.

Bezüglich der erstgenannten Überzahlung der 18.Abschlagsrechnung konnte die Beklagte die Inanspruchnahme der Bürgschaft aus Rechtsgründen ebenfalls nicht stützen. Zur Zeit der Inanspruchnahme am 14.2.2002 war das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien aus dem Nachunternehmervertrag beendet und die Schlussrechnung der Klägerin vom 9.11.2001 lag mit einem Werklohnanspruch von rund 12,2 Mio.DM bereits vor. Damit konnte die Überzahlung nicht mehr auf eine Zwischenabrechnung gestützt werden, sondern der gesamte Vertrag war abzurechnen. Dass nach dieser Abrechnung noch ein Rückzahlungsanspruch der Beklagten in Höhe von rund 2,85 Mio.DM verbleibt, ist nicht ansatzweise schlüssig dargetan, zumal der Ersatz von Mehrkosten wegen der berechtigten Vertragsbeendigung nach § 648a BGB nicht verlangt werden kann. Wie bereits dargelegt, trifft die Beklagte im Bürgschaftsrückforderungsprozess die Darlegungs- und Beweislast für das Entstehen und die Fälligkeit der gesicherten Forderung. Die Beklagte muss daher schlüssig vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass und in welcher Höhe sie Voraus- oder Abschlagszahlungen geleistet hat und dass diesen Zahlungen ein entsprechender endgültiger Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht gegenübersteht (BGH NJW 2002, 1567).

Dies ist nicht geschehen, denn zunächst muss dazu der Werklohnanspruch der Beklagten gegenüber der Bauherrin geklärt werden, weil erst dann über die Werklohnforderung der Klägerin abschließend entschieden werden kann. Bis zur außergerichtlichen oder gerichtlichen Erledigung einer Schlussrechnungsstreitigkeit zwischen der Beklagten und der Bauherrin ist es nicht nur der Klägerin aus § 25.221 Dach-Arge-Vertrag verwehrt, die Werklohnforderung aus ihrer Schlussrechnung klageweise gegenüber der Dach-Arge geltend zu machen. Da von einer solchen endgültige Klärung im Verhältnis zur Bauherrschaft mangels entsprechender Darlegungen nicht ausgegangen werden kann, verhält sich auch die Dach-Arge unter diesen Umständen vertragswidrig, wenn sie einen Überzahlungsanspruch durchsetzen will, der nicht fällig ist, weil die Voraussetzungen für eine endgültige Abrechnung des Werklohns zwischen den Parteien noch gar nicht geschaffen sind.

Die Beklagte kann sich dabei auch nicht auf den Einwand der mangelnden Prüffähigkeit der Schlussrechnung der Klägerin stützen, denn auch diese Frage stellt sich erst dann, wenn das Bauvorhaben mit der Bauherrin endgültig abgerechnet und erledigt ist und die geleisteten Zahlungen zwischen den an der Dach-Arge beteiligten Gesellschaftern zu verteilen sind. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Kürzungen von Zwischenrechnungen durch die Bauherrin zutreffend der Klägerin zugewiesen worden sind, kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an.

Die Berufung konnte danach keinen Erfolg haben.

Der Senat hat mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO keine Veranlassung gesehen, die Revision zuzulassen. Im Dezernat des Senats handelt es sich um einen Einzelfall. Die Sache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung. Der Senat vertritt hier auch keine von der herrschenden Meinung in der Literatur und Rechtsprechung abweichende Rechtsansicht, sodass weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts aus der Sicht des Senats erfordert.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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