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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 14.05.2009
Aktenzeichen: 8 U 106/08
Rechtsgebiete: BGB, GG


Vorschriften:

BGB § 313
BGB § 539 Abs. 1
GG Art. 120 Abs. 1 S. 1
1. Die Bundesrepublik Deutschland kann sich als Vermieterin gegenüber gewerblichen Mietern auch dann auf einen formularmäßig vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen, wenn der Mangel in der Belastung des Grundstücks mit Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg besteht.

2. § 313 BGB ist im Anwendungsbereich der Gewährleistungsvorschriften auch dann unanwendbar, wenn ein Gewährleistungsausschluss vereinbart worden ist.

3. § 539 Abs. 1 BGB ist auf Aufwendungen des Mieters zur Mangelbeseitigung auch dann nicht anwendbar, wenn ein Gewährleistungsausschluss vereinbart worden ist.

4. Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG gilt nur im Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern und begründet keine Ansprüche Dritter.

5. Ansprüche eines Landes gegen den Bund aus Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG können an Private abgetreten werden.

6. Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG begründet keine auf Freistellung gerichteten Ansprüche eines Landes gegen den Bund.

7. Zu den Voraussetzungen der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag und des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs.

8. Zur Frage, ob das Land Berlin öffentlich-rechtlich verpflichtet ist, im Boden aufgefundene Kampfmittel selbst zu beseitigen oder beseitigen zu lassen.


Kammergericht

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 106/08

verkündet am: 14.05.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel und den Richter am Landgericht Niebisch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 5. Mai 2008 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers, die dieser selbst zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 5. Mai 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, auf das verwiesen wird.

Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:

Sie habe einen Anspruch aus § 536 a BGB. Zutreffend habe das Landgericht die Kampfmittelbelastung als schweren Mangel gewertet. Sie habe gemäß § 2 Abs. 1 des Nutzungsvertrages das Recht, auch die Grünflächen zu flughafenbetriebsspezifischen Zwecken zu nutzen und bauliche Arbeiten zu diesen Zwecken zu verwirklichen. Bei der Herstellung der notwendigen Leitlinienbefeuerung habe sie Leib und Leben der Arbeiter riskieren müssen. Der Fund von Kampfmitteln, die geeignet seien zu detonieren, stelle stets eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Daraus folge unverzüglicher Handlungsbedarf und die Notwendigkeit unverzüglicher Gefahrenabwehr. Auch die Sicherheit des Flughafens und damit Leib, Leben und Unversehrtheit von unbeteiligten Dritten sei in erheblichem Maße riskiert worden, da zu keinem Zeitpunkt festgestanden habe, dass nicht auch die Rollbahnen, das Vorfeld und die Start- und Landebahnen von Kampfmitteln belastet seien. Der Gewährleistungsausschluss in § 1 Abs. 2 des Nutzungsvertrages sei aber nach §§ 307 Abs. 2, 309 Nr. 7 b BGB unwirksam. § 9 Abs. 1 des Nutzungsvertrages regle die gesamte Instandhaltung und Instandsetzung und stelle nicht allein auf nachträgliche Mängel ab. Außerdem müsse der Einwand der Treuwidrigkeit wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens beachtet werden. Das Gelände sei auch schon zu Zeiten des Deutschen Reichs zum Flugbetrieb genutzt worden. Die Beklagte sei teilidentisch mit dem Deutschen Reich und könne sich nicht darauf berufen, keine Kenntnis von der Kampfmittellage gehabt zu haben. Jedenfalls hätte sie sich vor der Vermietung über den Zustand ihres Eigentums Gewissheit verschaffen oder die Klägerin über ihre Unkenntnis aufklären müssen. Außerdem gebe es ein objektiv krasses Missverhältnis des übernommenen Altlastenrisikos zum eigenen Leistungsversprechen der Klägerin. Durch die Kampfmittel sei wegen der erheblichen Gefährdungslage für alle Beteiligten des Flughafenbetriebs der Vertragszweck gefährdet gewesen. Es sei unerheblich, dass der Streithelfer die Fläche des Flughafens als "betretungssicher" bezeichnet habe. Es könne sich auf dem Flughafen zwar nicht jedermann frei bewegen. Das schließe aber die Gefährdung von Arbeitern, Passagieren und Flugpersonal nicht aus, der nur mit der unverzüglichen Beseitigung der Kampfmittel habe begegnet werden können. Die vertragsgemäße Nutzung der Klägerin wäre ohne die Kampfmittelberäumung zumindest in erheblichem Maße eingeschränkt gewesen. Auf die wirksame Übernahme des Verwendungsrisikos durch die Klägerin komme es nicht an. Die Realisierung des Altlastenrisikos begründe den Wegfall oder zumindest die Anpassung der Geschäftsgrundlage und hebe jedenfalls die vereinbarte Haftungsregelung auf. Deshalb habe die Beklagte auf Grundlage der gültigen Verwaltungsvorschriften zum Allgemeinen Kriegsfolgengesetz die Kostenpflicht für die Abwendung von Gefahren für Leib und Leben und Gesundheit von Menschen zu tragen, auch wenn sich diese erst durch eine spätere Bebauung des Grundstücks realisiert habe. Außerdem seien nach § 1 Abs. 2 des Nutzungsvertrages selbst grob fahrlässige Beschaffenheitsmängel von der Gewährleistung ausgeschlossen. Die klägerischen Arbeiten und die Benutzung des Flughafengeländes hätten eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der Beschäftigten und Nutzer dargestellt, so dass vor jeder Durchführung von Bauarbeiten Kampfmittelberäumungsarbeiten durchzuführen gewesen seien.

Der Anspruch ergebe sich auch aus §§ 539 Abs. 1, 683, 677 BGB. Der entgegenstehende Wille der Beklagten sei unbeachtlich. Die Erfüllung der Pflicht der Beklagten habe im öffentlichen Interesse gelegen. Es habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (unmittelbare Gefährdung des Lebens, der Gesundheit oder anderer Rechtsgüter) bestanden, das Abwarten der Pflichterfüllung durch die Beklagte hätte den Eintritt eines Schadens sehr wahrscheinlich gemacht. Diese Gefahrenlage könne nicht allein auf die ersten Kampfmittelfunde eingeschränkt werden, da aus Sicht eines unbeteiligten Dritten bei Kampfmittelfunden auf einem Teilgelände des Flughafens weitere Funde und die Kontamination des gesamten Flughafens nicht ausgeschlossen werden könnten, insbesondere wegen der Nutzung des Geländes zum Flugbetrieb zu Zeiten des Deutschen Reichs. Auf die Auffassung der zuständigen Ordnungsbehörde im September 2004 und deren eigene Untätigkeit komme es nicht an. Die Bauarbeiten hätten unverzüglich gestoppt, die vom Kampfmittelfund betroffenen Flächen abgesperrt werden müssen.

Der Anspruch folge jedenfalls aus §§ 684, 812 ff. BGB. Zwar seien die getätigten Aufwendungen nicht zwingend als entsprechende Ertragswertsteigerung anzusehen. Hier könne aber der Ausnahmefall angenommen werden, dass sich der Aufwendungsersatz mit der Ertragswertsteigerung decke. Es sei jedenfalls ein Geschäft des Streithelfers geführt worden. Aufgrund der "Staatspraxis" seien die Kosten von der Beklagten zu erstatten. Es sei aber nicht zutreffend, dass die Klägerin sich nur an den Streithelfer halten könne.

Auch aus Art. 120 GG folge ein unmittelbarer Anspruch der Klägerin. Bei der Beseitigung von Kampfmitteln handele es sich um Kriegsfolgelasten. Auch bei Inanspruchnahme eines Grundstückseigentümers habe letztlich die Beklagte die Kosten zu tragen, da die Kampfmittelberäumung durch den Grundstückseigentümer aufgrund hoheitlichen Handelns des Landes und als Aufgabe der Gefahrenabwehr erfolge. Der Grundstückseigentümer sei aber weder Handlungs- noch Zustandsstörer. Handlungsstörer sei die Beklagte wegen Teilidentität mit dem untergegangenen Deutschen Reich. Die Klägerin sei auch nicht Zustandsstörerin, da sie nicht Eigentümerin der Kampfmittel sei. Sie sei mangels tatsächlicher Einwirkungsmöglichkeit auch nicht Inhaberin der tatsächlichen Gewalt gewesen. Sie habe zunächst nichts von der Munition gewusst und auch nach Entdeckung nicht darauf einwirken wollen, weil ihr das sogar verboten gewesen sei. Mangels Besitzwillens sei sie auch nie im Besitz der Kampfmittel gewesen. Daraus folge, dass die Beklagte die Kosten der Kampfmittelräumung tragen müsse, was Art. 120 Abs. 1 GG auch für Bürger regele. Auf die systematische Einordnung in den Bereich der Finanzverfassung komme es nicht an.

Bei abschlägiger Entscheidung hätte die Klägerin einen Erstattungsanspruch gegen ihren Streithelfer jedenfalls aus berechtigter oder unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Streithelfer hätte demzufolge einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte.

Der Streithelfer habe jetzt alle sich daraus ergebenden Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten, was die Klägerin angenommen habe. Der Streithelfer hätte die Arbeiten als Ordnungsbehörde selbst oder durch eine Spezialfirma durchführen lassen müssen, § 17 ASOG. Dann wären ihm grundsätzlich sämtliche Kosten durch die Beklagte erstattet worden. Der Streithelfer hätte letztlich nichts anderes getan als die von der Klägerin beauftragten Unternehmen zu beauftragen. Deshalb habe die Klägerin (auch) ein Geschäft des Streithelfers wahrgenommen. Sie habe auch im Interesse des Streithelfers gehandelt, da sie die ordnungsbehördliche Gefahr auf das Beste gebannt habe. Der Entschädigungsanspruch des Streithelfers gegen die Beklagte sei abgetreten worden. Öffentlich-rechtliche Forderungen könnten auch abgetreten werden, Besonderheiten seien hier nicht ersichtlich.

Der Streithelfer trägt vor:

Der Anspruch der Klägerin ergebe sich unmittelbar aus Art. 120 GG. Es gebe keinen rechtlichen Grundsatz, dass nur Träger öffentlicher Gewalt Anspruchssteller sein könnten. Die Beklagte sei Handlungsstörerin, weil sie mit dem Deutschen Reich (teil-) identisch sei und sich dessen Gefahren verursachende Handlungen zurechnen lassen müsse. Wegen der Verantwortlichkeit des Deutschen Reichs für den Krieg gelte dies auch für Kampfmittel alliierter Streitkräfte.

Jedenfalls ergebe sich der Anspruch aus abgetretenem Recht des Streithelfers. Der Streithelfer habe die entsprechenden Ansprüche mit Anwaltschreiben vom 21. Juli 2008 abgetreten. Die Klägerin habe die Abtretung mit Anwaltschreiben vom 31. Juli 2008 angenommen. Der Vortrag sei nicht verspätet, weil die Abtretung erst nach dem Abschluss des Verfahrens vor dem Landgericht erfolgt sei und der Streithelfer vorher nicht zu dieser Erklärung bereit gewesen sei. Wenn es sich hierbei um eine Klageänderung handele, sei diese sachdienlich, da die sachliche Erledigung des Streitfalls gefördert werde, weil die Klägerin anderenfalls neu klagen müsse. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht sei vorgreiflich. Wegen § 17 Abs. 2 S. 1 GVG müsse das angerufene Gericht auch über verfassungsrechtliche Ansprüche entscheiden.

Die Klägerin und ihr Streithelfer beantragen,

die Beklagte unter Abänderung des am 5. Mai 2008 verkündeten und am 14. Mai 2008 zugestellten Urteils des Landgerichts Berlin, Aktenzeichen 12 O 215/06, zu verurteilen, an die Klägerin Euro 2.697.642,10 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank gemäß nachfolgender Staffel zu zahlen:

aus 16.735,35 € seit 05.07.2004 bis 03.08.2004

aus 17.585,35 € seit 04.08.2004 bis 23.08.2004

aus 41.944,74 € seit 24.08.2004 bis 29.08.2004

aus 43.636,74 € seit 30.08.2004 bis 02.09.2004

aus 177.405,37 € seit 03.09.2004 bis 21.09.2004

aus 179.781,37 € seit 22.09.2004 bis 22.09.2004

aus 180.166,79 € seit 23.09.2004 bis 27.09.2004

aus 234.261,94 € seit 28.09.2004 bis 29.09.2004

aus 240.282,25 € seit 30.09.2004 bis 30.09.2004

aus 242.210,98 € seit 01.10.2004 bis 08.10.2004

aus 257.101,18 € seit 09.10.2004 bis 28.10.2004

aus 264.155,21 € seit 29.10.2004 bis 01.11.2004

aus 267.129,34 € seit 02.11.2004 bis 13.12.2004

aus 267.479,34 € seit 14.12.2004 bis 16.12.2004

aus 1.619.288,88 € seit 17.12.2004 bis 31.05.2005

aus 1.738.728,46 € seit 01.06.2005 bis 22.06.2005

aus 1.787.879,70 € seit 23.06.2005 bis 26.06.2005

aus 2.057.304,54 € seit 27.06.2006 bis 28.07.2005

aus 2.062.834,54 € seit 29.07.2005 bis 12.07.2005

aus 2.101.395,78 € seit 13.07.2005 bis 31.07.2005

aus 2.693.457,10 € seit 01.08.2005 bis 04.08.2005

aus 2.697.642.10 € seit 05.08.2005

Sie beantragen ferner,

den Rechtsstreit auszusetzen im Hinblick auf das zwischen der Klägerin und dem Streithelfer anhängige Verwaltungsgerichtsverfahren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt hierzu aus:

Die Klägerin habe bei Abschluss des Nutzungsvertrages davon ausgehen müssen, dass das Flughafengelände nicht kampfmittelfrei sei. Deshalb sei diese Eigenschaft der Mietsache für die Klägerin vorhersehbar gewesen. Der nach sehr langwierigen Vertragsverhandlungen vereinbarte Gewährleistungsausschluss sei deshalb wirksam. Für § 536 a BGB fehle es schon am Verzug der Beklagten. Es handele sich daher um eine eigenmächtige Ersatzvornahme, deren Kosten die Klägerin selbst tragen müsse. Die Voraussetzungen für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage lägen nicht vor, zumal die Klägerin aus dem Betrieb des Flughafens erhebliche Überschüsse erzielt habe. Die Nutzung des Flughafens sei nicht wirtschaftlich unmöglich geworden.

Auch die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag lägen nicht vor. Die Beklagte sei nicht mit der Durchführung der Arbeiten durch die Klägerin einverstanden gewesen, weil sie damit jegliche Kontrolle aus den Händen gegeben hätte. Für eine besondere Gefahrenlage sei nichts ersichtlich. Die Klägerin habe kein Geschäft der Beklagten besorgt, weil diese für die Durchführung von Munitionsbergungsarbeiten unzuständig sei, weshalb die Voraussetzungen einer unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorlägen. Die allgemeinen Ausführungen der Klägerin zur Detonationsfreudigkeit von Kampfmitteln seien unsubstantiiert. Eine besondere Gefahrenlage habe nicht bestanden, diese sei für die Ansprüche auch unerheblich. Die Klägerin sei im Vergleich zum vertraglich vereinbarten Nutzungsentgelt nicht völlig unverhältnismäßig und unzumutbar wirtschaftlich belastet.

Bauliche Mängel und deren Folgen könnten letztlich immer eine Gefahr darstellen, auch in Fällen, in denen der Mieter wegen eines vertraglich wirksamen Gewährleistungsausschlusses hierfür einzustehen habe. Schon nach dem Vortrag der Klägerin sei bei fachgerechter Durchführung der Kampfmittelräumung eine über das allgemeine Risiko derartiger Arbeiten hinausgehende Gefährdung ausgeschlossen gewesen. Es wäre möglich gewesen, die mutmaßlich betroffenen Teile des Flughafengeländes abzusperren und die Beklagte zu informieren.

Ein Anspruch aus Art. 120 GG bestehe nicht.

Die Beklagte sei nicht Handlungsstörerin, weil auch Kampfmittel der alliierten Streitkräfte vorhanden gewesen seien. Die Klägerin sei Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück gewesen und habe die Verkehrssicherungspflicht wirksam übernommen. Deshalb sei sie Zustandsstörerin.

Die Abtretung bestreitet sie mit Nichtwissen. Sie meint, der Vortrag hätte bereits in erster Instanz erfolgen müssen. Jedenfalls liege eine nicht sachdienliche Klageänderung vor. Mangels eigener Aufwendungen oder eines eigenen Schadens des Streithelfers bestehe auch kein Anspruch. Zudem handele es sich nicht um einen zivilrechtlichen Anspruch, so dass der Zivilrechtsweg nicht eröffnet sei.

II.

Die Berufung ist unbegründet (§ 513 Abs. 1 ZPO). Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO). Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen auch keine andere Entscheidung.

Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin bereits dem Grunde nach weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht zu.

1.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus eigenem Recht nicht zu.

a)

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass sich aus § 536 a BGB kein Anspruch der Klägerin ergibt.

aa)

Mit dem Landgericht ist allerdings davon auszugehen, dass die Belastung der Mietfläche mit Kampfmitteln einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB darstellt, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mindert. Gemäß § 2 Abs. 1 des Nutzungsvertrages (Anlage K 2) ist Nutzungszweck der Betrieb eines Flughafens. Es kommt im Ergebnis nicht darauf an, ob die vorhandenen Kampfmittel auch unabhängig von den durchgeführten Bauarbeiten eine Gefährdung und damit eine Tauglichkeitsminderung darstellten, da die Klägerin befugt war, bauliche Veränderungen an der Mietfläche vorzunehmen, die dem Nutzungszweck dienten. Eine ausdrückliche Regelung enthält der Nutzungsvertrag hierzu zwar nicht. Die Befugnis der Klägerin ergibt sich aber aus dem Zusammenhang. Wegen anderer Flächen des Flughafens besteht zwischen den Parteien ein Erbbaurechtsvertrag, der in § 6 Abs. 1 die Errichtung von Gebäuden und Anlagen für den Flugverkehr ausdrücklich zulässt (Anlage B 1). Der Nutzungsvertrag sollte nach der Vorstellung der Parteien eine räumliche Erweiterung des Erbbaurechtsvertrages ersetzen, so dass er mangels entgegenstehender Regelung so auszulegen ist, dass Bauarbeiten wegen Anlagen für den Flugverkehr vom vertraglichen Nutzungszweck erfasst sind.

bb)

Das Landgericht hat jedoch zutreffend festgestellt, dass ein Anspruch der Klägerin an dem wirksam vereinbarten Gewährleistungsausschluss scheitert.

aaa)

§ 1 Abs. 2 des Nutzungsvertrages enthält einen Gewährleistungsausschluss für anfängliche Mängel. Dieser ist unabhängig davon wirksam, ob es sich hierbei um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 BGB) handelt, was zwischen den Parteien streitig ist.

Die Klausel ist nicht nach § 309 Nr. 7 b BGB unwirksam, weil diese Vorschrift gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB unanwendbar ist, da die Klägerin Unternehmerin (§ 14 BGB) ist.

Die Klausel ist auch nicht gemäß § 307 BGB unwirksam. Der formularmäßige vollständige Ausschluss der Haftung für anfängliche Sachmängel stellt in einem Gewerbemietvertrag keine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar (vgl. BGH NJW 2002, 3232 = GE 2002, 1191). Die Gültigkeit der Regelung hängt nicht davon ab, ob und welche Untersuchungen die Beklagte vor Vertragsabschluss vorgenommen hat, zumal die Klägerin die Mietflächen bei Abschluss des Nutzungsvertrages bereits mehr als neun Jahre lang genutzt hatte und deshalb selbst in der Lage gewesen wäre, die Bereiche auf Kampfmittel zu untersuchen. Die Beklagte musste auch nicht von sich aus darüber aufklären, dass sie keine Untersuchungen vorgenommen hatte. Auf § 9 Abs. 1 des Nutzungsvertrages kommt es nicht an, weil die Regelung sich nur auf die Gebäude, baulichen Anlagen und Einrichtungen bezieht, nicht jedoch auf das Grundstück als solches.

bbb)

Die Klägerin kann nicht wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 und 2 BGB eine Änderung des Vertrages verlangen. § 313 BGB ist im Anwendungsbereich der Gewährleistungsvorschriften unanwendbar (vgl. BGH NZM 2008, 462). Das gilt auch dann, wenn - wie hier - ein Gewährleistungsausschluss vereinbart worden ist (vgl. BGH NJW 1986, 2824; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 313 Rn. 12).

ccc)

Das Landgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte nicht gemäß § 242 BGB daran gehindert ist, sich auf den Gewährleistungsausschluss zu berufen. Dass die aktuellen Vertreter der Beklagten bei Abschluss der Nutzungsvereinbarung konkrete Kenntnisse von einer Kampfmittelbelastung der Mietfläche hatten, ist nicht dargetan worden. Ob sich die Beklagte insoweit als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs behandeln lassen muss, kann dahinstehen. Zwar muss sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts entsprechend § 166 Abs. 1 BGB das Wissen ihrer vertretungsberechtigten Organe zurechnen lassen (vgl. BGH NJW 1990, 975). Es ist aber schon nicht ersichtlich, welches vertretungsberechtigte Organ des Deutschen Reichs (auf die Kenntnisse der jeweils im Zweiten Weltkrieg eingesetzten einzelnen Soldaten kommt es insoweit nicht an) konkrete Kenntnisse davon hatte, welche Kampfmittel genau von den Soldaten der Wehrmacht oder gar von den Alliierten an welcher Stelle eingesetzt worden sind. Jedenfalls kommt eine Wissenszurechnung nach dem Ausscheiden des jeweiligen Organvertreters nur in Betracht, wenn es sich um typischerweise aktenmäßig festgehaltenes Wissen handelt (vgl. BGH NJW 1990, 975, 976). Die Klägerin hat aber nicht vorgetragen, dass im Zweiten Weltkrieg (gerade in der Endphase) typischerweise aktenmäßig festgehalten wurde, wann und wo genau welche Kampfmittel von der eigenen Seite bzw. vom Gegner jeweils eingesetzt wurden. Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte wusste, ob und ggf. in welchem Umfang die französische Militärregierung Streitkräfte bzw. der Streithelfer nach dem Zweiten Weltkrieg wegen vorhandener Kampfmittel Maßnahmen ergriffen haben.

Allgemein bekannte historische Fakten wie die Nutzung des Geländes in der Vergangenheit und die Tatsache, dass im Zweiten Weltkrieg in Berlin und auch auf dem Gelände des heutigen Flughafens ... schwere Kämpfe stattgefunden haben, bei denen eine Vielzahl verschiedenster Kampfmitteln eingesetzt wurden, rechtfertigen es nicht, wegen § 242 BGB den Gewährleistungsausschluss nicht anzuwenden.

b)

Der geltend gemachte Anspruch folgt auch nicht aus §§ 539 Abs. 1, 677, 683 S. 1, 670 BGB.

aa)

Ein Anspruch aus §§ 539 Abs. 1, 677, 683 S. 1, 670 BGB scheidet schon deshalb aus, weil § 539 Abs. 1 BGB auf Aufwendungen des Mieters zur Mängelbeseitigung gar nicht anwendbar ist (vgl. BGH NJW 2008, 1216, 1217 = GE 2008, 325; Weidenkaff in Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 539 Rn. 2; Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl. 2009, § 539 Rn. 3; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 539 BGB Rn. 2; Schach jurisPR-MietR 7/2008 Anm. 2). Daran ändert sich durch den vereinbarten Gewährleistungsausschluss nichts, zumal § 539 Abs. 1 BGB auch stillschweigend abbedungen werden kann (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1309 = GE 2007, 1049) und die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses zeigt, dass nach dem Willen der Parteien der Vermieter mit den Kosten für die Beseitigung anfänglicher Mängel nicht belastet werden soll.

bb)

Im Übrigen liegen die Voraussetzungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vor, da jedenfalls die Übernahme der Geschäftsführung durch die Klägerin nicht dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach, § 683 S. 1 BGB.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 6. September 2004 (Anlage B 19) geäußert, dass ausschließlich der Streithelfer für die Beräumung der Kampfmittel zuständig sei und sie nicht verpflichtet sei, die Kosten zu tragen. Diese Äußerung ist allerdings unbeachtlich, weil es auf den Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung ankommt (vgl. Seiler in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, § 683 Rn. 11).

Mangels anderer Anhaltspunkte ist mutmaßlich der Wille, der objektiv dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht (vgl. BGH NJW-RR 1989, 970), wobei zu beachten ist, dass es darauf ankommt, ob gerade die Besorgung des Geschäfts durch den Geschäftsführer für den Geschäftsherrn dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (vgl. BGH LM § 683 Nr. 3; Kandelhard in Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 3. Aufl. 2007, § 539 BGB Rn. 22). Dies hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen wird, verneint.

Auch § 679 S. 1 BGB steht dem nicht entgegen. Die Klägerin hat keine Pflicht der Beklagten, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, erfüllt. Auf Gefahren, die von den Kampfmitteln ausgingen, kommt es nicht an, weil die Klägerin in § 7 Abs. 2 S. 1 des Nutzungsvertrages die Verkehrssicherungspflicht übernommen hat.

c)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus den zutreffenden Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils, auf die verwiesen wird, auch keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen aus §§ 684 S. 1, 818 Abs. 2 BGB.

d)

Ein eigener Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG.

Wegen § 17 Abs. 2 S. 1 GVG sind auch öffentlich-rechtliche Ansprüche von den Zivilgerichten zu prüfen.

Allerdings gilt Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG nur im Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern, begründet jedoch nach allgemeiner Ansicht keine Ansprüche Dritter, was sich nach aktueller Fassung auch aus Art. 120 Abs. 1 S. 5 GG ergibt (vgl. BVerfGE 113, 167, 211; BVerfGE 14, 221; BVerwG DÖV 1962, 107; BVerwG KStZ 1959, 207, 209; Siekmann in Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 120 Rn. 6, 8; Schenke in Sodan, GG, 2009, Art. 120 Rn. 2; Kaltenborn in Epping/Hillgruber, Beck'scher Online-Kommentar zum GG, Stand 01.02.2009, Edition 3, Art. 120 Rn. 3; Masing in Dreier, GG, 2. Aufl. 2008, Art. 120 Rn. 8; Rodenbach in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 120 Rn. 3; Ruhe in Hömig, GG, 8. Aufl. 2007, Art. 120 Rn. 1; Leibholz/Rinck, GG, Stand 47. Lieferung November 2007, Art. 120 Rn. 1; Muckel in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 120 Rn. 4, 22; Schaefer in von Münch/Kunig, GG, 5. Aufl. 2003, Art. 120 Rn. 1, 3; Axer in Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Stand 8. Ergänzungslieferung April 2003, Art. 120 Rn. 3, 19; Umbach in Umbach/Clemens, GG, 2002, Art. 120 Rn. 5; Maunz/Dürig, GG, Stand 8. Lieferung März 1966, Art. 120 Rn. 4 f., 18).

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2006 zu 3 A 6.05 (NVwZ-RR 2007, 75) ändert daran nichts, da es zwischen einem Land und dem Bund ergangen ist und keine Aussage zu etwaigen Ansprüchen Dritter enthält.

Aus den eingereichten Verwaltungsvorschriften (VV-AKG) ergibt sich nichts anderes.

2.

Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus abgetretenem Recht.

a)

Das neue Vorbringen der Klägerin zur Abtretung ist gemäß § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Die Abtretungserklärungen wurden nach ihrem Vortrag erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz abgegeben. Nach überwiegender Auffassung in der Literatur ist Vorbringen zu Umständen, die erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind, immer zuzulassen (vgl. Heßler in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 531 Rn. 31; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, § 531 Rn. 13, 16; Ball in Musielak, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 531 Rn. 19; Hirtz in Eichele/Hirtz/Oberheim, Berufung im Zivilprozess, 2. Aufl. 2008, Kap. VII Rn. 156; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl. 2008, § 531 Rn. 16; Rimmelspacher in Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2007, § 531 Rn. 24; Wöstmann in Saenger, ZPO, 2. Aufl. 2007, § 531 Rn. 9). Nach anderer Auffassung soll es gerade bei der Abtretung darauf ankommen, ob sie schon erstinstanzlich möglich gewesen wäre (vgl. OLG Karlsruhe OLGR 2004, 309; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. 2004, § 531 Rn. 34). Welcher Auffassung zu folgen ist, kann offenbleiben, da der Streithelfer unstreitig erstinstanzlich noch nicht zur Abtretung bereit war und die Klägerin daher nicht nachlässig gehandelt hat.

Da sich die Klägerin jetzt auch auf Abtretung stützt, liegt eine Klageänderung vor, die sachdienlich ist (§ 263 ZPO), weil durch die Mitberücksichtigung ein neuer Prozess vermieden wird und die bisherigen Prozessergebnisse verwertbar bleiben (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 263 Rn. 7, 13).

b)

Der Streithelfer hat Ansprüche gegen die Beklagte abgetreten, § 398 BGB. Zwar durfte die Beklagte die Abtretungserklärungen mit Nichtwissen bestreiten, § 138 Abs. 4 ZPO, da sie hieran nicht beteiligt war und keine Wahrnehmungen hierzu hatte. Der Streithelfer hat jedoch die Abtretungserklärungen in Kopie eingereicht. Beide an der behaupteten Abtretung beteiligten Parteien sind auch am Rechtsstreit beteiligt und haben die Abtretung übereinstimmend vorgetragen. Deshalb ist der Senat auch ohne Beweisaufnahme von der Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Streithelfer überzeugt, § 286 Abs. 1 ZPO.

c)

Ansprüche des Streithelfers gegen die Beklagte aus Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG sind abtretbar. Auch öffentlich-rechtliche Forderungen sind grundsätzlich abtretbar (vgl. BGH DtZ 1995, 402). Soweit (wie hier) besondere öffentlich-rechtliche Vorschriften fehlen, sind - unter Berücksichtigung der Besonderheiten des öffentlichen Rechts - die §§ 398 ff. BGB entsprechend anwendbar (vgl. BVerwG NJW 1993, 1610). Die Abtretung öffentlich-rechtlicher Forderungen an Private kann problematisch sein, wenn die Forderung nur durch die Ausübung hoheitlicher Befugnisse (Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe, Ermessensausübung) entsteht, wenn der Charakter der Geldschuld die Vollstreckung allein durch den Staat gebietet, weil sie untrennbar mit seinem Straf- bzw. Zwangsmonopol verbunden ist, wenn Ansprüche gegen Bürger nicht auf Zahlung gerichtet sind oder wenn die Abtretung zu einer Umgehung der öffentlich-rechtlichen Verfahrens- und Zuständigkeitsordnung führen würde (vgl. Ohler DÖV 2004, 518, 519; VG Düsseldorf NJW 1981, 1283). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Anspruch aus Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG richtet sich nicht gegen Bürger und setzt nicht voraus, dass das jeweilige Land hoheitliche Befugnisse ausübt, so dass auch der Charakter des Anspruchs der Abtretung nicht entgegensteht. Besondere Verfahrens- und Zuständigkeitsvorschriften für die Geltendmachung des Anspruchs bestehen nicht.

Freistellungsansprüche können an den Gläubiger der Verbindlichkeit, von der freigestellt werden soll, abgetreten werden und wandeln sich dabei in einen auf die geschuldete Leistung gerichteten Anspruch um (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1954 zu I ZR 34/53, juris Rn. 16).

d)

Ein abtretbarer Anspruch des Streithelfers gegen die Beklagte existiert allerdings nicht. Nach Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG hat die Beklagte zwar im Verhältnis zu den Ländern die "Aufwendungen" für Kriegsfolgelasten zu tragen. Das setzt aber voraus, dass diese Aufwendungen dem betroffenen Land bereits entstanden sind, so dass eine Erstattung in Betracht kommt, zumal anerkannt ist, dass die Beklagte die Länder verpflichten kann, Leistungen zu erbringen, um dann die entstandenen Aufwendungen zu erstatten (vgl. BVerfGE 9, 305, 317 f.; Siekmann in Sachs a.a.O., Rn. 16; Masing in Dreier a.a.O.; Maunz/Dürig a.a.O., Rn. 8). Auch das Bundesverwaltungsgericht (NVwZ-RR 2007, 75) spricht von einem Erstattungsanspruch der Länder. Hier sind dem Streithelfer keine Aufwendungen entstanden, da er die Kampfmittelbeseitigung weder selbst durchgeführt noch Zahlungen hierfür geleistet hat.

Aus den eingereichten Verwaltungsvorschriften (VV-AKG) ergibt sich nichts anderes.

e)

Selbst wenn man annehmen würde, dass sich aus Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG auch Ansprüche des Streithelfers gegen die Beklagte auf Freistellung von Ansprüchen der Klägerin ergeben könnten, änderte sich nichts, weil Ansprüche der Klägerin gegen ihren Streithelfer, von denen freigestellt werden müsste, nicht existieren.

aa)

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen ihren Streithelfer aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB. Zwar kann eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag, die zur entsprechenden Anwendung von §§ 677 ff. BGB führt, auch dann vorliegen, wenn ein Privater Aufgaben wahrnimmt, die objektiv zum Pflichtenkreis eines Trägers der öffentlichen Verwaltung gehören (vgl. BGH BGHR 2004, 305, 306). Allerdings liegen die Voraussetzungen nicht vor, wobei an dieser Stelle dahinstehen kann, ob die Kampfmittelberäumung überhaupt ein Geschäft des Streithelfers war.

aaa)

Die Geschäftsführung entsprach nicht dem Willen des Streithelfers, § 683 S. 1 BGB. Wie oben ausgeführt, kommt es dabei darauf an, ob der Geschäftsherr will, dass der Geschäftsführer das Geschäft gerade für ihn führt. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin in der Klageschrift hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bereich Altlasten, Referat X OA 2 (Kampfmittelräumdienst) auf die Meldung des Kampfmittelfundes vom 17. Mai 2004 kein Merkblatt über die u.U. kostenfreie Kampfmittelbeseitigung durch den Streithelfer selbst übergeben, sondern drei private Unternehmen mit entsprechender Qualifikation benannt. Daraus ergibt sich konkludent der Wille, dass die Kampfmittelberäumung nicht für den Streithelfer und auf dessen Kosten durchgeführt werden soll.

bbb)

Die Geschäftsführung entsprach zudem nicht dem objektiven Interesse des Streithelfers. Auch hierbei kommt es darauf an, ob gerade die Tätigkeit des Geschäftsführers im objektiven Interesse des Geschäftsherrn liegt (vgl. BGH NJW 1978, 1258, 1259). Dies ist nicht der Fall. Der Streithelfer konnte grundsätzlich mit der Möglichkeit rechnen, eigene Aufwendungen von der Beklagten ersetzt zu bekommen. Es war daher objektiv in seinem Interesse, dass er bei der Kampfmittelbeseitigung für ihn (anders als bei einer Kampfmittelbeseitigung auf Veranlassung und für Rechnung eines Dritten, der Klägerin) die maßgeblichen Entscheidungen selbst beeinflussen kann, um sicherzustellen, dass die einschlägigen Verwaltungsvorschriften (VV-AKG) beachtet werden.

ccc)

§ 679 BGB führt nicht zu einer anderen Bewertung. Die Vorschrift kann nur den Willen, nicht aber das Interesse des Geschäftsherrn ersetzen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass anderenfalls eine im öffentlichen Interesse liegende Pflicht des Streithelfers nicht rechtzeitig hätte erfüllt werden können. Eine unmittelbare Gefährdung des Flugverkehrs kann nicht angenommen werden, weil die Klägerin den Flugverkehr weder eingestellt noch eingeschränkt hat. Die unverzügliche Fortführung der Bauarbeiten lag zwar im Interesse der Klägerin, aber nicht im öffentlichen Interesse.

Weiterhin muss das öffentliche Interesse sich ebenfalls darauf beziehen, dass ein Privater anstatt der zuständigen Behörde tätig wird (vgl. BGH NJW 1978, 1258, 1259; BVerwG NJW 1989, 922). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es grundsätzlich nicht angeht, dass ein Träger öffentlicher Verwaltung durch private Initiative im Hinblick auf das Ob und Wie einer konkreten Maßnahme vor vollendete Tatsachen gestellt wird, wenn ihm in dieser Hinsicht ein Ermessen eingeräumt ist. Die Prioritäten, die eine Behörde selbst setzen kann, dürfen folglich nicht überspielt werden durch private Initiativen, die den öffentlichen Haushalt hernach durch Aufwendungsersatzansprüche belasten. Zwar kann dennoch Geschäftsführung ohne Auftrag angenommen werden, insbesondere dann, wenn die Behörde nicht handelt. Es ist aber auch das Prinzip zu wahren, dass Instanzenwege eingehalten und Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine zuständige Behörde zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben anzuhalten, bevor ein Privater an ihrer Stelle tätig wird. Im Einzelfall kann es auch zumutbar sein, zunächst um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen (vgl. BVerwG NJW 1989, 922, 923). Hier hatte die Klägerin ihren Streithelfer nicht einmal ausdrücklich aufgefordert, die Kampfmittel selbst zu beseitigen. Bei einer ablehnenden Antwort wäre es auch zumutbar gewesen, um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen.

bb)

Ein Anspruch der Klägerin gegen den Streithelfer ergibt sich auch nicht aus dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch.

aaa)

Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch bildet die Parallele zum zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch. Leistungen ohne Rechtsgrund und sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen müssen rückgängig gemacht werden. Auch dort, wo es an einer ausdrücklichen Regelung fehlt, gilt dieser unmittelbar aus dem Postulat wiederherstellender Gerechtigkeit fließende Rechtsgedanke. Hierzu dient der seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Er setzt ebenso wie der zivilrechtliche Bereicherungsanspruch voraus, dass entweder "Leistungen ohne Rechtsgrund" erbracht worden sind oder dass eine "sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebung" stattgefunden hat (vgl. BVerwG NJW 2006, 3225, 3226). Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch kann auch in Fällen, in denen die Voraussetzungen einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorliegen, dazu führen, dass der Verwaltungsträger einen Ausgleich in der Höhe seiner tatsächlich ersparten Aufwendungen leisten muss (vgl. BVerwG NJW 1989, 922, 924).

bbb)

Der Streithelfer hat sich aber keine eigenen Aufwendungen erspart, da er nicht gehalten war, die Kampfmittel selbst zu beseitigen.

Mangels spezieller Regelungen des Grundgesetzes sind die Länder für den Erlass von Rechtsvorschriften über die Kampfmittelbeseitigung zuständig, Art. 30 GG. In Berlin gibt es keine besonderen Rechtsvorschriften hierzu, so dass Rechtsgrundlage für ein Handeln des Streithelfers nur § 17 Abs. 1 ASOG sein konnte. Danach sind Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht zwingend von den Behörden selbst zu beseitigen. Es stand im Ermessen des Streithelfers (§ 12 ASOG), stattdessen die nach §§ 13, 14 ASOG Verantwortlichen in Anspruch zu nehmen und sie zur Beseitigung der Kampfmittel zu verpflichten.

Allerdings hätte der Streithelfer eine Beseitigungsanordnung nicht gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Handlungsverantwortliche richten dürfen, § 13 Abs. 1 ASOG. Zwar ist die Beklagte mit dem Deutschen Reich teilidentisch. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 AKG sind jedoch auch materielle Ordnungspflichten des Deutschen Reichs wegen Störungen erloschen, die ausschließlich an das Verhalten des Deutschen Reichs anknüpfen (vgl. BVerwG NVwZ 2006, 354; a.A. Peine DVBl 1990, 733, 737 f.).

Der Streithelfer hätte aber eine Beseitigungsanordnung gegen den jeweiligen Eigentümer als Zustandsverantwortlichen richten dürfen, § 14 Abs. 3 S. 1 ASOG. Dies war bis zum 31. Dezember 2004 die Beklagte. Das Eigentum an den vermieteten Grundstücksflächen ist gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImAG) zum 1. Januar 2005 kraft Gesetzes auf die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), eine bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 BImAG), übergegangen, da die Flächen im Eigentum der Beklagten standen und - wie sich schon aus den geschlossenen Verträgen ergibt - zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen gehörten.

Der Eigentümer eines Grundstücks ist für dessen ordnungsgemäßen Zustand verantwortlich. Es kommt nicht darauf an, ob der polizeiwidrige Zustand durch den Eigentümer, einen Dritten oder höhere Gewalt verursacht worden ist. Bei einem mit Kampfmitteln belasteten Grundstück kann - insbesondere dann, wenn die Kampfmittel sich wie hier im Erdboden befinden - nicht zwischen einem "ungefährlichen Grundstück" einerseits und "gefährlichen Kampfmitteln" andererseits unterschieden werden. In diesen Fällen befindet sich das Grundstück selbst in einem ordnungswidrigen Zustand, das Grundstück bildet in seiner Gesamtheit eine Gefahr. Auf die Frage, ob der Grundstückseigentümer zugleich Eigentümer der Kampfmittel ist (etwa gemäß §§ 946, 94 Abs. 1 BGB), kommt es nicht an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1998 zu 1 B 178.97, Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 65; OVG Münster NWVBl 1998, 64 f.; a.A. Thilo DÖV 1997, 725, 727). Der jeweilige Eigentümer konnte zumindest rechtlich auf das Grundstück einwirken.

Der Streithelfer hätte auch grundsätzlich - begrenzt durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, § 11 ASOG - die Klägerin als weitere Zustandsverantwortliche in Anspruch nehmen können, da die Klägerin die tatsächliche Sachgewalt über das Grundstück und damit auch über die im Boden lagernde Munition hatte, § 14 Abs. 1 ASOG (für Kampfmittel im Boden a.A. Götz NVwZ 1998, 679, 688). Voraussetzung hierfür ist die nach der Verkehrsauffassung bestehende tatsächliche Sachherrschaft, auf einen Besitzbegründungswillen kommt es nicht an (vgl. Baller/Eiffler/Tschisch, ASOG, 2004, § 14 Rn. 9; Thilo DÖV 1997, 725, 728; zum vergleichbaren Abfallbesitz s. auch BVerwGE 67, 8, 12). Die Klägerin hatte die tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück, da sie die Möglichkeit hatte, Dritte vom eingezäunten Flughafengelände auszuschließen. Es kann nicht danach differenziert werden, ob die Klägerin auch die tatsächliche Sachherrschaft über die Kampfmittel hatte (s.o.). Zudem müsste auch bei isolierter Betrachtung der Kampfmittel tatsächliche Sachherrschaft der Klägerin angenommen werden, da sie in der Lage war, Dritte von der Einwirkung auf die im Boden befindlichen Kampfmittel auszuschließen und - wie geschehen - über von ihr beauftragte Fachkräfte auf die Kampfmittel einwirken konnte.

ccc)

Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, welche Aufwendungen ihr Streithelfer bei eigener Beseitigung der Kampfmittel konkret gehabt hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Streithelfer nach dem eigenen Vortrag der Klägerin selbst einen Kampfmittelräumdienst unterhält, dessen Mitarbeiter er ohnehin bezahlen muss, so dass er nicht darauf angewiesen ist, ein privates Unternehmen hiermit zu beauftragen.

3.

Dem Antrag der Klägerin und ihrer Streithelferin, die Verhandlung bis zur Erledigung des Rechtsstreits zwischen ihnen vor dem Verwaltungsgericht Berlin zu VG 1 A 54.06 auszusetzen, ist nicht stattgegeben worden, weil der Verwaltungsrechtsstreit nicht vorgreiflich ist, § 148 ZPO. Ein Anspruch des Streithelfers gegen die Beklagte aus Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG besteht - wie oben ausgeführt - nicht, solange der Streithelfer keine Aufwendungen gehabt hat. Aufwendungen entstehen aber nicht dadurch, dass Zahlungsverpflichtungen gerichtlich festgestellt oder anerkannt werden, sondern erst mit der Zahlung.

Auch unabhängig hiervon sieht der Senat keinen Anlass für eine Aussetzung. Die Aussetzung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Bei der Ermessensausübung ist berücksichtigen, in welchem Umfang das Verfahren hierdurch verzögert wird (vgl. BGH NJW-RR 1992, 1149, 1150; KG KGR 1999, 95, 96; Greger in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 148 Rn. 7). Hier würde sich der zweitinstanzlich entscheidungsreife Zivilrechtsstreit durch die Aussetzung erheblich verzögern, weil der Verwaltungsrechtsstreit bereits seit mehr als drei Jahren erstinstanzlich anhängig ist und schon ein Abschluss in erster Instanz, geschweige denn die rechtskräftige Erledigung, nicht absehbar ist. Das Verwaltungsgericht hat bereits unter dem 27. Juli 2006 (Anlage B 36) auf den dortigen langen Terminsstand hingewiesen. Der Streithelfer hat hier im Schriftsatz vom 20. November 2008 angekündigt, für den Fall der Aussetzung beim Verwaltungsgericht erst die Fortführung des (zwar nicht förmlich ausgesetzten, aber derzeit offensichtlich nicht geförderten) Verfahrens zu beantragen. Angesichts dessen ist eine eigene Entscheidung durch den Senat sachgerecht.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO seine Grundlage.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist auch nicht wegen der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Die meisten der entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Bundesgerichtshofs oder Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich geklärt.

Zur Frage, ob eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Aufrechnung in der Berufungsinstanz zuzulassen ist, liegt eine höchstrichterliche Rechtsprechung zwar noch nicht vor. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs hierzu ist im vorliegenden Fall aber nicht erforderlich, weil hier beide Auffassungen, die in der Literatur und in der veröffentlichten Rechtsprechung vertreten werden, zum selben Ergebnis führen.

Weiterhin ist die Frage, ob sich aus Art. 120 Abs. 1 S. 1 GG auch Freistellungsansprüche eines Landes gegen den Bund ergeben können, noch nicht höchstrichterlich geklärt. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs hierzu ist im vorliegenden Fall aber nicht erforderlich, weil die Klage unabhängig hiervon aus anderen Gründen unbegründet ist.

Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften des ASOG ist wegen § 545 Abs. 1 ZPO ohnehin nicht revisibel, da es sich um Landesrecht handelt, welches nur im Bezirk des Kammergerichts gilt.

Ende der Entscheidung

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