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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 17.05.2004
Aktenzeichen: 8 U 310/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 150 Abs. 2
BGB § 156
BGB § 164 Abs. 2
BGB § 311 Abs. 2
BGB § 311 Abs. 3
BGB § 433 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Verkündet am: 17. Mai 2004

Geschäftsnummer: 8 U 310/03

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel und die Richterin am Kammergericht Spiegel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 2. September 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 13 des Landgerichts Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Weder hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe des Marmorkopfes, noch hat er gegen die Beklagte einen Anspruch auf Mitteilung von "Namen Anschrift und Verbleib des Marmorkopfes".

Der gegen die Beklagte geltend gemachte Herausgabeanspruch ist schon mangels Passivlegitimation unbegründet. Die Auktion ist gemäß Ziffer 1 der Auktionsbedingungen der Beklagten im Namen und für Rechnung der Auftraggeber, mit Ausnahme der Eigenware, die durch keine in Klammern gesetzten Ziffern gekennzeichnet ist, erfolgt. Dass es sich bei dem streitgegenständlichen Marmorkopf um Eigenware handelt, wird von keiner der Parteien vorgetragen.

Erfolgt die Versteigerung im Namen und für Rechnung des Einlieferers, kommt, wenn überhaupt, ein Kaufvertrag zwischen Einlieferer und Bieter zustande (Dr. Schneider, Rechtliche Risiken beim Erwerb von Antiquitäten und Kunstgegenständen, DB 1981, 199; Helmut Marx/Heinrich Arens, Der Auktionator, 1992, § 18 VerstV, Rdnr. 25; Dr. Gerrick v. Hoybingen-Huene, Die vertragliche Stellung des Versteigerers, NJW 1973, 1473, 1477). Willenserklärungen des Auktionators wirken unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Das bedeutet, dass der Einlieferer Verkäufer nach § 433 Abs. 1 BGB ist. Infolgedessen ist auch nur der Einlieferer verpflichtet und berechtigt. Der "Käufer" kann daher grundsätzlich alle Ansprüche nur gegen den Einlieferer richten.

Einen etwaigen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 311 Abs. 2 und 3 BGB, der direkt gegen die Beklagte zu richten wäre, macht der Kläger nicht geltend.

Die Frage, ob zwischen dem Einlieferer und dem Kläger ein Kaufvertrag zustandegekommen ist, kommt jedoch letztlich im Rahmen des von dem Kläger hilfsweise in der Berufungsinstanz gestellten Antrages auf Mitteilung von "Namen, Anschrift sowie den Verbleib des Marmorkopfes Wilhelm I. von Oranien" zum tragen.

Gemäß Ziffer 12 der Auktionsbedingungen können Käufer und Verkäufer nach Abschluss der Auktion vom Versteigerer die Anschrift des Vertragspartners erfahren.

Die Beklagte ist aber nicht verpflichtet, dem Kläger die Anschrift des Einlieferers des Marmorkopfes mitzuteilen, weil ein wirksamer Kaufvertrag zwischen Einlieferer und Kläger nicht zustande gekommen ist.

Nach § 156 BGB kommt ein Kaufvertrag in der Versteigerung durch das Gebot des Bieters als Vertragsangebot und den Zuschlag des Versteigerers als Vertragsannahme zustande (Helmut Marx/ Heinrich Arens, a.a.O., § 18 VerstV, Rdnr. 2).

Geboten hat unstreitig nicht der Kläger persönlich, sondern ein "nobody", der sich erst nach Erteilung des Zuschlages unter Vorbehalt auf ausdrückliches Nachfragen der Beklagten als Vertreter des Klägers zu erkennen gegeben hat. Da das Gebot als Antragserklärung den allgemeinen Regeln für Willenserklärungen unterliegt und der "nobody" bei Abgabe des Gebotes nicht erkennen lassen hat, dass er in fremdem Namen handelt, handelt es sich gemäß § 164 Abs. 2 BGB um ein Gebot des "nobody" und nicht des Klägers.

Selbst wenn sich der Kläger das Gebot des "nobody" zurechnen lassen könnte, stünde dem Abschluss eines Kaufvertrages entgegen, dass die Beklagte als Versteigerin dieses Vertragsangebot nicht wirksam angenommen hat. Sie hat keinen bedingungslosen Zuschlag, sondern nur einen Zuschlag unter Vorbehalt erteilt. Hierzu war die Beklagte auch berechtigt.

§ 156 BGB enthält dispositives Recht. Sowohl für das Zustandekommen als auch für den Inhalt des Vertrages gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit (Staudinger/Bork, BGB, 2003, § 156 Rdnr. 9). Der Bieter hat keinen Anspruch auf den Zuschlag (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 156 Rdnr. 1). Der Versteigerer ist keineswegs verpflichtet, dem Meistbietenden den Zuschlag zu erteilen. Er hat es "in der Hand, den schließlich gebotenen Preis anzunehmen oder abzulehnen, je nachdem dieser seinem Interesse entspricht oder nicht entspricht (Münchener Kommentar, BGB, 4. Auflage, § 157 Rdnr. 4; Hoyningen/Huene, a.a.O.; Staudinger/Bork a.a.O., § 156, Rdnr. 3). Die Beklagte hat sich auch nicht in den Versteigerungsbedingungen des Rechtes begeben, den Zuschlag zu verweigern, was grundsätzlich möglich ist (Staudinger/Bork a.a.O., § 156, Rdnr. 9). Gemäß Ziffer 4 der Auktionsbedingungen der Beklagten kann sich diese vielmehr im Namen des Auftraggebers den Zuschlag vorbehalten oder verweigern, wenn ein besonderer Grund vorliegt. Ein Zuschlag unter Vorbehalt ist grundsätzlich möglich (Hoyningen/Huene a.a.O.; OLG Frankfurt in OLGR 1992, 165). Die Beklagte hat entsprechend der Auktionsbedingungen den Zuschlag nur unter Vorbehalt erklärt. Da sie im Namen und für Rechnung des Einlieferers versteigert hat, hat sie entsprechend Ziffer 4 der Auktionsbedingungen auch den Zuschlag unter Vorbehalt im Namen des Einlieferers erklärt. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Gründe für den Vorbehalt mitzuteilen. Ein derartiger Informationsanspruch ergibt sich nicht aus den Auktionsbedingungen. Im Hinblick auf die grundsätzlich bestehende Vertragsfreiheit, kann die in Ziffer 4 der Auktionsbedingungen enthaltene Klausel nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auch nur in dem Sinne verstanden werden, dass es allein Sache des Versteigerers ist, zu entscheiden, ob für ihn ein "wichtiger Grund" vorliegt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, für den Ersteigerer überprüfbar sein soll. Allerdings war allein schon der Umstand, dass es sich bei dem Vertreter des Klägers um einen "nobody" handelte, Grund genug, den Vorbehalt auszusprechen. Dabei wird der Vorbehalt nicht, wie von dem vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, als Erklärung gemäß § 150 Abs. 2 BGB zu verstehen sein, sondern als Ankündigung, möglicherweise einen Vertrag abschließen zu wollen (in diesem Sinne auch Soergel/Wolf, § 156, Rdnr. 15). Da die Beklagte bis zum heutigen Tag den Vorbehalt nicht zurückgenommen hat, wozu sie aufgrund ihrer Vertragsfreiheit berechtigt ist, bzw. der Kläger das neue Vertragsangebot der Beklagten vom 26. April 2003 nicht angenommen hat, ist auch ein wirksamer Vertrag nicht zustande gekommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, ZPO.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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