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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.04.2007
Aktenzeichen: 8 U 76/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 117
Zu den Voraussetzungen der Annahme eines Scheingeschäftes nach § 117 BGB.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 76/06

verkündet am: 12.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber und die Richterinnen am Kammergericht Spiegel und Dr. Henkel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufungen der Beklagten und der Streithelfer wird das am 04. April 2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 4 a des Landgerichts Berlin hinsichtlich der Kostenentscheidung dahingehend abgeändert, dass diese wie folgt lautet:

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Streithelfer haben ihre eigenen Kosten selbst zu tragen.

Im Übrigen werden die Berufungen der Beklagten und der Streithelfer zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Streithelfer haben ihre eigenen Kosten selbst zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Berufungen der Beklagten zu 4) und der Streithelfer richten sich gegen das am 04. April 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte zu 4) (im Folgenden: nur Beklagte) trägt zur Begründung der Berufung vor:

Das Landgericht gehe unzutreffend davon aus, dass der Mietvertrag wieder auf die Knnnnnnnnnnnnnnnn - und Bnnnn GmbH & Co. Knnnnnnnnn KG (im Folgenden: Knnnn KG) rückübertragen worden sei und, dass dies vor Stellung der Bürgschaft erfolgt sei. Selbst wenn dies anzunehmen wäre, so habe sich die Beklagte nicht für die Forderungen aus dem "rückübertragenen" Vertrag verbürgt. Die Bürgschaft sei weit vor dem 19. September 1998 bei der Beklagten beantragt und mit Vertragsunterzeichnung fällig geworden. Die Bürgschaft sei demzufolge für Verbindlichkeiten aus einem Vertrag beantragt und gegeben worden, der im Zeitpunkt der Hingabe der Bürgschaft überhaupt nicht mehr existent gewesen sei. Die Übertragung des Mietvertrages auf die Knnnnnnnnnnnnnnnnn - und Bnnnn GmbH (im Folgenden: Knnnn GmbH) sei nach Darstellung der Streithelfer gewollt gewesen, um die Förderbedingungen herzustellen. Hierdurch sei die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten entfallen. Die Beklagte habe sich auch nur für Verbindlichkeiten aus dem ursprünglichen Vertrag verbürgen wollen, eine Haftung für Verbindlichkeiten aus einem späteren Vertrag komme nicht in Betracht.

Der Wechsel des Hauptschuldners führe gemäß § 418 BGB nicht zu einer vorübergehenden Suspendierung der Bürgschaft, sondern zu einem endgültigen Wegfall derselben. Ohne eine Zustimmung der Beklagten habe die Bürgschaft - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht für den auf die GmbH übertragenen und später wieder auf die KG rückübertragenen Vertrag gelten können. Die KG sei auch nicht wieder Mietvertragspartei geworden. Die vom Landgericht angenommenen Indizien würden hierfür nichts hergeben.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 12. Juli 2006 (Seite10-14) verwiesen. Der konkludenten Rückübertragung stehe zudem die Schriftformklausel entgegen.

Ein Scheingeschäft liege nicht vor. Nach dem Vortrag der Streithelfer sei beabsichtigt gewesen, in Abstimmung mit dem Kläger "saubere" und den Fördervorschriften der Filmförderungsanstalt entsprechende Vertragsverhältnisse zu schaffen.

Die Beklagte berufe sich auf § 776 BGB. Die Hauptforderung sei aufgrund des Vergleichs erloschen.

Die Forderung des Klägers bleibe weiter bestritten. Soweit das Landgericht meine, dass durch den Beitritt der Streithelfer das Bestreiten der Beklagten nicht mehr zulässig sei, ergebe sich dies aus dem Prozessrecht nicht. Dass eine Partei nach dem Beitritt schlechter stehe solle als ohne diesen, finde im Gesetz keine Stütze.

Die Streithelfer tragen zur Begründung der Berufung vor:

Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Übertragung der Mieterposition von der Knnnn KG auf die Knnnn GmbH kein Scheingeschäft gewesen sei. Die Vereinbarung vom 12.Januar 1998 sei aus Förderungsgesichtspunkten so gemeint gewesen, damit kein Subventionsbetrug begangen werde. Die Mietvertragsposition sei entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht später konkludent auf die KG rückübertragen worden. Der konkludenten Rückübertragung des Mietverhältnisses auf die KG stehe die Schriftformklausel entgegen.

Das Landgericht habe zu Unrecht den Einwand der Beklagten aus § 776 BGB verworfen.

Das Landgericht gehe nicht ansatzweise auf die Höhe der Forderung ein. Die Streithelfer und die Beklagte hätten die Forderung in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten. Der Beklagten könne nicht eine etwaige Kenntnis der Streithelfer über die Mietforderung des Klägers zugerechnet werden, die diese möglicherweise hätten. Aus dem Umstand, dass der Streithelfer zu 3) zeitweise früher Geschäftsführer der Komplementärin der KG gewesen sei, hätte das Landgericht ein solches Wissen nicht unterstellen dürfen. Die anderen Streithelfer seien nie Geschäftsführer gewesen. Sie, die Streithelfer, hätten den Einwand der Verjährung erhoben.

Das Landgericht habe sich auch nicht damit auseinandergesetzt, dass das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder, in dem die Mieterstellung der GmbH festgeschrieben sei, in Rechtskraft erwachsen sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 04. April 2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 4 a O 433/05 - die Klage abzuweisen.

Die Streithelfer beantragen,

unter Abänderung des am 04. April 2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 4 a O 433/05 - die Klage abzuweisen;

hilfsweise

den Rechtsstreit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten und der Streithelfer zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor:

Unstreitig habe die Ergänzungsvereinbarung den Zweck gehabt, das Fördermittelverfahren bei der Fnnnnnnnnnn in Gang zu setzen und zu beschleunigen. Die Knnnn GmbH habe sich gegenüber der Fnnnnnnnnnn (FFA) auch nur kurzzeitig als Mieterin ausgegeben. Allen anderen Geschäftspartnern und auch der Beklagten gegenüber sei die KG als Mieterin unter Bezugnahme auf den Mietvertrag vom 20.11.1997 aufgetreten. Bereits mit Schreiben vom 06.02.1998 an die FFA sei die KG als Antragstellerin aufgetreten. Die Fördermittel seien dann mit Bescheid vom 14.09.1998 an die Knnnn KG vergeben worden.

Wenn von der Wirksamkeit der Ergänzungsvereinbarung vom 12.01.1998 ausgegangen werde, so sei die Rückübertragung des Mietvertrags auf die Knnnn KG spätestens mit der Gewährung der Fördergelder erfolgt. Dafür spreche, dass die Ergänzungsvereinbarung zu diesem Zeitpunkt ihren unstreitigen Zweck erfüllt gehabt hätte. Die von der Beklagten gestellten Bedingungen für die Stellung der Bürgschaft, insbesondere die Erlangung von Fördermitteln, hätten am 22.September 1998 vorgelegen. Selbst wenn die Rückübertragung später erfolgt sei, so stünde dies einer wirksamen Bürgschaftsübernahme nicht entgegen. Denn die Bürgschaft könne gemäß § 765 Abs. 2 BGB für künftige Verbindlichkeiten übernommen werden. Die Beklagte habe sich zudem nicht für Verbindlichkeiten der Knnnn GmbH, sondern für solche der KG verbürgen wollen. Aus den gesamten Umständen ergebe sich, dass zumindest eine konkludente Rückübertragung erfolgt sei. Auf die Schriftform könnten sich die Beklagte und die Streithelfer nach § 242 BGB nicht berufen.

Der Kläger habe die Forderung ausreichend dargelegt. So habe der Kläger die Miethöhe ab 01. April 1998 dargelegt sowie die Rückstände unter Berücksichtigung aller Zahlungseingänge. Die Cnnn KG habe mit Schreiben vom 29.November 2001 die Mietzinsrückstände bis einschließlich Oktober 2001 auf 97.994,88 DM beziffert. Nach Zugang der fristlosen Kündigung, also ab November 2001 habe die KG keinerlei Zahlungen geleistet. Die Mietzinsrückstände seien im Insolvenzverfahren angemeldet worden. Mit Schreiben vom 14.Dezember 2005 habe der Insolvenzverwalter die Forderung anerkannt. Pauschales Bestreiten der Beklagten sei daher unerheblich, die Beklagte könne sich die nötige Kenntnis bei den Streithelfern beschaffen.

Der Vergleich führe weder zum Wegfall noch zur Reduzierung der Forderung gegenüber der Bürgin. § 776 BGB greife nicht ein, weil sich die Erklärungen der Streithelfer und der Beklagten nicht auf ein und dieselbe Forderung beziehen. Die Inanspruchnahme erfolge zudem auf Mietzinsansprüche für unterschiedliche Zeiträume.

Die Forderung sei nicht verjährt, sondern die Verjährung aufgrund der Anmeldung zur Insolvenztabelle am 09. Dezember 2002 gehemmt.

Das Räumungsurteil des Landgerichts Frankfurt/Oder sei weder rechtskräftig noch für den Senat bindend.

II.

Die zulässigen Berufungen der Beklagten und der Streithelfer sind unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte aufgrund der übernommenen Bürgschaft vom 22. September 1998 Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 119.642,30 EUR (§ 765 Abs. 1 BGB).

1.

Zwischen dem Kläger und der Knnnnnnnnnnnnnnnnn - und Bnnnn GmbH & Co. Knnnnnnnnn KG (im Folgenden: Knnnn KG) ist unter dem 20. November 1997 ein Mietvertrag über Räume und Flächen auf dem Grundstück Wnnnnnn in Ennnnnnnn abgeschlossen worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten und der Streithelfer ist das Mietverhältnis nicht durch die Ergänzungsvereinbarung vom 12. Januar 1998 auf die Knnnnnnnnnnnnnnnn - und Bnnnn GmbH (im Folgenden: Knnnn GmbH) wirksam übertragen. Denn bei der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung handelt es sich um ein nichtiges Scheingeschäft im Sinne von § 117 Abs. 1 BGB.

Gemäß § 117 Abs. 1 BGB ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten lassen wollen (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 117 BGB, Rdnr. 3; Staudinger/Singer, BGB, 2004, § 117 BGB, Rdnr. 1; BGHZ 36, 84; 67, 334; BGH NJW 1980, 1572; ZIP 2006, 1639,BGH NJW 1993, 2435; Hamm NJW-RR 1996, 1233). Kennzeichnend für das Scheingeschäft ist damit das Fehlen eines Rechtsbindungswillens (BGH 36, 84/87). Ob ein Rechtsbindungswille vorliegt, ist nicht vom Standpunkt eines objektiv neutralen Beobachters zu entscheiden, sondern hängt davon ab, was die Parteien tatsächlich gewollt haben (BGH WM 1986, 1181). Ob ein Rechtsgeschäft ernstlich gemeint oder nur zum Schein geschlossen worden ist, ist Tatfrage (BGH NJW 1980, 1572; BGH NJW - RR 1997, 238). Kann der mit dem Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg nur bei dessen Gültigkeit erreicht werden, ist dieses in der Regel nicht zum Schein geschlossen. Eine vertragliche Regelung kann nicht gleichzeitig als steuerrechtlich gewollt und zivilrechtlich nicht gewollt angesehen werden (BGH NJW-RR 1993, 367; NJW 1993, 2609; Staudinger/Singer, a.a.O., § 117 BGB, Rdnr. 13). Für die Beurteilung dieser Frage kommt es auf die vor oder bei Abschluss der Vereinbarung abgegebenen Erklärungen an, wobei auch aus dem nachträglichen Verhalten der Parteien Rückschlüsse gezogen werden können (BGH NJW-RR 1997, 238; Staudinger/Singer, a.a.O., § 117 BGB, Rdnr. 28). Nach diesen Grundsätzen handelt es sich unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände bei der Vereinbarung vom 12. Januar 1998 um ein Scheingeschäft. Dies ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen:

a)

Der unstreitige Anlass für den Abschluss de Ergänzungsvereinbarung spricht dafür, dass die GmbH nur "pro forma" Mieterin sein sollte.

Der Zweck der Ergänzungsvereinbarung bestand darin, die Bewilligung von Fördermitteln der Fnnnnnnnnnn (FFA) zu beschleunigen. Nach § 57 Filmförderungsgesetz ist für die Bewilligung von Fördermitteln derjenige antragsberechtigt, wer ein Filmtheater betreibt. Betreiber eines Filmtheaters ist nach den Ausführungen der FFA, wer im Handelsregister eingetragen ist, durch Vorlage eines Mietvertrages die Anmietung eines Filmtheaters nachweist und über eine darauf bezogene Gewerbeanmeldung verfügt. Da die Knnnn KG Anfang des Jahres noch nicht im Handelsregister eingetragen war und über keine Gewerbeanmeldung verfügte, war sie nach den vorgenannten Voraussetzungen für die Bewilligung von Fördermitteln nicht antragsberechtigt. Im Interesse der Beschleunigung des Antragsverfahrens wurde daher der Mietvertrag zum Schein auf die Knnnn GmbH übertragen, weil zunächst nur bei dieser die formalen Bewilligungsvoraussetzungen - nämlich die Eintragung im Handelsregister - vorlagen. Der Antrag auf Gewährung der Fördermittel ist am 30. Januar 1998 von der Knnnn GmbH gestellt worden. Mit Schreiben vom 6. Februar 1998 - also bereits eine Woche nach Abschluss der Ergänzungsvereinbarung - trat die Knnnn KG gegenüber der FFA als Antragstellerin auf. Nach dem Zuwendungsbescheid vom 14. September 1998 wurden die Fördermittel der Knnnn KG bewilligt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten und der Streithelfer führt dieser Zweck nicht dazu, dass ein Scheingeschäft ausscheidet und die Ergänzungsvereinbarung ernsthaft gewollt sein musste. Denn es ist gerade der typische Anlass für die Beurkundung eines Scheingeschäftes, dadurch Dritte zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen (vgl. BGH NJW 1993, 2435: Aufnahme eines unrichtigen Darlehensschuldners, um Widerstand der bankinternen Revision zu verhindern; OLG Hamm NJW-RR 1996, 1233: nachträglicher Abschluss eines Architektenvertrages, um Ansprüche der Haftpflichtversicherung des Architekten zu erlangen). Hier ging es den Beteiligten nur darum, das Verfahren auf Gewährung von Fördermitteln in Gang zu setzen. Dies konnte nur dadurch geschehen, dass die Knnnn GmbH "pro forma" als Mieterin gegenüber der FFA auftrat.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach ein Scheingeschäft nicht angenommen werden kann, wenn die vertragliche Gestaltung zur (rechtmäßigen) Geltendmachung von Steuervorteilen gerade zivilrechtlich gewollt sein muss, lässt sich auf andere Zielsetzungen der Parteien nicht ohne weiteres übertragen. Sie beruht auf dem Erfahrungssatz, dass die Parteien ihre Rechtsbeziehungen regelmäßig so gestalten, dass sie sich nicht strafbar machen.

Soweit die Streithelfer geltend machen, dass es den Beteiligten der Ergänzungsvereinbarung darum gegangen sei, keinen Subventionsbetrug zu begehen, ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar. Denn bei der Knnnn GmbH lagen die Voraussetzungen für die Gewährung der Fördermittel nicht vor, weil sie unstreitig nie Betreiberin des Kinos war. Betreiberin des Kinos war die Knnnn KG, die zum Zeitpunkt der Bescheidung sämtliche Voraussetzungen hierfür erfüllte.

b)

Die Parteien des Mietvertrages vom 20. November 1997 haben in § 2 Ziff. 2 des Vertrages eine Umsatzmiete vereinbart. So verpflichtete sich die Mieterin, 23,6 % des Nettoumsatzes aus dem Verkauf der Kinokarten und dem Rohertrag aus sämtlichen übrigen Veranstaltungen, mindestens jedoch 355.680,00 DM pro Jahr, jeweils zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer an den Vermieter zu zahlen. Die Knnnn GmbH war aber unstreitig nicht Betreiberin des Kinos, sondern dies war die Knnnn KG. Die Knnnn GmbH hatte demzufolge keine Einnahmen, aus denen die Miete - schon gar nicht eine Umsatzmiete entsprechend der vertraglichen Vereinbarung - hätte aufgebracht werden können. Die Knnnn GmbH war nahezu vermögenslos, sie verfügte nur über ein Stammkapital von 50.000,00 DM und wollte einen Unternehmenswert weder repräsentieren noch einen solchen erzielen, wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat. Sie hatte lediglich die haftungsprivilegierte Geschäftsführung für die KG auszuführen.

c)

Auch das nachträgliche Verhalten der Beteiligten spricht dafür, dass die Vertragsparteien tatsächlich nicht die Knnnn GmbH als Mieterin wollten. So haben die Streithelfer bereits einen Monat nach Abschluss der Ergänzungsvereinbarung unter 14. Februar 1998 eine Erklärung abgegeben, wonach sie die gesamtschuldnerische Haftung für die Leistung der Sicherheit nach dem Mietvertrag übernommen haben. In Ziff. 1 der Erklärung wird als Mieterin die Knnnn KG genannt und ferner ausdrücklich auf den Mietvertrag vom 20. November 1997 Bezug genommen. Danach sind die Streithelfer offenbar davon ausgegangen, dass die Knnnn KG weiterhin Mieterin ist. Die von der Beklagten unter dem 22. September 1998 abgegebene Bürgschaftserklärung weist ebenfalls die KG aus und soll nach dem Wortlaut deren Verbindlichkeiten sichern. Im Übergabeprotokoll vom 26. Februar 1999 ist als Mieterin die KG genannt. Ferner übersandte die Knnnn GmbH mit Schreiben vom 07. Mai 1999 an den Kläger eine Vermieterpfandrechtsverzichtserklärung mit der Bitte, diese zu unterzeichnen. Hierin ist auch die KG als Mieterin aufgeführt. Dass das Begleitschreiben unter dem Kopfbogen der GmbH verfasst worden ist, ist unerheblich. Denn diese war Komplementärin der KG und handelte offenbar hier für diese.

Die Mietzahlungen an den Kläger erfolgten durch die Knnnn KG. Dementsprechend wurden die Raumkosten in den betriebswirtschaftlichen Auswertungen der KG aufgeführt. Dies ergibt sich aus den vom Kläger beispielhaft vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen für einzelne Monate des Jahres 2001.

Mit Schreiben vom 08. Dezember 1999 stellte der Kläger der Knnnn KG die Umsatzmiete in Rechnung. Mit Schreiben vom 08. März 2000 teilte die KG dem Kläger ihre finanzielle Situation mit und nahm zur Höhe der Miete Stellung; ferner erklärte sie die Aufrechnung mit der Miete Februar 2000. Im letzten Absatz des Schreibens heißt es, dass die Knnnn KG hoffe, "zu einem geordneten Mietverhältnis zurückzukehren". Mit Schreiben vom 17. April 2001 übersandte die Knnnn KG ein Sanierungskonzept nebst Liquiditätsplanung, um die Sicherung der Miete gegenüber dem Kläger darzustellen. Daraus, dass die Knnnn KG sich um die Erfüllung der Mietzahlungspflicht "kümmerte" ergibt sich auch, dass sie sich fortgesetzt als Mieterin gesehen hat.

Auch der Entwurf des Anteilsübertragungs- und Kaufvertrags zwischen der Knnnn GmbH und der KG spricht für dieses Verständnis. In § 6 des Vertrages werden als Verbindlichkeiten Mietrückstände aufgeführt, die die Käuferin übernehmen sollte.

Die Cnnn KG (vormals Knnnn KG) stellte mit Schreiben vom 10. April 2002 die Umsatzentwicklung dar und sagte pünktliche Mietzahlung zu. Auf das an die Cnnn KG gerichtete Kündigungsschreiben des Klägers vom 12. Oktober 2001 teilte diese nur mit, dass der Kündigung des Mietvertrages über die Kinoräume widersprochen werde. Dass ein Mietverhältnis mit dem Kläger nicht bestehe, erklärte sie nicht.

d)

Ferner spricht auch die steuerliche Behandlung der Vorsteuer dafür, dass die Mieterstellung der GmbH nicht gewollt war. Unstreitig hat die Knnnn KG einen Vorsteuerabzug gegenüber dem Finanzamt Frankfurt/Oder geltend gemacht. Der Kläger hat dies beispielhaft anhand der Kontoblätter der Knnnn KG von April 1999 erläutert (vgl. Anlagen K 20-25). Nach dem Handelsregisterauszug der Knnnn GmbH waren alle drei Streithelfer zunächst Geschäftsführer der Komplementärin der KG. Die Streithelfer zu 1) und 2) sind erst durch Gesellschafterbeschluss vom 16. März 2000 als Geschäftsführer ausgeschieden. Für die Knnnn KG haben daher die Streithelfer in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der Knnnn GmbH gehandelt und gegenüber dem Finanzamt den Vorsteuerabzug aus den Mietzahlungen geltend gemacht. Nach den §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 14 Satz 2 Nr. 2 UStG kann einen Vorsteuerabzug geltend mache, wer - nach den zivilrechtlichen Beziehungen - Leistungsempfänger und Inhaber einer auf sich lautenden Rechnung ist (vgl. BFH BStBl. II 1996, 111, 113; Bunjes/Geist, UStG, 8. Auflage, § 15, Rdnr. 33). Die Bestimmung des Leistungsempfängers erfolgt nach der formalen Betrachtung des zivilrechtlichen Verhältnisses und nicht etwa nach dem Prinzip einer wirtschaftlichen Zuordnung (Bunjes/Geist, a.a.O., § 15 UStG, Rdnr. 34; vgl. BFH DStR 2001, 212 f: kein Vorsteuerabzug für Ehefrau als Pächterin von Räumen, in denen der Ehemann sein Unternehmen betrieb). Die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs auf Seiten der Knnnn KG setzte danach voraus, dass diese auch Mieterin der Räume war; die bloße Tragung der Lasten reichte hierzu nicht aus. Nach dem Grundsatz, dass eine Vereinbarung nicht zugleich steuerlich gewollt und zivilrechtlich nicht gewollt sein kann, musste es zur Vermeidung einer Steuerhinterziehung der Knnnn KG bei der Ursprungsvereinbarung vom 20. November 1997 verbleiben und konnte die Änderungsvereinbarung ein nicht gewolltes Scheingeschäft sein.

An dieser Beurteilung ändert auch nichts, dass der Kläger anfangs im vorprozessualen Schriftverkehr die Auffassung vertreten hat, dass die Knnnn GmbH anstelle der Knnnn KG in den Mietvertrag eingetreten ist. Denn insoweit handelt es sich um eine unrichtige rechtliche Würdigung.

Auf die Frage, ob der vom Landgericht angenommene Rückübertragung des Mietverhältnisses auf die Knnnn KG die fehlende Schriftform entgegen gestanden hätte und ob bei Annahme einer solchen Rückübertragung die Bürgschaft erloschen wäre, kommt es danach nicht an.

e)

Entgegen der mit der Berufung vertretenen Ansicht der Streithelfer ist der Senat an einer solchen Beurteilung nicht etwa aufgrund des Urteils des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 11. Juli 2002, in dem von der Mieterstellung der Knnnn GmbH ausgegangen worden ist, gehindert. Das erstinstanzliche Urteil ist nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Das Verfahren bezüglich der Knnnn GmbH ist in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt worden, wodurch die noch nicht rechtskräftige erstinstanzliche Entscheidung ex tunc wirkungslos geworden ist (§ 269 Abs. 3 und 4 ZPO, Zöller/ Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, § 91 a ZPO, Rdnr. 12 mit Rechtsprechungsnachweisen). Bezüglich der Cnnn KG ist der Rechtsstreit vor dem Berufungsgericht gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Aber selbst wenn Rechtskraft eingetreten wäre, so stünde dieser der Entscheidung des Senats nicht entgegen. Nicht gebunden ist das Gericht des Zweitprozesses, wenn nicht der Streitgegenstand, sondern nur eine Vorfrage des Erstprozesses präjudiziell ist, wenn also beiden Prozessen lediglich eine gemeinsame Vorfrage zugrunde liegt. Die materielle Rechtskraft wirkt hier nicht, weil sie sich auf die präjudiziellen Rechtsverhältnisse und bestehende Zusammenhänge nicht erstreckt (Zöller/Vollkommer, a.a.O., Vor § 322 ZPO, Rdnr. 28). Die Frage, zwischen welchen Parteien ein Mietvertrag besteht ist eine Vorfrage in diesem Sinne, so dass eine präjudizielle Wirkung durch ein rechtskräftiges Urteil im Vorprozess nicht eintreten kann.

2.

Nach der Bürgschaftsurkunde vom 22. September 1998 hat sich die Beklagte für die Erfüllung des Anspruchs des Vermieters gegen den Mieter aus dem Mietvertrag für gewerbliche Räume vom 20. November 1997 auf Zahlung des Kaltmietzinses bis zur Höhe von 234.000,00 DM verbürgt. Die Beklagte haftet der Klägerin daher für die hier geltend gemachten Mietzinsen bzw. Nutzungsentschädigung für den Zeitraum von Juni 2001 bis April 2002. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Forderung wird auf den Inhalt der Klageschrift (dort Seite 41, Bd. I, Bl. 41) Bezug genommen, denen die Beklagte und die Streithelfer nicht substantiiert entgegen getreten sind.

Soweit die Beklagte und die Streithelfer die Forderung der Höhe nach pauschal bzw. mit Nichtwissen bestreitet, ist dieses Bestreiten unerheblich.

Nach § 5 des Mietvertrages haben die Vertragsparteien einen monatlichen Nettokaltmietzins von 29.640,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer vereinbart. Aufgrund der Anhebung der Mehrwertsteuer ergibt sich danach ein monatlicher Nettokaltmietzins von 34.382,40 DM = 17.579,44 EUR. Der Kläger hat in der Forderungsaufstellung Zahlungen eingestellt und einen Rückstand in Höhe von 134.485,30 EUR berechnet, wobei er mit der Klage den geltend gemachten Betrag in der Reihenfolge der Forderungsaufstellung geltend macht. Der Kläger hat gegenüber dem Insolvenzverwalter der Cnnn KG unter dem 09. Dezember 2002 eine Forderung von insgesamt 408.243,13 EUR angemeldet, wozu nach der Aufstellung (dort Seite 3 Ziff. I.) auch die streitgegenständlichen Forderungen gehören. Nachdem der Insolvenzverwalter die Forderung zunächst wegen ungeklärter Sachlage vorläufig bestritten hat, hat er mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 die Forderung in Höhe von 380.306,53 EUR anerkannt. Damit hat der Kläger seien Forderung schlüssig begründet.

Nach allgemeinen Grundsätzen muss der Gläubiger das Entstehen und die Fälligkeit der Hauptverbindlichkeit und damit den Grund für die Haftung des Bürgen aus dem Bürgschaftsvertrag darlegen; Sache des Hauptschuldners oder des an seine Stelle in Anspruch genommenen Bürgen ist es darzutun, dass die Hauptschuld aufgrund rechtsvernichtender Einwendungen, etwa durch Erfüllung, und damit auch die Haftung des Bürgen für diese Schuld erloschen ist (BGH WM 1988, 209; BGH WM 1996, 192; BGH WM 1995, 1229). Die Beklagte hätte daher im Einzelnen substantiiert dartun müssen, dass die Forderungen durch Zahlung des Hauptschuldners nicht mehr oder nicht mehr in diese Höhe bestehen. Insoweit fehlt es an jeglichem Vortrag der Beklagten und der Streithelfer.

3.

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte sich nicht auf § 776 BGB berufen kann. Insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts Seite 7 des Urteils verwiesen. Soweit die Beklagte mit der Berufung geltend macht, dass die Hauptschuld aufgrund des im Vorprozess abgeschlossenen Vergleichs vor dem Senat vom 08. September 2005 - AZ: 8 U 14/05 - erloschen sei, ist dem nicht zu folgen. Denn in dem dortigen Vergleich sind die Streithelfer auf Zahlung der als Schuldbeitritt zu wertenden Erklärung vom 14. Februar 1998 in Anspruch genommen worden. Die vergleichsweise Regelung zur Zahlung eines bestimmten Betrages aufgrund dieser Erklärung hat mit der Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten und ihr zugrunde liegenden Hauptschuld nichts zu tun.

4.

Die Forderung des Klägers ist auch nicht verjährt. Die Forderungen des Klägers sind zur Insolvenztabelle am 09. Dezember 2002 angemeldet worden und damit die Verjährung gemäß § 204 Nr. 10 BGB gehemmt worden.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97, 101 ZPO.

Die Kostenentscheidung im erstinstanzlichen Urteil war dahin abzuändern, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat und die Streithelfer nur ihre eigenen Kosten. Aus der Existenz des § 101 Abs. 1 ZPO folgt nämlich, dass die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer nicht zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der §§ 91 ff. ZPO gehören und deshalb gesondert festzusetzen sind (Anders/Gehle, Antrag und Entscheidung im Zivilprozess, 3. Auflage, Rdnr. B 390). Die Streithelfer haften nicht neben den Beklagten für die Kosten des Rechtsstreits, sondern nur für ihre eigenen Kosten.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1und 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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