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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 07.03.2002
Aktenzeichen: 8 U 8514/00
Rechtsgebiete: BGB, 2. ZweckentfremdungsVO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 537
2. ZweckentfremdungsVO § 4 II 4 AV
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 8514/00

In dem Berufungsrechtsstreit

Verkündet am: 7. März 2002

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und den Richter am Amtsgericht Dr. Müther für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 21. September 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf jedoch die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 29.950,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 27. Oktober 2000 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tage am 27. Dezember 2000 begründete Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 21. September 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin, das dem Beklagten am 6. Oktober 2000 zugestellt worden ist. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

Der Beklagte verfolgt im Berufungsrechtszug seinen auf Klageabweisung gerichteten Antrag weiter und begründet seine Berufung wie folgt:

Das Landgericht habe zu Unrecht die Minderung des Mietzinses und die Wirksamkeit der Kündigung verneint. Die Mietsache sei wegen der fehlenden Zweckentfremdungsgenehmigung nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignet gewesen. Es sei nicht richtig, dass der Mieter sich auf einen derartigen Mangel so lange nicht berufen könne als die zuständige Behörde eine unzulässige Nutzung dulde. Die Grundstücke D und D seien ursprünglich als Wohnräume errichtet worden; diesen Status hätten sie niemals verloren. Jedenfalls hätte eine Aufgliederung aus dem Wohnungsbestand eines Rats- bzw. Magistratsbeschlusses bedurft. Die Zweckentfremdung sei auch nicht genehmigungsfähig gewesen, da die Grundstücke im Sanierungsgebiet H gelegen hätten. Ihm, dem Beklagten, sei auf eine Anfrage beim Wohnungsamt P mitgeteilt worden, dass eine behördliche Genehmigung angesichts der sanierungsrechtlichen Gegebenheiten völlig ausgeschlossen sei und er bei einer weiteren gewerblichen Nutzung mit behördlichen Sanktionen rechnen müsse.

Anfang November 1995 sei bei einem Gespräch zwischen ihm, dem Beklagten, Herrn Rechtsanwalt K und dem von der Klägerin bevollmächtigten Herrn J W ein Vergleich abgeschlossen worden, wonach das Mietverhältnis mit Wirkung zum 31. Oktober 1995 für beendet erklärt worden sei; beide Parteien seien sich dahingehend einig gewesen, dass keine gegenseitigen Ansprüche mehr aus dem Mietverhältnis bestünden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. September 2000 - 34. O. 608/98 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin ist dem Vorbringen des Beklagten mit Schriftsatz vom 30. April 2001 entgegengetreten, auf den verwiesen wird. Im Übrigen wird hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Einzelnen auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze und eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache erfolglos.

Dem gemäß § 535 BGB begründeten Mietzinsanspruch der Klägerin steht weder die fristlose Kündigung des Beklagten noch eine Minderung im Sinne von § 537 BGB entgegen. Der Beklagte hat nach wie vor nicht hinreichend dargetan, dass die Nutzung der Räume zum vorgesehenen Zweck der Zweckentfremdungsverbotsverordnung widerspricht, weil es sich um Wohnraum handelt. Inzwischen hat die Klägerin die Zuweisungsverfügungen betreffend D vom 9. Januar 1974 und 23. Oktober 1979 und betreffend D vom 2. Juni 1986 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass die betreffenden Gewerberäume vom Rat des Bezirks P als Gewerberäume erfasst und Gewerbemietern zugewiesen worden sind. Wenn der Beklagte demgegenüber auf § 4 II 4 AV 2. Zweckentfremdungsverordnung verweist, so handelt es sich lediglich um die Verweisung auf eine Verwaltungsvorschrift, die zu der 2. Zweckentfremdungsverbotsverordnung ergangen ist und die für den Senat keine bindende Wirkung hat. Es mag zutreffen, dass, wovon die Verwaltungsvorschrift ausgeht, Genehmigungen zur Umwidmung von Wohnraum in Gewerberaum nach DDR-Recht zeitweise einer besonderen Beschlussfassung des Rats oder Magistrats und eine Ausgliederung aus dem Wohnungsbestand bedurften. Vorliegend ist jedoch, wie sich aus den Zuweisungsverfügungen ergibt, vom Rat selbst der betreffende Raum als Gewerberaum erkannt, erfasst und zugewiesen worden. Unter derartigen Umständen bedurfte es auch nach DDR-Recht keiner besonderen Genehmigung, die, wie der Begriff "Genehmigung" ergibt, für privatrechtliche Umwidmungen vorgesehen war. Im Übrigen ist der Vortrag des Beklagten, ein derartiger Rats- oder Magistratsbeschluss sei vorliegend nie gefasst worden, eine ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung, wie auch der insoweit ungenaue Beweisantritt: "Beiziehung der baurechtlichen und wohnungsrechtlichen Akten" ergibt. Der Beklagte hat derartige Akten offensichtlich nie eingesehen oder einsehen lassen; andernfalls würden sie näher zu bezeichnen sein. Es versteht sich auch nicht von selbst, dass derartige Rats- und Magistratsbeschlüsse in den Bauakten abgeheftet worden sind. Über die diesbezügliche Aktenführung der DDR-Behörden ist dem Senat nicht bekannt. Jedenfalls geht die Ungewissheit darüber, ob ein derartiger Rats- bzw. Magistratsbeschluss gefasst worden ist oder nicht, zu Lasten des Beklagten, der sich darauf beruft, dass trotz der vorgelegten Zuweisungsverfügungen der DDR-Behörden die Mieträume Wohnraum geblieben sein sollen.

Im Übrigen hat es bei der ständigen Rechtsprechung des Senats zu verbleiben, dass behördliche Nutzungsbeschränkungen nur dann als Minderung im Sinne von § 537 BGB gelten können, wenn entweder die konkrete Androhung einer behördlichen Maßnahme vorliegt oder ein Untersagungsbescheid ergangen ist. Beides hat der Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Aus seinem Vortrag ergibt sich lediglich, dass ihm bei einer Anfrage sinngemäß mitgeteilt worden sein soll, eine behördliche Genehmigung sei angesichts der sanierungsrechtlichen Gegebenheiten völlig ausgeschlossen und es müsse bei einer gewerblichen Nutzung mit behördlichen Sanktionen insbesondere Bußgeldverfahren gerechnet werden. Dabei ergibt sich nicht aus dem Vortrag des Beklagten, dass die diesbezüglich angeblich mündlich erteilten Auskünfte sich auch darauf bezogen haben, dass es sich um Wohnraum handele, dessen Nutzung zu Gewerbezwecken einer Genehmigung nach der Zweckentfremdungsverbotsverordnung bedurfte. Allein der vage Hinweis auf eine "wohnungs- und baurechtliche Genehmigung" ist insoweit völlig nichtssagend, da zumindest baurechtlichen Genehmigungen für den Betrieb einer gewerblichen Zimmervermietung in jedem Falle erforderlich gewesen wären, in diesem Falle aber keine Rolle spielen, weil es Sache des Beklagten gewesen wäre, eine derartige baurechtliche Genehmigung einzuholen.

Der Anspruch der Klägerin scheitert auch nicht an dem Vortrag des Beklagten, wonach die Parteien das Mietverhältnis einvernehmlich für beendet erklärt und vereinbart haben sollen, dass gegenseitig aus dem Mietverhältnis keine Ansprüche mehr geltend zu machen seien. Die Klägerin hat den diesbezüglichen Vortrag bestritten, indem sie lediglich eingeräumt hat, der Zeuge W habe zugesagt, mit ihr Rücksprache zu halten, ob sie mit einer "Zurückmietung" der Räumlichkeiten durch den Zeugen B einverstanden sei. Darüber hinaus hat die Klägerin ferner vortragen lassen, dass eine Vereinbarung mit dem Beklagten infolge mangelnder Vertretungsmacht des Zeugen W eicht hätte getroffen werden können und auch nicht getroffen worden sei. Der dagegen gerichtete Vortrag des Beklagten, wonach Anfang November 1995 in einem abschließenden Gespräch ein Vergleich mit dem Inhalt geschlossen worden sei, wonach das Mietverhältnis mit Wirkung vom 31. Oktober 1995 beendet worden sei und wonach keine gegenseitigen Ansprüche aus dem Mietverhältnis mehr hätten bestehen sollen, ist demgegenüber unsubstantiiert, weil der Beklagte damit nur das angebliche Ergebnis dieses Gesprächs wiedergibt, ohne vorzutragen, welche Äußerungen die an dem Gespräch beteiligten Personen im Einzelnen gemacht haben. Die Vernehmung der für das Gespräch benannten Zeugen liefe demzufolge auf eine Ausforschung dieser Zeugen hinaus, so dass dem Beweisantritt des Beklagten insoweit nicht nachzugehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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