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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 07.06.2001
Aktenzeichen: 8 W 164/01
Rechtsgebiete: ZPO, GKG, MaBV


Vorschriften:

ZPO § 3
GKG § 25 Abs. 3
MaBV § 3 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 164/01

In der Beschwerdesache

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin am 7. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und die Richterin am Kammergericht Eilinghoff-Saar beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der Zivilkammer 21 des Landgerichts Berlin vom 26. September 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die von dem Kläger eingelegte Streitwertbeschwerde ist gemäß § 25 Abs. 3 GKG zulässig, da sie frist- und formgerecht eingelegt worden ist und den erforderlichen Beschwerdewert erreicht. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht den Wert des Streitgegenstandes betreffend den Widerklageantrag hinsichtlich der Herausgabe der Bürgschaftsurkunde auf die volle Bürgschaftssumme von 4.904.100,00 DM gemäß § 3 ZPO angesetzt. Es ist zutreffend, dass der Gegenstandswert der Klage des Schuldners auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde nicht ohne weiteres mit dem Wert der dieser zugrunde liegenden Forderung identisch ist, sondern nach § 3 ZPO geschätzt werden muss. Dabei ist das Interesse des auf Rückgabe der Urkunde Klagenden an dem Besitz der Urkunde maßgebend, wobei dieses erheblich geringer sein kann als der Wert der Bürgschaftsforderung, was z. B. der Fall ist, wenn die Hauptforderung erloschen ist und es nur darum geht, eine missbräuchliche Benutzung der Bürgschaftsurkunde zu verhindern. Der Wert der Bürgschaftsforderung kann hingegen bestimmend sein, wenn der Schuldner mit der Herausgabeklage eine Inanspruchnahme des Bürgen verhindern will; diese Konstellation wird angenommen, wenn nach dem Bürgschaftsvertrag die Verpflichtungen aus der Bürgschaft bei einer Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen erlöschen (vgl. hierzu BGH in NJW-RR 1946 S. 758, 759 und die dort angegebenen weiteren Hinweise).

Der Kläger macht zu Unrecht geltend, dass das Interesse des Beklagten bezüglich der von diesem erhobenen Widerklage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde geringer zu bewerten ist als der Wert der Bürgschaftsforderung, wie er in der Bürgschaftsurkunde ausgewiesen ist. Für das Interesse des auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde Klagenden kann es nicht allein darauf ankommen, ob der Gläubiger der Hauptforderung konkret beabsichtigte, die Bürgschaft in Anspruch zu nehmen bzw. Umstände vorlagen, die ihn dazu angehalten hätten, zur Wahrung der eigenen Interessen dies zu tun. Entscheidend ist allein, ob und inwieweit zum Zeitpunkt der Erhebung der Herausgabeklage noch eine Inanspruchnahme der Bürgschaft in Betracht kommen kann. Dies scheidet aus, wenn unstreitig zwischen den Parteien die Bürgschaft erloschen ist bzw. die Hauptforderung nicht mehr besteht. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Voraussetzungen für das Erlöschen der Bürgschaft nach Ziffer 5 b) der Bürgschaftsurkunde vom 19. Dezember 1997 lagen schon deshalb nicht vor, weil eine Vereinbarung über die Leistung von Teilbeträgen i. S. v. § 3 Abs. 2 MaBV zwischen den Vertragsparteien überhaupt nicht getroffen worden ist und die diesbezügliche Bestimmung der Bürgschaftsurkunde deshalb nicht zur Anwendung kommen konnte. Deshalb konnte die Bürgschaft nur durch Rückgabe der Bürgschaftserklärung gemäß Ziffer 5 c) der Bürgschaftsurkunde erlöschen.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Interesse des Beklagten an der Herausgabe der Urkunde deshalb geringer zu bewerten war als die Bürgschaftsforderung, weil die Hauptforderung nicht bestand. Hierbei handelte es sich um eine bedingte Forderung, so dass sich lediglich die Frage stellen konnte, ob der Eintritt der Bedingung (Rücktritt des Klägers vom Vertrage) zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage ausgeschlossen war. Letzteres ist vom Kläger nicht hinreichend dargetan worden. Die Nachtragsvereinbarung der Vertragsparteien vom 9. März 1998 hat, wie der Kläger selbst vorträgt, lediglich "eine Vielzahl streitiger Fragen" zwischen den Vertragsparteien geregelt. Sie verhielt sich jedoch nur über den Ausbau des Dachgeschosses und über dem Kläger zu erteilende Gutschriften wegen möglicher Weigerungen der Mieter bezüglich der Modernisierung. Ein Rücktritt des Klägers bezüglich des notariellen Vertrages vom 18. Dezember 1997 wegen der geltend gemachten Mängel und eine etwaige Leistungsverweigerung der Beklagten war damit jedenfalls nicht ohne weiteres ausgeschlossen. Ob der Rücktritt des Klägers, wäre er ausgesprochen worden, Erfolg gehabt hätte und insbesondere ob der Kläger die Voraussetzungen des Rücktritts gegenüber der Bürgin hätte nachweisen können, spielt für die Bewertung des Interesses der Beklagten an der Herausgabe der Bürgschaftsurkunde keine Rolle. Maßgebend ist insofern allein, dass nach wie vor ein Risiko auf Inanspruchnahme der Bürgschaft im Falle des Rücktritts des Klägers in Betracht kam und dementsprechend das Interesse der Beklagten am Erlöschen der Bürgschaft auf den vollen Bürgschaftsbetrag zu bemessen ist.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 25 Abs. 4 GKG).

Ende der Entscheidung

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