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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: 8 W 30/02
Rechtsgebiete: EGZPO, ZPO


Vorschriften:

EGZPO § 26 Nr. 10
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 1
ZPO § 571 Abs. 4 n.F.
ZPO § 577 Abs. 2
ZPO § 775 Abs. 1
ZPO § 793
ZPO § 890
ZPO § 929 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 30/02

In der Zwangsvollstreckungssache

hat der 8. Zivilsenat des Kammgerichts in Berlin ohne mündliche Verhandlung am 21. März 2002 durch den Vorsitzender Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und den Richter am Amtsgericht Dr. Müther beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 9. Januar 2002 gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts Berlin, Az.: 94 O 137/01, vom 10. Oktober 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens beträgt 102.258,37 EUR (= 200.000 DM).

Gründe:

1) Die sofortige Beschwerde ist zulässig), sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingegangen. Auf die Beschwerde findet noch das Verfahrensrecht vor dem 1. Januar 2002 Anwendung, weil der angegriffene Beschluss vor diesem Zeitpunkt verkündet worden ist, vgl. § 26 Nr. 10 EGZPO. Da die Beschwerde nach § 569 Absatz 1 ZPO beim Landgericht eingelegt werden konnte, bedurfte es auch keiner Postulationsfähigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin vor dem Kammergericht. Auf Grund der Neufassung des § 571 Absatz 4 ZPO n.F. gilt dies nach Auffassung des Senats auch für die Einreichung weiterer Schriftsätze. Gegen die Ordnungsmittelfestsetzung ist die sofortige Beschwerde zulässig, vgl. § 793 ZPO. Die Beschwerdefrist nach den § 577 Absatz 2 ZPO von zwei Wochen ist eingehalten.

2) Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Landgericht hat gegen die Schuldnerin zu Recht ein Ordnungsgeld verhängt. Auch dessen Höhe ist nicht zu beanstanden.

a) Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 890 ZPO lagen vor. Denn mit dem Beschluss vom 14. August 2001 war der Schuldnerin bereits unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel die Fortführung der Bauarbeiten untersagt worden. Dieser Beschluss ist der Schuldnerin auch am 15. August 2001 auf Betreiben der Gläubigerin durch den Gerichtsvollzieher und damit innerhalb der Vollziehungsfrist nach § 929 Absatz 2 ZPO zugestellt worden. Aus dieser Zustellung im Wege des Parteibetriebs konnte die Schuldnerin auch hinreichend deutlich entnehmen, dass die Gläubigerin die Absicht hatte, bei einem Verstoß gegen das Unterlassungsgebot die Vollstreckung aus dem Beschluss zu betreiben.

Gegen diesen Beschluss hat die Schuldnerin auch schuldhaft verstoßen. Der Behauptung der Gläubigerin, dass am 16. August sowie am 20. und 21. August 2001 weitere Arbeiten oberhalb der Stütze stattgefunden haben, ist die Schuldnerin nicht entgegen getreten. Die Durchführung dieser Arbeiten lässt auch den Schluss zu, dass auf Seiten der Schuldnerin zumindest ein Organisationsverschulden vorlag, weil sie die Weiterführung der Arbeiten eigentlich verhindern musste. Dieses Verschulden ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Parteien nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung Verhandlungen geführt hätten, nach deren Eindruck - so jedenfalls der Vortrag der Schuldnerin - keine der Seiten die Einstellung der Bauarbeiten wirklich wollte. Denn die Schuldnerin behauptet nicht, dass die Parteien eine Aussetzung der Vollstreckung vereinbart hätten. Allein schon aus der Zustellung der einstweiligen Verfügung hätte sie aber hinreichend deutlich entnehmen müssen, dass die Gläubigerin auch zu einer Vollstreckung bereit war.

b) Vollstreckungshindernisse sind nicht ersichtlich. Dass die Parteien nach dem Erlass eine an sich mögliche Vereinbarung über die Aussetzung der Vollstreckung getroffen hätten, hat die Schuldnerin schon nicht behauptet. Der Vollstreckung stand aber auch nicht § 775 Absatz 1 ZPO entgegen. Der der Vollstreckung zugrunde liegende Titel ist allerdings durch das Urteil des Landgerichts vom 10. Oktober 2001 auf den Widerspruch der Schuldnerin dahin abgeändert worden, dass der Beschluss vom 14. August 2001 mit der Maßgabe aufrechterhalten bleibt, dass die Aussprüche zur Hauptsache für die Zukunft erledigt sind. Dies führt nicht dazu, dass die Ahndung der vor dieser Abänderung liegenden Zuwiderhandlungen unzulässig wäre. Denn die Vollstreckbarkeit ist ausdrücklich nur für die Zukunft beseitigt worden, so dass eine Ahndung der Zuwiderhandlungen mit dem auch repressiv wirkenden Ordnungsgeld möglich bleibt (vgl. dazu BayObLG, NJW-RR 1995, 1040; OLG Hamm, WRP 1990, 423; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 890 Rn. 10; Münchener Kommentar/Schilken, ZPO, 2. Aufl., § 890 Rn. 15, jew. mwN). Soweit auch für einen derartigen Fall die Ahndung verneint wird, weil eine nachträgliche Ahndung für den Gläubiger nutzlos sei und allenfalls seine Rachegelüste stillen könnte (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 510), hält der Senat dies nicht für ausreichend, um die Zulässigkeit der Festsetzung verneinen zu können. Denn gerade der vorliegende Fall zeigt, dass eine Ahndung gleichwohl Sinn macht, wenn - wie hier - die Parteien weiterhin untereinander verbunden bleiben. Ein sanktionsloser Verstoß gegen ein Unterlassungsgebot könnte die Schuldnerin gerade veranlassen, weitere einen Unterlassungsanspruch rechtfertigende Handlungen zu begehen und auch in diesen Fällen in der Gewissheit ihrer Sanktionslosigkeit gegen die eine Unterlassung gebietende gerichtlichen Entscheidungen zu verstoßen.

c) Auch die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden. Soweit die Schuldnerin der Auffassung ist, Verstöße gegen andere Unterlassungsgebote dürften bei der Zumessung nicht berücksichtigt werden, trifft dies nicht zu. Grundlage der Zumessung ist unter anderem nämlich auch das Grad und das Ausmaß des Verschuldens. Zur Bemessung dieses Verschuldens kann aber das gesamte Verhalten der Schuldnerin herangezogen werden und damit auch ihr Verhalten gegenüber Unterlassungsgeboten in anderen Fällen.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO entsprechend.

Ende der Entscheidung

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