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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 13.07.2005
Aktenzeichen: 8 W 45/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Zum Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Klage auf Feststellung der Räumungspflicht, wenn Klage auf zukünftige Leistung in Betracht kommt; Zur Annahme eines sofortigen Anerkenntnisses.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 45/05

13.07.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel am 13. Juli 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagen zu 1) wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 12. Mai 2005 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 06. Juni 2005 teilweise abgeändert:

Dem Beklagten zu 1) wird für die Rechtsverteidigung gegen den Räumungs- und Herausgabeanspruch Prozesskostenhilfe - unter Beiordnung der Rechtsanwälte G------- & Collegen, M-------straße --, in B----- - bewilligt.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthafte Beschwerde des Beklagten zu 1) ist begründet. Das Landgericht hat dem Beklagten zu 1) die begehrte Prozesskostenhilfe bezüglich des Herausgabe- und Räumungsanspruches zu Unrecht verweigert, weil die Rechtsverteidigung Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).

Die ursprüngliche Klage auf Feststellung, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, die Gewerberäume in der .......in Berlin, zum 30. April 2005 an die Klägerin herauszugeben, war unzulässig. Der Klage fehlte insoweit das Rechtsschutzbedürfnis gemäß § 256 ZPO. Ist nämlich eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar wird im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffes in einem Prozess das abstrakte Feststellungsinteresse regelmäßig fehlen; die Feststellungsklage ist dann unzulässig (Zöller/Greger, ZPO, 25. Auflage, § 256 ZPO, Rdnr.7 a). Die Feststellung einer künftigen Räumungspflicht kann daher nicht verlangt werden (Baumbach/Hartmann, ZPO, 62. Auflage, § 156 ZPO, Rdnr.87). Vorliegend hätte die Klägerin im Hinblick darauf, dass das Mietverhältnis nach dem vertraglich vereinbarten Mietende erst zum 30. April 2005 endete, Klage auf zukünftige Leistung gemäß § 257 ZPO erheben können.

Den mit Schriftsatz vom 04. April 2005 geltend gemachten Räumungs- und Herausgabeanspruch hat der Beklagte zu 1) mit Schriftsatz vom 15. April 2005 sofort anerkannt.

Erkennt eine beklagte Partei das Klagebegehren an, dann ist Erfolgaussicht ihrer Rechtsverteidigung nach § 114 ZPO dann zu bejahen, soweit die beklage Partei keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und sie daher mit der Kostenfolge des § 93 ZPO von den Kosten des Rechtsstreit freizustellen ist (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1993,1344; OLG Naumburg FamRZ 2001, 923; OLG Hamm FamRZ 2003,459; Zöller/Philippi, a.a.O., § 114 ZPO, Rdnr.25). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte zu 1) hat den Räumungs- und Herausgabeanspruch sofort im Sinne von § 93 ZPO anerkannt und hat auch zur Klage keine Veranlassung gegeben. Veranlassung zur Erhebung einer Klage gibt man durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt. Daraus folgt, dass es für die Frage, ob der Beklagte zur Klage Veranlassung gegeben hat, auf sein Verhalten vor dem Prozess ankommt (BGH Beschluss vom 08. März 2005 - VIII ZB 3/04 -; BGH Urteil vom 27.Juni 1979 - VIII ZR 233/78, NJW 1979,2040). Das Verhalten des Beklagten zu 1) vor dem Prozess rechtfertigte für die Klägerin nicht dessen Notwendigkeit. Die Beendigung des Mietverhältnisses zum 30. April 2005 mit Ablauf des vertraglich vereinbarten Mietendes war zwischen den Parteien zu keiner Zeit streitig. Der Beklagte zu 1) hat selbst nach dem Vortrag der Klägerin nur um die Prüfung der Verlängerung des Mietverhältnisses nachgesucht. Soweit die Klägerin - im Übrigen unsubstantiiert behauptet hat - , dass der Beklagte zu 1) geäußert habe, dass er sich "außer stande" sehe, das Mietverhältnis zum 30. April 2005 aufzugeben und die Räume herauszugeben, hat der Beklagte zu 1) diesen Vortrag bestritten. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Klägerin davon ausgehen musste, dass sie ohne Klage nicht zu ihrem Recht kommen würde. Der Beklagte zu 1) hat - entgegen der Ansicht des Landgerichts - auch nicht dadurch Klageveranlassung gegeben, dass er den Räumungs- und Herausgabeanspruch nicht sofort erfüllt hat. § 93 ZPO verlangt nicht, dass zum sofortigen Anerkenntnis auch die sofortige Erfüllung tritt (vgl. Senatsbeschluss vom 01.09.1997 - 8 W 5623/97 - KG-Report 1998,20 für Geldschulden; Senatsurteil vom 19.02.2001 - KG Report 2001, 121 für Räumungsanspruch; vgl. auch OLG München MDR 2003,1134; OLG Schleswig MDR 1997,887; OLG Celle OLG Report 1994,159; OLG Hamm FamRZ 1993,1344;Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 26. Auflage, § 93 ZPO, Rdnr.3; Münchener Kommentar , ZPO, 3. Auflage, § 93 ZPO, Rdnr. 6; a.A. Zöller/Herget, ZPO, a.a.O., § 93 ZPO, Rndr.5 für Geldschulden; Baumbach/Hartmann, ZPO; 62.Auflage, § 93 ZPO, Rdnr.92 mit Rechtsprechungsnachweisen).

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht; eine Kostenerstattung findet nicht statt (§ 127 Abs. 4 ZPO).



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