Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.05.2006
Aktenzeichen: 9 U 127/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 824
BGB § 1004
ZPO § 531 Abs. 2
Die Haftung der Rating-Agentur gegenüber dem Emittenten für ein nicht von dem Emittenten in Auftrag gegebenes Rating seiner Kapitalanlage richtet sich nach den Maßstäben, die die Rechtsprechung für die Zulässigkeit der Veröffentlichung (vergleichender) Waren- und/oder Leistungstests entwickelt hat.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 9 U 127/05

verkündet am: 12. Mai 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Nippe und die Richter am Kammergericht Bulling und Spiegel für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 24. Mai 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27 O 293/05 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird dieses Urteil teilweise geändert, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom 7. April 2005 insgesamt aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens insgesamt zu tragen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist eine Beteiligungsgesellschaft in Form eines Medienfonds (Musikfonds), an der im April 2005 neben der Komplementär-GmbH etwa 170 Kommanditisten beteiligt waren. Zur Einwerbung weiterer Kommanditisten gab die Antragstellerin im Februar 2005 einen Emissionsprospekt "Tnnn 2005" heraus mit dem sie plante, weiteres Kommanditkapital in Höhe von 13,7 Mio. EUR zu akquirieren.

Die Antragsgegnerin ist eine Rating-Agentur, die u. a. Investitionsmärkte, Kapitalanlagen und Unternehmen bewertet. Sie stellt ihren Lizenznehmern und über das Internet auch Verbrauchern gegen Entgelt eine Informationsplattform und Analysen zur Verfügung. Ihr Arbeitsgebiet ist die Recherche, Analyse und Bewertung von Kapitalanlagen, deren Managementunternehmen und deren Zielmärkten.

Die Antragsgegnerin erstellte am 2. März/26. März 2005 eine "Detailanalyse" über das Beteiligungsangebot der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin am 7. April 2005 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin auf Unterlassung folgender Äußerungen aus der "Detailanalyse" erwirkt:

a. Eine von Produktionsbeginn bis Produktionsende bestehende dauerhafte Einflussnahme und Kontrollmöglichkeit der Anleger inklusive Änderungsmöglichkeiten in kreativen Fragen ist nicht normiert.

b. Mit Nichtanerkennung der steuerlichen Konzeption ist auch ein Zusammenbruch der wirtschaftlichen Konzeption verbunden.

c. Die bezeichneten von der Fondsgesellschaft zu tragenden Kosten sowie prozentualen Beteiligungen werden hinsichtlich der Höhe nicht näher spezifiziert.

d. Vertriebsgebühren fließen in der Regel wieder in Richtung Ann Cnnnnn und Jnnn Hnnn zurück.

e. Die Höhe der laufenden Ausgabepositionen liege über dem branchenüblichen Rahmen.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 24. Mai 2005 die einstweilige Verfügung zu b. bestätigt und im Übrigen die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Der Antragstellerin ist das Urteil des Landgerichts am 1. Juni 2005 zugestellt worden. Mit ihrer am 30. Juni 2005 eingelegten und nach Fristverlängerung bis zum 1. September 2005 am 1. September 2005 begründeten Berufung verfolgt die Antragstellerin die zurückgewiesenen Verfügungsansprüche weiter. Die Antragsgegnerin begehrt mit ihrer am 29. Juli 2005 begründeten Berufung gegen das ihr am 31. Mai 2005 zugestellte Urteil des Landgerichts die vollständige Zurückweisung der Unterlassungsansprüche der Antragstellerin.

Die Antragstellerin macht unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin geltend, dass es sich entgegen der Meinung des Landgerichts auch bei den Äußerungen zu a., c., d. und e. nicht um Meinungsäußerungen handele, sondern um Tatsachenbehauptungen; diese seien falsch.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils wird angeordnet, dass es die Antragsgegnerin bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR zu unterlassen hat, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen, aufstellen zu lassen, zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, dass

a) eine von Produktionsbeginn bis Produktionsende bestehende dauerhafte Einflussnahme und Kontrollmöglichkeit der Anleger inklusive Änderungsmöglichkeiten in kreativen Fragen nicht normiert ist

c) die bezeichneten von der Fondsgesellschaft zu tragenden Kosten sowie prozentualen Beteiligungen hinsichtlich der Höhe nicht näher spezifiziert werden

d) Vertriebsgebühren in der Regel wieder in Richtung Ann Cnnnnn und Jnnn Hnnn zurückfließen

e) die Höhe der laufenden Ausgabepositionen über dem branchenüblichen Rahmen liegen

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. die Berufung der Antragstellerin zurückzuweisen;

2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die einstweilige Verfügung zu b. aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin macht unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags geltend, dass es sich auch bei der Äußerung zu b. entgegen der Meinung des Landgerichts um eine Meinungsäußerung handele.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Antragsgegnerin ist begründet, die Berufung der Antragstellerin ist unbegründet. Der Antragstellerin stehen keine Unterlassungsansprüche aus §§ 1004 mit § 823 BGB bzw. 824 BGB gegen die Antragstellerin hinsichtlich der beanstandeten Äußerungen zu.

A) Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass das Rating als eine prognostische Einschätzung der Fähigkeiten des Emittenten zur Erfüllung der beworbenen Kapitalanlage eine wertende Beurteilung darstellt (vgl. Habersack, ZHR 169 <2005>, 185, 195). Diese Beurteilung muss der Emittent grundsätzlich hinnehmen, und zwar auch dann, wenn sie für ihn ungünstig ist. Jeder Gewerbebetrieb muss eine nicht in Wettbewerbsabsicht verbreitete Kritik an seinem Produkt dulden (vgl. BGH GRUR 1969, 624, 627). Die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Ratings - hier im sogenannten Investoren-Abonnement durch die Weitergabe der "Detailanalyse" an die Lizenznehmer - ist (mit) an den Maßstäben auszurichten, die die Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 1997, 2593; GRUR 1989, 539) für die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Waren- bzw. Leistungstests entwickelt hat; dabei ist bei dem Rating ein besonderes Augenmerk auf eventuelle Interessenkonflikte zu legen (vgl. Habersack a.a.O., S. 191, 195, 199 ff.).

Danach muss die jeweilige Analyse einer beworbenen Kapitalanlage neutral, sachkundig und im Bemühen um objektive Richtigkeit erarbeitet werden. Unter diesen Voraussetzungen ist dem Analysten in Ansehen der volkswirtschaftlichen Funktion für Markttransparenz und Verbraucheraufklärung für sein Gutachten ein erheblicher Entscheidungsfreiraum in der Durchführung und der Darstellung der Untersuchungsergebnisse einzuräumen. Des Weiteren können in der Analyse enthaltene unwahre Tatsachenbehauptungen zwar Ansprüche nach §§ 824 bzw. 1004, 824 BGB auslösen; dies aber nur, wenn ihnen im Rahmen der Analyse eine eigenständige Bedeutung zukommt. Handelt es sich dagegen um Angaben, die zu den Analyseergebnissen hinführen, kann es gerechtfertigt sein, diese Angaben gemeinsam mit den Ergebnissen als wertende Meinungsäußerung anzusehen.

B) Nach diesen rechtlichen Gesichtspunkten kann die Antragstellerin nicht die Unterlassung der in der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 7. April 2005 erfassten fünf Äußerungen der Detailanalyse vom 2. März/12. März 2005 verlangen. Die Antragstellerin zeigt keine rechtswidrige Beeinträchtigung ihres Gewerbebetriebs in der Auswertung ihres Emissionsprospektes "Tnnn 2005" durch die Antragsgegnerin auf.

1. Nach dem Vortrag der Parteien ist davon auszugehen, dass die "Detailanalyse" der Antragsgegnerin die oben (A)) angeführten Kriterien erfüllt. Ansprüche aus dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (vgl. dazu BGH NJW 1976, 620) scheiden somit aus.

Die Antragsgegnerin hat die Untersuchung des Musikfonds der Antragstellerin neutral vorgenommen. Die Antragsgegnerin gehört nach ihrem unwidersprochen gebliebenem Vortrag zu den führenden deutschen Rating-Agenturen für internationale Kapitalanlagen und hat im Jahre 2004 über 1.650 Ratings vergeben. Auf ihre Ratingergebnisse greifen derzeit über 700 Finanzinstitute mit einem jährlichen Vermittlungsvolumen von über 4 Mrd. EUR zu. Auch ist sie gesellschaftsrechtlich unabhängig, eine Einbindung in Vertriebs- oder Produktinteressen Dritter ist nicht ersichtlich.

Es besteht kein hinreichender Anhalt, dass die Antragsgegnerin die der Veröffentlichung zugrunde liegenden Untersuchungen und Berechnungen nicht sachkundig durchgeführt hätte. Die Antragsgegnerin trägt vor, ihre Analyse des Fonds auf der Grundlage anerkannter Kriterien erstellt zu haben. Die Antragstellerin tritt dem nicht in erheblicher Weise entgegen. Es fehlt an jeglichem Vorbringen, dass die Antragsgegnerin wissenschaftliche Standards nicht eingehalten hätte.

Die Antragsgegnerin war ersichtlich um objektive Richtigkeit ihrer Ausarbeitung bemüht. Dem widerspricht nicht, dass sie wiederholt darauf verweist, sie habe sich im Sinn des Verbraucherschutzes pointiert ausdrücken dürfen.

Die Frage, inwieweit zur sachkundigen und objektiven Erstellung des Analysegutachtens auch das Bemühen der Rating-Agentur gehört, möglichst umfassend Informationen von dem Emittenten über dessen Prospektangaben hinaus zu erhalten und/oder bei Unklarheiten die sich aus der Auswertung des Emissionsprospektes ergeben, gegebenenfalls bei dem Emittenten nachzufragen (vgl. Habersack, a.a.O., S. 201) kann im Streitfall offen bleiben. Die Antragstellerin hatte im Verlauf des Rechtsstreits insoweit kein Fehlverhalten der Antragsgegnerin gerügt. Ihr Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, sie habe überhaupt keine Anfrage der Antragsgegnerin erhalten, wurde von der Antragsgegnerin mit gegenteiliger Behauptung bestritten; es muss somit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtet bleiben. Im Streitfall bedarf es ferner keiner Entscheidung, ob die Rating-Agentur verpflichtet sein kann, vor der Veröffentlichung ihres Ratings dem Emittenten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (so Habersack a.a.O., S. 197, 204). Die Antragstellerin hat sich auf diesen Gesichtspunkt nicht berufen.

2. Ansprüche aus § 824 BGB bestehen nicht. Die von der Antragstellerin aus dem sehr umfangreichen Analysegutachten herausgegriffenen fünf Äußerungen stellen keine nachweisbar falschen Tatsachenbehauptungen dar.

zu a.

Die Äußerung zu a. (dauerhafte Einflussnahme und Kontrollmöglichkeit der Kommanditisten des Fonds) und b. (wirtschaftlicher Zusammenbruch des Konzepts) hängen mit der Problematik zusammen, ob das dem Fonds für die Anleger zugrunde liegende steuerliche Konzept von der Finanzverwaltung anerkannt werden wird oder nicht. Der vorliegende Musikfonds soll nach der Beschreibung im Emissionsprospekt dem Anleger eine steuerliche Begünstigung ermöglichen, indem seine Gesamtkonzeption die steuerliche Gesamtabschreibung der Einlage im Jahr der Investition ermöglicht. Diese steuerliche Vergünstigung - die nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin als Anreiz für Anleger bei Medienfonds der vorliegenden Art stets vorgesehen ist - setzt voraus, dass die Antragstellerin (also die Gesellschaft) und auch deren einzelne Gesellschafter (also die Anleger als Kommanditisten) als "Hersteller" der jeweiligen Medienproduktion von der Finanzverwaltung anerkannt werden.

Die Anforderungen an die Herstellereigenschaft eines Fonds wurden durch die Neufassung des sogenannten Medienerlasses des Bundesministers für Finanzen vom 5. August 2003 gerade im Hinblick auf die einzelnen Gesellschafter deutlich verschärft. Die Antragsgegnerin stellt nicht in Abrede, dass die Gesamtkonzeption des Fonds den Medienerlassen in der früheren Fassung (so auch der vom 23. Februar 2001) entsprochen hätte. Sie hegt jedoch erhebliche Zweifel, ob dies auch für die Fassung vom 5. August 2003 gilt.

Sofern die Antragsgegnerin nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung meint, dass im Hinblick auf den Medienerlass in der Fassung vom 5. August 2003 Unsicherheiten in der Fondsgestaltung bestehen, darf und muss sie diese darstellen. Sie darf diese ihrer Meinung nach bestehenden Schwachpunkte des Konzeptes unmissverständlich herausstellen.

Die zu a. von der Antragstellerin beanstandete Äußerung nimmt in der "Detailanalyse" der Antragsgegnerin ausdrücklich auf die veränderten Anforderungen aufgrund des Medienerlasses vom 23. Februar 2003 - wertend - Bezug, wie das Landgericht zutreffend ausführt. Die Antragsgegnerin prüft, ob die Satzung der Antragstellerin den verschärften steuerrechtlichen Anforderungen genügt. Sie beschreibt die den Gesellschaftern zustehenden Mitsprache- und Kontrollrechte. Sie äußert in dem Zusammenhang ihre Zweifel ("dürfte ... nicht genügen"), ob die Konzeption dennoch den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen der Ergänzung des Medienerlasses genügt und somit die Herstellereigenschaft aller Anleger von den Finanzverwaltungen anerkannt werden wird. Die beanstandete Aussage der Antragsgegnerin ist in der Zusammenschau der von der Antragstellerin zitierten § 12 Ziff. 2, § 16 und § 17 des Gesellschaftsvertrages keine konstruierte, sondern eher sogar nahe liegende Interpretation der Satzung und somit zulässige Wertungsfrage. Mit Recht durfte die Antragsgegnerin - auch in apodiktischer Form - darstellen, dass (ihrer Meinung nach) den Anlegern gerade keine dauerhafte Einflussnahme- und Kontrollmöglichkeit in allen die "Hersteller"-Eigenschaft betreffenden Fragen eingeräumt und gewährleistet ("normiert") ist. Die Antragstellerin hat mit der Berufung unwidersprochen beispielhaft die Konzeption eines mitbestimmenden Beiratsmodells aufgezeigt, das den Anforderungen des Medienerlasses vom 2. August 2003 entsprechen dürfte und den Unterschied in der Konzeption des hier in Rede stehenden Fonds veranschaulicht.

zu b.

Entgegen der Meinung des Landgerichts stellt sich aus den oben angeführten Gründen auch die Äußerung zu b. als Wertung und somit zulässige Meinungsäußerung dar.

Die beanstandete Äußerung ist eingebettet in die Gesamtanalyse der Konzeption des zu bewertenden Musikfonds. Demnach bewertet die Antragsgegnerin das Risikopotenzials des Fonds als "sehr hoch" und die Prognosesicherheit, d. h. die Vorhersagbarkeit der seitens der Antragstellerin prognostizierten Umstände, als "sehr niedrig".

Die Antragsgegnerin hat darüber hinaus der beanstandeten Äußerung unmittelbar vorangestellt, dass aufgrund der strengen Vorgaben des Medienerlasses die steuerliche Konzeption bei Medienfonds stärker risikobehaftet sei als bei anderen Fonds, da aufgrund der Interpretationsfähigkeit des Medienerlasses immer die Möglichkeit einer abweichenden Meinung der Finanzverwaltung bestehe. Die Frage der Anerkennung der steuerlichen Konzeption des Fonds ist hypothetisch und hängt von der zukünftigen Entscheidung der zuständigen Finanzbehörden ab. Schon von daher geht auch im vorliegenden Zusammenhang der Schluss auf eine dem Wahrheitsbeweis zugängliche Tatsachenbehauptung fehl.

Wesentlich ist ferner, dass ausweislich der von der Antragsgegnerin eingeführten Performance-Analyse der Fa. Cnn Annn betreffend Film- und Musikfonds per April 2005 lediglich 4 von 153 bisher aufgelegten Medienfonds das nominal eingesetzte Kapital wieder ausschütteten und von daher mit Medienfonds Renditen kaum zu erwirtschaften waren. Das stellt die Antragstellerin nicht in Abrede.

Wenn aber Renditen mit Medienfonds kaum zu erzielen sind und die Antragstellerin im Fondsprospekt auf Seite 6, der ersten Seite nach dem Vorwort, unter der Überschrift "Negative Einkünfte im Beitrittsjahr" ausführt, dass den Anlegern voraussichtlich im Beitrittsjahr Verluste in Höhe von 105 % des gezeichneten Eigenkapitals steuerlich zuzurechnen sein werden, so unterstreicht sie selbst - entgegen ihrem Vortrag im Prozess - die steuerliche Anerkennung als zumindest einen - wenn nicht den zentralen - Aspekt der wirtschaftlichen Konzeption des Fonds.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die beanstandete Äußerung vor dem Hintergrund politischer Bestrebungen zur Reduzierung von Verlustzuweisungen aus u. a. Medienfonds erfolgte. Schließlich legt die Antragsgegnerin unwidersprochen das einem Medienfonds - entgegen einer konservativen Geldanlage - besonders immanente Risiko des Misserfolges dar.

Damit verbleibt für den Anleger eines Medienfonds nur eine Konstante, nämlich die der steuerlichen Verlustzuweisung in Höhe der Einlage zuzüglich 5 % Agio im Jahr der Investition. Fällt dieser steuerliche Anreiz aufgrund der Konstruktion des Medienfonds oder politischer Bestrebungen weg, so ist es nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang und auf dieser Grundlage wertend von einem Zusammenbruch der wirtschaftlichen Konzeption spricht.

zu c.

Die Äußerung zu c. (Kostenspezifizierung) - wie auch die Äußerung zu d. (Vertriebsgebühren) - steht im Zusammenhang mit der Untersuchung und Bewertung des Verhältnisses von Brutto- und Nettoerlösen auf der Ebene der Fondsgesellschaft lt. Emissionsprospekt durch die Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin bemängelt auf Seite 30 der Detailanalyse - wie sie im Prozess erläutert -, dass sich die Fondsinitiatoren im Fondsprospekt abweichend von deren Emittenten nicht auf ein konkretes Rückflussszenario festgelegt hätten, so dass der Anleger nicht hinreichend wisse, was ihn erwarte.

Auch insoweit ist hinsichtlich der Äußerung zu c. aus den zu A) angeführten Erwägungen nicht von einer Tatsachenbehauptung, sondern mit dem Landgericht von einer Meinungsäußerung auszugehen.

Die Äußerung darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss in dem Kontext bewertet werden, in dem sie aufgestellt worden ist. Zwar schlüsselt die Antragstellerin, worauf die Antragsgegnerin auf Seite 30 der Analyse eingangs auch hinweist, im Rahmen der Prognoserechnung auf Seite 15 des Prospekts die erwarteten Nettoerlöse nach Abzug sämtlicher von der Fondsgesellschaft zu tragenden Kosten sowie prozentualen Beteiligungen von Künstlern, Produzenten, GEMA, Vertrieb usw. hinsichtlich des einzelnen Tonträgers detailliert auf. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine am HAP (Händlerabgabepreis) orientierte Modellrechnung betreffend die erwarteten Einnahmen aus dem Tonträgerverkauf. Die Antragstellerin führt dort folgerichtig auch aus, dass die Einnahmen üblicherweise vom Tonträgervertrieb gegenüber dem Musikverlag abgerechnet und voraussichtlich Einnahmen in bezifferter Höhe erzielt werden. Unter der Rubrik "Die Wirtschaftlichkeit" führt die Antragstellerin auf Seite 36 des Prospekts sodann aus, dass die in Ansatz gebrachten Erlöse "bereits sämtliche entstehenden und vom Fonds zu tragenden Kosten sowie die prozentualen Beteiligungen von Künstlern, GEMA, Vertrieb, usw." berücksichtigen. Die beanstandete Äußerung darf daher nicht nur auf den oben zitierten vorausgegangenen Satz bezogen werden, sondern muss in dem von der Antragsgegnerin gemeinten Zusammenhang ("Die Wirtschaftlichkeit", Seite 36 des Prospekts) gewürdigt werden. Danach ist es nicht zu beanstanden, dass es die Antragsgegnerin kritisiert, dass zwar die Nettoerlöse pro einzelnem Tonträger auf Seite 15 des Prospekts detailliert in Aussicht gestellt werden, es ihrer Meinung nach aber an einer abschließenden Spezifizierung der Kosten und an einer Aufschlüsselung der prozentualen Höhe der Beteiligungen Dritter und der entstehenden Kosten fehlt. Den wertenden Charakter ihrer Äußerung unterstreicht die Antragsgegnerin mit dem unmittelbar anschließenden Satz, dass es aus ihrer Sicht der Antragstellerin aufgrund vorhandener Erfahrungswerte hätte möglich sein sollen, hier Anhaltspunkte zu geben.

Die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergab, dass die Antragstellerin zu diesem Punkt möglicherweise vor der Veröffentlichung der "Detailanalyse" klarstellende Angaben hätte machen können. Möglicherweise wären dann die hier in Rede stehenden Angaben der Antragsgegnerin nicht als bewertende Meinungsäußerung zu qualifizieren. Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung. Die Einlassung der Antragstellerin führte zu einer kontroversen Diskussion der Parteien und ist somit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

zu d.

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, dargelegt, dass die Antragsgegnerin sich mit der Äußerung zu d. im Rahmen einer zulässigen Wertung bewegt. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die Interpretation der Antragsgegnerin durch den Wortlaut der von der Antragsgegnerin angeführten Passagen aus dem Emissionsprospekt gedeckt ist.

Die Antragstellerin hat allerdings des Weiteren in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass dieser Interpretation der doppelten Vertriebsgebühr ein falsches bzw. fehlendes Verständnis der Antragsgegnerin vom Musikgeschäft zugrunde liege. Denn der auf Seite 22 ihres Prospekts im Zusammenhang mit der Vermittlungsagentur erwähnte "Vertrieb" beziehe sich lediglich auf die Vermittlung der Firma, die den Tonträgervertrieb vornimmt, insoweit sei also lediglich eine Art Maklerprovision angesprochen. Es spricht einiges dafür, dass angesichts des Wortlauts des Prospekts die Antragsgegnerin dennoch zu der hier in Rede stehenden Beurteilung berechtigt wäre. Diese Streitfrage bedarf jedoch wegen § 531 Abs. 2 ZPO ebenfalls keiner Entscheidung.

zu e.

Auch die Äußerung zu e. (Höhe der laufenden Ausgabepositionen) stellt eine zulässige Meinungsäußerung dar.

Die Antragstellerin übersieht, dass die Antragsgegnerin auf Seite 15 der Analyse im Rahmen einer quantitativen Analyse (siehe die Einleitung auf Seite 13 der Analyse) zunächst das von der Antragstellerin genannte bzw. prospektierte Zahlenmaterial (Seite 32 des Prospekts) unbewertet übernimmt und dieses anhand der so genannten Benchmarks (Bezugspunkte) Durchschnitts-, Minimal- und Maximalwerten gegenüberstellt. Aus diesen - nicht analysierten - Werten ergibt sich rein rechnerisch, dass die prospektierten Fondskosten von 1,63 % der Einnahmen unter dem von der Antragsgegnerin für dasselbe Fondssegment ermittelten Durchschnitt von 2,99 % liegen.

Erst im Zuge der qualitativen Analyse (Seite 23 der Analyse) nimmt die Antragsgegnerin unter den Stichpunkten "Prognosesicherheit, Chancen, Risiken, Zielgruppe" eine Bewertung des prospektierten Zahlenmaterials vor. Sodann folgt unter dem Unterpunkt "Prognosesicherheit - Erläuterung" auf Seite 32 die beanstandete Äußerung. Dort führt sie aus, dass die Ausgabe-Positionen prinzipiell vollständig kalkuliert und detailliert dargestellt seien, sie aber gleichwohl nach ihrer Einschätzung über dem branchenüblichen Rahmen liegen. Dies begründet sie u.a. mit gegebenenfalls entstehenden Kosten für Dienstleistungen Dritter, Zinsrisiken sowie Risiken im Zusammenhang mit der Sicherungshinterlegung. Sie schlüsselt sodann die einzelnen Kostenpositionen wertend auf, Seite 32 f. der Analyse.

Die Antragsgegnerin hält sich damit im Rahmen einer auf ihren Erfahrungen beruhenden Bewertung der Kostenstruktur des Fonds.

Davon abgesehen hat die Antragstellerin ihre Behauptung, dass die Aussage zu e. falsch sei, nicht belegt. Die im Teil der quantitativen Analyse auf Seite 15 der Detailanalyse angeführten Benchmarks enthalten nicht den branchenüblichen Durchschnitt der Höhe der laufenden Ausgabepositionen. Die Antragstellerin hätte somit zu ihrer Behauptung näher vortragen müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück