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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 29.09.2000
Aktenzeichen: 18 Sa 46/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Ziff. 2
ZPO § 260
ZPO § 543 Abs. 1
BGB §§ 249 ff.
BGB § 611
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
18 Sa 46/00

Verkündet am 29. September 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 18. Kammer - durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. Witt, den ehrenamtlichen Richter Gentsch und den ehrenamtlichen Richter Schwarz auf die mündliche Verhandlung vom 29.09.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 30.03.2000 - 5 Ca 398/99 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen, weil gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 30.03.2000 hat keinen Erfolg.

A. Die Berufung der Klägerin ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Sie ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO).

B. Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffenden Gründen abgewiesen.

I. Die Klage ist zulässig. Mit Klagantrag Ziffer 1 hat die Klägerin einen unbezifferten Antrag auf Bezahlung eines Schmerzensgeldes erhoben. Dieser ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zulässig, nachdem die Klägerin in der Klageschrift die als Schmerzensgeld vorgestellte Größenordnung mit DM 15.000,-- angab (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 57. Aufl. 1999, § 253 Rz. 56 ff. m.w.N.).

Der im Wege der Anspruchshäufung gemäß § 260 ZPO gestellte Klagantrag Ziffer 2 ist ebenfalls zulässig. In der Berufungsverhandlung stellte die Klägerin den Streitgegenstand gemäß § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO klar: Sie begehrt die Bezahlung der monatlichen Differenz zwischen dem von ihr bezogenen Krankengeld und ihrer letzten beim Kreiskrankenhaus L. bezogenen Nettoarbeitsvergütung für den Zeitraum von 01. August 1996 bis 31. Juli 1997 in Höhe von monatlich DM 320,-- (DM 3.840,--), zwischen ihrem Arbeitslosengeld von 01. August 1997 bis 31. März 1999 und der letzten Nettoarbeitsvergütung in Höhe von monatlich DM 520,-- (DM 10.400,--), zwischen der von ihr bezogenen Arbeitslosenhilfe und der letzten Nettoarbeitsvergütung für April 1999 in Höhe von DM 680,--, und, im Wege der Teilklage, die entsprechend berechnete Differenz für Mai 1999 in Höhe von DM 80,--. Mit Klagantrag Ziffer 2 wurden daher insgesamt DM 15.000,-- eingeklagt.

II. Beide Klageanträge sind unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Bezahlung eines Schmerzensgeldes und auf Schadensersatz gemäß §§ 823, 847, 249 BGB wegen Verletzung der Gesundheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

1. Gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig u.a. die Gesundheit oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Zu den sonstigen von § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechten gehört das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das die Individual-, die Privat- und die Intimsphäre des Menschen und damit auch sein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung erfasst (vgl. statt vieler BGH Urteil vom 24.11.1987 - VI ZR 42/87 = NJW 1988, 1984; Urteil vom 29.06.1999 - VI ZR 264/98 = NJW 1999, 2893; Palandt-Thomas, Bürgerliches Gesetzbuch, 59 Aufl. 2000, § 823 Rz. 178 m.w.N.). Die schuldhafte und widerrechtliche Verletzung der Gesundheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führt zu einem Anspruch des Verletzten auf Ersatz des materiellen Schadens und unter den Voraussetzungen des § 847 BGB zu einem Anspruch auf Erstattung des immateriellen Schadens in Form eines Schmerzensgeldes.

Die Darlegungs- und Beweislast für das schadensersatzbegründende Verhalten eines anderen, das Verschulden, die haftungsbegründende Kausalität zwischen dem Handeln und der Gesundheitsbeschädigung und die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der Gesundheitsbeschädigung und dem weiteren finanziellen Schaden obliegt im Schadensersatzprozess grundsätzlich dem Verletzten. Nur unter besonderen Voraussetzungen kommt es zu Beweiserleichterungen oder zur Beweislastumkehr (vgl. im Einzelnen Staudinger/Schiemann (1998) Vorbem. Rz. 88 ff. zu §§ 249 ff. BGB; Palandt-Thomas, BGB, § 823 Rz. 167 ff.; Vorbemerkung vor § 249 Rz. 162 ff.).

Da zwischen den Parteien keine Vertragsbeziehung bestand und besteht, kommen vertragliche Anspruchsgrundlagen nicht in Betracht.

2. Die Klägerin hat das einen möglichen Schadensersatzanspruch begründende Verhalten des Beklagten zum überwiegenden Teil nicht substanziiert dargelegt. Das hat das Arbeitsgericht mit zutreffenden Ausführungen festgestellt.

a) Die Klägerin hat ein Gesamtverhalten des Beklagten behauptet, nach welchem er sie von Anfang 1995 bis Ostern 1996 sowie im Juli 1996 schikaniert, bedroht und belästigt haben soll. Sie hat hierzu 11 Sachverhalte angegeben, die "beispielhaft" das Verhalten des Beklagten bestätigen sollen:

aa) Die Klägerin behauptete, an einem Freitag Nachmittag den Beklagten gebeten zu haben, ihr für Samstag einen Helfer zuzuteilen, da mit viel Arbeit zu rechnen sei. Der Beklagte habe die Klägerin daraufhin zum Chefarzt gezerrt und der Arbeitsverweigerung beschuldigt. Der Beklagte habe ihr hierbei am Oberarm mehrere blaue Flecke zugefügt. Hierin liegt keine einer Beweisaufnahme zugängliche Tatsachenbehauptung. Unter Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Seelenlebens zu verstehen (vgl. etwa Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, Einführung vor § 284 Rz. 18 m.w.N.; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl. 1997, § 284 Rz. 9). Die Klägerin hat kein konkretes Datum dieses Ereignisses angegeben. Sie hat auch keine sonstigen Umstände angegeben, aus denen auf den Zeitpunkt des Geschehens geschlossen werden kann. Der Hinweis, dass sich dies zwischen Anfang 1995 und Ostern 1996 abgespielt habe, reicht nicht. Durch diese allgemeine Behauptung nimmt die Klägerin dem Beklagten die Möglichkeit, zu dem Ereignis konkret Stellung zu nehmen, seine Erinnerung an das Geschehen darzulegen und ggf. Gegenbeweismittel anzubieten. Soweit die Klägerin für ihre Behauptung die Vernehmung einer Arbeitskollegin beantragte, handelte es sich wegen des Fehlens einer konkreten Tatsachenbehauptung um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis (vgl. hierzu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Einführung vor § 284 Rz. 27 ff.; Stein/Jonas/Leipold, § 284 Rz 40 ff.; BAG Urteil vom 06.05.1998 - 5 AZR 612/97 = AP Nr. 95 zu § 611 BGB Abhängigkeit).

bb) Soweit die Klägerin auf ein - zeitlich ebenfalls unbestimmtes - Geschehen "an einem anderen Tag" hinwies, an dem eine fehlerhafte Röntgenaufnahme fälschlicherweise das Namenszeichen der Klägerin und nicht das des Beklagten als Produzenten getragen habe, handelte es sich ebenfalls um einen unsubstanziierten Sachvortrag. Mangels näherer zeitlicher Eingrenzung sind weder der Beklagte noch das Gericht in der Lage, die Richtigkeit dieser Behauptung zu überprüfen.

Gleiches gilt für die Behauptung, der Beklagte habe "an einem anderen Tag" die Klägerin wegen fehlender Röntgenaufnahmen vor der versammelten Notfallmannschaft beschimpft, obwohl er die Aufnahmen offenbar in einer Schublade deponiert habe. Abgesehen von der zeitlichen Unbestimmtheit dieser Behauptung handelt es sich um eine reine Vermutung der Klägerin, für die zudem kein Beweis angeboten wurde.

Auch die Behauptung, der Beklagte habe die Klägerin "ein anderes Mal" wegen fehlerhafter Röntgenaufnahmen angebrüllt, obwohl er die Rasterkassette, die für die fehlerhafte Belichtung verantwortlich gewesen sei, zuletzt in der Hand gehabt habe, ist zeitlich unbestimmt. Das gilt ebenso für die weitgehend auch inhaltlich unbestimmten Behauptungen, der Beklagte habe Unterlagen versteckt, die Klägerin bedroht und habe kindliche Scherze gemacht.

Soweit die Klägerin behauptete, an einem Wochenende sei die Röntgenanlage durch den Notfallknopf ausgeschaltet gewesen, war dies ebenfalls zeitlich unbestimmt. Nachdem der Beklagte angab, dass das versehentliche Betätigen des Notfallschalters beim Öffnen der Tür geschehen könne, was jeder Mitarbeiter wisse, hätte die Klägerin nicht nur die zeitliche Präzisierung vornehmen, sondern auch das vorwerfbare Verhalten des Beklagten detaillierter angeben müssen.

cc) Auch die von der Klägerin behauptete sexuelle Belästigung wurde weder zeitlich noch nach äußerem Geschehensablauf konkretisiert. Das gilt sowohl für die behaupteten Liebesbekenntnisse und sexuellen Aufforderungen als auch für die behauptete Berührung des Busens. Der Beklagte hat diese pauschalen Behauptungen in zulässiger Weise in gleicher Pauschalität bestritten. Abgesehen von der fehlenden Substanziierung der Behauptungen hat die Klägerin hierfür auch keine Beweismittel angeboten.

b) Zeitlich bestimmter ist die Behauptung der Klägerin, im August 1995 habe es ein internes Abteilungsgespräch zwischen dem Chefarzt und den Mitarbeitern der Röntgenabteilung gegeben, in dessen Verlauf der Chefarzt den Beklagten aufgefordert habe, private Telefonate gegenüber der Klägerin und anderen Mitarbeitern zu unterlassen. Der Beklagte hat das Stattfinden dieses Gesprächs nicht bestritten, allerdings behauptet, es sei nicht um private Telefonate, sondern um das Ausscheiden einer Kollegin gegangen. Soweit die Klägerin die von dem Beklagten bestrittene Behauptung aufstellte, der Beklagte sei wegen Belästigung der Klägerin abgemahnt worden, fehlt es wiederum an einem substanziierten Sachvortrag; es fehlt jede Schilderung, welche konkrete Vertragsverletzung unter Androhung einer Kündigung vom Chefarzt gerügt worden sein sollte.

Substanziiert ist die klägerische Schilderung eines Anrufs am 04.04.1996 (Gründonnerstag), nach welchem der Beklagte die Klägerin trotz ihrer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit von 02.04. bis 09.04.1996 aufgefordert habe, am 08.04.1996 (Ostermontag) zum Notfalldienst zu erscheinen; im Falle des Nichterscheinens werde der Beklagte für ihre Entlassung wegen Arbeitsverweigerung sorgen. Daraufhin habe die Klägerin am nächsten Tag einen Notfalltermin beim Psychiater wahrnehmen müssen und sei am Ostersonntag 1996 in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden.

Als substanziiert anzusehen ist auch die Schilderung der Klägerin, der Beklagte habe sie in der Kalenderwoche 28 im Jahre 1996 (2. Juli-Woche) eine Stunde vor Dienstende um 16.00 Uhr mit dem Hinweis, sie zu entlasten, nach Hause geschickt; später habe er einer Kollegin erklärt, die Klägerin sei total "abgedreht" gewesen und als Abteilungsleiter habe er ihre Tätigkeit nicht mehr verantworten können, weshalb er sie um 15.00 Uhr nach Hause geschickt habe.

c) Mit zutreffenden Argumenten hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass kein Grund für eine Herabsetzung des Darlegungsmaßstabs vorliegt.

aa) Es handelt sich durchgehend um Ereignisse, die in der Wahrnehmungsmöglichkeit der Klägerin standen. Eine Modifizierung der Darlegungslast bei Umständen, die zu dem dem Einblick der Klagpartei entzogenen Bereich des Prozessgegners gehören, ist daher nicht geboten (vgl. hierzu Zöller, Zivilprozessordnung, 21. Aufl. 1999, vor § 284 Rz. 34). Zwar beruht Mobbing auf einer subjektiven Motivation des Handelnden, eine andere Person zu schikanieren und zu beeinträchtigen. Es äußert sich aber in einem objektiv wahrnehmbaren Verhalten, das der Betroffene als tatsächliches Geschehen wahrnehmen kann. Im Schadensersatzprozess ist der Betroffene gehalten, das objektive Geschehen im Einzelnen darzulegen und zu beweisen; allenfalls hinsichtlich des Verschuldens des Handelnden ist eine Herabsetzung der Darlegungs- und Beweislast bis hin zur Beweislastumkehr denkbar.

bb) Für einen Beweis des ersten Anscheins ist kein Raum (vgl. hierzu im Einzelnen Staudinger/Schiemann, Vorbem. Rz. 99 ff. zu §§ 249 ff. BGB m.w.N.; Zöller, ZPO, vor § 284 Rz. 29 ff.). Aus den drei substanziiert geschilderten Sachverhalten ergibt sich kein typischer Geschehensablauf, der nach der Lebenserfahrung auf die Richtigkeit der anderen - unsubstanziiert geschilderten - Ereignisse schließen lässt. Alle drei Ereignisse sind nicht zwingend Ausdruck eines schikanösen Verhaltens, sondern lassen sich ebenso mit der Vorgesetztenfunktion des Beklagten erklären. Es ist zwar möglich, dass der Beklagte hierbei (z.B. bei der Aufforderung, trotz Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit zu erscheinen), seine Befugnisse überschritt. Dies lässt aber nicht unmittelbar und zwingend auf ein schikanöses Gesamtverhalten schließen. Insbesondere kann die Klägerin durch die drei geschilderten Ereignisse nicht von ihrer Darlegungspflicht befreit werden.

cc) Die Art der Erkrankung ändert an den zivilprozessualen Darlegungserfordernissen nichts. Dabei hat die Kammer nur die Information, dass die Klägerin von 07. April bis 16. Juni 1996 und von 13. Juli 1996 bis Ende Juli 1997 psychisch krank war und zum Teil stationär behandelt wurde; die genaue Diagnose ist der Kammer nicht bekannt. Nach ihren Angaben hat die Klägerin kein "Mobbing-Tagebuch" geführt. Sie hat indessen nicht dargelegt, inwieweit sie durch das Verhalten des Beklagten oder durch ihre Erkrankung hiervon abgehalten wurde. Es ist zwar denkbar, dass eine psychische Erkrankung den Betroffenen daran hindert, bestimmte Ereignisse des Arbeitslebens in irgendeiner Form zu dokumentieren. Einen solchen Erfahrungssatz gibt es aber nicht. Da die objektive Möglichkeit bestand, die Geschehnisse zu dokumentieren, und die Klägerin ihr Unterlassen nicht näher mit ihrer Erkrankung begründet hat (insoweit wurden nur Vermutungen geäußert), verbleibt es bei den regelmäßigen zivilpozessualen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast.

dd) Auch der Umstand, dass das von der Klägerin behauptete Verhalten zur Zeit der Klageerhebung bereits geraume Zeit zurücklag, führt zu keiner Erleichterung der Darlegungslast. Denn die beklagte Partei muss auch hinsichtlich länger zurückliegender Ereignisse in der Lage sein, konkret zu den behaupteten Tatsachen Stellung zu nehmen und ggf. Gegenbeweismittel anzubieten.

ee) Soweit die Klägerin behauptete, auch ihre Kolleginnen seien vom Beklagten schikaniert worden, fehlt es ebenfalls an einem substanziierten Tatsachenvortrag. Es wäre zwar denkbar, die Darlegungslast der Klägerin zu erleichtern, wenn feststünde, dass der Beklagte generell seine nachgeordneten Mitarbeiter schikanös und ungerecht behandeln würde. Ohne einen entsprechenden konkreten Tatsachenvortrag der Klägerin lässt sich dieser Schluss aber nicht ziehen. Es hat daher bei den allgemeinen zivilprozessualen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zu verbleiben.

d) Aus den drei substanziiert geschilderten Ereignissen kann nicht auf ein von Schikane und Mobbing geprägtes Gesamtverhalten des Beklagten geschlossen werden. Die Behauptungen, der Beklagte sei im August 1995 vom Chefarzt aufgefordert worden, die Klägerin nicht mehr privat anzurufen, der Beklagte habe von der Klägerin verlangt, trotz Arbeitsunfähigkeit am 08. April 1996 zum Notfalldienst zu erscheinen und der Beklagte habe die Klägerin in der Kalenderwoche 28/1996 vorzeitig nach Hause geschickt und einer Kollegin erklärt, dass die Klägerin "abgedreht" sei, sind nicht zwingend Ausdruck eines über 18 Monate durchgehenden schikanösen Verhaltens des Beklagten. Es kann sich ebenso um Einzelsituationen handeln, die im Arbeitsleben immer wieder vorkommen. Im Ergebnis konnte die Klägerin damit ihre Behauptung eines schikanösen Gesamtverhaltens des Beklagten ab 1995 nicht ausreichend darlegen.

3. Soweit die Klägerin in den drei genannten Fällen ein bestimmtes Verhalten des Beklagten behauptet, hat sie die haftungsbegründende Kausalität zwischen diesem Verhalten und ihrer Erkrankung nicht dargelegt.

a) Die Klägerin hat zwar behauptet, die behandelnden Ärzte im ZfP B. S. hätten das schikanöse Verhalten des Beklagten als Auslöser für die Erkrankung der Klägerin diagnostiziert (Bl. 11 Vorakte). Es handelt sich hierbei aber um einen unsubstanziierten Vortrag, der nicht durch Tatsachen, ärztliche Stellungnahmen, Gutachten usw. untermauert und der von einer reinen Vermutung nicht zu unterscheiden ist. Die Klägerin hat nicht angegeben, welcher konkrete Arzt ihr gegenüber wann, welche Äußerung in diesem Zusammenhang abgegeben hat. Die Vernehmung der namentlich nicht benannten Ärzte des ZfP B. S. wäre auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen. Denn er hätte dazu gedient, für die Behauptung der Klägerin Tatsachen zu beschaffen (vgl. näher Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Einführung § 284 Rz. 27 ff.). Ärztliche Gutachten zu ihrer Erkrankung hat die Klägerin trotz einer entsprechenden Auflage des Arbeitsgerichts nicht vorgelegt.

b) Die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin für die Kausalität wird auch nicht durch die Grundsätze des sogenannten Anscheinsbeweises erleichtert (vgl. hierzu Staudinger/Schiemann, a.a.O.; Zöller, ZPO, vor § 284 Rz. 29 ff.). Zum einen ist die genaue Krankheitsdiagnose der Kammer nicht bekannt. Zum anderen gibt es keinen Erfahrungssatz, dass psychische Erkrankungen auf Mobbing am Arbeitsplatz zurückzuführen sind. Sie können auch in anderen Lebensbereichen ihre Ursache finden. So befindet sich die geschiedene und alleinerziehende Klägerin möglicherweise auch im privaten Bereich nicht in einem problemfreien Raum.

c) Aber auch wenn Konflikte am Arbeitsplatz (mit) Auslöser für die psychische Erkrankung der Klägerin gewesen sein sollten, müssen diese nicht ursächlich auf dem Verhalten des Beklagten beruhen. Die Klägerin gab an (Bl. 72 der Vorakte), bereits zuvor in der chirurgischen Abteilung von einer anderen Mitarbeiterin so schikaniert worden zu sein, dass sie zur Kündigung entschlossen gewesen sei. Auch sei sie verschiedentlich vom Chefarzt angeschrien worden. Daran wird deutlich, dass die Klägerin nicht aus der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität zwischen dem Verhalten des Beklagten und ihrer Erkrankung entlassen werden kann. Dieser Darlegungs- und Beweislast ist die Klägerin im Ergebnis nicht nachgekommen, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat.

4. Damit fehlt es an einer Verletzung der Gesundheit und des sonstigen allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch den Beklagten. Ansprüche auf Bezahlung eines Schmerzensgeldes und auf Schadensersatz gegen den Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 BGB stehen der Klägerin bereits dem Grunde nach nicht zu. Auf die vom Arbeitsgericht aufgeworfene Frage, ob die Erkrankung der Klägerin ursächlich für den Verdienstausfall ab 01.11.1996 ist, braucht nicht eingegangen zu werden.

5. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Berufung zu tragen.

6. Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen hierfür gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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