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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 07.12.2001
Aktenzeichen: 5 TaBV 2/01
Rechtsgebiete: ZPO, BetrVG, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 543 Abs. 1
BetrVG § 77 Abs. 1
BetrVG § 87
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3
ArbGG § 81
ArbGG § 92 a
ArbGG § 92 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
5 TaBV 2/01

verkündet am 07. Dezember 2001

In dem Beschlussverfahren

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 5. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lemm, den ehrenamtlichen Richter Fritz,und den ehrenamtlichen Richter Schwiedel auf die mündliche Verhandlung vom 07.12.2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.02.2001 - 18 BV 138/00 - teilweise abgeändert:

Der Unterlassungsantrag des Antragstellers (Betriebsrats) wird zurückgewiesen, soweit er die Durchführung betrieblich veranlasster Überstunden in der Niederlassung Tübingen und der Niederlassung Ulm einschließlich der zu diesen gehörenden auswärtigen Prüfstellen zum Gegenstand hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß der auch im Beschwerdeverfahren (§§ 87 ff. ArbGG) entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen, da der Beschluss des Landesarbeitsgerichts der Rechtsbeschwerde nicht unterliegt.

B.

Die an sich statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2 (Arbeitgeberin) hat teilweise Erfolg. Das Arbeitsgericht hat dem Unterlassungsantrag des Beteiligten Ziffer 1 (Betriebsrats) zu Unrecht im vollen Umfang entsprochen.

I. Gegen die Zulässigkeit des Unterlassungsantrags bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere genügt dieser auch dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, der auch auf den Antrag im Beschwerdeverfahren Anwendung findet. Der Antrag, der Arbeitgeberin aufzugeben, es gegenüber den in der Region BS 4, nämlich in den Niederlassungen Tübingen, Filderstadt und Ulm einschließlich der zu diesen Niederlassungen gehörenden auswärtigen Prüfstellen sowie im Zentralbereich beschäftigten Arbeitnehmern - außer in Eil- und Notfällen - zu unterlassen, die Durchführung betrieblich veranlasster Überstunden anzuordnen, zu vereinbaren, entgegenzunehmen oder zu dulden, solange der Betriebsrat den Überstunden nicht zugestimmt hat oder eine die Durchführung der Überstunden legitimierende Betriebsvereinbarung abgeschlossen oder ein die Durchführung der Überstunden legitimierender Spruch der Einigungsstelle erlassen worden ist, mit der Maßgabe für die Arbeitnehmer der Niederlassung Filderstadt, dass durch die Arbeitnehmer fünf nicht planbare Mehrarbeitsstunden pro Woche geleistet werden können und die Zustimmung des Antragstellers hierzu innerhalb eines Monats im Nachhinein einzuholen ist, geht der Sache nach zwar sehr weit. Das beantragte Unterlassungsgebot ist aber eindeutig bestimmt, weil - abgesehen von Eil- und Notfällen - alle betrieblich veranlassten Überstunden mit Ausnahme von fünf nicht planbaren Überstunden pro Woche der in der Niederlassung Filderstadt einschließlich der zu dieser gehörenden auswärtigen Prüfstellen beschäftigten Arbeitnehmer erfasst werden. Auch soweit die Bezeichnung der erfassten bzw. ausgenommenen Überstunden mittels Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ("betrieblich veranlasst", "nicht planbar") geschieht, steht dies der erforderlichen Bestimmtheit des Antrags nicht entgegen. Denn die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe in einem Antrag macht diesen noch nicht unbestimmt (vgl. BAG AP Nr. 41, 44, 79 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit).

II.

Der Unterlassungsantrag ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nur insoweit begründet, als er die Durchführung betrieblich veranlasster Überstunden durch im Zentralbereich und in der Niederlassung Filderstadt (einschließlich der dazugehörenden auswärtigen Prüfstellen) beschäftigte Arbeitnehmer zum Gegenstand hat. Im Übrigen ist er dagegen unbegründet.

1. Hinsichtlich der in den Niederlassungen Tübingen und Ulm einschließlich der dazugehörenden auswärtigen Prüfstellen beschäftigten Arbeitnehmer kann der Betriebsrat von der Arbeitgeberin nicht verlangen, dass diese - abgesehen von Eil- und Notfällen - die Anordnung und Duldung aller betrieblich veranlassten Überstunden solange unterlässt, als nicht der Betriebsrat den jeweiligen Überstunden zugestimmt hat, seine Zustimmung durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist oder eine die Durchführung der Überstunden legitimierende Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden ist. Denn in Bezug auf die Niederlassungen Tübingen und Ulm sowie die dazugehörenden auswärtigen Prüfstellen ist dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen entgegen dessen vom Arbeitsgericht geteilten Ansicht zumindest teilweise bereits genüge getan, so dass jedenfalls ein Anspruch des Betriebsrates auf Unterlassung aller gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen und Handlungen ohne seine vorherige Zustimmung oder einen seine Zustimmung ersetzenden Spruch der Einigungsstell oder ohne vorherigen Abschluss einer diese legitimierenden Betriebsvereinbarung nicht in Betracht kommt (vgl. BAG AP Nr. 8 zu § 81 ArbGG 1979; Beschluss vom 22.11.1988 - 1 ABR 16/87 - n.v.).

a) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bei der vorübergehenden Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit hat nicht ausschließlich zum Inhalt, dass jede Anordnung von Überstunden der Zustimmung des Betriebsrates bedarf. Ein ausschließlich so verstandenes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates müsste in vielen Fällen entweder leerlaufen oder die konkret erforderlich Mehrarbeit unmöglich machen, weil die Zustimmung des Betriebsrates oder gar eine Entscheidung der Einigungsstelle schon aus tatsächlichen Gründen nicht bis zu dem Zeitpunkt herbeigeführt werden kann, zu dem die Mehrarbeit geleistet werden muss. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Mehrarbeit und Überstunden hat daher in erster Linie die gemeinsame Regelung der Frage zum Inhalt, wie bei aus bestimmten Anlässen erforderlich werdender Mehrarbeit zu verfahren ist. Nur wenn und solange eine solche Regelung nicht geschaffen worden ist, bedarf die im Einzelfall konkret notwendig werdende Mehrarbeit - auch in Eilfällen - der Zustimmung des Betriebsrates (vgl. BAG a.a.O.).

b) Solche Regelungen haben die Betriebspartner in Bezug auf die Niederlassung Tübingen und Ulm sowie die dazugehörigen auswärtigen Prüfstellen vorliegend getroffen.

aa) Für den Zuständigkeitsbereich der Niederlassung Ulm gilt die Betriebsvereinbarung Nr. 2/91 vom 06.03.1991 (Bl. 14, 15 d. A. 1. Instanz) über u. a. die "Ableistung von Mehrarbeit", die unter Ziffern 2 und 3 bestimmt, dass die Notwendigkeit von vorhersehbarer Mehrarbeit dem Betriebsrat rechtzeitig darzulegen ist und deren Anordnung nur mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgen darf. Damit ist gleichzeitig geregelt, dass notwendig werdende Mehrarbeit, die nicht vorhersehbar und damit nicht planbar ist, nicht der Zustimmung des Betriebsrates bedarf. Auch hierin liegt eine Regelung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates, die darin besteht, dass der Betriebsrat seine Zustimmung zur Anordnung/Ableistung von solcher Mehrarbeit im Voraus erteilt hat (vgl. BAG AP Nr. 8 zu § 81 ArbGG 1979). Gegen die Wirksamkeit einer solchen Regelung bestehen entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts keine Bedenken. Welchen Inhalt eine mitbestimmte Regelung der Mehrarbeit hat, überlässt das Betriebsverfassungsgesetz der Vereinbarung der Betriebspartner und notfalls dem Spruch der Einigungsstelle. Diese kann daher auch zum Inhalt haben, dass der Arbeitgeber bestimmte Mehrarbeit unter im Einzelnen geregelten Voraussetzungen auch ohne Zustimmung des Betriebsrates im Einzelfall anordnen darf (vgl. BAG a.a.O. mit Nachweisen; Beschluss vom 22.11.1988 - 1 ABR 16/87; AP Nr. 79 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Ein unzulässiger Ausschluss des Mitbestimmungsrechts liegt hierin nicht. Zwar ist auch die in der Betriebsvereinbarung Nr. 2/91 geregelte nicht vorhersehbare Mehrarbeit in dem Sinne vorhersehbar, dass es sich bei dieser um einen sich ständig wiederholenden Vorgang handelt. Die Besonderheit liegt jedoch darin, dass die Notwendigkeit von Mehrarbeit bezogen auf den Einzelfall nicht rechtzeitig erkennbar und damit planbar ist und daher schon aus tatsächlichen Gründen nicht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Mehrarbeit geleistet werden muss, um nicht Gefahr zu laufen, den Kunden zu verlieren, eine Zustimmung des Betriebsrates oder gar eine Entscheidung der Einigungsstelle herbeigeführt werden kann. Gerade für solche gleichliegenden, immer wieder auftretenden "Eilfälle" ist es aber anerkannt, dass die Betriebspartner für diese in einer Betriebsvereinbarung Vorsorge treffen können und der Betriebsrat seine Zustimmung in dieser auch im Voraus erteilen kann (vgl. BAG a.a.O.). Damit hat der Betriebsrat von seinem Mitbestimmungsrecht bei der Anordnung von Überstunden, soweit deren Notwendigkeit mangels Vorhersehbarkeit im Einzelfall dem Betriebsrat nicht rechtzeitig dargelegt werden kann, durch die in der Betriebsvereinbarung Nr. 2/91 getroffene Regelung Gebrauch gemacht, so dass die Arbeitgeberin nach dieser verfahren und der Betriebsrat demzufolge auch nicht (mehr) verlangen kann, dass die Arbeitgeberin die Anordnung oder Entgegennahme aller betrieblich veranlassten Überstunden solange unterlässt, bis die Zustimmung des Betriebsrates oder der Einigungsstelle vorliegt oder eine diese legitimierende Betriebsvereinbarung abgeschlossen ist. Denn entgegen der Auffassung des Betriebsrates liegt eine solche Betriebsvereinbarung hinsichtlich nicht vorhersehbarer Mehrarbeit bereits vor.

bb) Durch die Ergänzungen zur Betriebsvereinbarung U 3/92 zur Regelung der Arbeitszeit vom 08.12.1992 (Bl. 68-69a d. A. 1. Instanz) für einzelne Prüfstellen der Niederlassung Ulm (Anlagen AG 5 bis AG 10, Bl. 70-83 d. A. 1. Instanz) haben die Betriebspartner zudem Regelungen zur Mehrarbeit getroffen, die in den Prüfstellen dadurch erforderlich wird, dass deren Öffnungszeiten über die tarifliche Arbeitzeit von 38,5 Stunden wöchentlich hinausgehen, indem sie in diesen mehr oder weniger konkret im Einzelnen festgelegt haben, unter welchen Voraussetzungen jeweils wie viele Mitarbeiter zu der zu diesem Zweck über die betriebsübliche/tarifliche Arbeitszeit hinaus ausgedehnten wöchentlichen Arbeitszeit heranzuziehen sind. Hieraus folgt entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts wiederum zugleich, dass für die durch die verlängerten Öffnungszeiten bedingte Mehrarbeit im Einzelfall nicht die Zustimmung des Betriebsrates erforderlich ist, wie dies in den ergänzenden Betriebsvereinbarungen vom 01.02.1996 für die Prüfstelle Biberach, vom 07.07.1997 für die Prüfstelle Ehingen, vom 23.08.1996 für die Prüfstelle Heidenheim-Seewiesen und vom 22.04.1997 für die Prüfstelle Langenau zudem dadurch nochmals unmissverständlich klargestellt worden ist, dass es in diesen jeweils heißt, dass außerhalb der erweiterten Geschäftszeiten Mehrarbeit unter Beachtung von § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG abgeleistet werden kann. Gegen die Wirksamkeit einer solchen Regelung bestehen ebenfalls keine Bedenken. Vielmehr trägt sie gerade dem Umstand Rechnung, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Anordnung von Mehrarbeit in erster Linie die gemeinsame Regelung der Frage zum Inhalt hat, wie bei aus bestimmten Anlässen (hier aufgrund erweiterter Geschäftszeiten) erforderlich werdender Mehrarbeit zu verfahren ist, und dass eine solche Regelung auch zum Inhalt haben kann, dass der Arbeitgeber bestimmte Mehrarbeit unter im Einzelnen geregelten Voraussetzungen auch ohne Zustimmung des Betriebsrats im Einzelfall anordnen darf, wie dies hier in den ergänzenden Betriebsvereinbarungen mit mehr oder weniger eingehenden Verfahrensregelungen geschehen ist. Damit hat der Betriebsrat von seinem Mitbestimmungsrecht bei der Anordnung von Mehrarbeit auch insoweit bereits Gebrauch gemacht, als diese im Rahmen der erweiterten Geschäftszeiten erforderlich wird. Der Betriebsrat kann daher auch aus diesem Grunde nicht (mehr) verlangen, dass die Arbeitgeberin die Anordnung oder Entgegennahme aller Überstunden unterlässt, bis die Zustimmung des Betriebsrates oder der Einigungsstelle vorliegt oder eine diese legitimierende Betriebsvereinbarung abgeschlossen ist. Denn entgegen seiner Auffassung liegen rechtswirksame Betriebsvereinbarungen auch hinsichtlich derjenigen Mehrarbeit vor, die aufgrund der verlängerten Öffnungszeiten der Prüfstellen erforderlich wird.

cc) Der Unterlassungsantrag des Betriebsrats ist auch nicht teilweise hinsichtlich derjenigen Überstunden begründet, die auch nach den vorgenannten Betriebsvereinbarungen der Zustimmung des Betriebsrates bedürfen. Betriebsvereinbarungen sind nach § 77 Abs. 1 BetrVG vom Arbeitgeber durchzuführen. Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Durchführung der Betriebsvereinbarungen verlangen. Dem Arbeitgeber kann auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht eine Handlung untersagt werden, die gegen die Betriebsvereinbarungen verstößt. Bei dieser Sachlage wäre es Aufgabe des Betriebsrats gewesen, in seinem Antrag diejenigen Überstundengruppen nach Anlass, Vorhersehbarkeit/Planbarkeit und sonstigen beschreibenden Merkmalen näher zu bezeichnen, in denen die Arbeitgeberin seiner Ansicht nach gegen die Betriebsvereinbarungen bereits verstoßen hat und auch künftig solche Verstöße zu besorgen sind. Nur dann hätte geprüft werden können, ob hinsichtlich der Anordnung oder Duldung dieser Überstunden ein Mitbestimmungsrecht - noch - besteht und ob die Arbeitgeberin dieses verletzt hat oder ob das Mitbestimmungsrecht durch die Betriebsvereinbarungen bereits verbraucht ist, die Arbeitgeberin diese aber nicht durchführt, indem sie sich nicht an bestimmte, in diesen im Einzelnen geregelte Voraussetzungen hält. Je nach Fallgestaltung hätte der Betriebsrat dieser auch durch eine entsprechende, etwa auf konkrete Verstöße der Arbeitgeberin gegen eine oder mehrere der abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen bezogene Änderung seines Unterlassungsantrags Rechnung tragen müssen, worauf er in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde. Dagegen ist es nicht Aufgabe des Gerichts, solche Fallgestaltungen anhand des Vorbringens der Beteiligten selbst zu bilden und darüber zu entscheiden (vgl. BAG AP Nr. 8 zu § 81 ArbGG 1979; Beschluss vom 22.11.1988 - 1 ABR 16/87). Dies wäre im Streitfall aufgrund des Vorbringens der Beteiligten auch gar nicht möglich.

dd) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die Niederlassung Tübingen. Für deren Bereich gilt u. a. die Betriebsvereinbarung über die Ableistung und Abgeltung von Mehrarbeit vom 10.06.1992 (Bl. 65-67 d. A. 1. Instanz). In dieser ist unter den Ziffern 2 und 3 im Einzelnen geregelt, wie zum einen bei vorhersehbarer und zum anderen bei unvorhersehbarer Mehrarbeit zu verfahren ist. Wenn danach bei unvorhersehbarer Mehrarbeit die Zustimmung des Betriebsrates unverzüglich nachzuholen (Ziffer 3.1) bzw. mittels Tätigkeitsberichts durch den Niederlassungsleiter im Nachhinein beim Betriebsrat zu beantragen (Ziffer 3.2) ist, so schließt dies notwendig die Annahme aus, dass in diesen Fällen eine vorherige Zustimmung des Betriebsrats erforderlich sein soll. Hat damit der Betriebsrat auch nicht bei allen möglichen Überstunden im Bereich der Niederlassung Tübingen ein Mitbestimmungsrecht, so kann er von der Arbeitgeberin folglich nicht verlangen, dass diese die Anordnung oder Duldung aller Überstunden solange unterlässt, bis seine Zustimmung oder die der Einigungsstelle vorliegt oder eine diese legitimierende Betriebsvereinbarung abgeschlossen ist. Dazu, dass die in der Betriebsvereinbarung vom 10.06.1992 getroffene Regelung nicht gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates verstößt und die Begründetheit des streitgegenständlichen Unterlassungsantrags entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch nicht daraus folgt, dass die Arbeitgeberin dadurch gegen die Betriebsvereinbarung verstoßen hat, dass sie bei unvorhergesehener Mehrarbeit nicht im Nachhinein die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt hat, weil der Unterlassungsantrag nicht auf Verstöße gegen die Betriebsvereinbarung vom 10.06.1992 gerichtet ist, wird die auf die vorstehenden Ausführungen unter B. II. b), aa) und cc) der Gründe verwiesen.

2. Dagegen hat das Arbeitsgericht dem Unterlassungsantrag im Bezug auf den Zentralbereich und die Niederlassung Filderstadt zu Recht entsprochen. Das Beschwerdegericht folgt insoweit den im wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter II. 2. a) und b) der Gründe im angefochtenen Urteil und sieht daher insoweit gemäß § 543 Abs. 1 ZPO von einer eigenen Darstellung der Gründe ab. Insbesondere ist die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die unter § 1 Ziffer 1.4 der Betriebsvereinbarung S-02/1995 vom 30.01.1995 (Bl. 21-23 d. A. 1. Instanz) getroffene Regelung rechtsunwirksam wäre, wenn diese so zu verstehen wäre, dass bei Teilzeitkräften erst bei Überschreitung der tariflichen Wochenarbeitszeit eine gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitbestimmungspflichtige Mehrarbeit vorliegt, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. In diesem Falle würde die Betriebsvereinbarung nämlich eine pauschale Ermächtigung der Arbeitgeberin zur einseitigen Anordnung von Überstunden gegenüber Teilzeitkräften bis zur Grenze der tariflichen Wochenarbeitszeit beinhalten, zu der auch die Betriebspartner nicht befugt sind (vgl. BAG AP Nr. 79 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Denn für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist auf die im Betrieb jeweils für bestimmte Arbeitsplätze und Arbeitnehmergruppen tatsächlich geltende Arbeitszeit abzustellen, so dass die betriebsübliche Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten deren regelmäßig individualrechtlich verkürzte Arbeitszeit ist (vgl. BAG AP Nr. 44, 68 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Zu Unrecht ist die Arbeitgeberin auch weiterhin der Auffassung, dass der Betriebsrat bei der Anordnung von Überstunden gegenüber dem zur Niederlassung Filderstadt abgeordneten Mitarbeiter N. nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitzubestimmen hatte. Denn aufgrund ihrer Eingliederung in den Betrieb der Niederlassung Filderstadt steht dem für diesen Betrieb zuständigen Betriebsrat auch in Bezug auf die zu diesem abgeordneten Mitarbeitern das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu, wie dies unter § 1 Ziffer 1.2 der Betriebsvereinbarung vom 30.01.1995 auch zutreffend geregelt ist. Nur der örtlich zuständige Betriebsrat ist nämlich in der Lage, die Regelungsfrage zu beurteilen, ob und in welchem Umfang zur Abdeckung eines zusätzlichen Arbeitsbedarfs die regelmäßige Arbeitszeit vorübergehend erhöht werden soll sowie welche Arbeitnehmer zu welchen Zeiten und in welchem Umfang die erforderlichen Überstunden leisten sollen und ob hierzu auch zum Betrieb abgeordnete Arbeitnehmer heranzuziehen sind.

III.

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin war daher unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu erkennen wie geschehen.

IV.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 92 Abs. 1 ArbGG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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