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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 29.02.2000
Aktenzeichen: 1 Sa 10/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 154 Abs. 1
BGB § 154 Abs. 2
BGB § 157
BGB § 242
ZPO § 894
ZPO § 97 Abs. 1
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
1 Sa 10/99

verkündet am 29. Februar 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 1. Kammer - durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Baur, den ehrenamtlichen Richter Strobel und den ehrenamtlichen Richter Ritter auf die mündliche Verhandlung vom 14.02.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 16.09.1999 - 10 Ca 829/99 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestands wird abgesehen, da das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterfällt.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend die Klage abgewiesen.

1. Das zulässige Feststellungsbegehren des Klägers ist nicht begründet.

a) Der Kläger leitet den Abschluss eines verbindlichen Vertrages für die Saison 1999/2000 aus einem Gespräch ab, das er am 02.01.1998 mit den Herren Fr. und F. nach seiner Behauptung geführt hat. Damals sei man sich über die vertragliche Bindung auch für die Saison 1999/2000 einig geworden. Dieser klägerische Vortrag ergibt sich aus der Berufungsbegründung zu Ziff. III. Mit dieser Einlassung beschränkt der Kläger zunächst den Umfang der gerichtlichen Prüfung auf den vorgenannten Geschehensablauf am 02.01.1998. Der Beklagte hat die dazu geäußerten Umstände in tatsächlicher Hinsicht in Abrede gestellt. So wird schon die Anwesenheit des Herrn F. bei einem angeblichen Gespräch am 02.01.1998 geleugnet. Bestritten wird auch, dass damals eine verbindliche Absprache mit dem Kläger für die Saison 1999/2000 getroffen worden sei. Dabei könne es allenfalls um die Entgegennahme von Wünschen des Klägers gegangen sein. Der sonach nur allgemein gehaltene Sachvortrag des Klägers war durch diese ebenfalls allgemein gehaltene Erwiderung in weitere Einzelheiten in tatsächlicher Hinsicht aufzugliedern. Das ergibt sich aus der sog. abgestuften Substanziierungspflicht, die auch das arbeitsgerichtliche Verfahren beherrscht. Da der Kläger den maßgeblichen Vertragsabschluss aus einem Gespräch ableitet, ist es zwingend erforderlich, diejenigen Erklärungen (möglichst) im Wortlaut wiederzugeben, aus denen er auf der einen Seite auf das Vorliegen eines verbindlichen Vertragsangebots und auf der anderen Seite einer verbindlichen Vertragsannahme schließt. Denn nur bei einem solchermaßen substanziierten Sachvortrag wird es dem Gericht ermöglicht, rechtlich zu erkennen, ob ein verbindlicher Konsens stattfand, ob Vertragsverhandlungen mit dem Ziel einer Einigung geführt wurden oder ob lediglich über die beruflichen Zukunftspläne des Klägers in mehr oder weniger deutlicher Form gesprochen wurde. Der Vortrag, man sei sich einig geworden, ist kein Vortrag von Tatsachen im prozessualen Sinn, also nach Zeit, Ort und näheren Einzelheiten bestimmten historischen Geschehensabläufe oder Zustände, sondern rechtliche Wertungen, die als solche der Beweisführung nicht zugänglich sind. Mit dieser Maßgabe kann dem Sachvortrag des Klägers nicht entnommen werden, am 02.01.1998 seien verbindliche Willenserklärungen ausgetauscht worden, die das Feststellungsbegehren tragen könnten.

b) Mit seinem im Wege der Auslegung gewonnenen, offensichtlichen Hilfsvortrag leitet der Kläger aus der schriftlichen Absprache vom 10.03.1998 die in Anspruch genommene Rechtsfolge ab, wonach damals das Arbeitsverhältnis verbindlich für die Saison 1999/2000 begründet worden sei. Es kann auf sich beruhen, ob man sich dabei des Begriffs "Vertragsverlängerung" bedient, denn auch die Verlängerung eines befristeten Vertrages bedarf zu seiner Wirksamkeit kongruenter Erklärungen mit definitivem Bindungswillen der Vertragsparteien. Und gerade dies ergibt sich nicht aus dem vorgelegten "Binding Contract Agreement" vom 10.03.1998. Nach den Auslegungsregeln der §§ 133, 157, 242 BGB besagt diese Absprache nach ihrem Schlusssatz eindeutig, dass sie einen formalen und detaillierten Vertrag voraussetzt. Das hat in zweierlei Hinsicht rechtliche Bedeutung: Es soll ein "formeller" Vertrag folgen, was nur ein von beiden Vertragsparteien in Zukunft unterzeichnetes Schriftwerk bedeuten kann. Das ist ein Vorbehalt, der nach § 154 Abs. 2 BGB im Zweifel die Verbindlichkeit des Vertragsschlusses verhindert. Es soll aber auch ein "detaillierter" Vertrag abgeschlossen werden, und dies deutet eindeutig auf die übereinstimmende Auffassung der Vertragsschließenden hin, dass noch "Details" in Zukunft abzusprechen seien, also gerade noch nicht sämtliche Einzelheiten geregelt sind. Auch dieser Vorbehalt spricht nach § 154 Abs. 1 BGB gegen einen verbindlichen Vertragsschluss, wie ihn der Kläger für sich in Anspruch nimmt. Die reine Wortinterpretation führt sonach nicht zu dem vom Kläger verfolgten Ziel. Im Rahmen der Vertragsauslegung sind nach den genannten Auslegungsregeln zusätzlich die begleitenden Umstände bei der Niederschrift einer Vereinbarung zu berücksichtigen. Dazu trägt der Kläger vor, der Schlusssatz in der Absprache vom 10.03.1998 habe "lediglich" eine nähere vertragliche Ausgestaltung und Anpassung an eine geänderte steuerrechtliche und/oder verbandsrechtliche Grundlage ermöglichen sollen. Diese Version ist wiederum tatsachenfrei, weil nicht dargelegt wird, aus welchen Erklärungen welcher Personen sich dieser vertragliche Vorbehalt ergeben soll. Abgesehen davon trägt diese Wertung der damals obwaltenden, vertragsbegleitenden Umstände die hieraus abgeleitete Rechtsfolge nicht. Denn auch insoweit würde es sich in gleicher Weise um einen offenen Einigungsmangel handeln, wie er schon in dem von den Parteien unterzeichneten Papier zum Ausdruck gelangt. Der weitere Sachvortrag der Parteien zur Frage der Bedeutung der schriftlichen Absprache vom 10.03.1998 spricht im Gegensatz für die Annahme, dass die Parteien im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Unterzeichnung durchaus von der Vorstellung ausgegangen sind, dieser Absprache müsse ein verbindlicher Vertrag folgen, um die Vertragsbindung und die Begründung des Arbeitsverhältnisses zu bewirken. Denn die Parteien haben für die damals noch laufende Saison 1997/98 einen detailliert ausgearbeiteten schriftlichen Arbeitsvertrag formvollendet, was insbesondere die satzungsmäßige Vertretungsbefugnis des Beklagten anbetrifft, unterzeichnet. Da weitere Umstände, die die Unterzeichnung der Absprache vom 10.03.1998 begleitet haben könnten, nicht vorgetragen sind, rechtfertigt der Vortrag des Klägers gerade nicht die Annahme, es habe eine endgültige und verbindliche Vertragsabsprache für die Saison 1999/2000 stattgefunden. Ob es sich bei der Absprache vom 10.03.1998 rechtsqualitativ um einen Vorvertrag handelt, dessen Abschluss entsprechend dem Grundsatz der Vertragsfreiheit statthaft ist, kann dahinstehen. Denn zum einen stützt der Kläger sein Feststellungsbegehren ausdrücklich auf die rechtliche Existenz eines Hauptvertrags. Zum andern verpflichtet das Vorliegen eines Vorvertrags lediglich zum Abschluss eines Hauptvertrages, weshalb die Klage auf die Abgabe einer Willenserklärung zu richten ist, sei es ein Vertragsangebot, sei es die Annahme eines schon unterbreiteten Vertragsangebots. Aber auch dies muss notfalls klageweise durchgesetzt werden, auch wenn eine solche Klage (unecht) kumuliert werden kann mit der Geltendmachung von Rechten aus dem nach § 894 ZPO zu Stande gekommenen Hauptvertrag (vgl. BGH, NJW 1986, 2820/2821 m. w. N.). Da sich der Kläger dezidiert auf das Zustandekommen des Hauptvertrags stützt, kann nicht von Amts wegen eine Rechtsfolge der gerichtlichen Prüfung anfallen, deren sich der Kläger streitgegenständlich gar nicht, auch nicht hilfsweise, berühmt. Bei dieser Sachlage bedarf es weder der Würdigung des Vorliegens eines Vorvertrags noch der Frage, ob, gegebenenfalls welche Rechtsfolgen sich hieraus für den Kläger eröffnen. Mit dieser Maßgabe ist die Feststellungsklage unbegründet, weshalb die Berufung zurückzuweisen ist.

2. Der Beschäftigungsantrag ist der Berufung nicht zur Entscheidung angefallen. Denn bei ihm handelt es sich ganz offensichtlich um eine uneigentliche Eventualhäufung. Der Antrag erhält seinen Sinn und seine Bedeutung allein durch die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Bleibt die Feststellung in der Sache ohne Erfolg, so ist der Beschäftigungsanspruch zwingend seiner rechtlichen Grundlage beraubt, denn ausschließlich aus der Existenz eines Arbeitsverhältnisses leitet der Kläger die Verpflichtung zur Beschäftigung ab. Der Beschäftigungsantrag ist deshalb nicht in jedem Fall, sondern ersichtlich ausschließlich für den Fall des Erfolgs des Feststellungsantrags gestellt. Deshalb ist vorliegend über den Beschäftigungsantrag keine Aussage zu treffen, seine Rechtshängigkeit ist eo ipso mit der Abweisung der Feststellungsklage entfallen.

3. Die Kostenfolge beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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