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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 27.11.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 19/09
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 78 S. 3
1. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist.

2. Diese Voraussetzungen sind dann gegeben, wenn ein neuer Prozess angestrengt wird, obwohl das gleiche Rechtsschutzziel auf kostengünstigere Weise im Wege der Klageerweiterung erreichbar gewesen wäre.

3. Eine Beschränkung der Mutwilligkeit auf die Mehrkosten der durch die neue eigenständige Zahlungsklage ausgelösten Kosten findet nicht statt. Vielmehr ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich für den neuen Rechtsstreit voll umfänglich zu versagen.


Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 09.07.2009 - 7 Ca 6274/09 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin erhob am 10.06.2009 eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Stuttgart (7 Ca 5920/09) gegen die Kündigung vom 20.05.2009. Mit der vorliegenden Klage, die am 19. Juni 2009 beim Arbeitsgericht Stuttgart einging, macht die Klägerin Lohnansprüche für den Zeitraum vom 01.03.2009 bis 31.05.2009 geltend, wobei die Klage am 07.07.2009 bezüglich des Lohnanspruchs für Juni 2009 erweitert wurde. Mit Schriftsatz vom 31.08.2009 nahm die Klägerin die Kündigungsschutzklage (7 Ca 5920/09) zurück, nachdem die Beklagte erklärt hatte, dass aus der Kündigung vom 20.05.2009 keine Rechte mehr hergeleitet werden.

Den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im vorliegenden Verfahren hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 09.07.2009, der der Klägerin am 20.07.2009 zugestellt wurde, zurückgewiesen. Die Klägerin verstoße gegen den Grundsatz, vermeidbare Kosten zu sparen, da sie statt der wirtschaftlich sinnvollen Vorgehensweise der Erweiterung der ersten Klage die Einreichung einer neuen Klage gewählt habe. Dies sei zwar prozessual zulässig. Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens liege aber Mutwilligkeit vor, da der kostspieligere Weg der Rechtsverfolgung gewählt worden sei. Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.07.2009, beim Arbeitsgericht eingegangen am 30.07.2009, sofortige Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Auf den Schriftsatz vom 24.07.2009 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 16.11.2009 wird Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die statthafte sofortige Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen, da die Rechtsverfolgung bezüglich der Zahlungsansprüche durch eine zusätzliche Leistungsklage mutwillig ist (§ 114 S. 1 ZPO).

Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist u.a., dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig erscheint. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vorneherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Auflage, § 114 Rn 30 und 34 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind dann gegeben, wenn ein neuer Prozess angestrengt wird, obwohl das gleiche Rechtsschutzziel auf kostengünstigere Weise, zum Beispiel im Wege der Klageerweiterung erreichbar gewesen wäre (LAG Baden-Württemberg, Beschl. vom 31.07.2002 - 16 Ta 11/02; LAG Düsseldorf, Beschl. vom 05.04.1989 - 14 Ta 114/89, JurBüro 1989, 1441; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage, Nr. 456 m.w.N. in Fußn. 231; Stein-Jonas/Bork, ZPO, 22. Auflage, § 114 Rn 32 m.w.N. in Fußn. 118; Zöller-Geimer a.a.O. § 114 Rn 35 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Die Klägerin hätte die Lohnansprüche für den Zeitraum vom 01.03. bis 30.06.2009 im Wege der Klageerweiterung in dem Bestandsschutzverfahren 7 Ca 5920/09 beim Arbeitsgericht Stuttgart, in welchem über die Wirksamkeit der Kündigung vom 20.05.2009 gestritten wurde, billiger geltend machen können, da wegen des degressiven Anstiegs der Gebühren nach dem RVG hierdurch niedrigere Gebühren entstanden wären. Das hindert die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den neuen Rechtsstreit. Es geht auch nicht an, von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nur die Mehrkosten auszunehmen, die sich bei vergleichender isolierter Rechtsverfolgung zur Geltendmachung im Verbundverfahren ergeben. Zusätzlich wäre dann noch darüber zu befinden, ob diese Beschränkung schon im Bewilligungsbeschluss zum Ausdruck kommen muss oder erst im Festsetzungsverfahren Abzüge vorzunehmen sind. Vielmehr ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der hier vorliegenden Fallkonstellation grundsätzlich für den neuen Rechtsstreit voll umfänglich gehindert. Die Bestandsschutzklage hätte um die Leistungsanträge erweitert werden müssen. Für eine solche Klageerweiterung wäre Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden.

Aus dargelegten Gründen ist die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

2. Die Befugnis zur Alleinentscheidung des Vorsitzenden ergibt sich aus § 78 S. 3 ArbGG.

3. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Beschwerde nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen (KV-Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

4. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht besteht angesichts der Voraussetzungen nach § 78 S. 2 ArbGG in Verbindung mit § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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