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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 07.09.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 73/04
Rechtsgebiete: InsO, SGB IV, BGB, SGB IV, StGB, ArbGG, ZPO, GmbHG, AktG


Vorschriften:

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 108 Abs. 1
InsO § 108 Abs. 2
InsO § 209 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 209 Abs. 1 Satz 2
InsO § 209 Abs. 1 Ziff. 2
SGB IV § 7 d
BGB § 311 Abs. 3
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 823 Abs. 2 Satz 1
SGB IV § 7 d
SGB IV § 7d Abs. 1 Nr. 2
SGB IV § 7d Abs. 1 Ziffer 2
SGB IV § 7d Ziffer 2, 2. Halbsatz
StGB § 263
StGB § 266
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ZPO § 256
ZPO § 517
ZPO § 519 Abs. 1
ZPO § 519 Abs. 2
ZPO § 533 Nr. 1
GmbHG § 13
GmbHG § 52
GmbHG § 52 Abs. 1
AktG § 93 Abs. 1
AktG § 93 Abs. 2
AktG § 93 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 10 Sa 73/04

Verkündet am 07.09.2005

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 10. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Arnold, den ehrenamtlichen Richter Dr. Koepfer und den ehrenamtlichen Richter Merz auf die mündliche Verhandlung vom 07.09.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Offenburg vom 28.10.2003 (Az. 5 Ca 313/03) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung gegen das klagabweisende Urteil gegen den Beklagten Ziffer 2 zurückgewiesen wurde.

Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegen die Berufungsbeklagten Ansprüche aus einem Altersteilzeitvertrag geltend. Mit dem Berufungsbeklagten Ziffer 1 streitet der Kläger über die insolvenzrechtliche Behandlung von Vergütungsansprüchen in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitvertrages bei angezeigter Masseunzulänglichkeit. Er ist weiter der Auffassung, dass die Berufungsbeklagten Ziffer 2 und 3 (erstinstanzlich Beklagten Ziffer 3 und 4) für den Schaden einer fehlenden Insolvenzsicherung haften.

Der am 0.0.1944 geborene Kläger ist seit 0.0.1967 bei der Firma E. GmbH und deren Rechtsvorgängern als technischer Angestellter beschäftigt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen wurde am 01.04.2003 über das Vermögen der Firma E. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Berufungsbeklagte Ziffer 1 als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser hat am 07.04.2003 die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Amtsgericht Ludwigshafen angezeigt.

Der Kläger hat Anfang 2003 mit der Firma E.GmbH eine Altersteilzeitvereinbarung nach dem Blockmodell getroffen mit einer Laufzeit von 01.03.2000 bis 28.02.2005. Der Beginn der Freistellungsphase war vorgesehen auf den 01.09.2002. In § 10 des Altersteilzeitvertrages ist u. a. vereinbart, dass im Übrigen die Bestimmungen des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit gelten. Dabei handelt es sich um den Tarifvertrag in der Chemischen Industrie.

Im August 2002 haben die Vertragsparteien die Verlängerung des Altersteilzeitvertrages vereinbart. Die Arbeitsphase wurde bis zum 28.02.2003 verlängert. Als Freistellungsphase wurde die Zeit vom 01.03.2003 bis 28.02.2006 vereinbart. In der Freistellungsphase wurde der Kläger am 01.04.2003 durch den Berufungsbeklagten Ziffer 1 "freigestellt".

Der Berufungsbeklagte Ziffer 2 war seit 01.09.2001 Geschäftsführer der Firma E. GmbH. Zuvor war er seit 1996 Prokurist. Der Berufungsbeklagte Ziffer 2 hat die Verlängerungsvereinbarung des Altersteilzeitvertrages im August 2002 unterzeichnet. Der Berufungsbeklagte Ziffer 3 war Vorsitzender des Aufsichtsrates der Firma E. GmbH. Die Berufungsbeklagten Ziffer 2 und 3 waren zugleich Gesellschafter der Firma E. GmbH, wobei der Anteil des Berufungsbeklagten Ziffer 3 mehr als 80 % betrug.

Mit der am 11.04.2003 erhobenen Klage hat der Kläger zuletzt die Auffassung vertreten, die Vergütungsansprüche aus dem Altersteilzeitvertrag in der Zeit vom 01.04.2003 bis 28.02.2006 seien Neumasseverbindlichkeiten im Sinne von § 209 Abs. 1 Ziffer 2 InsO. Gegen die Berufungsbeklagten Ziffer 2 und 3 bestehe ein Schadenersatzanspruch. Der Berufungsbeklagte Ziffer 1 habe in der Betriebsversammlung vom 14.01.2003 erklärt, dass der Insolvenzantrag hätte früher gestellt werden müssen. Tatsächlich hätte der Insolvenzantrag bereits im August 2002 gestellt werden müssen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte Ziffer 1 verpflichtet ist, dem Kläger als Masseverbindlichkeit gem. § 209 Abs. 1 Ziff. 2 InsO die diesem aus seinem Altersteilzeitvertrag mit der Schuldnerin ab 01.04.2003 bis 28.02.2006 noch zustehenden Leistungen in Höhe von 137.848,65 € brutto zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten Ziffer 3 und 4 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entsteht, dass es die Schuldnerin versäumt hat, für den zwischen ihr und dem Kläger geschlossenen Altersteilzeitvertrag einen Insolvenzschutz zu schaffen, der zur Erfüllung des Wertguthabens einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag bei Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erforderlich gewesen wäre.

Die Berufungsbeklagten haben jeweils beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Berufungsbeklagte Ziffer 1 hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Ansprüchen aus dem Altersteilzeitvertrag um keine Neumasseverbindlichkeit im Sinne von § 209 Abs. 1 Ziffer 2 InsO handele. Die Berufungsbeklagten Ziffer 2 und 3 haben Schadenersatzansprüche verneint. Eine Insolvenzsicherungsverpflichtung habe nicht bestanden. Der Berufungsbeklagte Ziffer 2 hat weiter geltend gemacht, dass der Insolvenzantrag auch nicht verschleppt worden sei. Noch im September 2002 habe eine externe Beratungsfirma eine positive Fortführungsprognose gestellt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Bei den Ansprüchen des Klägers in der Freistellungsphase des Altersteilzeitvertrages handelt es sich um keine Neumasseverbindlichkeit im Sinne von § 209 Abs. 1 Ziffer 2 InsO. Schadenersatzansprüche gegen die Berufungsbeklagten Ziffer 2 und 3 würden nicht bestehen. § 7 d SGB IV sei kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Auf die behauptete verspätete Insolvenzanmeldung komme es nicht an, da der Feststellungsantrag sich lediglich auf den durch den fehlenden Insolvenzschutz entstehenden Schaden beziehe.

Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 28.10.2003 verwiesen.

Gegen das dem Kläger am 17.12.2003 zugestellte Urteil hat dieser am 19.01.2004 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung bis zum 17.03.2004 am 15.03.2004 begründet.

Der Kläger verbleibt bei seiner Auffassung, dass es sich bei den vertraglichen Leistungen aus dem Altersteilzeitvertrag um Masseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 1 Ziffer 2 InsO handele. Es könne die neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der Behandlung von Urlaubsansprüchen in der Insolvenz herangezogen werden. Der Insolvenzverwalter könne Leistungen auch dadurch in Anspruch nehmen, dass er im Falle des Blockmodelles bei Altersteilzeit den aus dem Zeitguthaben fließenden Wert zur Masse zieht mit der Folge der Verminderung des Wertguthabens. Dies gelte zumindest dann, wenn, wie hier, der Insolvenzverwalter in der Freistellungsphase erneut die Freistellung erklärt habe.

Auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts bleibe er bei seiner Auffassung. Das Wertguthaben stehe, wie auch § 5 Abs. 3 des einschlägigen Tarifvertrages der Chemischen Industrie zur Förderung der Altersteilzeit zeige, als Folge der vorgeleisteten Arbeit im Eigentum des jeweiligen Arbeitnehmers und fließe der Masse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu. Die gegenteilige Auffassung verkenne, dass der Arbeitgeber nur das Zeitkonto verwalte und der darin enthaltene Wert nicht Teil der Insolvenzmasse seien. Er habe für sich selbst einen Zeitarbeitswert geschaffen. Die Zuordnung zur Masse komme einer widerrechtlichen Enteignung gleich. Der Konflikt zwischen Insolvenzgläubigern und Arbeitnehmern könne nicht durch entschädigungslose Enteignung zugunsten des Kapitales gelöst werden.

Soweit er die nach dem Altersteilzeitvertrag zustehenden Leistungen nicht von dem Berufungsbeklagten Ziffer 1 erhalte, würden die Beklagten Ziffer 2 und 3 als Gesamtschuldner haften.

Der Berufungsbeklagte Ziffer 2 habe mit der fehlenden Insolvenzsicherung gegen § 7 d SGB IV verstoßen. Hierbei handelt es sich um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auch nach den tarifvertraglichen Regelungen habe eine Pflicht zur Insolvenzsicherung bestanden. Bei Verlängerung des Altersteilzeitvertrages im August 2002 trotz unmittelbar bevorstehender Insolvenz habe der Berufungsbeklagte Ziffer 2 gegen § 263 StGB verstoßen. Die fehlende Insolvenzsicherung führe auch in Verbindung mit § 266 StGB zu einem Schadenersatzanspruch. Der fehlende Hinweis auf die drohende Insolvenz und die Gefährdung der Wertguthaben sei auch ursächlich dafür gewesen, dass er bei der Verlängerung nicht auf eine Sicherung des Wertguthabens bestanden habe.

Er gehe auch davon aus, dass eine besondere Verpflichtung des Berufungsbeklagten Ziffer 2 bestanden habe, bei Verlängerung des Altersteilzeitvertrages eine Insolvenzsicherung abzuschließen, und zwar nicht nur für die zukünftigen Ansprüche, sondern auch für die gesamte Laufzeit.

Der Berufungsbeklagte hafte neben dem Berufungsbeklagten Ziffer 2 als eigentlicher Macher bei der Firma E. GmbH. Der Berufungsbeklagte Ziffer 3 sei faktisch der maßgebliche Entscheidungsträger gewesen und damit verantwortlich dafür, dass bei über 50 Mitarbeitern in Altersteilzeit die erforderliche Sicherung der Wertguthaben nicht erfolgt sei. Damit habe der Berufungsbeklagte Ziffer 3 sehenden Auges die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen des ihm im Wesentlichen persönlich gehörenden Unternehmens gefährdet.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte Ziffer 1 verpflichtet ist, an den Kläger

a) Altersteilzeitvergütung in Höhe von € 71.981,00 brutto nebst 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz für € 3.599,05 seit dem 01.04.2003, für € 7.198,10 seit dem 01.05., für € 10.797,15 seit dem 01.06., für € 14.396,20 seit dem 01.07., für € 17.995,25 seit dem 01.08., für € 21.594,30 seit dem 01.09., für € 25.193,35 seit dem 01.10., für € 28.792,40 seit dem 01.11.2003, für € 32.391,45 seit dem 01.12.2003, für € 35.990,50 seit dem 01.01.2004, für € 39.589,55 seit dem 01.02., für € 43.188,60 seit dem 01.03., für € 46.787,65 seit dem 01.04., für € 50.386,00 seit dem 01.05., für € 53.985,75 seit dem 01.06., für € 57.584,80 seit dem 01.07., für € 61.183,85 seit dem 01.08., für € 64.782,90 seit dem 01.09., für € 68.381,95 seit dem 01.10. und für € 71.981,00 seit dem 01.11.2004 abzüglich der in der Zeit vom 01.03.2003 bis zum 31.10.2004 an den Kläger von der Bundesagentur für Arbeit erbrachten und an diese übergegangenen Leistungen und weiterhin

b) beginnend mit dem November 2004 bis zum 28.02.2006 dem Kläger eine monatliche Altersteilzeitvergütung in Höhe von € 3.599,05 brutto und bis spätestens zum 28.02.2006 eine Einmalabfindung in Höhe von € 8.282,88 als Neumasseverbindlichkeit gem. § 209 Abs. 1 Satz 2 InsO zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten Ziffer 2 und 3 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entsteht, dass es die Schuldnerin versäumt hat, für den zwischen ihr und dem Kläger geschlossenen Altersteilzeitvertrag einen Insolvenzschutz zu schaffen, der zur Erfüllung des Wertguthabens einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag bei Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erforderlich gewesen wäre.

Die Berufungsbeklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Berufungsbeklagte Ziffer 1 trägt vor:

Der Hinweis des Klägers auf die Einordnung von Urlaubsabgeltungsansprüchen als Masseforderung sei für die insolvenzrechtliche Bewertung der Altersteilzeitansprüche unerheblich. Weiter verkenne der Kläger die Situation des Insolvenzverwalters nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Bei Arbeitnehmern in Altersteilzeit in der Freistellungsphase fließe den anderen Gläubigern durch diese Arbeitnehmer kein Mehrwert zu. Es werde auch keine Neumasseverbindlichkeit begründet.

Der Berufungsbeklagte Ziffer 2 ist der Auffassung, dass § 7 d SGB IV in der damals geltenden Fassung bereits deswegen nicht verletzt gewesen sei, weil in Verbindung mit § 6 Ziffer 5 des einschlägigen Tarifvertrages eine Verpflichtung zur Insolvenzsicherung nur dann vorgesehen sei, soweit der vereinbarte Zeitraum in dem das Wertguthaben auszugleichen sei, 36 Kalendermonate übersteige. Dieser Zeitraum sei nicht überschritten gewesen. Im Übrigen verbleibe er bei seiner Auffassung, dass die sogenannten UCI-Regelungen in dem Tarifvertrag der Chemischen Industrie einschlägig seien und zur Insolvenzsicherung genügen würden.

Ihm könne auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass im August 2002 der Altersteilzeitvertrag verlängert worden sei. Richtig sei, dass sich die Gemeinschuldnerin im Jahr 2002 in einer betriebswirtschaftlichen Krise befunden habe, worüber alle Belegschaftsmitglieder, auch der Kläger informiert gewesen seien. Der Kläger trage, was unstreitig ist, selbst vor, dass die Geschäftsleitung im Sommer 2002 unter Hinweis auf diese Krise an die Belegschaft herangetreten sei und für einen qualifizierten Gehaltsverzicht geworben habe. In der betriebswirtschaftlichen Krise seien auch zwei renommierte Beratungsunternehmen eingeschaltet worden, die zu dem Ergebnis gekommen seien, dass eine positive Fortführungsprognose bestehe.

Im Übrigen sei er in die Verhandlungen über die Verlängerung des Altersteilzeitvertrages nicht eingebunden gewesen. Er habe diesen Verlängerungsvertrag unterzeichnet, nachdem der Kläger sich mit seinem Vorgesetzten entsprechend geeinigt habe. Der Vorwurf des Klägers, er sei ein Betrüger oder Veruntreuer, sei ungeheuerlich. So habe auch die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern, Schwerpunkt Wirtschaftskriminalität, im Rahmen der routinemäßig stattfindenden Überprüfungen festgestellt, dass keine Anhaltspunkte für eine verspätete Antragstellung, Bilanzierung-, Buchführungs- oder Steuerdelikte, Vorenthalten von Sozialleistungen oder Veruntreuungen gegeben seien.

Der Berufungsbeklagte Ziffer 3 macht weiterhin geltend, dass der Kläger verkenne, dass keine Verpflichtung bestanden habe, dass er wegen der Insolvenzsicherung der Versorgungsanwartschaften tätig werden müsse. Der Aufsichtsrat als Kontrollorgan der Gesellschaft habe allein die Aufgabe gehabt, die Geschäftsführung zu überwachen, nicht jedoch in die Geschäftsführung einzugreifen. Im Übrigen sei er im August 2002 noch von einer Fortführung des Unternehmens ausgegangen. Dem Vortrag des Klägers könnten keine Anhaltspunkte entnommen werden, die auf ein Verschulden oder auf eine Pflichtverletzung seinerseits schließen lassen würden.

Ergänzend wird auf das weitere Vorbringen der Parteien aus den Schriftsätzen vom 15.03.2004, 07.04.2004, 22.04.2004, 23.05.2004, 28.07.2004, 18.10.2004, 28.10.2004, 15.11.2004, 17.11.2004, 14.06.2005 und 09.08.2005 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

I.

Die Berufung ist mit den in der Berufungsverhandlung gestellten Anträgen zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. den §§ 517, 519 Abs. 1, 2 ZPO fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Antragsänderung gegen den Beklagten Ziffer 1 ist nach § 533 Nr. 1 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG zulässig, da diese sachdienlich ist und auf Tatsachen gestützt wird, die ohnehin der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung zugrunde zu legen sind.

Die mit Schriftsatz vom 18.10.2004 gestellten Feststellungsanträge sind nach § 256 ZPO zulässig.

Grundsätzlich kann eine Neumasseverbindlichkeit im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes mit der Leistungsklage verfolgt werden, bis der Insolvenzverwalter im Rechtsstreit anzeigt, dass die vorhandene Masse auch die Ansprüche nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht mehr abdecken kann (vergl. BAG v. 04.06.2003, 10 AZR 586/02, AP Nr. 2 zu § 209 InsO; Urt. v. 31.03.2004, 10 AZR 253/03, AP Nr. 3 zu § 209 InsO).

Ob deswegen bei einem Streit über die Rechtsnatur eine Forderung als Neumasseverbindlichkeit einer Feststellungsklage das erforderliche Feststellungsinteresse wegen der besseren Rechtschutzmöglichkeit der Leistungsklage unzulässig ist, kann dahingestellt bleiben.

Der Kläger hat bei der Antragsänderung berücksichtigt, dass es nicht nur um vergangenheitsbezogene Ansprüche geht, vielmehr auch um zukünftige Ansprüche bis zum Ende der Altersteilzeitvereinbarung am 28.02.2006. In diesem Fall ist die Feststellungsklage zulässig, da es um die Klärung der Rechtsnatur der Ansprüche nicht nur für die Vergangenheit, vielmehr auch zukunftsbezogen geht.

II.

1. Die Klage gegen den Beklagten Ziffer 1 ist unbegründet, da es sich bei den streitgegenständlichen Ansprüchen um keine Masseverbindlichkeit, vielmehr gemäß § 108 Abs. 2 InsO um Insolvenzforderungen handelt.

Nach den Entscheidungen des 9. Senates vom 19.10.2004 (9 AZR 647/03, AP Nr. 3 zu § 108 InsO) und des 10. Senates vom 23.02.2005 (10 AZR 600/03, AP Nr. 1 zu § 108 InsO) sind Ansprüche aus einem gemäß § 108 Abs. 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbestehenden Arbeitsverhältnis gemäß § 108 Abs. 2 InsO Insolvenzforderungen, wenn es sich um solche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens handelt. Bei Altersteilzeitvereinbarungen im Blockmodell ist danach entscheidend, wann die Arbeitsleistung, die den Ansprüchen zugrunde liegt, erbracht wurde. Es kommt nicht darauf an, wann der Arbeitnehmer die Zahlungen verlangen kann. Entscheidend ist, ob und inwieweit die Arbeitsleistung der Masse zugute kommt. Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen sind Vergütungsansprüche gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur dann, wenn die Gegenleistung, d. h. die Arbeitsleistung, für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss.

Im Blockmodell der Altersteilzeit erarbeitet der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase mit seinen vollen Arbeitsleistungen Geldansprüche, die nicht im Monat der Arbeitsphase erfüllt, sondern für die spätere Freistellungsphase angespart werden. Das während der Freistellungsphase ausgezahlte Entgelt ist damit Gegenleistung für die bereits während der Arbeitsphase geleistete Arbeit. Da damit der insolvenzrechtliche Anspruch für diese Zeit geschuldet ist, handelt es sich sowohl bei dem fortzuzahlenden hälftigen Arbeitsentgelt als auch bei dem Aufstockungsbetrag um Insolvenzforderungen (ausführlich unter Auseinandersetzung mit Gegenmeinungen in der Literatur BAG v. 19.10.2004, a.a.O.).

Die Ausführungen des Klägers geben keinen Anlass, der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu folgen. Das dem Kläger zustehende Wertguthaben fließt nicht der Masse zu und bereichert diese nicht. Insbesondere war das Wertguthaben nicht "Eigentum des Arbeitnehmers" mit der Folge einer widerrechtlichen Enteignung. Der Kläger hatte gegen die Gemeinschuldnerin einen schuldrechtlichen Anspruch auf Auszahlung erarbeiteter Ansprüche. Dass der Kläger weitergehend bei seiner Antragstellung und Forderung nicht zwischen erarbeiteten Ansprüchen und dem vom Arbeitgeber zu erbringenden Aufstockungsbetrag differenziert hat, spielt daher keine Rolle.

2. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Gründen festgestellt, dass der Feststellungsantrag, gerichtet auf die Feststellung einer gesamtschuldnerischen Schadenersatzverpflichtung der Berufungsbeklagten Ziffer 2 und 3 wegen des fehlenden Insolvenzschutzes unbegründet ist. Es bestehen weder gegen den Berufungsbeklagten Ziffer 2 noch gegen den Berufungsbeklagten Ziffer 3 Schadenersatzansprüche wegen des fehlenden Insolvenzschutzes.

a) Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass es auf den umfangreichen Vortrag zur verspäteten Insolvenzanmeldung nicht ankommt. Der Feststellungsantrag, wie erstinstanzlich und auch in der Berufungsverhandlung gestellt, hat lediglich den durch den fehlenden Insolvenzschutz entstehenden Schaden zum Gegenstand.

Auf die weitergehenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes unter II. 2b) der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Dem ist nichts hinzuzufügen.

b) Vertragliche Ansprüche kann der Kläger gegen den Berufungsbeklagten Ziffer 2 nicht geltend machen. Das Arbeitsverhältnis bestand zwischen dem Kläger und der E. GmbH. Der Berufungsbeklagte Ziffer 2 kann auch nicht nach § 311 Abs. 3 BGB in Anspruch genommen werden. Bereits nach der früheren Rechtsprechung konnte ein Vertreter vertraglich dann haften, wenn dieser ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse hatte oder ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat und hierdurch die Vertragsverhandlung oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat. Abgesehen davon, dass das allgemeine Interesse eines Geschäftsführers am Erfolg seines Unternehmens noch nicht die Eigenhaftung begründet (vergl. z.B. BGH, Urt. v. 27.03.1995, II ZR 136/94, NJW 1995, Seite 1544; Palandt/Heinrichs, 64. Auflage, § 311 Rz. 65) fehlt es hier bereits an den für eine solche Haftung erforderlichen Vertragsverhandlungen oder Einflussnahme auf den Vertragsschluss durch den Berufungsbeklagten Ziffer 2. Allein die Tatsache, dass der Berufungsbeklagte als Geschäftsführer die Verlängerung des Altersteilzeitvertrages unterzeichnet hat, genügt nicht.

Es kommt daher auch nicht darauf an, ob, wie der Kläger in der Berufungsverhandlung ausgeführt hat, angesichts der Vermögenssituation bei der Verlängerung des Altersteilzeitvertrages eine besondere Verpflichtung bestanden habe, eine Insolvenzsicherung für die gesamten Ansprüche abzuschließen. Selbst wenn eine solche vertragliche Verpflichtung bestanden hätte, betrifft diese nur das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Gemeinschuldnerin. Ein eigener vertraglicher Schadenersatzanspruch gegen den Berufungsbeklagten Ziffer 2 kann hieraus nicht hergeleitet werden.

c) Eine persönliche Haftung des Berufungsbeklagten Ziffer 2 gemäß § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB scheidet gleichfalls aus. Voraussetzung dieses Anspruches ist der Verstoß gegen ein den Schutz des Klägers bezweckenden Gesetzes.

Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist eine Rechtsnorm, die ein bestimmtes Gebot oder Verbot ausspricht. Rechtsnormen, die nur allgemeine Grundsätze aufstellen, scheiden als Schutzgesetz aus. Die Gebots- oder Verbotsnorm muss nach Zweck und Inhalt jedenfalls auch dem Indi-vidualschutz dienen. Die Gewährung von Individualschutz muss wenigstens eines der vom Gesetzgeber mit der Norm verfolgten Anliegen sein (BAG, Urt. v. 25.04.2001, 5 AZR 368/99, AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 80). Entscheidend ist, ob nach dem Regelungszusammenhang die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden begründen sollte. Diese Begrenzung ist erforderlich, um auszuschließen, dass die Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine allgemeine Haftung für Vermögensschäden unterlaufen wird (BAG v. 06.11.2002, 5 AZR 487/01, NZA 2003, Seite 400 unter II. 4a) der Gründe). Im Hinblick hierauf gilt folgendes:

aa) Eine deliktische Haftung des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB scheidet aus. Der allein in Betracht kommende Treuebruchtatbestand setzt voraus, dass der Täter eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht hat, Vermögensinteressen eines Dritten zu betreuen, d. h. diesem drohende Vermögensnachteile abzuwenden. Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, die für das Arbeitsverhältnis als Austauschverhältnis typisch sind, reichen nicht aus, und zwar losgelöst davon, ob und welche besonderen Rücksichtnahme- und Sorgfaltspflichten sich aus diesem Austauschverhältnis ergeben (vergl. auch LAG Hamm, Urt. v. 06.05.2004, 8 Sa 2220/03, LAG-Report 2005, Seite 135 ff.; Tröndle/Fischer, StGB, 52. Auflage, § 266 Rn. 29).

bb) Eine deliktische Haftung des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB scheidet gleichfalls aus. Der Straftatbestand nach § 263 StGB erfordert, dass durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen ein Irrtum erregt oder unterhalten wird.

Es genügt nicht, dass die wirtschaftliche Situation bei Verlängerung des Altersteilzeitvertrages schwierig war. Dies war der Belegschaft unbestritten bekannt. Der Kläger selbst hat in dem Berufungsschriftsatz vom 23.05.2004 darauf hingewiesen, dass bereits im Juni 2002 damit begonnen worden sei, von den Mitarbeitern einen Gehaltsverzicht unter dem Titel "Solidarbeitrag" beizusteuern. Es ist daher weder eine vorsätzliche Täuschungshandlung noch die weiter erforderliche Irrtumserregung oder Irrtumsbeibehaltung erkennbar. Im Übrigen erfordert § 263 StGB eine Verfügung des aufgrund der Täuschung Irrenden über eigenes oder fremdes Vermögen. Die Verfügung des Getäuschten muss sich unmittelbar vermögenswirkend auswirken. Der wesentliche Schaden ist nicht durch die Verlängerung der Altersteilzeitvereinbarung, vielmehr durch den Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung im Jahr 2000 entstanden.

cc) Ein Schadenersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 7d SGB IV, weil § 7d SGB IV in den bis zum 31.07.2003 geltenden Fassungen kein Schutzgesetz im deliktrechtlichen Sinne war.

Nach § 7d SGB IV in der 2000 und 2002 zur Anwendung kommenden Fassung haben die Vertragsparteien im Rahmen ihrer Vereinbarung Vorkehrungen zu treffen, die der Erfüllung der Wertguthaben einschließlich des auf sie entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag dienen.

Voraussetzung ist nach § 7d Abs. 1 Nr. 2 SGB IV zunächst, dass der vereinbarte Zeitraum, in dem das Wertguthaben auszugleichen ist, 27 Kalendermonate nach der ersten Gutschrift übersteigt. Streitig ist, wie die zeitliche Grenze von 27 Monaten zu berechnen ist. Die Arbeits- und Freistellungsphase betrug bei Vertragsschluss je 30 Monate.

Es wird vertreten, dass die Insolvenzversicherungspflicht bereits dann besteht, wenn die Arbeits- und Freistellungsphase den Zeitraum von 27 Monaten übersteigt (so z.B. von Ahsen/Nölle, DB 2003, Seite 1384). In diesem Fall würde die vorliegende Altersteilzeitvereinbarung von der Regelung erfasst. Wird hingegen auf den Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der erstmaligen Gutschrift eines Wertguthabens und dem Beginn der Freistellung abgestellt (so z.B. Seewald in Kass.Kom., § 7d SGB IV Rn. 12), unterlag die vorliegende Altersteilzeitvereinbarung bereits nicht dem Geltungsbereich der Bestimmung, wenn zugleich der Zeitraum von 3 Monaten mit einem entsprechenden Anspruch auf Insolvenzgeld zu berücksichtigen ist (vergl. hierzu Rittweger, Altersteilzeit, 2. Auflage, Seite 152). Im letzteren Fall ist § 7 d SGB IV erst mit der Verlängerung der Altersteilzeit einschlägig geworden. Einer abschließenden Entscheidung der Berechnung und der weitergehenden Frage, ob mit der Verlängerung auch bei Abschluss der Verlängerungsvereinbarung bestehende Wertguthaben rückwirkend Insolvenz zu sichern waren, bedarf es jedoch nicht, weil selbst wenn man davon ausgeht, dass die vorliegende Altersteilzeitvereinbarung in den Regelungsbereich von § 7d SGB IV fällt, kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB vorliegt.

Auch wenn man davon ausgeht, dass § 7d SGB IV aF. als vertragliche Verpflichtung und nicht nur als Sollvorschrift zu verstehen ist, bedeutet dies nicht, dass der Verstoß gegen die vertragliche Verpflichtung deliktsrechtliche Folgen für den Arbeitgeber haben soll. Der Gesetzgeber hat in der damaligen Fassung bewusst keine genauen Vorgaben für die Insolvenzsicherung gemacht und die Vorschrift sanktionslos ausgestaltet. Die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Schaffung von Vorkehrungen des Insolvenzschutzes kann zwar einen Individualanspruch des Arbeitnehmers auf Verschaffung von Insolvenzschutz begründen. Aus dem Fehlen von Sanktionen für den Fall eines Verstoßes folgt in der Regel, dass der Schutz vor Schädigung und die Begründung einer deliktischen Haftung nicht das vom Gesetzgeber mit der Norm verfolgten Anliegen war (so auch LAG Hamm v. 06.05.2004, 8 Sa 2220/03, LAGReport 2005, Seite 135 ff.; LAG Düsseldorf v. 20.05.2005, 7 Sa 166/05, dok. in BeckRS 2005 Nr. 42056; Hanau, ZIP 2003, Seite 2028 ff., 2032; a. A. Schlegel, Handbuch zum Sozialrecht, Gruppe 7b, Altersteilzeit, Teil B Rn. 131; Zwanziger, RdA 2005, Seite 226 ff., 240).

dd) Eine deliktische Haftung des Beklagten ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 6 Abs. 5 des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit in der Chemischen Industrie in der damals geltenden Fassung.

Eine eigenständige tarifvertragliche Regelung zur Insolvenzsicherungspflicht enthält die Bestimmung nicht. Es wird vielmehr nur der in § 7d Abs. 1 Ziffer 2 SGB IV aufgeführte Zeitraum auf 36 Monate festgelegt. Ein von der gesetzlichen Vorschrift abweichender Zeitraum ist nach § 7d SGB IV Ziffer 2, 2. Halbsatz zulässig.

Auch hier kann dahingestellt bleiben, wie der Zeitraum zu berechnen ist (zu den unterschiedlichen Auffassungen vergl. oben c.). Die Tarifvertragsparteien sind damit von einer Insolvenzsicherungspflicht nach § 7d SGB IV ausgegangen und haben den Zeitraum verlängert. Ist § 7d SGB IV in der damals geltenden Fassung kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, so gilt dies auch für einen Tarifvertrag, der von der Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmung ausgeht und nur den tarifdispositiven Zeitraum verlängert. Hinzu kommt, dass bei Tarifverträgen das Gleiche wie bei Gesetzen gilt. Nicht jede zwingende Regelung macht eine Norm zum Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Fehlt es wie hier an einer Sanktion für den Fall des Verstoßes, folgt auch bei einer tarifvertraglichen Regelung hieraus in der Regel, dass der Schutz vor Schädigung und die Begründung einer deliktischen Haftung nicht das von den Tarifvertragsparteien mit der Norm verfolgte Anliegen war (ausführlich LAG Hamm v. 06.05.2004, 8 Sa 2220/03, LAG-Report 2005, Seite 135 ff.).

Dahingestellt bleiben kann daher auch, ob der Auffassung des Berufungsbeklagten Ziffer 2, dass sich aus dem Tarifvertrag über den Unterstützungsverein der Chemischen Industrie in der Fassung vom 15.05.2002 in § 4 Abs. 2 eine ausreichende Insolvenzsicherung ergibt.

d) Bereits aus den unter c) genannten Gründen scheidet auch eine persönliche Haftung des Berufungsbeklagten Ziffer 3 aus. Auch hier gilt, dass ein Schadenersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht gegeben ist, da ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB nicht vorliegt, und zwar weder im Hinblick auf § 263, 266 StGB noch im Hinblick auf § 7d SGB IV und im Hinblick auf den Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit in der Chemischen Industrie.

Ein Schadenersatzanspruch scheitert hier im Übrigen jedoch auch daran, dass der Kläger den Beklagten weder als Gesellschafter noch als Aufsichtsratsvorsitzenden in Anspruch nehmen kann.

Der Aufsichtsrat ist als fakultativer Aufsichtsrat nach § 52 GmbHG nicht der gesetzliche Vertreter der GmbH und handelt auch nicht für diese. Vielmehr ist funktionstypische Aufgabe des Aufsichtsratsmitgliedes die Überwachung der Geschäftsführungstätigkeit der Geschäftsführer (Henze, BB 2000, 209). Eine dem Berufungsbeklagten Ziffer 2 zuzurechnende Handlung, die zu einer Haftung nach § 263 StGB, 266 StGB führen könnte, ist nicht erkennbar und wird nicht näher dargelegt. Insbesondere sind Pflichtverletzungen nach § 52 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1, 2, 5 Aktiengesetz im Zusammenhang mit dem Abschluss der Altersteilzeitvereinbarungen nicht erkennbar. Die Behauptung, der Berufungsbeklagte Ziffer 3 sei faktisch maßgeblicher Entscheidungsträger der "E.Gruppe" gewesen ersetzt nicht den gebotenen Sachvortrag, um zu einer persönlichen Haftung des Berufungsbeklagten Ziffer 3 als Aufsichtsratsmitglied zu kommen.

Auch hier gilt im Übrigen, dass der mit der Feststellungsklage geltend gemachte Schadenersatzanspruch wegen fehlender Insolvenzsicherung zu trennen ist von möglichen Schadenersatzansprüchen wegen verspäteter Insolvenzanmeldung.

Aus dem gleichen Grund scheidet die Haftung des Berufungsbeklagten Ziffer 3 für die fehlende Insolvenzsicherung auch aus, soweit der Kläger den Berufungsbeklagten Ziffer 3 als Gesellschafter in Anspruch nehmen will. Nach § 13 GmbHG gilt das Trennungsprinzip. Als Gesellschafter war der Berufungsbeklagte Ziffer 3 nicht Handelnder der GmbH. Eine Haftung im Hinblick auf den geltend gemachten Antrag scheitert daher bereits daran, dass weder erkennbar noch näher dargelegt ist, dass der Berufungsbeklagte Ziffer 3 in die Gestaltung, Abwicklung und Insolvenzsicherung der Altersteilzeitverträge eingebunden war.

III.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat nach § 97 ZPO der unterliegende Kläger zu tragen.

Die Zulassung der Revision erfolgt, soweit die Klage gegen den Berufungsbeklagten Ziffer 2 abgewiesen wurde, nach § 62 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, da durch das Bundesarbeitsgericht noch nicht geklärt ist, ob § 7d SGB IV ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist und wie die sicherungsbedürftigen Wertguthaben zu berechnen sind.

Ende der Entscheidung

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