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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 120/06
Rechtsgebiete: BetrAVG, GG


Vorschriften:

BetrAVG § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1
GG Art. 3 Abs. 1
1. Die Zusatzversorgung nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) ist wirksam auf das tarifvertraglich geregelte Punktemodell des öffentlichen Dienstes umgestellt worden.

2. Die Ablösung der bisherigen Gesamtversorgung war nach den Satzungsbestimmungen der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse zulässig und bedurfte nicht der Zustimmung der arbeitsgerichtlichen Kommission.

3. Die Ermittlung der Startgutschrift dergestalt, dass in jedem Jahr der Pflichtversicherung lediglich 2,25 % der Vollrente erworben werden, führt jedoch zu einer sachwidrigen Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten und damit zur Unwirksamkeit der Besitzstandsregelung.


Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 20.07.2006, Az. 11 Ca 289/04, abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass die dem Kläger von der Beklagten zu 2 mit Wirkung vom 01.01.2002 erteilte Startgutschrift unverbindlich ist.

3. Die weitergehende Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klage gegenüber der Beklagten zu 2 und die Berufung gegen die Abweisung der Klage gegenüber der Beklagten zu 1 werden zurückgewiesen.

4. Der Kläger trägt 5/6, die Beklagte zu 2 1/6 der Kosten des Rechtsstreits.

5. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Zusatzversorgung nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes wirksam auf das tarifvertraglich geregelte Punktemodell des öffentlichen Dienstes umgestellt worden ist.

Der Kläger ist seit 0.0.1982 als Erzieher/Heilpädagoge beim Beklagten Ziffer 1 beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag verweist auf die jeweilige Fassung der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR). Ziffer XIII der Anlage 1 zu den AVR verpflichtet den Dienstgeber, die Altersversorgung nach den Bestimmungen der Anlage 8 zu den AVR zu veranlassen. § 1 der Anlage 8 bestimmt unter der Überschrift "Gesamtversorgung", dass Arbeitnehmer, für die Versicherungspflicht nach der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands (KZVK) besteht, durch ihren Dienstgeber bei der Zusatzversorgungskasse zu versichern sind. Am 16.04.2002 beschloss der Verwaltungsrat der Zusatzversorgungskasse eine Satzungsänderung und stellte rückwirkend zum 01.01.2002 die Altersversorgung von dem bisherigen umlagefinanzierten Gesamtversorgungssystem auf ein kapitalgedecktes Zusatzrentensystem um. In diesem Rahmen wurden die bis zum 01. Januar 2002 erworbenen Anwartschaften in eine Startgutschrift umgerechnet, wobei die zurückgelegten Pflichtversicherungsjahre nicht mehr zu den bisher maximal 40, sondern zu den nunmehr maximal 44 möglichen Pflichtversicherungsjahren ins Verhältnis gesetzt wurden.

Mit seiner am 05.07.2004 beim Arbeitsgericht Freiburg eingegangenen Klage, gerichtet gegen den Beklagten zu 1 und die Kirchliche Zusatzversorgungskasse Köln (Beklagte zu 2), hat der Kläger Feststellung begehrt, dass seine Alters- und Hinterbliebenenversorgungsansprüche entsprechend der bisher geltenden Regelung fortbestehen und durch die Systemumstellung im öffentlichen Dienst, die durch die Satzungsänderung bei der Zusatzversorgungskasse übernommen wurde, nicht berührt werden. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch die Satzungsänderung seitens der Zusatzversorgungskasse könne nicht in die ihm gewährte Versorgungszusage eingegriffen werden, da diese unverfallbar sei. Die Änderung des Leistungsplans der Beklagten zu 2 führe zu einer Minderung seines Versorgungsanspruchs. Zum einen sei durch die Umstellung das Versorgungsniveau bezogen auf den sogenannten Eckrentner abgesenkt, des Weiteren sei nicht berücksichtigt worden, dass der Versicherungsbeginn vor 1992 gelegen habe, so dass der maximale Gesamtversorgungssatz schon nach einer zusatzversorgungspflichtigen Zeit von 35 Jahren erreicht worden wäre. Die Ermittlung der Startgutschrift sei mängelbehaftet, da der dem Kläger zustehende gesetzliche Rentenanspruch ausschließlich auf der Grundlage des Näherungsverfahrens errechnet worden sei. Dadurch würde der Kläger nicht nur gegenüber dem alten Versorgungssystem benachteiligt, sondern auch schlechter gestellt als junge Versicherte. Der Beklagten zu 2 stehe es nicht zu, in sein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 1 einzugreifen und begründete arbeitsvertragliche Ansprüche zu mindern. Die Satzungsänderung sei aber auch wegen fehlender Beteiligung der arbeitsrechtlichen Kommission unwirksam, denn die Satzungsänderung sei vorgenommen worden, obwohl die arbeitsrechtliche Kommission den Vorschlag auf Umstellung des Versorgungssystems abgelehnt habe. Schließlich habe auch der Beklagte zu 1 durch Abschluss des Arbeitsvertrags und Einbeziehung der AVR sich dazu verpflichtet, dem Kläger eine Altersversorgung im Sinne einer Gesamtversorgung zu verschaffen.

Der Kläger hat den Antrag gestellt,

festzustellen dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung mindestens nach Maßgabe der Satzung der KZVK Köln in der am 31.12.2001 geltenden Fassung zu gewähren.

Die Beklagten zu 1 und 2 haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1 hält sich für nicht passiv legitimiert, weil keine direkte Verschaffungsverpflichtung oder direkte Zahlungsverpflichtung im System der Zusatzversorgungskassen bestehe. Seine Beitragsleistungen habe er vollständig gegenüber der Beklagten zu 2 erbracht. Die Beklagte zu 2 ist der Meinung, sowohl die Systemumstellung als solche als auch die Modalitäten für den Transfer der Besitzstände in das neue Zusatzversorgungssystem beruhten auf einer Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien mit der Folge, dass diese nicht von einzelnen Arbeitnehmern angegriffen werden könnten. Im Übrigen sei die Systemumstellung rechtmäßig.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und insbesondere auf den ausführlichen Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Einen Anspruch gegen den Erstbeklagten hat es daran scheitern lassen, dass dieser seine Verpflichtungen bezüglich der Altersversorgung erfüllt habe, als er den Kläger bei der Zweitbeklagten versichert und an diese Beiträge abgeführt habe. Aus § 1 Abs. 2 der Anlage 8 zu den AVR ergebe sich, dass Versorgungsansprüche der Mitarbeiter nur gegenüber der Zusatzversorgungskasse geltend gemacht werden könnten. Auch gegenüber der Zweitbeklagten bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Versorgungsrente nach der früheren Satzung. § 1 der Anlage 8 der Versorgungsordnung A zu den AVR sei dahingehend zu verstehen, dass sich die jeweiligen Versorgungsansprüche der Mitarbeiter ausschließlich nach der Satzung der Zweitbeklagten und deren Ausführungsbestimmungen richten sollen. Der Kläger leite seine Rechtsposition ausschließlich aus der Überschrift des § 1 "Gesamtversorgung" ab. Den Beteiligen sei jedoch bei Vereinbarung der AVR bekannt gewesen, dass die Satzung der Zusatzversorgungskasse den Anschluss an die Versorgungsregelungen des öffentlichen Dienstes vorsehen. Damit habe man sich der Dynamik externer Regelungen unterworfen, was der Festschreibung eines Gesamtversorgungssystems entgegen stehe. Die Änderung der Satzung der Zweitbeklagten sei mit Beschluss vom 16.04.2002 formell ordnungsgemäß zustande gekommen, auf die Beteiligung der arbeitsrechtlichen Kommission komme es nicht an. Die Satzungsänderung sei auch in materieller Hinsicht rechtmäßig, mit der Prüfung der Startgutschrift müsse sich das Gericht mangels dahingehenden Antrags und Vorbringens des Klägers nicht auseinandersetzen. Ein Verstoß des vollzogenen Systemwechsels gegen höherrangiges Recht sei nicht erkennbar.

Wegen weiterer Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Entscheidung wird auf deren Begründung Bezug genommen.

Gegen das ihm am 04.09.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 02.10.2006 Berufung eingelegt und diese am 06.12.2006, nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, begründet. Er wiederholt, vertieft und erweitert sein Begehren gegen beide Beklagten, die seiner Meinung nach nicht berechtigt waren, die Versorgungsverpflichtungen aus § 1 der Anlage 8 der AVR einzuschränken und abzuändern. Dem Kläger habe bis 31.12.2001 ein erdienter und damit eigentumsgleich geschützter Besitzstand zugestanden, wonach er einen zeitanteiligen Versorgungsanspruch von EUR 426,35 bzw. 106,59 Versorgungspunkten zum Umstellungsstichtag bereits erdient gehabt habe. Durch die Art der Startgutschriftermittlung sei der Kläger im Verhältnis zu zukünftigen Versicherten schlechter gestellt worden. Die Startgutschrift hätte wenigstens in Höhe von EUR 82,40 Versorgungspunkten gewährt werden müssen. Die Systemumstellung widerspreche der bewussten Entscheidung des zuständigen Normgebers, der in § 1 der Anlage 8 zu den AVR die Gesamtversorgung ausdrücklich vorgesehen habe. Ein vollständiger Systemwechsel weg von der Gesamtversorgung falle nicht in die satzungsmäßige Entscheidungszuständigkeit der Zweitbeklagten. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht eine Auslegung der arbeitsvertraglichen Richtlinien nach Tarifauslegungsgrundsätzen vorgenommen. Die AVR seien kein Tarifvertrag, richtigerweise habe eine Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB vorgenommen werden müssen, die am Klarheitsgebot scheitere. Der Kläger besteht weiterhin darauf, dass die Satzungsänderung der Zweitbeklagten nicht formell rechtmäßig zustande gekommen sei, weil es an der partnerschaftlichen Beteiligung über eine Beschlussfassung in der arbeitsrechtlichen Kommission gefehlt habe. Die Satzungsänderung sei auch materiell-rechtlich zu beanstanden, denn der Kläger werde gegenüber jungen Versicherten und älteren, sogenannten rentennahen Versicherten schlechter und damit ungleich behandelt. Mit seinem neu eingeführten Hilfshilfsantrag will der Kläger deshalb die Unverbindlichkeit der Startgutschrift festgestellt wissen für den Fall, dass das Berufungsgericht den vollzogenen Systemwandel grundsätzlich für zulässig erachten sollte.

Der Kläger stellt die Anträge,

unter Abänderung der Entscheidung des Urteils des Arbeitsgerichtes Freiburg vom 20.07.2006 (11 Ca 289/04) festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung mindestens nach Maßgabe der Satzung der KZVK Köln in der am 31.12.2001 geltenden Fassung zu gewähren,

hilfsweise,

unter Abänderung der Entscheidung des Urteils des Arbeitsgerichtes Freiburg vom 20.07.2006 (11 Ca 289/04) festzustellen, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, dem Kläger eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung mindestens nach Maßgabe der Satzung der KZVK Köln in der am 31.12.2001 geltenden Fassung zu verschaffen, soweit nicht die Beklagte zu 2 diese Leistungen erbringt,

äußerst hilfsweise,

festzustellen, dass die dem Kläger von der Beklagten zu 2 mit Wirkung vom 01.01.2002 erteilte Startgutschrift unverbindlich ist.

Beide Beklagte beantragen

Zurückweisung der Berufung.

Der Erstbeklagte bekräftigt seine Auffassung, dass eine Gesamtschuldnerschaft schon deshalb ausscheide, weil es Voraussetzung für eine Einstandspflicht des Arbeitgebers sei, dass der externe Versorgungsträger tatsächlich nicht entsprechend der rechtlich bestehenden Versorgungsverpflichtung leiste. Darüber hinaus bleibe es dabei, dass die Zweitbeklagte durch ihre Satzungsänderung lediglich dem im Errichtungsbeschluss und der Ursprungssatzung fixierten Gleichlauf mit den Versorgungsgrundsätzen für Angestellte im öffentlichen Dienst Rechnung getragen habe. Die Zweitbeklagte verweist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 14.11.2007, wonach die Umstellung der Zusatzversorgung vom Gesamtversorgungssystem auf das Punktmodell wirksam sei und die Rechte der Versicherten nicht verletze. Soweit der Bundesgerichtshof die Startgutschriftberechnung in einem Detailpunkt für verfassungswidrig und daher die Startgutschrift insgesamt für unverbindlich halte, ändere das an der Rechtmäßigkeit der Umstellung nichts. Dies müsse in gleichem Maße auch für den vorliegenden Rechtsstreit gelten, weshalb die Klage mit dem Hauptbegehren keinen Erfolg haben könne.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist jedoch nur zum kleineren Teil begründet.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Zulässig ist die Berufung auch hinsichtlich der beiden erstmals im zweiten Rechtszug gestellten Hilfsanträge. Der Hilfsantrag stellt ein Minus gegenüber dem Hauptantrag dar, der Hilfshilfsantrag allerdings eine Antragserweiterung. Eine solche ist in der Berufung aber nur dann ausgeschlossen, wenn das Gericht mit einem neuen Tatsachenstoff konfrontiert wird, der nach § 529 ZPO ausgeschlossen ist. Der dem Hilfshilfsantrag zugrunde liegende Lebenssachverhalt ist vom Kläger schon in der erstinstanzlichen Klageschrift in den Prozess eingeführt worden, bereits dort hat der Kläger die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten zu 2 zugrunde gelegten Startgutschrift im Einzelnen bestritten. Lediglich weil er den entsprechend erforderlichen Antrag erstinstanzlich nicht gestellt hatte, hat das Arbeitsgericht hierzu keine Ausführungen machen müssen.

2. Die Berufung des Klägers ist nur zum Teil begründet. Soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 1 wendet, ist sie insgesamt unbegründet, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen wurde, ist sie nur insoweit begründet, als der Hilfshilfsantrag zum Prozesserfolg führte.

a) Die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 1 ist unbegründet. Dies gilt sowohl hinsichtlich des mit der Berufung geltend gemachten Hauptantrags als auch hinsichtlich des Hilfs- und des Hilfshilfsantrages. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten zu 1 auf Gewährung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung mindestens nach Maßgabe der Satzung der KZVK Köln in der am 31.12.2001 geltenden Fassung und zwar weder als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 2 noch in subsidiärer Haftung, gegen ihn besteht auch kein Anspruch auf Feststellung, dass die von der Beklagten zu 2 erteilte Startgutschrift unverbindlich ist.

aa) Hinsichtlich der Entscheidung zu Haupt- und Hilfsantrag wird vollumfänglich auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils verwiesen, das Berufungsgericht macht sich diese zu Eigen und führt lediglich im Hinblick auf die Berufungsrügen ergänzend und zusammenfassend wie folgt aus:

Es ist letztlich nicht entscheidend, ob zwischen Beklagtem zu 1 und Beklagter zu 2 eine Gesamtschuldnerschaft besteht oder nicht, die Klage gegen den Erstbeklagten musste bereits deshalb scheitern, weil gegen die Umstellung der Zusatzversorgung vom Gesamtversorgungssystem in ein Punktesystem keine durchgreifenden Bedenken bestehen und der Kläger deshalb keinen Anspruch darauf hat, nach dem früheren endgehaltsbezogenen Gesamtversorgungssystem behandelt zu werden.

(1) Bereits der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14.11.2007 (IV ZR 74/06, ZTR 08, 199) festgestellt, dass die Umstellung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von einem endgehaltsbezogenen Gesamtversorgungssystem auf ein auf dem Erwerb von Versorgungspunkten beruhendes Betriebsrentensystem durch den Tarifvertrag Altersversorgung vom 01.03.2002 (ATV) und die Neufassung der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBLS) vom 22.11.2002 als solche mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Der Bundesgerichtshof hat dabei im Grundsatz auch die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Systemumstellung von den pflichtversicherten Angehörigen rentenferner Jahrgänge erworbenen Rentenanwartschaften und deren Übertragung in das neu geschaffene Betriebsrentensystem in Form sogenannter Startgutschriften gebilligt. Aus der Sicht des Bundesgerichtshofs verstößt die Systemumstellung weder gegen den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG noch sind die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit verletzt. Dies gilt dem Grundsatz nach auch für solche Mitarbeiter, die bereits eine unverfallbare Anwartschaft erdient haben. Da das Berufungsgericht sich die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.11.2007, auf deren Begründung ausdrücklich verwiesen wird, zu Eigen macht, war vorliegend lediglich noch die Frage von Bedeutung, ob die Beurteilung der Versorgungsumstellung im öffentlichen Dienst übertragen werden konnte auf die Umstellung der Kirchlichen Zusatzversorgung auf das Punktmodell des öffentlichen Dienstes, dies insbesondere im Hinblick darauf, dass die arbeitsrechtliche Kommission der Umstellung nicht zugestimmt hatte. Davon ist auszugehen.

(2) Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr in seiner Entscheidung vom 19.08.2008 - 3 AZR 383/06 - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18.01.2006 (3 Sa 2122/05) bestätigt und dazu mitgeteilt, dass die Zusatzversorgung nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) wirksam auf das tarifvertraglich geregelte Punktemodell des öffentlichen Dienstes umgestellt worden sei. Zur Begründung hat es angegeben, § 1 der Versorgungsordnung (Anlage 8 der AVR) verweise ohne Einschränkung auf die Satzungsbestimmungen der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse. Systemumstellungen bei der Zusatzversorgung seien nicht ausgeklammert. Sie bedurften nicht der Zustimmung der arbeitsrechtlichen Kommission. Die Ablösung der Gesamtversorgung durch das tarifvertragliche Punktemodell sei zulässig, wie bereits im Urteil vom 27.03.2007 - 3 AZR 299/06 - und im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.11.2007 - IV ZR 74/06 - entschieden.

Dies entspricht in Ergebnis und Begründung auch der Überzeugung des erkennenden Berufungsgerichts, weshalb sich weitere Ausführungen zu der nunmehr entschiedenen Grundsatzfrage erübrigen.

bb) Der Antragstellung des Klägers war nicht eindeutig zu entnehmen, ob die mit der Berufung in Form des Hilfshilfsantrags erhobene Feststellungsklage auch gegen den Erstbeklagten gerichtet sein sollte. Erwähnung findet der Erstbeklagte im Antrag jedenfalls nicht. Zu einer Abänderung des auf den Erstbeklagten bezogenen Urteils des Arbeitsgerichts konnte der Hilfshilfsantrag aber in keinem Fall führen. Der Erstbeklagte ist insoweit nicht passiv legitimiert. Er hat keinen Einfluss auf die Erteilung einer Startgutschrift, die satzungsgemäß von der Beklagten zu 2 zu errechnen und festzusetzen ist. Der Beklagte zu 1 kann die Satzung der Beklagten zu 2 nicht ändern. Er kann die Parameter nicht beeinflussen, die zur Erteilung der Startgutschrift führen. Er ist mithin nicht möglicher Adressat des äußerst hilfsweise gestellten Feststellungsantrags des Klägers.

Somit musste es insgesamt bei der Zurückweisung der Berufung bleiben, soweit diese gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, das im Verhältnis zum Erstbeklagten erging, gerichtet war.

b) Die Berufung gegen die Zweitbeklagte ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hauptantrags wehrt, sie ist begründet hinsichtlich des Hilfshilfsantrags.

aa) Auch gegen die Zweitbeklagte hat der Kläger keinen Anspruch auf Altersversorgung nach den früheren Grundsätzen der Gesamtversorgung. Auf die zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts wird ebenso verwiesen wie auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 19.08.2008 und des Bundesgerichtshofs vom 14.11.2007; auf die vorstehenden Ausführungen unter a) aa) wird Bezug genommen.

Der Hilfsantrag richtet sich erkennbar nicht gegen die Beklagte zu 2, sondern lediglich den Beklagten zu 1. Ausführungen dazu erübrigen sich deshalb.

bb) Mit seinem Hilfshilfsantrag blieb der Kläger in der Berufung erfolgreich. Die von der Zweitbeklagten entsprechend ihrer Satzung vorgenommene Berechnung der Startgutschrift ist unverbindlich.

(1) Die Zweitbeklagte hat dem Kläger die Startgutschrift nach § 73 Abs. 1 der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands berechnet. § 73 Abs. 1 regelt die Höhe der Anwartschaften für am 31.12.2001 schon und am 01. Januar 2002 noch Pflichtversicherte wie folgt: "Die Anwartschaften der am 31.12.2001 schon und am 01.Januar 2002 noch Pflichtversicherten berechnen sich nach § 18 Abs. 2 BetrAVG, soweit sich aus Abs. 2 nichts anders ergibt..."

(2) Die konkrete Berechnung für den Kläger sah folgendermaßen aus: Aus dem durchschnittlichen zusatzversorgungspflichtigen Regelentgelt in den letzten drei Kalenderjahren vor dem 01.01.2002 wurde ein gesamtversorgungsfähiges Entgelt von EUR 3.222,64 festgestellt. Hieraus ergab sich ein fiktives Nettoarbeitsentgelt unter Berücksichtigung fiktiver Abzüge in Höhe von EUR 2.106,48 und hieraus wiederum eine Gesamtversorgung von EUR 1.932,70, sich ergebend aus 91,75 Prozent des fiktiven Nettoarbeitsentgelts. Hiervon abgezogen wurde die gesetzliche Rente nach dem Näherungsverfahren zum 65. Lebensjahr in Höhe von EUR 1.408,56. Der Unterschiedsbetrag zwischen der Gesamtversorgung und der gesetzlichen Rente nach dem Näherungsverfahren ergab die Vollleistung der Betriebsrente zum 65. Lebensjahr mit EUR 524,14. Unter Berücksichtigung des Versorgungssatzes, den die Beklagte zu 2 aus 24,3 Pflichtversicherungsjahren und dem Faktor 2,25 Prozent auf 54,68 Prozent errechnete, ergab sich eine Anwartschaft auf Betriebsrente nach § 18 BetrAVG von EUR 286,60, der nach § 72 Abs. 1 der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse durch den Messbetrag von EUR 4,00 geteilt wurde und somit die Startgutschrift von EUR 71,65 ergab.

(3) Die dergestalt gefundene Startgutschrift ist unverbindlich, weil der in § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Prozentsatz von 2,25 pro Pflichtversicherungsjahr, der über § 73 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands vom 12.10.2002 für die Berechnung der Startgutschrift maßgebend ist, zu einer sachwidrigen und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppen der rentenfernen Versicherten führt. Das dem § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BetrAVG zugrunde liegende Produkt aus der Zahl der Pflichtversicherungsjahre und dem Faktor 2,25 pro Pflichtversicherungsjahr hält den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG deshalb nicht stand, weil es infolge der Inkompatibilität beider Faktoren zahlreiche Versicherte vom Erreichen des 100-Prozent-Wertes ohne ausreichenden Grund von vorneherein ausschließt. Der die Funktion des Unverfallbarkeitsfaktors übernehmende Multiplikator bestimmt sich nicht nach der erreichten gesamtversorgungsfähigen Zeit, sondern lediglich nach der Zahl der Pflichtversicherungsjahre. Gesamtversorgungsfähige Zeit und Pflichtversicherungsjahre können deutlich voneinander abweichen. Zu gesamtversorgungsfähigen Zeiten zählen beispielsweise Schul-, Fachschul-, Hochschulzeiten, berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, diese zählen aber nicht zu den Pflichtversicherungsjahren im Sinne des § 18 Abs. 2 BetrAVG. Arbeitnehmer mit längeren Ausbildungszeiten wie etwa Akademiker können 44,44 Pflichtversicherungsjahre überhaupt nicht erreichen und müssen deshalb überproportionale Abschläge hinnehmen. Neben Akademikern sind aber auch all diejenigen betroffen, die aufgrund besonderen Anforderungen eines Arbeitsplatzes, etwa einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder eines Meisterbriefes in einem handwerklichen Beruf erst später in den öffentlichen Dienst eintreten. Weder das Modell der Standardrente eines Durchschnittsverdieners in der gesetzlichen Rentenversicherung noch das bei der Berechnung der anzurechnenden Sozialversicherungsrente anzuwendende Näherungsverfahren liefern stichhaltige Argumente dafür, den maßgeblichen Prozentsatz unter Berücksichtigung der gesamtversorgungsfähigen Zeit von 44,44 Jahren zu bestimmen und ihn dann lediglich mit der Zahl der erreichten Pflichtversicherungsjahre zu multiplizieren, obwohl diese in aller Regel niedriger ist, als die erreichte gesamtversorgungsfähige Dienstzeit (BGH 14.11.2007 - IV ZR 74/06 - ZTR 08, 199, 205 f.). Diese Gesichtspunkte treffen gerade im kirchlichen und caritativen Dienst mit seinem hohen Anteil an Absolventen der eigenen Fachhochschulen in besonderem Maße zu und sind deshalb ohne weiteres übertragbar.

(4) Die Unverbindlichkeit der Startgutschrift im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit der Satzungsbestimmung war lediglich festzustellen, weitere Folgerungen sind hieraus für das Gericht nicht zu ziehen, sie sind vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden. Es wird Sache der Zweitbeklagten sein, ihre Satzung im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 14.11.2007 anzupassen.

Da der Kläger mit seiner Berufung teils obsiegte, teils unterlag, war die Kostenentscheidung nach § 92 ZPO zu treffen.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowohl für den Kläger als auch für die Zweitbeklagte zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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