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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 25.04.2006
Aktenzeichen: 14 Sa 106/05
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB, ZPO, KSchG


Vorschriften:

BetrVG §§ 111 ff
BetrVG § 113
BetrVG § 113 Abs. 3
BGB § 613 a
BGB § 613 a Abs. 1
BGB § 613 a Abs. 4 S. 1
BGB § 826
ZPO § 85 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim (HD) vom 19.05.2005 - 5 Ca 626/04 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

II.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer vom Beklagten Ziff. 1 als Insolvenzverwalter ausgesprochenen ordentlichen Kündigung vom 29.10.2004 zum 30.11.2004, über ein Arbeitsverhältnis der Klägerin mit den Beklagten Ziff. 2 und 3 und schließlich darüber, ob die Beklagte Ziff. 3 verpflichtet ist, für einen Entgeltanspruch beginnend mit dem 07.11.2004 bis einschließlich Februar 2005 - abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes - aufzukommen, hilfsweise hierzu an die Klägerin eine Abfindung i. H. von Euro 20.400,00 zu zahlen.

Die Klägerin war seit 2001, zuletzt gegen Euro 1.700,00 brutto Monatsverdienst, als Arbeiterin für Sortierarbeiten bei einer auf der Mülldeponie S betriebenen Müllsortieranlage beschäftigt. Bei dieser Anlage, die zur Trennung wertstoffhaltigen Mülls nach den unterschiedlichen Wertstoffen bestimmt ist, handelt es sich um ein weitgehend automatisiertes bzw. computergesteuertes System, innerhalb dessen das Material auf mehr als 100 Laufbändern bewegt wird. Der Einsatz menschlicher Arbeitskraft ist zum Einen erforderlich zum Zweck der laufenden technischen Überwachung, Wartung und Störungsbeseitigung, desweiteren fallen Sortierarbeiten an, die nicht automatisch bewerkstelligt werden können.

Die Beklagte Ziff. 3 war bis zum 30.06.2005 Eigentümerin und Betreiberin der Müllsortieranlage. Bis 1995 ließ sie sämtliche anfallenden Arbeiten, also auch die Sortierarbeiten, von eigenen Arbeitnehmern verrichten. Sodann wurden die Sortiertätigkeiten, die nach kurzer Einarbeitung (nicht mehr als zwei Stunden) von ungelernten Kräften verrichtet werden können, von der Beklagten Ziff. 3 fremdvergeben, insoweit ab dem 01.04.2001 an die spätere Insolvenzschuldnerin, die Firma SD S D GmbH (i. d. F.: Insolvenzschuldnerin). Nach dem zwischen der Beklagten Ziff. 2 und der Insolvenzschuldnerin als Werkvertrag konzipierten Sortiervertrag (vgl. Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 07.12.2005, ABl. 43 ff) war die Insolvenzschuldnerin verpflichtet, den von der Auftraggeberin der Beklagten Ziff. 3 - zuletzt einer kreiseigenen Abfallverwertungsgesellschaft - abgekippten unsortierten wertstoffhaltigen Müll aufzunehmen und sodann, bis hin zur Ablage des endgültig (meist in Form gepresster Ballen) getrennten Materials, die anfallenden manuellen Sortiertätigkeiten zu verrichten. Die Beklagte Ziff. 3 blieb, insoweit nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten Ziff. 3, Arbeitgeberin des zum Betrieb der Anlage benötigten qualifizierten technischen Personals (im Wesentlichen Schlosser und Elektriker, insoweit mindestens fünf Arbeitnehmer einschließlich eines Werkstattleiters). Es ist - wenngleich die Einzelheiten ungeklärt geblieben sind - unstreitig, dass die von der Insolvenzschuldnerin beschäftigten Arbeitnehmer mit den von der Beklagten Ziff. 3 im Rahmen des Sortiervertrages überlassenen Geräten - Radlader und Gabelstapler - den abgekippten Müll auf die Anlage aufzuladen und am Schluss auch Material wegzuschaffen hatten.

Die Beklagte Ziff. 3, alleinige Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin, begründete mit dieser mit Wirkung ab dem 19.12.2001 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (vgl. Vor. A. Bl. 70 ff). Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin und zugleich Prokuristin bei der Beklagten Ziff. 3 war eine Frau U W. Die Insolvenzschuldnerin beschäftigte zum Zweck der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem mit der Beklagten Ziff. 3 abgeschlossenen Sortiervertrag 115 Arbeitnehmer, darunter 32 Leiharbeitnehmer und 2 Vorarbeiter. Es wurden zwei Schichten (06:00 bis 15:00 Uhr Frühschicht, 16:00 bis 24:00 Uhr Spätschicht) betrieben, wobei die Sortierkräfte keiner festen Schicht zugeteilt waren.

Bemühungen der Insolvenzschuldnerin, durch entsprechende Vereinbarung mit der zuständigen Gewerkschaft Lohnkosten zu senken, waren im März 2004 gescheitert. Die Beklagte Ziff. 3 und die Insolvenzschuldnerin vereinbarten am 28.03.2004 eine Änderung des Sortiervertrages dahingehend, dass die Sortiermenge ab 01.07.2004 halbiert, die Spätschicht nicht mehr betrieben und der Werklohn gekürzt (30 % Kürzung pro Tonne) wurde. Mit Schreiben vom 29.03.2004 kündigte die Beklagte Ziff. 3 den Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag vom 19.12.2001 per 31.03.2004. Ihren Gesellschaftsanteil an der Insolvenzschuldnerin übertrug die Beklagte Ziff. 3 mit Vertrag vom 30.03.2004 an einen Rechtsanwalt namens A H. Im Rahmen dieser Anteilsübertragung wurde von der Beklagten Ziff. 3 ein Sanierungsplan ausgearbeitet und der Insolvenzschuldnerin ein Sanierungsbetrag i. H. von Euro 260.000,00 zur Verfügung gestellt.

Ab dem 01.07.2004 beauftragte die Beklagte Ziff. 3 zusätzlich die Beklagte Ziff. 2, wiederum auf Grundlage eines Sortiervertrages, der dem mit der Insolvenzschuldnerin abgeschlossenen entsprach, mit der Sortierung des restlichen Mülls im Rahmen der für die Insolvenzschuldnerin entfallenen Spätschicht. Diese wiederum hatte ihrem verminderten Personalbedarf dadurch Rechnung getragen, dass sie fortan keine Leiharbeitnehmer mehr einsetzte.

Die Insolvenzschuldnerin konnte ihre Lohnkosten nicht mehr decken. Am 14.07.2004 stellte Herr H Insolvenzantrag, was zur Insolvenzeröffnung am 01.10.2004 und zur Bestellung des Beklagten Ziff. 1 zum Insolvenzverwalter führte. Die Beklagte Ziff. 3 kündigte unter Berufung auf die Insolvenzeröffnung den Sortiervertrag mit Wirkung zum 08.11.2004. Der Beklagte Ziff. 1 stellte auf diesem Hintergrund die von der Insolvenzschuldnerin noch verrichteten Tätigkeiten zum 06.11.2004 vollständig ein. Bereits am 29.10.2004 hatte der Beklagte Ziff. 1 mit dem Betriebsrat einen entsprechenden Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen (vgl. Vor. A. Bl. 64 ff) sowie sämtliche Arbeitsverhältnisse fristgerecht, spätestens zum 31.01.2005, gekündigt.

Der Ausfall der von der Insolvenzschuldnerin erbrachten Leistungen wurde von der Beklagten Ziff. 3 zunächst dadurch kompensiert, dass sie eine entsprechende Menge des in Sinsheim abgekippten Mülls zu einer Anlage eines in K (Hessen) ansässigen Betreibers einer Sortieranlage verbrachte und den Müll dort sortieren ließ. Mit Wirkung ab 15.02.2005 setzte die Beklagte Ziff. 3 auf ihrer Anlage neben der Beklagten Ziff. 2 ein weiteres (unbekanntes) Unternehmen im Rahmen eines Sortiervertrages und im Rahmen einer Frühschicht ein.

Die Klägerin hat bereits beim Arbeitsgericht die Rechtsunwirksamkeit der vom Beklagten Ziff. 1 ausgesprochenen Kündigung wegen Betriebsüberganges auf die Beklagte Ziff. 2 geltend gemacht. Desweiteren hat sie die Auffassung vertreten, mit Wirkung ab dem 08.11.2004 sei ein Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 2 wegen Betriebsüberganges zustande gekommen. Die Beklagte Ziff. 3 als beherrschende Eigentümerin der Anlage habe das Arbeitsverhältnis zu übernehmen, wenn es nicht auf einen anderen Betreiber übergegangen sei. Die Beklagte Ziff. 3 habe mit dem Geschehen ab März 2004 die Entwicklung dahingehend gesteuert, dass es schließlich zu der Insolvenzeröffnung gekommen sei. Auf diesem Weg sei das Ziel angestrebt worden, sämtliche Sortierarbeiten auf der Anlage nicht mehr durch die Insolvenzschuldnerin, sondern durch andere Unternehmen, zu günstigeren Konditionen, durchzuführen. Die Beklagte Ziff. 3 schulde der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes den Ausfall des Lohnes ab 07.11.2004, hilfsweise Nachteilsausgleich gem. § 113 Abs. 3 BetrVG im Hinblick darauf, dass ein Interessenausgleich/Sozialplan bereits im März 2004 hätte abgeschlossen werden müssen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die in Streit stehende Kündigung des Beklagten Ziff. 1 vom 29.10.2004 sei rechtmäßig und wegen der getroffenen Entscheidung, den Betrieb der Gemeinschuldnerin zum 07.11.2004 einzustellen, erfolgt. Ein Betriebsübergang auf die Beklagte Ziff. 2 liege nicht vor. Zwar verfolge diese einen identischen Betriebszweck wie die Insolvenzschuldnerin, im Übrigen fehle es aber an den Voraussetzungen für einen Betriebsübergang. Ein solcher scheitere daran, dass die im Rahmen des Sortiervertrages zu erbringende Dienstleistung "an" der Sortieranlage und nicht "mit" dieser zu erbringen gewesen bzw. erbracht worden sei. Sowohl die Insolvenzschuldnerin als auch die Beklagte Ziff. 2 hätten in Gestalt der Müllsortieranlage kein eigenwirtschaftlich nutzbares Betriebsmittel erhalten. Erst Recht existiere bezüglich der Beklagten Ziff. 3 kein einziges für einen Betriebsübergang sprechendes Kriterium. Auch könne sich die Klägerin nicht erfolgreich auf eine unzulässige Umgehung des § 613 a BGB berufen. Ebensowenig stünden der Klägerin die geltend gemachten Schadensersatzansprüche zu. Die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) seien nicht ersichtlich. Einen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG habe die Klägerin, welche ihren Arbeitsplatz erst aufgrund der Stilllegung durch den Insolvenzverwalter verloren und wirtschaftliche Nachteile erlitten habe, nicht. Es sei auch bei objektiver Betrachtung nicht unbedingt zwingend, dass die Beklagte Ziff. 3 die spätere Entwicklung nicht nur habe kommen sehen, sondern sie sogar geplant und in der ganzen Angelegenheit die Fäden gezogen habe.

Zur näheren Sachdarstellung wird im Einzelnen auf das arbeitsgerichtliche Urteil vom 19.05.2005 Bezug genommen.

Hiergegen hat die Klägerin in vollem Umfang Berufung eingelegt.

Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 09.09.2005 ging die Berufung am 07.10.2005, ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 08.11.2005 ein. Antragsgemäß ist die letztgenannte Frist bis 09.12.2005 einschließlich verlängert worden. Mit Schriftsatz vom 07.12.2005 (vgl. den Originalbriefumschlag ABl. 81), eingegangen am 12.12.2005, ist die Berufung von der Klägerin begründet worden. Nach Hinweis auf den nicht rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung gem. gerichtlicher Verfügung vom 12.12.2005 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.12.2005, eingegangen am 19.12.2005, Wiedereinsetzung beantragt. Sie hat sich darauf berufen, dass ihr Prozessbevollmächtigter bei Einwurf der Berufungsbegründungsschrift am 07.12.2005, zusammen mit der übrigen Post des Tages, davon habe ausgehen dürfen, dass die Post spätestens nach zwei Tagen beim LAG hätte eingehen müssen. Die Postlaufzeit von H nach M betrage nach Auskunft der Post in fast 100 % der Fälle einen Tag. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass im Parallelverfahren 14 Sa 108/05 die Berufungsbegründungsschrift gleichzeitig eingeworfen und tatsächlich auch bereits am 09.12.2005 beim LAG eingegangen ist.

In der Sache macht die Klägerin geltend, bei der betrieblichen Tätigkeit der Beklagten Ziff. 2 seien die in der Müllsortierungsanlage verkörperten Betriebsmittel übergegangen. Die Beklagte Ziff. 2 sei auf die Nutzung der Sortieranlage angewiesen, die Organisation des Betriebs sei übernommen worden, da sie durch die Anlage vorgegeben gewesen sei. Die von den Beklagten vertretene Auffassung, die Beklagte Ziff. 2 sei nicht verpflichtet gewesen, mit Hilfe der Anlage in S zu sortieren, sei realistischerweise nicht durchführbar. Von einer derartigen Konstellation seien die Vertragspartner tatsächlich auch nicht ausgegangen. Die Dauer der Unterbrechung der Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin könne im Streitfall keine Rolle spielen, denn diese liege nicht an äußeren Umständen, sondern an der Planung der Beklagten Ziff. 3, zuletzt im Zusammenwirken mit der Beklagten Ziff. 2. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts hätten die Beklagte Ziff. 3 und die Insolvenzschuldnerin, was sich aus dem Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag ergebe, einen gemeinsamen Betrieb unter der Leitung der Beklagten Ziff. 3 geführt. Beide, die Beklagte Ziff. 3 und die Insolvenzschuldnerin, hätten die Voraussetzungen für die am 14.07.2004 eingetretene Insolvenz geschaffen, dies zu dem Zweck, der Klägerin und den anderen Arbeitnehmern der Frühschicht den Kündigungsschutz und die Rechte gem. den §§ 111 ff BetrVG zu entziehen sowie einen evtl. Betriebsübergang zu umgehen. Die getroffenen Maßnahmen seien willkürlich und erfüllten die Voraussetzungen des § 826 BGB. Die Beklagte Ziff. 3 sei entweder Arbeitgeberin der Klägerin geworden oder habe den der Klägerin ab 07.11.2004 entzogenen Lohn im Wege des Schadensersatzes auszugleichen, zumindest, hilfsweise, sei an die Klägerin eine entgangene Sozialplanabfindung zu zahlen.

Die Klägerin beantragt:

I.

Der Klägerin gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II.

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim - Kammern Heidelberg - vom 19.05.2005, AZ: 5 Ca 626/04 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten Ziffer 1 vom 29.10.2004 nicht aufgelöst wird.

3. Die Beklagte Ziffer 2 wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

4. Es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziffer 2 seit 8.11.2004 ein Arbeitsverhältnis besteht.

5. Es wird festgestellt, dass seit 8.11.2004 zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziffer 3 ein Arbeitsverhältnis besteht.

6. Die Beklagte Ziffer 3 wird verurteilt, an die Klägerin als Gehalt ab 7.11.2004 EUR 7.200,- zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2005 abzüglich der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zu zahlen.

7. Hilfsweise: Die Beklagte Ziffer 3 wird verurteilt, an die Klägerin eine Abfindung in Höhe von EUR 21.600,- zu bezahlen zzgl. 5 % Zinsen über dem Basissatz sei 1.1.2005.

Die Beklagten beantragen:

Die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten Ziff. 2 und 3 verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Beklagte Ziff. 1 macht geltend, dass er zum Zeitpunkt des Ausspruchs der in Streit stehenden Kündigung nicht davon habe ausgehen können und dürfen, dass die Voraussetzungen eines Betriebsüberganges nach § 613 a BGB auf die Beklagte Ziff. 2 und/oder 3 gegeben gewesen sein könnten. Im Übrigen vertritt der Beklagte Ziff. 1 unverändert die Auffassung, dass die Beklagte Ziff. 3 es im Zusammenwirken mit der Insolvenzschuldnerin zumindest darauf angelegt gehabt habe, einen Betriebsübergang nach § 613 a BGB zu umgehen.

Im Übrigen und wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst der Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Der Klägerin ist wegen der verspätet eingegangenen Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 233 ff ZPO) zu gewähren. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dessen etwaiges Verschulden sich die Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen gehabt hätte, konnte sich auf ein zuverlässiges Arbeiten der Post verlassen. Er hatte ein mit vollständiger und richtiger Anschrift versehenes, ausreichend frankiertes Schriftstück rechtzeitig zur Post gegeben. Das ergibt sich bereits aus dem Briefumschlag zu Blatt 81 der Akten und ist im Übrigen gem. Schriftsatz vom 16.12.2005 nebst Anlagen - eidesstattliche Versicherung der Frau C O - glaubhaft gemacht. Bei Einwurf der Postsendung am 07.12.2005 in einen in Heidelberg befindlichen Postkasten durfte sich der Kläger-Vertreter darauf verlassen, dass die Sendung spätestens bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 09.12.2005 eingehen würde. Tatsächlich ist dies hinsichtlich der gleichzeitig zur Post aufgegebenen Berufungsbegründungsschrift im Parallelverfahren 14 Sa 108/05 auch geschehen.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

I.

Die Klägerin wendet sich ohne Erfolg gegen die vom Beklagten Ziff. 1 ausgesprochene ordentliche Kündigung gem. Schreiben vom 29.10.2004 zum 30.11.2004. Diese ist vielmehr, wie bereits vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, durch betriebliche Gründe i. S. des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gerechtfertigt und weder nach § 1 Abs. 1 KSchG noch nach § 613 a Abs. 4 S. 1 BGB rechtsunwirksam.

Unstreitig war der Insolvenzschuldnerin mit Wirkung zum 06.11.2004 von der Beklagten Ziff. 3 der noch verbliebene Auftrag entzogen worden. Dieser Auftrag war, ebenso unstreitig, die einzige Möglichkeit des Beklagten Ziff. 1 zur Beschäftigung der Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin. Anderweitige Aufträge existierten nicht und waren auch nicht in Sicht. Auf diesem Hintergrund ist die mangels Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin ausgesprochene Kündigung vom 29.10.2004 wegen dringender betrieblicher Erfordernisse i. S. des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gerechtfertigt. Eine Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nach § 613 a Abs. 4 S. 1 BGB "wegen Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils" scheidet bereits deshalb aus, weil bezogen auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs kein Betriebs- bzw. Teilbetriebsübergang i. S. des § 613 a BGB festzustellen ist. Es kann deshalb dahinstehen, aufgrund welcher Umstände hinsichtlich der vom Beklagten Ziff. 1 ausgesprochenen Kündigung zusätzlich der von § 613 a Abs. 4 S. 1 BGB vorausgesetzte besondere innere Zusammenhang ("wegen" Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils) bejaht werden könnte.

II.

Die Insolvenzschuldnerin als Arbeitgeberin der Klägerin besaß keinen Betrieb oder Betriebsteil i. S. des § 613 a BGB. Derartiges war bereits bis zum 30.06.2004 nicht der Fall. Die Übernahme und Erfüllung der Verpflichtungen aus dem mit der Beklagten Ziff. 3 abgeschlossenen Sortiervertrag erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Betriebsinhaberschaft i. S. des § 613 a BGB. Mithin konnte auch kein Betriebsinhaberwechsel auf die in Betracht zu ziehende Beklagte Ziff. 2 und/oder Beklagte Ziff. 3 erfolgen.

1.

§ 613 a Abs. 1 BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (vgl. etwa BAG, Urteil vom 22.07.2004 - 8 AZR 394/03, Urteil vom 11.12.1997 - 8 AZR 426/94).

Soweit in Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellt, kann eine solche Einheit ihre Identität über ihren Übergang hinaus bewahren, wenn der neue Inhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt. Hingegen stellt der bloße Verlust eines Auftrags an einen Mitbewerber für sich genommen keinen Betriebsübergang dar. Die bloße Funktionsnachfolge reicht mithin nicht aus. In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen. Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellen. Die bloße Möglichkeit zu einer unveränderten Fortsetzung des Betriebs genügt für die Annahme eines Betriebsübergangs nicht. Sofern materielle Betriebsmittel nicht lediglich eine untergeordnete Rolle spielen, sondern für die Ausführung der Dienstleistung unabdingbar sind, kommt ihnen neben der menschlichen Arbeitskraft für die Identität der wirtschaftlichen Einheit eine entscheidende Bedeutung zu. Die Annahme eines nach § 613 a BGB übergangsfähigen Betriebes scheitert im Fall der Nutzungsüberlassung wesentlicher materieller Betriebsmittel nicht am Fehlen einer sog. eigenwirtschaftlichen Nutzung. An einer derartigen vom BAG mit Urteil vom 11.12.1997 - 8 AZR 426/94 für das Vorliegen eines Betriebsüberganges nach § 613 a BGB noch aufgestellten Voraussetzung ist nicht mehr festzuhalten. Mithin kann auch nicht mehr an das Merkmal angeknüpft werden, ob die fragliche Dienstleistung "an" oder "mit" Mitteln der Auftraggeberin erbracht wird. Die Beurteilung, ob ein Betrieb übergegangen ist und ob dem Auftragnehmer überlassene Maschinen und/oder Anlagen diesem zuzurechnen sind, hängt immer von der jeweiligen Eigenart ab. Auch das Grobraster einer Einteilung in Produktions- und Dienstleistungsbetriebe kann für die Beantwortung dieser Frage nur eine erste Hilfestellung geben, im Übrigen bedarf es einer umfassenden Bewertung (vgl. hierzu im Einzelnen BAG, Urteil vom 06.04.2006 - 4 AZR 222/04 im Anschluss an die Entscheidung des EuGH vom 15.12.2005 - RsC-232, 233/04).

2.

Auch unter Zugrundelegung der neuen Rechtsprechungsentwicklung besaß die Insolvenzschuldnerin keinen Betrieb bzw. Betriebsteil i. S. des § 613 a BGB.

a.)

Wenngleich nach dieser Rechtsprechung dem Merkmal einer eigenwirtschaftlichen Nutzung für sich genommen keine wesentliche Bedeutung mehr zukommt, so heißt das umgekehrt nicht, dass jegliche Erbringung einer Dienstleistung in einem durch die materiellen Betriebsmittel geprägten Betrieb in der Person des Dienstleisters bzw. Auftragnehmers notwendigerweise auch die Voraussetzungen für eine Betriebsinhaberschaft i. S. des § 613 a BGB erfüllte. Es bedarf auch hier, und etwas anderes ergibt sich gerade auch nicht aus der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BAG, einer Prüfung und Gewichtung aller für einen Betrieb i. S. des § 613 a BGB in Betracht zu ziehenden Teilaspekte.

b.)

Im Streitfall ist zwar nicht zu übersehen, dass es bei dem Betrieb der Sortieranlage ganz wesentlich auf das in der Anlage als solcher verkörperte Betriebsmittel ankommt. Auch für den vorliegenden Fall lässt sich mithin - entsprechend der Formulierung des BAG gem. Urteil vom 06.04.2004 - 8 AZR 222/04 - sagen, dass der Einsatz der Anlage für die Tätigkeit der jeweiligen Auftragnehmerin des Sortiervertrages, also auch für die Insolvenzschuldnerin, unerlässlich war und dass es hierbei - anders als in den Reinigungs- und Bewachungsfällen - für die Ausführung der nach dem Sortiervertrag geschuldeten Tätigkeit nicht nur der Bedienung äußerst einfacher technischer Hilfsmittel bedurfte. Mithin besteht im Streitfall die Besonderheit, dass der Betrieb "Sortieranlage" durch die materiellen Betriebsmittel ganz erheblich geprägt ist und dass die Erfüllung des Sortiervertrages an dieses Betriebsmittel gebunden ist. Insoweit beruft sich die Klägerin zu Recht darauf, dass die dem Buchstaben des Sortiervertrages nach eingeräumte Möglichkeit der Auftragnehmerin, die Sortiertätigkeit an einer anderen Anlage zu erbringen, unberücksichtigt bleiben muss. Es drängt sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise geradezu auf, dass derartiges unsinnig und deshalb nicht ernsthaft ins Auge gefasst sein musste. Hierzu bedarf an dieser Stelle allerdings keiner Vertiefung.

Indes darf bei der vorzunehmenden Gesamtschau und Gesamtbewertung aller Teilaspekte nicht unberücksichtigt bleiben, dass es zum Betrieb der Sortieranlage nicht nur der im Rahmen des Sortiervertrages zu leistenden Dienste bedurfte. Als wesentlich für den Betrieb der Anlage musste hinzukommen die regelmäßige technische Überwachung zum Zweck der Störungsbeseitigung sowie der Durchführung von Reparaturen. Insoweit handelt es sich um Tätigkeiten, die für den laufenden Betrieb der technisch komplizierten und störungsanfälligen Anlage unabdingbar waren. Diese qualifizierten Tätigkeiten gehörten indes nicht zu den von der Insolvenzschuldnerin bzw. im Rahmen des Sortiervertrages zu erbringenden Leistungen. Die Tätigkeiten wurden vielmehr ausschließlich von Arbeitnehmern der Beklagten Ziff. 3 als Betreiberin der Anlage verrichtet. Hierauf hat die Beklagte Ziff. 3 bereits erstinstanzlich und stets unbestritten hingewiesen. Diese Umstände bedeuten zugleich, dass die wesentlichen zum Betrieb der Anlage zu erbringenden Leistungen nicht der Auftragnehmerin des Sortiervertrages oblagen, letztere vielmehr nur ergänzende und den Produktionsablauf unterstützende Hilfstätigkeiten zu erbringen hatte. Dieser Aspekt führt im Ergebnis dazu, dass die sächlichen Betriebsmittel der Sortieranlage der jeweiligen Auftragnehmerin des Sortiervertrages bei Prüfung der Voraussetzungen des § 613 a BGB nicht zuzurechnen sind. Insoweit ist maßgeblich die untergeordnete Bedeutung der Sortiertätigkeiten im Rahmen des Betriebes der Sortieranlage. Maßgeblich ist demgegenüber die wirtschaftliche Bedeutung der Anlage als solcher als hochkompliziertem bzw. technisch hochentwickeltem Wirtschaftsgut. Hinzu kommt die Inbetriebnahme und Aufrechterhaltung eines störungsfreien Betriebes durch das qualifizierte technische Personal der Beklagten Ziff. 3. Bei wertender Betrachtungsweise ist der Schwerpunkt der im Rahmen des Sortiervertrages zu erbringenden Hilfstätigkeiten nicht in der Nutzung der Anlage zu sehen, sondern in der bloßen Unterstützung der Nutzung durch die Betreiberin, also die Beklagte Ziff. 3.

c.)

An dieser Betrachtungsweise ändert im Ergebnis nichts die Tatsache, dass zu den zu verrichtenden reinen Sortierarbeiten am Band kleinere Reparaturen und Reinigung des Bandes hinzugekommen sein mögen. Unstreitig oblag auch nach dem Vorbringen der Klägerin der Beklagten Ziff. 3 bzw. deren Arbeitnehmern die laufende technische Überwachung und Störungsbeseitigung. Dass daneben nennenswerte auf den technischen Ablauf der Anlage bezogene Dienste von der Auftragnehmerin des Sortiervertrages durchzuführen gewesen wären, ist von der Klägerin nicht vorgetragen. Dass es sich um Leistungen gehandelt haben könnte, die zu einer Zurechnung der Sortieranlage als sächliches Betriebsmittel führen könnten, ist nicht ersichtlich. Entsprechendes ergibt die Einbeziehung des Umstandes, dass die Auftragnehmerin des Sortiervertrages mittels der ihr überlassenen Radlader und Gabelstapler Müll auf das Band aufzuladen hatte und es sich entsprechend - ggf. neben Arbeitnehmern der Beklagten Ziff. 3 - hinsichtlich des Abtransports fertig sortierten Guts verhalten haben mag. Insoweit handelt es sich lediglich um die Bedienung einzelner weniger und leicht ersetzbarer Geräte, die bezogen auf die wirtschaftliche Bedeutung der Anlage als solcher nicht ins Gewicht fallen. Dementsprechend führt dieser Teilaspekt der Tätigkeit nicht zur Annahme einer Betriebsinhaberschaft nach § 613 a BGB.

3.

Besaß mithin die Insolvenzschuldnerin in ihrer Eigenschaft als Vertragspartnerin des Sortiervertrages keinen nach § 613 a BGB übergangsfähigen Betrieb, so bedarf es auch keiner Befassung mit der von der Klägerin geltend gemachten Umgehung dieser Bestimmung.

4.

Die Klägerin beruft sich ohne Erfolg darauf, die Beklagte Ziff. 3 und die Insolvenzschuldnerin, ab Juli 2004 unter Einbeziehung der Beklagten Ziff. 2, unterhielten einen gemeinsamen Betrieb. Es ist nicht ersichtlich, dass/weshalb unter diesem von der Klägerin hervorgehobenen Aspekt sich die von ihr geltend gemachte Rechtsfolge eines Arbeitgeberwechsels ergeben könnte.

Ein Betrieb i. S. d. des BetrVG ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Ein Betrieb kann auch von mehreren Unternehmen als gemeinsamer Betrieb geführt werden, wovon nach der ständigen BAG-Rspr. auszugehen ist, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Die einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstrecken, eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt nicht (vgl. im Einzelnen etwa auch BAG, Urteil vom 25.05.2005 - 7 ABR 38/04, m. w. N.).

Zunächst hat, unter Hinweis auf die zitierte BAG-Entscheidung, das Arbeitgericht bereits zutreffend ausgeführt, dass/weshalb die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes nicht ersichtlich sind. Insbesondere hat das Arbeitsgericht es zu Recht abgelehnt, mit Rücksicht auf die von der Klägerin hervorgehobene wirtschaftliche Verflechtung der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten Ziff. 3, diese u. a. verkörpert im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, einen gemeinsamen Betrieb anzunehmen. Die Organschaft ist eine wirtschaftliche Unternehmenseinheit. Sie dient der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten im Organkreis. Erforderlich ist die organisatorische Eingliederung auf Unternehmensebene. Dieses Erfordernis führt aber nicht zwingend dazu, dass auch eine einheitliche Organisation auf betrieblicher Ebene, insbesondere ein einheitlicher Leitungsapparat in personellen und sozialen Angelegenheiten, besteht. Hierzu hätte die Klägerin mithin näher vortragen müssen, was sie nicht getan hat. Darüber hinaus vermag die Berufungskammer auch nicht zu erkennen, welche rechtlichen Folgen sich zugunsten der Klägerin aus der Bejahung eines Gemeinschaftsbetriebes ergeben könnten. Zunächst folgte aus derartigem nicht, dass es sich bei der im Rahmen eines Sortiervertrages zu erbringenden Dienstleistung um einen Vorgang handelte, der als Teilbetrieb sodann nach § 613 a BGB übergangsfähig wäre. Darüber hinaus gibt es keine Rechtsgrundlage für die Annahme, dass bei Einstellung der betrieblichen Tätigkeit eines zu einem Gemeinschaftsbetrieb gehörenden Unternehmens die bei diesem begründeten Arbeitsverhältnisse etwa - womöglich nach § 613 a BGB - auf das andere Unternehmen übergingen. Aus dem bloßen Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes ist für sich genommen kein Arbeitgeberwechsel abzuleiten. Allenfalls hätte der Gedanke des Gemeinschaftsbetriebes Anknüpfungspunkt bei der Beurteilung der vom Beklagten Ziff. 1 ausgesprochenen Kündigung sein können. Denn in einem bestehenden Gemeinschaftsbetrieb findet grundsätzlich eine betriebsübergreifende Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) statt. Indes führt diese Überlegung vorliegend deshalb nicht zur Sozialwidrigkeit der streitgegenständlichen Kündigung, weil der Beklagte Ziff. 1 sämtlichen Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin im Zusammenhang mit der Einstellung der verbliebenen Sortierarbeiten gekündigt hatte, wodurch ein Ausscheiden aus einem etwaigen Gemeinschaftsbetrieb erfolgt wäre (vgl. hierzu im Einzelnen BAG, Urteil vom 22.09.2005 - 6 AZR 526/04, m. w. N.).

5.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ziff. 3 schließlich ohne Erfolg Schadensersatz, sei es in Form des entgangenen Entgelts ab dem 07.11.2004, sei es wegen entgangenen Nachteilsausgleichs nach § 113 Abs. 3 BetrVG.

Die Klägerin beruft sich zur Begründung der streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche im Wesentlichen darauf, dass die Beklagte Ziff. 3, zum Teil gemeinsam handelnd mit der Insolvenzschuldnerin, die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin auf dem Hintergrund einer entsprechend geplanten, voraus berechneten und gesteuerten Insolvenzeröffnung gegenüber den im Oktober 2004 gekündigten Arbeitnehmern zu vertreten habe. Die Klägerin hält, was sie im Einzelnen ausgeführt hat, eine Haftung aus § 826 BGB sowie wegen treu- bzw. sittenwidriger Schädigung für gegeben.

Es kann dahinstehen, ob das Vorbringen der Klägerin, insbesondere in tatsächlicher Hinsicht, zur Anspruchsbegründung ausreicht. Die Klägerin macht eine Durchgriffshaftung gegenüber der Beklagten Ziff. 3 geltend. Diese soll für die ausgefallenen Ansprüche der Klägerin gegenüber ihrer Arbeitgeberin einstehen. Ein derartiger Durchgriff kommt aber wegen der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der SD S D GmbH nicht in Betracht. Nach gefestigter BAG-Rspr. (vgl. etwa Urteil vom 14.12.2004 - 1 AZR 504/03) kommt ein Haftungsdurchgriff der Gesellschaftsgläubiger auf die Gesellschafter einer GmbH wegen "existenzgefährdenden Eingriffs" nicht in Betracht, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Dies gilt auch für denkbare Ansprüche aus § 826 BGB. Eine Außenhaftung und unmittelbare Inanspruchnahme durch einzelne Gläubiger scheidet aus, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. In diesem Fall kann im Interesse anderer Gläubiger nur der Insolvenzverwalter die in erster Linie zumeist ohnehin der Gesellschaft selbst zustehenden Ansprüche gegen die Gesellschafter auf Ausgleich der durch den existenzvernichtenden Eingriff entstandenen Nachteile geltend machen (vgl. im Einzelnen BAG, w. b. b.). Tatsächlich führt der Beklagte Ziff. 1 gegen die Beklagte Ziff. 3 beim Landgericht Heidelberg auch einen derart gelagerten Rechtsstreit.

Nach § 97 Abs. 1 ZPO trägt die Klägerin die Kosten der Berufung.

Die Revision ist nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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