Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 05.03.2001
Aktenzeichen: 15 Sa 106/00
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 249
BGB § 252
BGB § 253
BGB § 618 Abs. 1
BGB § 618 Abs. 3
BGB § 626
BGB § 626 Abs. 2 Satz 1
BGB § 628 Abs. 2
BGB § 823
BGB § 831
BGB § 847
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
15 Sa 106/00

verkündet am 05. März 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch und die ehrenamtlichen Richter Dr. Hauke und Döttling auf die mündliche Verhandlung vom 05.03.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kn. Villingen-Schwenningen vom 08. November 2000 - Az.: 12 Ca 207/00 - wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes.

Die am 12. Oktober 1956 geborene Klägerin hat drei Kinder. Sie ist auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 09. Oktober 1996 als Altenpflegerin in Dienste der Beklagten getreten. Unter §17 des Arbeitsvertrages ist eine Verfallfrist von sechs Monaten für alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, vereinbart worden. Die Beklagte betreibt die Seniorenresidenz H., welche sich in einen stationären Altenpflegebereich und den Bereich der ambulanten Pflege gliedert. In dem letztgenannten Bereich war die Klägerin als Altenpflegerin tätig. Insgesamt waren dort 12 von etwa 100 beschäftigten Arbeitnehmern eingesetzt. Ein Betriebsrat ist gebildet worden. Die Heimleitung oblag einer Frau D., der Bereich der ambulanten Pflege führte als Pflegedienstleiter ein Herr H. Die Klägerin erhielt seit 1998 eine Funktionszulage im Hinblick auf die Tätigkeit als stellvertretende Pflegedienstleiterin. Sie war im Mai 1998 durch den Pflegedienstleiter positiv beurteilt worden. Der genannte Pflegedienstleiter erkrankte im Zeitraum November 1998 bis Februar 1999. Er hatte Alkoholprobleme und unterzog sich deswegen in den Jahren 1999 und 2000 jeweils einer Entziehungskur. Zwischenzeitlich ist das Arbeitsverhältnis mit dem Pflegedienstleiter durch Aufhebungsvertrag beendet worden. Im Februar 1999 führte die Klägerin ein Gespräch mit dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten, dabei ging es um die Frage der Ausübung der Pflegedienstleitung für den ambulanten Bereich. Es stellte sich die Frage, ob die Klägerin den Pflegedienstleiter in der Pflegedienstleitung ersetzen könne. Mit der Lohnabrechnung für den Monat April 1999 wurde die Funktionszulage nicht gezahlt. Die Klägerin wandte sich deswegen an die Heimleiterin und nahm bei der Buchhaltung der Beklagten Rücksprache. Die Funktionszulage wurde nachbezahlt und kam ab Mai 1999 wieder zur Auszahlung. Mit zwei Schreiben vom 02. Mai 1999 wandte sich die Klägerin an die Heimleiterin und an den Geschäftsführer der Beklagten Z. Am 03. Mai fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und der Heimleiterin und dem Pflegedienstleiter statt. Die Klägerin erkrankte in der Zeit vom 30. Juni bis 09. Juli 1999 und kündigte ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12. Juli zum 31. August 1999. Ihr letzter Arbeitstag war der 14. Juli 1999. Für die Zeit danach machte sie Ansprüche auf Ausgleich des Freizeitguthabens sowie restliche Urlaubsansprüche geltend. Nach dem Inhalt eines ärztlichen Attestes der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. T, vom 13. August 1999 ist der Klägerin durch diese Ärztin bestätigt worden, dass sie aufgrund massiven Mobbings erkrankt sei. Der Arzt für Innere Medizin Dr. S. stellte am 14. Januar 2000 ein ärztliches Attest zur Vorlage beim Rechtsanwalt aus. Darin ist ausgeführt worden: Als Ursache für die ausgeprägten körperlichen und psychischen Gesundheitsstörungen mit Dysthymie, Schlafstörungen, Essstörungen und Grübelzwänge wird von Frau T. eine Mobbing-Situation am alten Arbeitsplatz in der Seniorenresidenz H. angegeben.

Mit ihrem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 24. Februar 2000 hat die Klägerin geltend gemacht, das ihr seitens der Beklagten unter dem Datum des 22. Oktober 1999 erteilte Zeugnis werde von ihr nicht anerkannt. Weiter lautete es in dem Schreiben: "Gleichzeitig möchte ich anzeigen, dass ich wegen Mobbing Schadensersatz geltend mache". Mit Antwortschreiben vom 29. Februar 2000 erklärte sich die Beklagte bereit, das Zeugnis entsprechend den Wünschen der Klägerin abzufassen. Seit dem 01. November 1999 steht die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis.

Mit ihrer am 03. Mai 2000 zum Arbeitsgericht erhobenen Klage hat die Klägerin einen Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht geltend gemacht. Später hat sie ausgeführt, sie leite einen Schmerzensgeldanspruch aus den §§ 823, 847 BGB sowohl aufgrund einer Verletzung durch den früheren Geschäftsführer, als auch und besonders durch Handlungen des vormaligen Pflegedienstleiters ab, dessen Handlungen die Beklagte sich gemäß §831 BGB zurechnen lassen müsse. Zur Begründung ihres Klagebegehrens hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, sie habe ihr Arbeitsverhältnis wegen Mobbings gekündigt. Im Herbst 1998 hätten sich die Alkoholprobleme des Pflegedienstleiters so massiv geäußert, dass er mehrfach ausgefallen sei und in die Klinik habe gefahren werden müssen. Es habe Unregelmäßigkeiten bei der Medikamentenentnahme aus dem Medikamentenschrank gegeben. Diese Vorgänge seien der Geschäftsführung bekannt gewesen. Das im Februar 1999 mit dem Geschäftsführer geführte Gespräch habe zeitlich vor der Mobbing-Situation gelegen. Die Ereignisse am Arbeitsplatz hätten sich beginnend mit der Kürzung der Funktionszulage am 30. April 1999 zugespitzt. Sie habe an diesem Tag erfahren, dass sich der Pflegedienstleiter über sie negativ geäußert habe. Als Reaktion auf ihre Schreiben und die Gespräche habe der Pflegedienstleiter sie geschnitten. Bei einer 14-tägigen Urlaubsabwesenheit des Pflegedienstleiters sei es nicht zu einer Übergabe gekommen. Die Arbeitsbedingungen seien immer unerträglicher geworden. Sie habe von dem Pflegedienstleiter erfahren, dass sich die Beklagte wegen des Briefes fristlos von ihr lösen wolle. Am 10. und 11. Juni 1999 seien zwei Mitarbeiter der Geschäftsleitung der Beklagten am Beschäftigungsort erschienen, ohne mit ihr, der Klägerin, ein persönliches Gespräch zu führen. In der Folgezeit habe sie extreme Schlafstörungen gehabt, sei nervös und gereizt gewesen. Der Pflegedienstleiter habe nicht nur durch bewusstes und gewolltes Mobbing ein sinnvolles und engagiertes Arbeiten unmöglich gemacht, sondern auch fahrlässig durch seine alkoholbedingte Unzuverlässigkeit sie, die Klägerin, als seine Stellvertreterin unter enormen Druck gesetzt. Obwohl der Geschäftsleitung seit Februar 1999 in vollem Umfange bewusst gewesen sei, dass der Pflegedienstleiter aufgrund von Alkoholprobleme nicht mehr in der Lage sei, seine Tätigkeit verantwortungsvoll auszuüben, seien keine Maßnahmen zur Überwachung seiner Tätigkeit unternommen worden. Damit habe die Beklagte bewusst ihre Fürsorgepflicht verletzt. Es sei absolut erforderlich gewesen, den Pflegedienstleiter durch eine hierfür qualifizierte Kraft zu ersetzen, und sie, die Klägerin, zu entlasten. Sie habe die Kündigung auf Anraten ihrer Hausärztin erklärt. Die Erkrankung und die Kündigung seien unmittelbare Folge des ständigen Mobbings am Arbeitsplatz. Durch die Kündigung habe sie aufgrund des geringeren Verdienstes einen monatlichen Schaden in Höhe von 1.000,-- DM, ganz zu schweigen von Umzugskosten aus der Dienstwohnung in Höhe von ca. 10.000,-- DM.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zuzüglich 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte hat sich damit verteidigt, die Ansprüche seien entsprechend der Regelung im Arbeitsvertrag verfallen. Es liege auch keine Fürsorgepflichtverletzung vor. Die Nichtabrechnung der Funktionszulage sei versehentlich erfolgt. Handlungen des Pflegedienstleiters müsse sie, die Beklagte, sich nicht zurechnen lassen. Außerdem könne sie sich auf das Haftungsprivileg nach dem SGB VII berufen. Bei dem Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin handle es sich um ein Gefälligkeitsattest.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch sein Urteil vom 08. November 2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe ein Schmerzensgeldanspruch nicht zu. Der Anspruch sei aufgrund arbeitsvertraglicher Ausschlussfrist verfallen. Es bestünden dem Grunde nach auch keine Ansprüche, denn seitens der Klägerin sei nicht ausreichend konkret dargelegt worden, worin eine konkrete Fürsorgepflichtverletzung zu sehen sei. Die Klägerin habe trotz Nachfrage im Kammertermin keine konkreten Vorkommnisse schildern können, die bei ihr zu entsprechenden gesundheitlichen Beschwerden geführt hätten.

Gegen diese am 16. November 2000 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 11. Dezember 2000 beim Landesarbeitsgericht eingereichten Berufung, die sie mit dem weiteren am 09. Januar zum Berufungsgericht gelangten Schriftsatz ausgeführt hat. Sie macht geltend, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht den Verfall der Ansprüche aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung angenommen. Sie habe nicht beansprucht, mit der Geschäftsführung unter Umgehung der Heimleitung ein Gespräch zu führen. Jedoch hätten die Gespräche mit der Heimleiterin nichts genutzt, da sich diese zumindest aus ihrer Sicht stets schützend vor den Pflegedienstleiter gestellt habe. Soweit das Arbeitsgericht die Schilderung konkreter Vorkommnisse vermisst habe, sei dies gerade kennzeichnend für eine Mobbing-Situation. Das Mobbing sei im vorliegenden Fall derart gravierend, dass selbst die für das Heim zuständige Ärztin ihr zur Kündigung geraten und darüber ein Attest ausgestellt habe. Auch das Arbeitsamt habe dies als Kündigungsgrund anerkannt. Sie meint, damit dürfte feststehen, dass Mobbing seitens des Pflegedienstleiters vorgelegen habe, welches ihr die Gesundheit geraubt habe. Aufgrund ihrer Fürsorgepflicht habe die Beklagte sie vor Übergriffen des Pflegedienstleiters, dessen Handlungen sich die Beklagte zurechnen lassen müsse, schützen müssen. Sie begehre ein Schmerzensgeld, dass sich der Höhe nach an der Abfindung orientiere, die im Falle einer Kündigung fällig gewesen wäre.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg Kammern Villingen-Schwenningen vom 08. November 2000 - Az: 12 Ca 207/00 - abzuändern und die Beklagte/Berufungsbeklagte zu verurteilen, an die Klägerin/Berufungsklägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zuzüglich 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung erstrebt, führt aus, die Klägerin habe die Ausschlussfrist nicht eingehalten. Es bestehe auch kein Anspruch dem Grunde nach, da kein schuldhaftes Verhalten ihrerseits vorliege. Zu einer Verletzung der Fürsorgepflicht sei es nicht gekommen. Die Klägerin habe sich auch nicht über den Pflegedienstleiter bei der Heimleitung hinsichtlich eines Verhaltens beschwert, das auch nur ansatzweise unter den Begriff Mobbing fallen könnte.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 64 Abs.2 lit. b ArbGG i.d.F. des Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetzes vom 30. März 2000 statthaft. Das Arbeitsgericht hat den erhobenen Schmerzensgeldanspruch, dessen Angemessenheit die Klägerin mit mindestens 9.000,-- DM (so in der Klageschrift) bzw. mit 8.000,--DM (so Schriftsatz vom 26. September 2000) angegeben hat, abgewiesen. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig und ordnungsgemäß ausgeführt worden, so dass es nach den §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO zulässig ist. In der Sache kann die Berufung jedoch keinen Erfolg haben. Der Klägerin steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schmerzensgeldanspruch gegen die Beklagte zu.

II.

Ob der von der Klägerin erhobene Schmerzensgeldanspruch von der unter § 17 des Arbeitsvertrages vereinbarten zweistufigen Verfallklausel erfasst wird, kann dahinstehen. Der Klägerin steht nach ihrem Vorbringen ein solcher Anspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Nach der ursprünglichen Begründung hat sich die Klägerin eines Schmerzensgeldanspruches wegen Verletzung der Fürsorgepflicht berühmt. Mit dem Begriff der sogenannten Fürsorgepflicht werden herkömmlich die dem Arbeitgeber obliegenden Pflichten beschrieben, die dieser bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses gegen den Arbeitnehmer zu beachten hat. Es handelt sich dabei um eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht (vgl. BAG, Urteil vom 16. Mai 2000 - 9 AZR 203/99, AP Nr. 7 zu § 615 BGB Böswilligkeit). Nach § 253 BGB kann wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Im Vertragsrecht ist ein Schmerzensgeldanspruch grundsätzlich nicht vorgesehen (vgl. BAG, Urteil vom 31. Oktober 1972 - 1 AZR 11/72, AP Nr. 80 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; Däubler, Mobbing im Arbeitsrecht, BB 1995, 1347ff.). Im Falle einer schuldhaften Verletzung der Fürsorgepflicht kann der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen der Haftung für positive Vertragsverletzung Schadensersatz verlangen (vgl. Haller/Koch, Rechtsschutz im Krieg am Arbeitsplatz, NZA 1995, 356ff.). Da Fürsorgepflichten vertragliche Pflichten sind, ist ein Schmerzensgeldanspruch nicht gegeben.

2. Ebenso wenig kann die Klägerin einen Schmerzensgeldanspruch als Auflösungsschaden gemäß § 628 Abs. 2 BGB verlangen. Zwar ist beim Schadensersatzanspruch nach dieser Vorschrift nicht auf die Form der Vertragsbeendigung, sondern auf deren Anlass abzustellen. Wesentliche Voraussetzung ist das Vorliegen eines Auflösungsverschuldens, welches das Gewicht eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB haben muss (vgl. BAG, Urteil vom 11. Februar 1981 - 7 AZR 12/79, AP Nr. 8 zu § 4 KSchG 1969 m.w.N.) und dass die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB eingehalten worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 22. Juni 1989 - 8 AZR 164/88, AP Nr. 11 zu § 626 BGB). Abgesehen davon, dass das Vorbringen der Klägerin schon nicht auf die Erfüllung dieser Voraussetzungen schließen lässt, geht der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers nach §628 Abs.2 BGB auf den Schaden, den er durch die in der Vertragsverletzung des Arbeitgebers begründeten Auflösung des Arbeitsverhältnisses erlitten hat, wobei sich der Schaden nach den §§ 249, 252 BGB richtet (KR-Weigand, § 628 BGB Rz. 37). Auch insoweit ist ein Schmerzensgeldanspruch nicht gegeben. Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, durch ihre am 12. Juli zum 31. August 1999 erklärte Kündigung sei ihr ein Schaden in Höhe von 1.000,-- DM monatlich durch einen geringeren Verdienst und in Form der Umzugskosten aus der Dienstwohnung in Höhe von ca. 10.000,--DM entstanden, hat sie diese angeblichen Schadensposten nicht klageweise geltend gemacht, sondern zur Bemessungsgrundlage für die Höhe des erhobenen Schmerzensgeldanspruches erhoben.

3. Die den Arbeitgeber nach § 618 Abs. 1 BGB treffende Pflicht von Schutzmaßnahmen, bei deren Nichterfüllung er zum Schadensersatz verpflichtet ist, besteht im Bezug auf Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften, wobei § 618 Abs. 3 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen auf Vorschriften aus dem Recht der unerlaubten Handlung jedoch gerade nicht auf § 847 BGB verweist.

4. Ein Schmerzensgeldanspruch kommt nach § 847 BGB nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber eine unerlaubte Handlung begangen hat, indem er den Körper, die Gesundheit oder, was hier in Frage kommt, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers verletzt hat. Das Verhalten eines Vorgesetzten des Arbeitnehmers muss sich der Arbeitgeber nach § 831 BGB nur dann zurechnen lassen, wenn er diesen unsorgfältig ausgewählt oder beaufsichtigt hat. Ein Schmerzensgeldanspruch setzt die Zufügung eines körperlichen Schadens oder eine schwere Persönlichkeitsverletzung voraus, wobei diese adäquat-kausal und Überschreitung des "erlaubten Risikos" erfolgt sein muss (vgl. Kollmer, Mobbing, AR-Blattei SD 1215 Rdnr. 73).

Anders als im ersten Rechtszug, wo sich die Klägerin eines Schmerzensgeldanspruches sowohl aufgrund einer Verletzung durch die früheren Geschäftsführer der Beklagten als auch besonders durch Handlungen des (vormaligen) Pflegedienstleiters berühmt hat, stellt sie im zweiten Rechtszug nur noch darauf ab, die Beklagte müsse sich die Handlungen ihres (Singular!) Mitarbeiters zurechnen lassen, wobei die Beklagte möglicherweise zwar kein Ausfallverschulden (gemeint wohl Auswahlverschulden) treffe, jedoch nach Bekanntwerden der Alkoholprobleme zur Überwachung des Pflegedienstleiters verpflichtet gewesen wäre. Im Hinblick auf diesen Mitarbeiter ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht einmal andeutungsweise, dass durch ihn adäquat-kausal der Klägerin ein körperlicher Schaden oder eine schwere Persönlichkeitsverletzung zugefügt worden ist. Soweit die Klägerin hinsichtlich eines Gesundheitsschadens auf das Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin verweist, ist darin zwar bestätigt worden, dass die Klägerin aufgrund massiven Mobbings erkrankt sei. Auf welcher Grundlage diese Diagnose erstellt worden ist, ergibt sich aus dem Attest jedoch nicht. Demgegenüber hat der Arzt für Innere Medizin in seinem Attest zwar ausgeführt, die Klägerin stehe wegen einer Erschöpfungsreaktion mit körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen in seiner Behandlung. Er meint zwar, weil in den vergangenen 17 Jahren ärztlicher Betreuung keine diesbezüglichen Symptome aufgetreten seien, sei der Zusammenhang mit den von der Klägerin geschilderten Arbeitsbedingungen schlüssig. Ob sie jedoch tatsächlich daraus abzuleiten sind, ergibt sich aus dem Attest allerdings nicht. Der auch in der Rechtsterminologie gebrauchte Begriff der Schlüssigkeit besagt nur, dass der Tatsachenvortrag bei Unterstellung seiner Richtigkeit das Entstehen des geltend gemachten Rechts (bzw. hier die aufgetretene Behandlungsbedürftigkeit) als zutreffend erscheinen lässt. Daraus folgt jedoch nicht schon, dass der Tatsachenvortrag objektiv zutrifft. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass das Arbeitsamt den Kündigungsgrund anerkannt hat.

Hinsichtlich des unstreitig alkoholkranken Pflegedienstleiters erschöpft sich das Vorbringen der Klägerin in pauschalen Behauptungen (Auseinandersetzung, abfällige Äußerungen gegenüber Dritten, Entgleisungen) bzw. darin, der Pflegedienstleiter habe die ihm obliegenden vertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt (etwa nicht erfolgt Übergabe, fehlende Erteilung von Informationen, Unregelmäßigkeiten bei der Medikamentenentnahme aus dem Medikamentenschrank, Erscheinen im Dienst im alkoholisierten Zustand bzw. um eine Stunde verspätet). Wenn sich die Klägerin im zunehmenden Maße ignoriert und übergangen gefühlt hat und sie sich durch die durch verschiedene Vorfälle eingetretene Gefährdung der Bewohner als verantwortungsbewusste Pflegerin in besonderem Maße belastet gefühlt hat, so folgt daraus jedoch nicht, dass sich irgendwelche Handlungen gegen sie gerichtet haben. Es reicht nicht aus, dass bei der Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern auftretende Arbeitspflichtverletzungen als Mobbing empfunden werden. Soweit die Klägerin in Bezug auf ihre Person Fehlhandlungen des Pflegedienstleiters behauptet, hat sie, worauf bereits das Arbeitsgericht hingewiesen hat, keine konkreten Vorkommnisse bzw. den Inhalt und den Anlass der Auseinandersetzungen, abfälligen Äußerungen und Entgleisungen geschildert.

III.

1. Da das Rechtsmittel der Klägerin keinen Erfolg haben konnte, trifft sie gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO die Kostenlast.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen dieses Berufungsurteil nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht selbstständig durch den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück