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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.04.2007
Aktenzeichen: 15 Sa 116/06
Rechtsgebiete: AGG


Vorschriften:

AGG § 1
Ein auf Erfüllung der im Arbeitsvertrag zugesagten Leistungen in Anspruch genommener Arbeitgeber kann nicht deswegen, weil möglicherweise andere Arbeitnehmer wegen der Nichtgewährung entsprechender Leistungen aus einem der in § 1 AGG angeführten Merkmale benachteiligt werden, dem begünstigten Arbeitnehmer gegenüber die Erfüllung des Anspruchs verweigern.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 26. Oktober 2006 - Az.: 1 Ca 238/06 - wird auf Kosten der Berufungsführerin als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug noch über Ansprüche der Klägerin auf Tariflohnerhöhungen für den Zeitraum November 2005 bis April 2006.

Die am ... Juli 1969 geborene, geschiedene und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet Klägerin steht seit 01. Februar 1999 als Verwaltungsangestellte in den Diensten der Beklagten. Die ursprünglich vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 19,25 Stunden wurde zu einem nicht mitgeteilten Zeitpunkt auf 38,5 Stunden angehoben. Die Beklagte betreibt eine Seniorenresidenz. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 09./19.02.1999 enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 5

Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung:

 Vergütungsgruppe/-Stufe BAT VIa/5 DM 1.241,80
Ortszuschlag DM 499,91
Allgemeine Zulage DM 93,41
Freiwillige Zulage (AT) DM 0,00
- - - - - - - - - -
DM 1.835,12

Bei der Verrichtung von Überstunden, für Arbeiten an Sonntagen, Wochenfeiertagen und für Nachtarbeit vereinbaren die Parteien Zuschläge. Hinsichtlich deren Höhe orientieren sich die Parteien an den Beträgen des BAT. Die Vergütungsbestandteile sind abschließend aufgeführt. Die Zahlung der Freiwilligen Zulage (AT) erfolgt freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs. Auch bei wiederholter Gewährung entsteht kein Anspruch.

§ 14

Für die Arbeitsbedingungen im übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der D. in R. und der Gewerkschaft Ö.), Bezirksverwaltung R. , in Kraft seit 1. Juli 1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages. Dies betrifft dann auch § 9 dieses Arbeitsvertrages. Der Arbeitgeber hält diesen Tarifvertrag zur jederzeitigen Einsichtnahme durch den Arbeitnehmer für diesen bereit. Soweit der jeweils gültige Tarifvertrag Regelungen nicht enthält, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Außerdem geltend das Heimgesetz und die dazugehörigen Rechtsverordnungen sowie die vom Träger erlassenen Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils neuesten Fassung."

Der Tarifvertrag zwischen der D. und der Gewerkschaft, Bezirksverwaltung R. enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 2 Anwendung des BAT

Auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer nach § 1 finden zur Regelung ihrer Arbeitsbedingungen grundsätzlich die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Angestellte bei Bund und Ländern (BAT) in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung.

§ 3 Ausnahmeregelungen

(1) § 27 BAT gilt mit der Maßgabe, dass die Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen nicht nach Lebensalter, sondern nach Berufsjahren zu bemessen sind.

§ 5 Sonstige Tarifverträge

Die nachfolgend aufgeführten Tarifverträge zum BAT

1. Vergütungstarifvertrag

2. Tarifvertrag über allgemeine Zulagen

3. Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen

4. Tarifvertrag Urlaubsgeld

5. Tarifvertrag über eine Zuwendung

6. Tarifvertrag Rationalisierungsschutz"

finden in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Die Beklagte gruppierte die Klägerin zu Beginn des Arbeitsverhältnisses in die Vergütungsgruppe BAT VI a Stufe 5 ein; seit Januar 2003 in BAT VI a Stufe 6 und seit Februar 2003 in Stufe 7. Die Eingruppierungen waren bis Oktober 2003 in den Verdienstabrechnungen aufgeführt. Die Beklagte rechnete für den Monat Januar 2003 eine Vergütung in Höhe von EUR 2.145,21 bestehend aus Grundvergütung/Tarif, Ortszuschlag und allgemeiner Zulage ab. Für die Monate Februar 2003 bis Februar 2004 rechnete die Beklagte eine Gesamtvergütung in Höhe von monatlich EUR 2.183,66, für den Monat März 2004 EUR 2.042,77 und seit April 2004 wiederum monatlich EUR 2.183,66 ab. Seit November 2004 erhöhte sich der monatliche Abrechnungsbetrag um die anteilige Sonderzuwendung in Höhe von 151,35 EUR monatlich.

Die Klägerin hat mit ihrer am 24. Mai 2006 der Beklagten zugestellten Klage die Weitergabe der Tariflohnerhöhungen um 2,4 % ab 01. Januar 2003 sowie der Tariflohnerhöhungen um jeweils 1 % zum 01. Januar 2004 und 01. Mai 2004 verlangt. Weiterhin hat die Klägerin die Erhöhung der Lebensaltersstufen geltend gemacht. Aus der mit der Klageschrift eingereichten tabellarischen Aufstellung ergeben sich die Differenzansprüche für die Monate Januar 2003 bis Dezember 2005 (ABl. 38 f.). Die Klägerin ist der Auffassung, diese Ansprüche ergäben sich aus § 14 des Arbeitsvertrages vom 09. / 19.02.1999 in Verbindung mit dem zwischen der D. und der Gewerkschaft Ö. abgeschlossenen Tarifvertrag und dessen Verweisung auf den Bundesangestelltentarif und dessen Vergütungstarif. Die Ansprüche seien mit Schreiben vom 09. März 2003, 28. April 2003 (ABl. 86), 09. März 2004 (ABl. 75) und 16. Februar 2004 geltend gemacht worden.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 3.802,65 brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Klageerhebung zu bezahlen.

Die Beklagte, welche um die Abweisung der Klage gebeten hat, hat ausgeführt, die Geltendmachungsschreiben vom 09. März 2003, 09. März 2004 und 16. Februar 2004 seien nicht bei ihr eingegangen. Ihr lägen lediglich Geltendmachungsschreiben bezüglich Weihnachtsgeld / Zuwendung für die Jahre 2003 / 2004 vom 16. Februar 2004, 13. Dezember 2004 und 21. Dezember 2005 sowie 22. Dezember 2005 vor. Die Klägerin werde ab Februar 2003 nach der Stufe 7 vergütet, weshalb sie eine Grundvergütung in Höhe von 1.443,61 EUR anstatt 1.405,16 EUR erhalte. Seit 01. Januar 2005 gelte ein neuer Vergütungstarifvertrag. Bereits aus diesem Grunde könne die Klägerin Ansprüche ab Januar 2005 nicht mehr auf den BAT stützen. Da die Klage vom 16. Mai 2006 datiere, könne die Klägerin kein Ansprüche mit Erfolg geltend machen, welche sechs Monate vor dem Zugang der Klage entstanden seien.

Das Arbeitsgericht hat durch das am 26. Oktober 2006 verkündete Urteil dem Begehren der Klägerin für die Monate November 2005 bis April 2006 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Tariflohnerhöhung zu. Unter Berücksichtigung der Unklarheitsregel und entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei der Anspruch auch bezüglich der Erhöhung der Vergütung nach den Lebensaltersstufen begründet. Allerdings seien die Ansprüche teilweise verfallen, denn die Beklagte habe die Existenz und den Zugang einiger der von der Klägerin angeführten Geltendmachungsschreiben bestritten. Da die Beklagte für den Zeitraum November 2005 bis April 2006 sowohl die Grundvergütung als auch den Ortszuschlag und die allgemeine Zulage nur in Höhe von 2.183,66 EUR abgerechnet habe, der Klägerin aber 2.301,10 EUR zustünden, schulde die Beklagte 704,64 EUR.

Diese Entscheidung wurde an die Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 08. Dezember 2006 und an den Klägervertreter am 07. Dezember 2006 zugestellt. Das Rechtsmittel der Beklagten ist am 28. Dezember 2006 als Fax und am Folgetag im Original beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Beklagte hat alsdann ihre Berufung mit dem mit Ablauf der auf den fristgerechten Antrag hin verlängerten Frist zur Begründung eingereichten Schriftsatz begründet. Von der Klägerin wurde mit dem am 16. Januar 2007 eingereichten Schriftsatz Anschlussberufung eingelegt. Diese wurde jedoch nicht ausgeführt und wird nach der Erklärung in der Sitzung am 23. April 2007 nicht weiter verfolgt.

Die Beklagte macht geltend, sie sei auch nicht in Folge der Unklarheitsregelung zur Weitergabe der Stufenerhöhung verpflichtet. Im Tarifvertrag D. sei eine eigenständige Regelung betreffend der Stufenerhöhung getroffen worden. Solche seien niemals ausdrücklich bewilligt worden. Weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus der tatsächlichen Handhabung ergebe sich eine Verpflichtung zur Stufenerhöhung. Spätestens ab dem Jahr 2001 sei dadurch eine Änderung der betrieblichen Übung eingetreten, dass die Handhabung nicht mehr praktiziert worden sei. Das Bundesarbeitsgericht habe bei der vom Arbeitsgericht angezogenen Entscheidung wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt und nicht anerkannt. Die Bezeichnung der Gruppe KR diene nur der erstmaligen Einstufung, besage aber nichts über die Frage einer dynamischen Anpassung. § 5 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei eindeutig und enthalte keine Regelungslücke. Das bezifferte Arbeitsentgelt sei die Konstante, die dem Arbeitnehmer unverändert gebühren solle. Welche weiteren Bestandteile dazukommen könnten, seien namentlich genannt. § 5 Arbeitsvertrag sei eine bewusst gewollte und gut überlegte Regelung. Sie sei darauf angewiesen, dass zumindest die Entwicklung der Arbeitsvergütung auf den Cent genau berechenbar bleibe. Auch der übrige Arbeitsvertrag belege, dass keine zeitdynamische Vergütung nach dem BAT gewollt sei. Sie sei nicht tarifgebunden, so dass sie als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin durch die Auslegung, die Vereinbarung sei tarifdynamisch, so gestellt werde, als habe sie sich der Regelungsmacht der Verbände unterworfen. Bei ihr sei der BAT nicht gelebt worden. In der Vergangenheit seien ausschließlich die Tariflohnerhöhungen weitergegeben worden. Es werde auch kein Bewährungsaufstieg gewährt. Darüber hinaus macht sie geltend, der 35. Vergütungstarifvertrag finde auch deswegen keine Anwendung, weil gemäß der Richtlinie 2000/78/EG, welche durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz umgesetzt worden sei, Benachteiligungen wegen des Alters unmittelbar und mittelbar verboten seien. Vorliegend erfolge eine unterschiedliche Vergütung wegen des Alters. Im Hinblick auf die Vorschriften des Gesetzes seien die Normen des BAT nicht anwendbar. Der Haustarifvertrag 1990 enthalte ein eigenes Vergütungssystem mit Merkmalen der Berufsjahre. Demgegenüber sei im BAT das Lebensalter genannt. Jedoch eigne sich das Merkmal des Lebensalters nicht als Kriterium, da viele ältere Arbeitnehmer tätig seien. Der Bundesangestelltentarifvertrag stehe zu der nicht umgesetzten Richtlinie sowie dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem gemeinschaftsrechtlich verankerten Verbot der Ungleichbehandlung aufgrund des Lebensalters im fundamentalen Gegensatz. Der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 sei nichtig, hilfsweise auch nicht anwendbar. § 5 des Arbeitsvertrages sei dahin auszulegen, es sei vertraglich eine Vergütung vereinbart worden sei, die nicht nach dem Lebensalter differenziere.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm - Az.: 1 Ca 238/06- abzuändern und die Klage insgesamt kostenpflichtig abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend. Sie führt allein aus, es sei nicht erkennbar, warum die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprechend seiner Entscheidung vom 09. November 2005 nicht Platz greifen solle. Nach der Unklarheitsregelung sei der Vertrag zu Lasten der Beklagten auszulegen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das dem Begehren der Klägerin für die Monate November 2005 bis April 2006 stattgebende Urteil ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. b ArbGG). Der Betrag der Verurteilung übersteigt den gesetzlichen Grenzwert. Das Rechtsmittel wurde form- und fristgerecht eingelegt und mit Ablauf der auf den fristgerechten Antrag hin verlängerten Frist zur Berufungsbegründung ausgeführt. Die somit gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO zulässige Berufung kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin die allein im zweiten Rechtszug noch streitgegenständlichen, den Zeitraum November 2005 bis April 2006 betreffenden Erhöhungsansprüche zu Recht zugesprochen. Die von der Beklagten erneut in Kenntnis der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09. November 2005 erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Ihre weiteren außerhalb der gesetzlichen Fristen von den Prozessbevollmächtigten vorgetragenen, nach deren Bekunden von der Beklagten herrührenden Hinweise die Frage der Gleichbehandlung wegen des Alters betreffend sind offensichtlich verfehlt.

II.

Die Klägerin kann die ihr durch das Arbeitsgericht zugesprochenen, der Höhe nach unstreitigen Beträge für den Zeitraum November 2005 bis April 2006 zu Recht beanspruchen. Die in der Berufungsbegründungsschrift gegen die vom Arbeitsgericht angeführte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 09. November 2005 - 5 AZR 128/05, AP Nr. 4 zu § 305 c BGB; auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt) geltend gemachten Gesichtspunkte greifen nicht durch.

1. Wenn die Beklagte meint, das Bundesarbeitsgericht habe wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt, und sie auf ein anderes Urteil des selben Senats verweist (BAG, Urteil vom 09. Februar 2005 - 5 AZR 284/04, n.v.), verkennt sie, dass der erkennende Senat des Bundesarbeitsgericht diese Entscheidung unter II. 2. d), aa) angeführt, jedoch im konkreten Fall darauf abgestellt hat, weder die Auslegung, es handle sich um eine statische, noch die Auslegung, es liege eine dynamische Verweisung vor, den Vorzug verdiene, so dass, weil nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel blieben, diese zu Lasten der Arbeitgeberin gingen, weil es sich bei der arbeitsvertraglichen Regelung um Allgemeine Geschäftsbedingungen handle. Dieser rechtliche Gesichtspunkt ist in der Entscheidung vom 09. Februar 2005 nicht angesprochen worden. Fehl geht ohnehin der Hinweis, vorliegend gehe es ausschließlich um die erstmalige Einstufung, der Begriff KR verweise insoweit auch eindeutig auf den Manteltarifvertrag. Die Beklagte übersieht, dass nach dem Tatbestand der Entscheidung des BAG vom 09. November 2005 die dortige Arbeitnehmerin eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe/-Stufe KR II/3 erhalten sollte, vorliegend sich jedoch die Vergütung der Klägerin nach dem Arbeitsvertrag nach der Vergütungsgruppe/-Stufe BAT VIa/5 richten sollte. Gleichviel, ob der Arbeitsvertrag als Vergütungsgruppe auf KR II/3 oder BAT VIa/5 verweist, fehlt es an der hinreichenden Klarheit bezüglich der Tragweite der Verweisung in dem jeweiligen Formulararbeitsvertrag.

Ebenso geht der Hinweis auf die Entscheidung des 5. Senats vom 03. November 2004 (- 5 AzR 622/03, AP Nr. 28 zu § 611 BGB Lohnanspruch) fehl. Auch insoweit sind in dem die Beklagte betreffenden Urteil vom 09. November 2005 auf die Unterschiede zwischen den den beiden Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte hingewiesen worden. Während in der die Beklagte betreffenden Rechtsstreitigkeit die Lohngruppen in den Arbeitsverträgen angegeben sind, ergab sich demgegenüber nach dem Sachverhalt der Entscheidung vom 03. November 2004 die Lohngruppe allein aus den Lohnabrechnungen. Diesen Unterschied hat das BAG in seinem Urteil vom 09. November 2005 deutlich herausgestellt.

2. Der pauschalen Behauptung, § 5 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei eindeutig, enthalte keine Regelungslücke und sei daher einer Auslegung nicht zugänglich, braucht, da das Notwendige in der Entscheidung des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 09. November 2005 dazu ausgeführt worden ist, nicht nachgegangen zu werden. Unbehelflich ist auch der Hinweis, § 5 des Arbeitsvertrages sei eine bewusst gewollte, gut überlegte Regelung mit eigenständigen Regelungsgehalten in den Absätzen. Dabei verkennt die Beklagte, dass das das Arbeitsrecht nicht mehr ausnehmende Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, welches vom Bundesarbeitsgericht in dem Urteil vom 09. November 2005 angewandt wurde, erst durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) in das BGB eingefügt wurde und gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB erst ab dem 01. Januar 2003 für Dauerschuldverhältnisse gilt. Diese Gesetzes- und damit Rechtsänderungen konnte die Beklagte schwerlich im Jahre des Vertragsschlusses voraussehen.

3. Bei den Ausführungen zu den Stufenerhöhungen verkennt die Beklagte, dass die Klägerin nach den nichtangegriffenen Feststellungen im angeführten Urteil zum Beginn des Arbeitsverhältnisses in die Vergütungsgruppe BAT VI a Stufe 5, seit Januar 2003 in die Vergütungsgruppe BAT VI a Stufe 6 und seit Februar 2003 in die Vergütungsgruppe BAT VI a Stufe 7 eingruppiert wurde. Ausführungen dazu, gerade die letzte Eingruppierung sei fehlerhaft, sind ebenso wenig wie dazu erfolgt, es sei eine Rückgruppierung erfolgt oder angezeigt. Der Klägerin wurden allein die prozentualen Erhöhungen ihrer sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzenden Vergütung zugesprochen. Zwar hat die Klägerin in der Klageschrift ausgeführt, es werden auch weitere Bewährungsaufstiege und Dienstzeitstufen aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung geltend gemacht. Auch hat das Arbeitsgericht, weil die Klägerin im Jahre 2004 das 35. Lebensjahr vollendet hat, darauf erkannt, der Klägerin stehe ab dieser Zeit zumindest ein Anspruch auf Vergütung gemäß "Gruppe IV b, Stufe 7" zu. Abgesehen davon, dass sich die im Arbeitsvertrag aufgeführte Stufe im Hinblick auf die Regelung unter § 3 Abs. 1 des sogenannten Haustarifvertrages aus dem Jahre 1990 auf Berufsjahre nicht jedoch auf das Lebensalter bezieht, hat das Arbeitsgericht die Vergütung nach keiner anderen als bislang von der Beklagten selbst angewandten Stufe zugesprochen. Nicht nachvollziehbar ist das Vorbringen der Beklagten, spätestens ab dem Jahr 2001 sei dadurch eine Änderung der betrieblichen Übung eingetreten, dass diese Handhabung nicht mehr praktiziert worden sei.

Ausweislich der von der Klägerin - die Beklagte spricht fälschlicherweise von "Kläger" - zur Gerichtsakte gereichten Verdienstabrechnungen erhielt diese im Abrechnungsmonat Januar 2003 eine Grundvergütung/Tarif gemäß der Vergütungsgruppe VI a Stufe 6 in Höhe von 1.405,16 EUR. Diese Vergütung erhöhte sich ab Februar 2003, da die Vergütung nach der Stufe 7 berechnet wurde, auf 1.443,61 EUR. Die Klägerin hat für die Zeit ab November 2005 eine Grundvergütung in Höhe von 1.528,06 EUR geltend gemacht. Soweit das Arbeitsgericht ausgeführt hat, die Klägerin habe Anspruch auf Vergütung nach der "Gruppe IV b, Stufe 7", handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler. Die Klägerin hat erkennbar keine Vergütung nach einer höheren Vergütungsgruppe als nach der Gruppe VI a begehrt, zumal nach der Tabelle der Grundvergütungen schon in der ersten Stufe der Vergütungsgruppe IV b das Grundgehalt den von der Klägerin geltend gemachten Betrag übersteigt. Da nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts die Höhe der Vergütungsansprüche unter den Parteien unstreitig ist, die Beklagte im zweiten Rechtszug insoweit keine Einwendungen erhoben hat und das Arbeitsgericht der Klägerin nur die prozentualen Erhöhungen auf der Grundlage der seit Februar 2003 abgerechneten Grundvergütung zugesprochen hat, kommt es auf die Ausführungen der Beklagten zu den Stufenerhöhungen insbesondere auch deswegen nicht an, weil von ihr nicht geltend gemacht wird, die gewährte und abgerechnete Stufe 7 entspreche nicht den Berufsjahren der Klägerin.

4. Fehl geht auch die pauschale Behauptung der Beklagten, sie sei nicht tarifgebunden. Zum einen bestehen keine ernsthaften Zweifel, dass sie bzw. die D. im Jahre 1990 den Haustarifvertrag abgeschlossen hat. Darüber hinaus hat die Beklagte im ersten Rechtszug ausgeführt, ab dem 01. Januar 2005 gelte ein neuer Tarifvertrag. Abgesehen von den in anderen Verfahren zur Geltung des neuen Tarifvertrages vorgetragenen abwegigen Auffassungen hat die Beklagte nicht ausgeführt, welche Folgen sich aus der Geltung des neuen Tarifvertrages für die erhobenen und zugesprochenen Ansprüche ergeben sollen.

5. Die in der Berufungsschrift angedeutete und in dem weiteren Schriftsatz vom 20. März 2007 ausgeführte Rechtsauffassung, der Klägerin stünden die zugesprochenen Ansprüche nicht zu, weil die Bestimmungen des 35. Vergütungstarifvertrages gegen das Verbot der Ungleichbehandlung aufgrund des Lebensalters verstießen, verkennen offensichtlich die Rechtslage aus verschiedenen Gründen.

a) Da nach § 3 Abs. 1 des Haustarifvertrages § 27 BAT mit der Maßgabe gilt, dass die Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen nicht nach dem Lebensalter, sondern nach Berufsjahren zu bemessen sind, gilt das von der Beklagten bekämpfte Kriterium nicht. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 03. Oktober 2006 - Rs. C-17/05, AuR 2007, 61) der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters als entgeltbestimmender Faktor zur Erreichung des legitimen Zieles geeignet, die Berufserfahrung zu honorieren. Entsprechendes gilt für das Kriterium der Berufsjahre.

b) Wenn die Beklagte nach einem entsprechenden Hinweis auch immerhin zur Kenntnis nimmt, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 im streitbefangenen Zeitraum noch nicht in Kraft getreten war, so dass dessen Normen nicht zur Unanwendbarkeit der tariflichen Bestimmung führen können, kommt es auf die weiteren Ausführungen im nachgereichten Schriftsatz aus mehreren Gründen nicht an.

aa) Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, deren Zweck nach Art. 1 die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung u.a. wegen des Alters in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedsstaaten ist, ist vor Ablauf der ab dem 02. Dezember 2003 beginnenden Zusatzfrist von drei Jahren in nationales Recht umgesetzt worden. Richtlinien gehören nicht zum primären Gemeinschaftsrecht, so dass sie nicht unmittelbar gelten. Vielmehr überlässt Art. 249 Abs. 3 EG-Vertrag den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel der Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht. Unter welchen Voraussetzungen nach der Rechtsprechung des EuGH ausnahmsweise Richtlinien eine unmittelbare Wirkung zukommt, braucht vorliegend nicht dargestellt zu werden. Jedenfalls wirkt eine Richtlinie nie direkt im Verhältnis von Privatpersonen untereinander (sog. horizontale Direktwirkung).

bb) Es beinhaltet kein neues Erkenntnis, dass ein Arbeitgeber arbeitsvertraglich zugesagte Leistungen weder unter Hinweis darauf, mit der versprochenen Leistung werde gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen (vgl. BAG, Urteil vom 14. Dezember 1993 - 10 AZR 661/92, BAGE 75, 178 = AP Nr. 160 zu § 611 BGB Gratifikation; Urteil vom 28. April 1982 - 7 AZR 1139/79, BAGE 38, 348 = AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 19969), negieren kann, noch sich zu seinen Gunsten darauf berufen kann, vertraglich vereinbarte Klauseln hielten einer Überprüfung nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht stand (vgl. BAG, Urteil vom 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05, AP Nr. 5 zu § 310 BGB). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gibt dem zu Unrecht benachteiligten Arbeitnehmer einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit dem bevorzugten Arbeitnehmer. Der Grundsatz berechtigt jedoch nicht den Arbeitgeber, dem begünstigten Arbeitnehmer den vertraglich eingeräumten Vorteil unter Hinweis darauf zu entziehen, andere Arbeitnehmer erhielten einen solchen nicht. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wirkt nur zugunsten der Arbeitnehmer. Vertragsklauseln, die nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen würden, unterliegen keiner Inhaltskontrolle, wenn sich die Klausel gegen den Verwender richtet. Die Inhaltskontrolle schafft einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht seinem Schutz. Die Richtlinienbestimmungen wie die Normen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes dienen dem Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung (so die Überschrift des Abschnitts 2 des Gesetzes), aber nicht dem Schutz dessen, der einzelne Beschäftigte wegen eines verpönten Merkmals bevorzugt und andere benachteiligt oder umgekehrt. Daraus folgt, dass sich die Beklagte, um vertraglich dem Arbeitnehmer zustehende Ansprüche abzulehnen, nicht darauf berufen kann, die Begünstigung beruhe auf einem verpönten Merkmal. Die Beklagte kann nicht deswegen, weil möglicherweise andere Arbeitnehmer aus einem der in § 1 AGG angeführten Merkmale benachteiligt werden, dem begünstigten Arbeitnehmer zustehende Ansprüche versagen. Die auf den Hinweisen der Beklagten selbst beruhenden Ausführungen in dem nachgereichen Schriftsatz sind somit völlig ungeeignet, dem berechtigten Verlangen der Klägerin entgegengehalten werden zu können.

III.

1. Da die Berufung der Beklagten somit ohne Erfolg bleiben musste, hat sie die dadurch veranlassten Kosten gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen dieses Berufungsurteil nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht selbstständig durch den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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