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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 03.05.2004
Aktenzeichen: 15 Sa 15/04
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO, KSchG, HGB


Vorschriften:

BGB § 125
BGB § 126
BGB § 127
BGB § 128
BGB § 129
BGB § 130
BGB § 131
BGB § 132
BGB § 138
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 309 Nr. 13
BGB § 309 Ziff. 13
BGB § 611
BGB § 614 Satz 1
BGB § 615
BGB § 615 Satz 2
ArbGG § 8 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 2
ZPO § 253 Abs. 3
ZPO § 253 Abs. 4
ZPO § 287 Abs. 2
ZPO § 519
ZPO § 520
KSchG § 12 Satz 1
HGB § 64 Satz 1
HGB § 87 c Abs. 1
HGB § 87 c Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 15 Sa 15/04

verkündet am 03.05.2004

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch, den ehrenamtlichen Richter Lenk und den ehrenamtlichen Richter Vorderwülbecke auf die mündliche Verhandlung vom 03.05.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14. Januar 2004 - Az.: 24 Ca 1338/03 - teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.821,56 € brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2003 zu bezahlen. 2. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. 3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5. 4. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien haben im ersten Rechtszug um Vergütungsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für den Zeitraum Juni 2000 bis Dezember 2002 gestritten. Im zweiten Rechtszug macht der Kläger nur noch Vergütungsansprüche aus dem nämlichen Gesichtspunkt für die Monate Oktober bis Dezember 2002 geltend.

Der am 6. September 1964 geborene Kläger ist aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 25. März 1998 mit Wirkung ab 1. April 1998 als Verkaufsleiter Deutschland in die Dienste der zum damaligen Zeitpunkt einen anderen Firmennamen führenden Beklagten getreten. Für die Probezeit war ein Festgehalt in Höhe von 7.500,00 DM vereinbart worden, welches sich nach deren Ablauf auf 8.500,00 DM erhöhen sollte. Zuletzt belief sich das Festgehalt auf 9.000,00 DM. Daneben hatten die Parteien eine Provisionsvereinbarung vom 28. Februar 2000 abgeschlossen. Der Kläger hat in den Monaten Juli 1999 bis Juni 2000 Provisionszahlungen in Höhe von 25.918,86 DM erhalten.

Unter § 13 Ziff. 2. des Arbeitsvertrages war eine Verfallklausel folgenden Inhalts enthalten:

Ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis verfällt, wenn er nicht binnen einer Frist von sechs Monaten seit seiner Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Partei geltend gemacht wird. Er verfällt ebenfalls, wenn er im Falle seiner Ablehnung durch die andere Partei nicht binnen einer Frist von zwei Monaten vor Gericht anhängig gemacht wird.

Die Beklagte kündigt das Arbeitsverhältnis am 12. Mai 2000 zum 30. Juni 2000 aus betriebsbedingten Gründen. Dagegen hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Durch Urteil vom 23. September 2002 hat das angerufene Arbeitsgericht festgestellt, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung nicht aufgelöst worden. Die von der Beklagten dagegen zunächst eingelegte Berufung ist von ihr im Januar 2003 zurückgenommen worden.

Der Kläger bezog im Monat Juli 2000 Arbeitslosengeld in Höhe von 1.869,12 DM. Er war vom 15. Juli 2000 bis März 2001 bei einer Firma S. tätig. Dort hat er einen Verdienst in Höhe von insgesamt 85.454,40 DM brutto erzielt. In den Monaten April und Mai 2001 erhielt er Arbeitslosengeld in Höhe von 7.339,52 DM. In dem Zeitraum Juni 2001 bis Dezember 2002 war er bei der Firma D. tätig. Dort erzielte er in dem Zeitraum Juni bis Dezember 2001 ein steuerpflichtiges Einkommen in Höhe von 80.231,56 DM und in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2002 ein solches in Höhe von 76.548,96 €. Die Summe dieser Beträge beläuft sich auf 165.971,15 €. Seine Vergütungsansprüche für den im ersten Rechtszug angeführten Zeitraum Juni 2000 bis Dezember 2002 hat er erstmals mit der am 20. Januar 2003 bei Gericht eingereichten Klage geltend gemacht, welche an die Beklagte am 4. Februar 2003 zugestellt worden ist.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 11. Februar 2003 fristlos, hilfsweise ordentlich, nachdem der Kläger zur Wiederaufnahme der Arbeit am 24. Januar 2002 aufgefordert worden war. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus ihren Diensten wurden die von dem Gebietsverkaufsleiter zu betreuenden Gebiete neu zugeordnet.

Der Kläger hat geltend gemacht, er habe in den Monaten Januar bis Juni 2000 einen durchschnittlichen Verdienst in Höhe von 7.522,24 € im Monat erzielt. In den Monaten Juni 1999 bis Mai 2000 einen solchen in Höhe von 6.443,15 €. Er hat die Auffassung vertreten, entscheidend sei jedoch nicht der Durchschnittsverdienst sondern der Verdienst, den er bei der Weiterbeschäftigung voraussichtlich erzielt hätte. Bei höheren Umsatzzahlen hätte er entsprechend höhere Provisionszahlungen erhalten. Mindestens seien jedoch die Provisionszahlungen, die er im Jahr 2000 erhalten habe, zugrunde zu legen. Er hat gemeint, die Ansprüche seien nicht verfallen, das Arbeitsverhältnis habe noch im Jahr 2003 bestanden. Die vertragliche Verfallklausel sei nach der Vorschrift des § 309 Ziff. 13 BGB unwirksam, soweit eine gerichtliche Geltendmachung gefordert werde.

Der Kläger hat beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 82.678,00 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 16.01.2003 sowie rückständige Zinsen in Höhe von € 9.610,51 zu bezahlen.

Die Beklagte hat im ersten Rechtszug die Rechtsansicht vertreten, Vergütungsansprüche stünden dem Kläger nur für die Zeit nach der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis bei der Firma D. zu. Die Ansprüche auf Zahlung von Verzugslöhnen für den Zeitraum bis zum 31. Oktober 2002 seien verfallen, da die Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht worden seien. Mit dem Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzprozess seien die Ansprüche abgelehnt worden. Die zweimonatige Frist für die gerichtliche Geltendmachung habe auch für die noch nicht fälligen Ansprüche zu laufen begonnen. Ansprüche bis einschließlich 31. Oktober 2002 hätten bis zum 31. Dezember 2002 gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Sie ist der Auffassung des Klägers, die arbeitsvertraglich vereinbarte Verfallklausel sei, soweit die gerichtliche Geltendmachung gefordert werde, unwirksam, entgegengetreten, weil das Erfordernis der gerichtlichen Geltendmachung keine strengere Formvorschrift im Sinne des § 309 Nr. 13 BGB sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt durch sein Urteil vom 14. Januar 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ansprüche bis zum 31. Oktober 2002 seien verfallen. Die vertragliche Ausschlussfrist sei wirksam. Bis zum 31. Dezember 2002 sei die vereinbarte Ausschlussfrist unter Berücksichtigung der alten gesetzlichen Vorschriften maßgebend gewesen. Nicht verfallen seien die Ansprüche für die Monate November und Dezember 2002. Ausgehend von dem vom Kläger geltend gemachten Durchschnittsverdienst in Höhe von 7.522,24 € im Monat habe er nach der Abrechnung der Firma D. in diesen beiden Monaten insgesamt 16.638,08 € verdient.

Gegen diese am 26. Januar 2004 zugestellte Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner am 26. Februar 2004 als Fax und am 1. März 2004 im Original eingereichten Berufung, welche er mit dem am 22. März 2004 eingereichten Schriftsatz ausgeführt hat. Er meint, das Arbeitsgericht habe zum einen den Laufzeitbeginn der Verfallfrist fehlerhaft berechnet bzw. die Unwirksamkeit der Verfallklausel nach der neuen Rechtslage fehlerhaft angesetzt und zum anderen sei rechtsfehlerhaft der Zwischenverdienst in der vom Arbeitsgericht berücksichtigten Höhe angesetzt worden, da die Weihnachtsgratifikation auf zwei Monate verrechnet worden sei. Im einzelnen führt er aus, die Verfallklausel sei ab 1. Januar 2003 unwirksam geworden, soweit sie an mehr als an die Schriftform geknüpft sei. Der Oktoberanspruch sei erst am 1. Januar 2003 verfallen. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch die vertraglich vereinbarte Verfallklausel nicht mehr gegolten. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht für die Monate November und Dezember einen Verdienst in Höhe von 16.638,08 € angesetzt, da fälschlicherweise die gesamte Weihn achtsgratifikation in Höhe von 5.497,00 €, die im November ausbezahlt worden sei, in Ansatz gebracht worden sei. Zutreffend wäre es gewesen nur eine anteilige Verrechnung vorzunehmen, da im jeweiligen Abrechnungszeitraum diese Gratifikation verdient worden sei, die aufgespart worden und am vereinbarten Fälligkeitstag zur Auszahlung gekommen sei. Bei der Firma D. habe er unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung in den Monaten Oktober bis Dezember 18.026,54 € erzielt. Bei der Beklagten hätte er dagegen einen Verdienst in Höhe von 22.566,72 € erzielt, so dass ihm ein Differenzanspruch in Höhe von 4.510,18 € zustehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14. Januar 2004 - Az.: 24 Ca 1338/03 -abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.540,18 € nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5. Februar 2003 zu bezahlen.

Die Beklagte macht zur Abwehr der Berufung geltend, die im Arbeitsvertrag enthaltene Verfallfrist sei auch nach der neuen Gesetzeslage wirksam. Die Fristen seien korrekt berechnet worden. Am 1. Januar 2003 sei der Annahmeverzugslohn bis einschließlich Oktober 2002 verfallen gewesen. Mit dem Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzverfahren habe sie die Zahlungsansprüche abgelehnt. Selbst wenn die neue Vorschrift des § 309 Nr. 13 BGB anwendbar sei, sei die Verfallklausel nicht unwirksam. Bei der gerichtlichen Geltendmachung handele es sich nicht um eine Formvorschrift. Zur Höhe macht die Beklagte geltend, der Kläger sei seit Aufnahme seiner Tätigkeit bis zum Beginn des Annahmeverzugs insgesamt 27 Monate tätig gewesen. Er habe in diesem Zeitraum einen Durchschnittsverdienst in Höhe von 5.939,18 € erzielt. Der Zwischenverdienst im Monat November und Dezember 2002 sei jedoch höher. Selbst wenn hilfsweise der Durchschnittsverdienst anhand der letzten 12 Monate des Arbeitsverhältnisses berechnet werde, stünde dem Kläger nur ein Betrag in Höhe von 49,18 € zu.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthaft. Wenn auch der Kläger im zweiten Rechtszug nur noch die Verzugslohnansprüche für die Monate Oktober bis Dezember 2002 verfolgt, übersteigt der geltend gemachte Betrag den gesetzlichen Grenzbetrag. Das Rechtsmittel ist frist- und formgerecht eingelegt und rechtzeitig und ordnungsgemäß ausgeführt worden, so dass es gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO zulässig ist. Es hat auch in der Höhe des den Parteien durch Verfügung vom 19. April 2004 unterbreiteten Vergleichsvorschlags Erfolg.

II.

Für den Monat Oktober 2002 steht dem Kläger aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der §§ 611, 615 BGB ein Anspruch gegen die Beklagte nicht zu. Auch der für diesen Monat erhobene Annahmeverzugslohnanspruch ist verfallen, wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend angenommen hat.

1. Die Parteien haben unter § 13 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages eine sog. zweistufige Verfallklausel vereinbart. Danach sollte ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn er nicht binnen einer Frist von sechs Monaten seit seiner Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Seite geltend gemacht worden ist. Er sollte ebenfalls verfallen, wenn er im Falle seiner Ablehnung durch die andere Partei nicht binnen einer Frist von zwei Monaten vor Gericht anhängig gemacht worden ist.

a) Gegen die Wirksamkeit dieser arbeitsvertraglich vereinbarten Verfallklausel bestanden jedenfalls bis zum 31. Dezember 2002 keine Bedenken. Solche werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht. Nach der bis zum 31. Dezember 2002 bestehenden Rechtslage waren einzelvertraglich vereinbarte Verfallklauseln dann unwirksam, wenn sie sittenwidrig i.S. des § 138 BGB waren (vgl. BAG, Urteil vom 24. März 1988 - 2 AZR 630/87, AP Nr. 1 zu § 241 BGB; Urteil vom 13. Dezember 2000 - 10 AZR 168/00, BAGE 96, 371 = AP Nr. 2 zu § 241 BGB). Sowohl nach der letztgenannten Entscheidung als auch nach einem späteren Erkenntnis (vgl. BAG, Urteil vom 27. Februar 2002 - 9 AZR 543/00, AP Nr. 162 zu § 4 TVG Ausschlussfristen) waren Verfallklauseln, welche die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb eines Monats bzw. zwei Monaten nach Fälligkeit eines Anspruchs und bei Ablehnung des Anspruchs oder Nichtäußerung binnen zwei Wochen die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs innerhalb eines weiteren Monats bzw. innerhalb einer Frist von 14 Tagen ohne Äußerung der Gegenseite verlangten, zulässig, wenn es an der erforderlichen Sittenwidrigkeit fehlte. Vorliegend haben die Parteien jeweils erheblich längere Fristen vereinbart.

b) Auch wendet sich weder die Beklagte an sich dagegen, dass infolge ihrer Kündigung vom 12. Mai 2000 zum 30. Juni 2000 Annahmeverzug eingetreten ist (vgl. BAG, Urteil vom 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97, BAGE 90, 329 = AP Nr. 79 zu § 615 BGB; Urteil vom 18. Januar 2000 - 9 AZR 932/98, BAGE 93, 179 = AP Nr. 1 zu § 5 MuSchG 1968), noch tritt der Kläger den Grundsätzen entgegen, nach denen zwar eine fristgemäß erhobene Kündigungsschutzklage die Ansprüche aus Annahmeverzug in der ersten Stufe wahrt, eine solche Klage jedoch nicht die zweite Stufe der gerichtlichen Geltendmachung ersetzt (vgl. BAG, Urteil vom 5. April 1995 - 5 AZR 961/93, AP Nr. 130 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; Urteil vom 4. Dezember 1997 - 2 AZR 809/96, BAGE 87, 210 = AP Nr. 143 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Vorliegend war für die Ablehnung durch die andere Partei keine besondere Form vorgesehen (vgl. BAG, Urteil vom 11. Dezember 2001 - 9 AZR 510/00, EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 145), so dass sich der Kläger durch den Klagabweisungsantrag im Kündigungsschutzverfahren auf die zweite Stufe der Verfallklausel einzurichten hatte (vgl. BAG, Urteil vom 13. September 1984 - 6 AZR 379/81, BAGE 46, 359 = AP Nr. 86 zu § 4 TVG Ausschlussfristen).

c) Die von der Beklagten im ersten Rechtszug vertretene Auffassung, dem Kläger stünden Vergütungsansprüche nur für die Zeit nach der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis bei der Firma D. zu, ist offensichtlich fehlerhaft und auch nicht mehr in der Berufungsinstanz aufrechterhalten worden. Die Einschränkung, dass dem unwirksam gekündigten Arbeitnehmer entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren ist, gilt nur, wenn der Arbeitnehmer von seinem Verweigerungsrecht gemäß § 12 Satz 1 KSchG Gebrauch gemacht hat (§ 12 Satz 4 KSchG). Der Kläger hat nicht binnen einer Woche nach der Rechtskraft des Urteils, die ohnehin erst mit der Rücknahme der Berufung durch die Beklagte gegen das für den Kläger günstige arbeitsgerichtliche Urteil im Januar 2003 eingetreten ist, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch eine formgerechte Erklärung (vgl. dazu KR-Rost, 6. Aufl., § 12 KSchG Rz. 24; HaKo-Fiebig, 2. Aufl., § 12 Rz. 19) verweigert.

Vielmehr hat die Beklagte das fortbestehende Arbeitsverhältnis am 11. Februar 2003 fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt.

2. Der Anspruch auf Zahlung der Vergütung im Falle des Annahmeverzugs wird wie der originäre Vergütungsanspruch, wenn kein Annahmeverzug eingetreten wäre, fällig. Mangels einer anderweitigen Vereinbarung wird die Vergütung nach § 614 Satz 1 BGB nach der Leistung der Dienste fällig. Ist die Vergütung nach Monaten bemessen, so besteht der Anspruch nach Ablauf des Monats (vgl. Staudinger/Richardi, BGB, 13. Bearbeitung, § 614 Rz. 12). Jedoch gilt für kaufmännische Angestellte eine abweichende Regelung. Nach § 64 Satz 1 HGB hat die Zahlung des dem Handlungsgehilfen zukommenden Gehalts am Schlusse jedes Monats zu erfolgen. Somit ist eine Gehaltszahlung an kaufmännische Angestellte wie den Kläger, der als Verkaufsleiter eingestellt worden ist, am Letzten des jeweiligen Monats fällig (MünchKomm-Schaub, 3. Aufl., § 614 Rz. 5; Staudinger/Richardi, a.a.O., § 614 Rz. 40; Erman/Ederfeld, BGB, 11. Aufl., § 614 Rz. 2). War somit die Gehaltszahlung für den Monat Oktober 2002 am 31. Oktober 2002 fällig, so endete die zweite Stufe der vertraglichen Verfallklausel mit Ablauf des 31. Dezember 2002.

Dies gilt auch soweit der Vergütungsanspruch nicht nur den Festbetrag von zuletzt 9.000,00 DM sondern auch Provisionsansprüche umfasst. Zwar hat der Unternehmer nach § 87 c Abs. 1 Satz 1 HGB über die Provision monatlich abzurechnen, wobei die Abrechnung unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats zu erfolgen hat (§ 87 c Abs. 1 Satz 2 HGB). Somit sind Provisionsansprüche an sich am letzten Tag im Monat fällig, in welchem nach § 87 c Abs. 1 HGB abzurechnen ist (vgl. MünchKomm-Schaub, a.a.O., § 614 Rz. 6). Vorliegend macht der Kläger jedoch keinen Provisionsanspruch für im Monat Oktober 2002 abgeschlossene Geschäfte geltend. Vielmehr beansprucht der Kläger Annahmeverzugslohn, den er der Höhe nach aus dem Durchschnittsverdienst der letzten sechs bzw. zwölf Monate vor der Kündigung ermittelt. Für diesen Teil des erhobenen Anspruchs auf Verzugslohn gilt ebenfalls die Fälligkeitsregelung des § 64 Satz 1 HGB.

3. Somit kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, ob im Erfordernis der gerichtlichen Geltendmachung eine Formverschärfung oder ein besonderes Zugangserfordernis i.S. des Klauselverbots des § 309 Nr. 13 BGB zu sehen ist. Dagegen spricht ohnehin, dass die gesetzlichen Regelungen die Form betreffend in den §§ 125 bis 129 BGB und bezüglich des Zugangs in den nachfolgenden §§ 130 bis 132 BGB enthalten sind. Eine Verpflichtung, einen Anspruch fristgerecht "vor Gericht anhängig" zu machen, betrifft nicht die Form, sondern nur die Art der Durchsetzung in einem Rechtsstreit.

III.

Bezüglich der für die beiden Monate November und Dezember 2002 geltend gemachten Ansprüche ist die vereinbarte Verfallfrist gewahrt, denn die Ansprüche sind durch die Einreichung der Klage am 20. Januar 2003 anhängig gemacht worden. Die Einreichung eines den Anforderungen des § 253 Abs. 2 bis 4 ZPO entsprechenden Schriftsatzes bei einem Gericht bewirkt die Anhängigkeit der geltend gemachten Ansprüche; die Zustellung die Rechtshängigkeit (§§ 253, 261 ZPO). Jedoch steht dem Kläger für die beiden Monate nur ein Betrag in Höhe von 1.821,56 € zu.

1. Bei der Ermittlung des Betrages, welchen der Kläger gegen die Beklagte noch geltend machen kann, kommt es zum einen darauf an, welche Vergütung er erzielt hätte, wenn kein Annahmeverzug eingetreten wäre, und zum anderen, wie sich der Wert dessen ermittelt, was er durch Verwendung seiner Dienste erworben hat.

a) Für die Berechnung des Annahmeverzugslohnanspruches gilt das Lohnausfallprinzip (Schaub, AR-Blattei SD 80 Rz. 63). Der zu Unrecht gekündigte Arbeitnehmer soll durch den Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht besser und nicht schlechter gestellt werden, als er gestanden hätte, wenn der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug geraten wäre. Da der Kläger vorliegend nicht nur ein festes Monatsgehalt sondern zusätzlich auch Provisionen beanspruchen konnte, umfasst der ihm zustehende Verzugslohn auch entgangene Provisionen (vgl. BAG, Urteil vom 19. August 1976 - 3 AZR 173/75, BAGE 28, 168 = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; Urteil vom 11. August 1998 - 9 AZR 410/97, BB 1998, 1796 = DB 1998, 1719 [jeweils Kurzwiedergaben]; MünchKomm - Schaub, a.a.O., § 615 Rz. 53; Erman/Ederfeld, a.a.O., § 615 Rz. 34; ErfK/Preis, 4. Aufl., § 615 BGB Rz. 77). Bei der Anwendung des Lohnausfallprinzips auf erfolgsbezogene Vergütungen ist eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO erforderlich, bei welcher die Bezüge in vergleichbarem Zeitraum zu berücksichtigen sind.

Vorliegend erachtet die erkennende Kammer für eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO als Vergleichszeitraum einen solchen der letzten zwölf Monate als angemessen, in denen der Kläger seine Arbeitsleistung erbracht hat. Ein solcher Vergleichszeitraum, der einer sicheren Erfassung des durchschnittlich erzielten Verdienstes dient, ist so zu bemessen, dass das Arbeitsverhältnis mit seinen Besonderheiten möglichst umfassend in den Blick kommt und Zufallsergebnisse vermieden werden (vgl. bezüglich des Vergleichszeitraums im Falle der Entgeltfortzahlung: BAG, Urteil vom 26. Juni 2002 - 5 AZR 592/00, AP Nr. 61 zu § 4 EntgeltFG). Dieser Zeitraum von zwölf Monaten umfasst vorliegend den Zeitraum Juni 1999 bis Mai 2000, in welchem der Kläger insgesamt 151.220,45 DM und somit durchschnittlich 12.601,70 DM entsprechend 6.443,15 € verdient hat. Der Monat Juni 2000 kann nicht herangezogen werden, da der Kläger in diesem Monat freigestellt war. Diesbezüglich hat er selbst geltend gemacht, der Monat Juni 2000 sei wegen der erfolgten Freistellung nicht aussagekräftig für den tatsächlichen Verdienst. Dazu im Widerspruch steht seine Berechnung in der Klagschrift, wo er den Vergleichszeitraum auf die Monate Januar bis Juni 2000 beschränkt hat, wobei er für den Monat Juni 2000 den zweithöchsten Verdienst angeführt hat. Der Kläger kann nicht einerseits einen Monat als nicht aussagekräftig unberücksichtigt lassen, andererseits aber, um einen hohen Durchschnittsverdienst geltend zu machen, gerade diesen Monat in die Vergleichsberechnung einführen.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, seine Bezüge seien nahezu kontinuierlich angewachsen, er hätte mindestens durchschnittlich im Monat 7.522,24 € erzielt sowie der Umsatz wie das Gehalt seien im Vergleich der Monate Mai 1998 bis Mai 2000 auf 192 % bzw. 216 % angestiegen. Für den maßgeblichen Zeitraum der letzten zwölf Monate ist kein kontinuierlicher Anstieg festzustellen, sondern die Kurve der Gesamtvergütung verlief uneinheitlich, wie sich aus der eigenen Darstellung des Klägers (Schriftsatz vom 1. August 2003) ergibt. Zwar hat der Kläger im Monat Mai 2000 den höchsten Verdienst erzielt (18.396,83 DM), jedoch ist der Verdienst in den Monaten Juni bis September 1999 gefallen (von 13.954,63 DM auf 9.667,93 DM), bis zum Monat November 1999 dann auf 15.167,23 DM angestiegen und erreichte im Dezember 1999 wiederum 9.667,23 DM. Auch in den Monaten Januar bis Mai 2000 ist kein gleichförmiger Anstieg erfolgt, denn der Verdienst im Monat April 2000 unterschritt den im Monat März 2000 um mehr als 1.300,00 DM.

2. Hinsichtlich der Methode der Anrechnung anderweitigen Verdienstes nach § 615 Satz 2 BGB ist streitig (vgl. dazu die gleichnamige Abhandlung von Nübold, RdA 2004, 31 ff.), ob eine Gesamtberechnung (teilweise auch Gesamtanrechnung genannt) oder die Anrechnung nur auf die Vergütung für den jeweiligen Zeitabschnitt zu erfolgen hat, in welchem der anderweitige Erwerb erarbeitet worden ist. Auch nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BAG, Urteil vom 29. Juli 1993 - 2 AZR 110/93, BAGE 74, 28 = AP Nr. 52 zu § 615 BGB; Urteil vom 24. August 1999 - 9 AZR 804/98, AP Nr. 1 zu § 615 BGB Anrechnung) ist ein anderweitiger Erwerb auf die Vergütung für die gesamte Dauer des Annahmeverzugs und nicht nur auf die Vergütung für den Zeitabschnitt anzurechnen, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung anderweitig verwendet hat.

Bei Anwendung dieses Grundsatzes hätte der Kläger in dem Zeitraum Juli 2000 bis Dezember 2002 (= 30 Monate) ausgehend von einem monatlichen Durchschnittsverdienst in Höhe von 6.443,15 € insgesamt 193.294,50 € als Verdienst erzielen können. Erworben hat der Kläger in diesem Zeitraum insgesamt 165.971,15 € (Arbeitslosengeld und Verdienst), so dass sich eine Differenz von 27.323,35 € für den gesamten Zeitraum ergibt. Da die Ansprüche auf Verzugslohn bis einschließlich Oktober 2002 verfallen sind, kann er somit für die Monate November und Dezember 2002 jeweils 910,78 € und somit insgesamt 1.821,56 € beanspruchen. Im Falle einer Einzelgegenüberstellung könnten dem Kläger nur 829,06 € zugesprochen werden. Für den Monat November 2002 beziffert der Kläger in der Berufungsbegründungsschrift den tatsächlich erzielten Verdienst mit 5.984,13 € und für den Monat Dezember 2002 mit 6.073,11 €. Somit würde sich die Differenz zum Durchschnittsverdienst in Höhe von 6.443,15 € im November 2002 auf 459,02 € und im Dezember 2002 auf 370,04 € belaufen.

3. Der auf einen entsprechenden Hinweis geänderte Zinsanspruch steht dem Kläger gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu. Prozesszinsen können erst ab dem auf die Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag verlangt werden (vgl. BAG, Urteil vom 8. Oktober 1997 - 4 AZR 167/96, AP Nr. 2 zu § 23 b BAT; Urteil vom 30. Oktober 2001 - 1 AZR 65/01, BAGE 99, 266 = AP Nr. 145 zu § 112 BetrVG 1972). Die Klagschrift vom 16. Januar 2003 ist am 20. Januar 2003 beim Arbeitsgericht eingereicht und der Beklagten am 4. Februar 2003 zugestellt worden, nachdem der erste Zustellungsversuch erfolglos verlaufen ist.

IV.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren den Parteien verhältnismäßig gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen. Eine Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung war nicht angezeigt.

Ende der Entscheidung

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