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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 06.09.2004
Aktenzeichen: 15 Sa 39/04
Rechtsgebiete: BGB, SGB IX


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 2
SGB IX § 91 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 15 Sa 39/04

verkündet am 06.09.2004

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch, den ehrenamtlichen Richter Nordmann und den ehrenamtlichen Richter Dr. Wahl auf die mündliche Verhandlung vom 06.09.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 16. März 2004 - Az.: 11 Ca 8669/03 - wird auf Kosten der Berufungsführerin als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zwei fristlosen Kündigungen vom 12. und 14. Juli 2003, die jeweils hilfsweise fristlos mit sozialer Auslauffrist erklärt worden sind.

Der am 28. Oktober 1949 geborene Kläger ist verheiratet und zwei in den Jahren 1990 und 1998 geborenen Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Zum Zeitpunkt der Kündigungen war bei ihm ein GdB von 30 festgestellt. Er war seit dem 16. Januar 2001 gleichgestellt. Am 12. April 1973 hat er einen Arbeitsvertrag mit der D. abgeschlossen. Er ist mit Wirkung vom 01. Mai 1973 als Fluggerätemechaniker eingestellt worden. Die jetzige Arbeitgeberin ist die Beklagte. Der Beschäftigungsort befindet sich in S. . Das Bruttomonatseinkommen beläuft sich auf 4.312,07 €.

Im Mai 2002 wurde bei der Beklagten ein Aushang überschrieben mit "Wichtige Information für alle Mitarbeiter der L. " bekannt gemacht. Darin war u. a. ausgeführt, Eigentums- und Vermögensdelikte könnten nicht nur strafrechtlich verfolgt werden, sondern führten auch zu erheblichen personellen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Es wurde darauf hingewiesen, dies gelte auch für geringwertige Sachen, die an Bord aufgefunden würden, wie z. B. gebrauchte und neue Zeitschriften und Zeitungen, jegliche Art von Bordmaterial, Gegenstände aus dem Pax-Service und Nahrungsmittel aller Art, auch wenn diese von der Crew zur Mitnahme angeboten werden (selbst angebrochene Wasserflaschen). Wegen eines Vorfalls vom 20. Juni 2003, bei welchem der Kläger kurz nach 10:00 Uhr zu einer Lufthansamaschine, die aus Frankfurt angekommen war, fuhr und er gegen 12:00 Uhr von zwei Mitarbeitern schlafend im Dienstwagen angetroffen wurde, fand am 20. Juni 2003 im Beisein von zwei Betriebsratsmitgliedern und zwei Personen der Geschäftsleitung eine Befragung statt. Der Kläger wurde anschließend vom Dienst suspendiert. Am 24. Juni 2003 wurde ein weiteres Gespräch bei der Personalabteilung in F. geführt.

Die Beklagte richtete an das Integrationsamt zwei Anträge auf Zustimmung zu beabsichtigten Kündigungen, welche dort am 26. Juni 2003 eingegangen sind. Die Anträge betrafen jeweils eine außerordentliche fristlose Kündigung, hilfsweise eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist einerseits wegen Arbeitszeitbetrugs hilfsweise wegen des Verdachts des Arbeitszeitbetruges und andererseits wegen eines Diebstahls bzw. hilfsweise wegen des Verdachts eines Diebstahls. Das an den Betriebsrat gerichtete Anhörungsschreiben vom 26. Juni 2003 beinhaltete den Antrag auf Zustimmung bezüglich einer außerordentlichen fristlosen bzw. hilfsweise außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist a) als Tat- und b) als Verdachtskündigung wegen Diebstahls. Dagegen äußerte der Betriebsrat Bedenken.

Das Integrationsamt erteilte unter dem Datum vom 08. Juli 2003 seine Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung wegen Diebstahls. Dieser Bescheid wurde am 10. Juli 2003 postalisch aufgegeben und ging der Beklagten am 14. Juli 2003 zu. Mit Bescheid vom 09. Juli 2003 wurde die Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist wegen des Verdachts des Arbeitszeitbetruges verweigert. Dieser Bescheid ist bei der Beklagten am 11. Juli 2003 eingegangen. In dem Kündigungsschreiben vom 12. Juli 2003, welches dem Kläger am 14. Juli 2003 zugegangen ist, wies die Beklagte darauf hin, die Zustimmung des Integrationsamtes gelte als erteilt, da es sich innerhalb der Entscheidungsfrist nicht geäußert habe. In dem weiteren Kündigungsschreiben vom 14. Juli 2003, welche am 15. Juli 2003 zugegangen ist, führte die Beklagte an, die Zustimmung sei mit Bescheid vom 08. Juli 2003 erteilt worden. Die Kündigung erfolgte ebenfalls wegen Diebstahls von Firmeneigentum sowie hilfsweise wegen des Verdachts auf Diebstahl.

Der Kläger hat sich mit seiner Klage vom 04. August 2003 gegen die beiden Kündigungen gewandt. Ein gegen den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls wurde von der Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 12. November 2003 eingestellt. Der Kläger musste, weil er vom Dienst suspendiert war und keine Vergütung mehr erhielt, im Februar 2004 sein Haus verkaufen. Seit dem 14. November 2003 ist bei dem Kläger ein GdB von 50 gemäß Bescheid des Versorgungsamtes K. vom 15. Januar 2004 festgestellt. Seit dem 01. April 2004 werden gegenüber dem Kläger die Vergütungsansprüche wieder abgerechnet und auch ausbezahlt; er wird jedoch nicht weiter beschäftigt.

Der Kläger hat geltend gemacht, es läge kein wichtiger Grund vor. Er habe keinen Diebstahl begangen, denn er habe sich keine beweglichen fremden Sachen rechtswidrig angeeignet, da ihm die insgesamt 13 Brötchen und Sandwiches von einem L. Mitarbeiter geschenkt worden seien. Diese Nahrungsmittel seien nicht mehr zum Verzehr vorgesehen gewesen. Er habe die Ware n nicht von Bord eines Flugzeugs mitgenommen, sondern von einem Mitarbeiter der L. aus seinem Cateringwagen, der neben dem Flugzeug gestanden habe, erhalten. Er habe auch keinen Diebstahl von Lebensmitteln eingeräumt, sondern habe auf entsprechende Nachfrage lediglich bestätigt, er habe die Brötchen von einem L. Mitarbeiter erhalten. Außerdem habe er entsprechend der Üblichkeit die Cateringbox in einen Aufenthaltsraum verbracht, damit sich dort - wie bisher auch - die Mitarbeiter hätten bedienen können. Ihm seien sämtliche Bescheide des Integrationsamtes in einem Umschlag zugestellt worden. Er habe zwar keinen ausdrücklichen dienstlichen Auftrag im Sinne einer mündlichen Anweisung gehabt, die aus Frankfurt ankommende Maschine aufzusuchen, aber es habe eine interne Dienstanweisung an einem sog. Klemmbrett im Einsatzbüro gegeben, dass alle Maschinen des Typs A 320 angefahren werden sollten, um nach technischen Beanstandungen zu fragen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt worden. Vorsorglich hat der Kläger die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten. Er meint, auf Grund des über 30-jährigen Beschäftigungsverhältnisses habe ihm nicht gekündigt werden können. Die erste Kündigung vom 12. Januar 2003 sei schon deswegen unwirksam, da auf eine Fiktionswirkung abgehoben worden sei, welche tatsächlich nicht vorgelegen habe. Das Integrationsamt habe nämlich am 08. Juli 2003 die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung erteilt, jedoch nicht zu einer solchen mit sozialer Auslauffrist. Vor dieser Zustellung des Bescheides habe die Beklagte nicht wirksam kündigen können. Die weitere Kündigung vom 14. Juli 2003 sei rechtsunwirksam, da dazu keine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats erfolgt sei. Der Kläger meint, das Arbeitsverhältnis sei erst belastet worden, als er sich gegen Mobbing-Vorwürfe eines Arbeitskollegen arbeitsgerichtlich zur Wehr gesetzt habe und Beleidigungen durch einen früheren GL-Gruppenleiter nicht hinzunehmen bereit gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.07.2003 noch durch die hilfsweise fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.07.2003 mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2004 noch durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 14.07.2003 noch durch die hilfsweise fristlose Kündigung der Beklagten vom 14.07.2003 mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2004 aufgelöst wurde.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur Rechtskraft des Kündigungsschutzverfahrens als Fluggerätemechaniker weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat zur Rechtfertigung der Kündigungen ausgeführt, das Integrationsamt habe mit Schreiben vom 08. Juli 2003, welches bei ihr am 14. Juli 2003 eingegangen sei, die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen, hilfsweise außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist wegen des Diebstahls bzw. Verdacht eines Diebstahls erteilt. Am 09. Juli 2003 habe sie sich telefonisch beim Integrationsamt erkundigt. Ihr sei mitgeteilt worden, die Zustimmung werde voraussichtlich erteilt. Der Bescheid sei noch nicht unterschrieben. Am 10. Juli 2003 sei beim Integrationsamt erneut angerufen worden. Der Bescheid sei am 09. Juli 2003 zur Post gegeben worden, habe jedoch keine Zustimmung enthalten. Der Ablehnungsbescheid sei am 11. Juli 2003 zugegangen. Dieser ablehnende Bescheid habe sich auf die beantragte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs bezogen. Da bis zum 11. Juli 2003 keine schriftliche Stellungnahme des Integrationsamtes eingegangen sei, sei zunächst auf Grund der gesetzlichen Fiktion mit Schreiben vom 12. Juli 2003 das Arbeitsverhältnis gekündigt worden. Sie sei in berechtigter Weise davon ausgegangen, das Integrationsamt habe innerhalb der gesetzlichen Frist nur auf den Zustimmungsantrag wegen Arbeitszeitbetruges reagiert und für die beabsichtigte Kündigung wegen Diebstahls habe die Zustimmungsfiktion gelten sollen. Sie meint, Eigentums- oder Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers oder einer Konzerngesellschaft seien grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Der Kläger habe sich insgesamt 6 Brötchen und 7 Sandwiches im Wert von jeweils 1,00 € bis 1,50 € widerrechtlich angeeignet. Er habe auch den Diebstahl im Rahmen der Anhörung am 20. und 24. Juni 2003 eingeräumt.

Das Arbeitsgericht hat durch das am 16. März 2004 verkündete Urteil den Feststellungsanträgen des Klägers entsprochen und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigungen seien unwirksam, da die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB, selbst wenn bei der rechtlichen Bewertung allein vom Vorbringen der Beklagten ausgegangen werde, nicht vorlägen. Zwar sei das Verhalten des Klägers auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten als schwerwiegende Vertragspflichtverletzung zu qualifizieren. Dieser komme jedoch nicht die Bedeutung zu, dass der Beklagten bei Abwägung ihrer Interessen mit denen des Klägers es unzumutbar sei, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Darüber hinaus erscheine die Wirksamkeit der Kündigung im Hinblick auf die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB, der Frage der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates und der Zustimmung des Integrationsamtes problematisch.

Gegen diese am 01. April 2004 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 27. April 2004 eingereichten Berufung, die sie mit dem weiteren am 28. Mai 2004 als Fax und am 01. Juni 2004 im Original eingereichten Schriftsatz ausgeführt hat. Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe unzutreffend bei der Interessenabwägung die Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte verneint. Das Vertrauen in die Redlichkeit des Klägers und dessen Bereitschaft zur Vertragstreue sei irreparabel gestört. Ein Flugzeugmechaniker bekleide eine besondere Vertrauensstellung. Der Kläger habe gewusst, sein Verhalten sei vertragswidrig. Durch entsprechende Aushänge sei immer wieder darauf hingewiesen worden, die Mitnahme auch nur geringwertiger Gegenstände von Bord ziehe die fristlose Kündigung nach sich. Der Kläger habe sich völlig unbekümmert wiederholt Lebensmittel zum Verzehr angeeignet. Vorliegend habe er sich nicht mit ein oder zwei Brötchen begnügt. Die Beklagte stellt in Abrede, das Verhalten des Klägers sei allgemein üblich oder in der Vergangenheit bewusst geduldet worden. Sie meint, es sei unerheblich, wenn der Kläger die Brötchen nicht selbst an sich genommen haben sollte, sondern sich von einem L. Mitarbeiter habe schenken lassen. Der Kläger habe den L. Mitarbeiter nicht zur Herausgabe der Brötchen auffordern dürfen. Im Hinblick auf das zukünftige Verhalten sei von einer negativen Prognose auszugehen, auch wenn der Kläger keine Führungsposition inne habe. Richtig sei, dass allein die Mitnahme von zu entsorgenden Speisen zu keinem unmittelbaren materiellen Schaden führe. Im Regelfall lasse sich jedoch nicht kontrollieren, zu welchem Zweck sich die jeweiligen Gegenstände gerade im Flugzeug befinden würden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 16. März 2004 - Az.: 11 Ca 8669/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger, der um die Zurückweisung der Berufung bittet, entgegnet, er habe einen L. Mitarbeiter nur nach einem Brötchen gefragt. Die Nahrungsmittel hätten sich in einem Trolly neben dem Flugzeug im Cateringfahrzeug befunden. Die L. Mitarbeiter wüssten genau, ob es sich um übrig gebliebene Nahrungsmittel von Bord nach einem Flug handle. Es sei generelle Übung, dass L. Mitarbeiter nur "abgeflogene" Nahrungsmittel aushändigten. In dem von der Beklagten angeführten Aushang werde nur von der Mitnahme von Bord gesprochen. Er habe unmittelbar von einem Flugzeug nichts erhalten.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das dem Feststellungsbegehren des Klägers stattgebende Urteil ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c ArbGG). Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der beiden von der Beklagten erklärten Kündigungen. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden, so dass es gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO zulässig ist. Die Beklagte kann jedoch mit ihrer Berufung keinen Erfolg haben. Die mit dem Schreiben vom 12. Juli 2003 erklärte Kündigung ist schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte unzutreffend von der Zustimmungsfiktion ausgegangen ist. Die Wirksamkeit der weiteren schriftlichen Kündigung vom 14. August 2003 scheitert daran, dass durch die vorangegangene Kündigung die Anhörung des Betriebsrats verbraucht war und der Betriebsrat nicht erneut angehört worden ist.

II.

Die beiden vom Kläger rechtzeitig angegriffenen aus wichtigem Grunde fristlos, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres ausgesprochenen Kündigungen vom 12. und 14. Juli 2003 sind unwirksam. Die Unwirksamkeit der Kündigung vom 12. Juli 2003 folgt daraus, dass das Integrationsamt zwar die Zustimmung erteilt hat, die Beklagte jedoch vorzeitig unter der Annahme, die Zustimmung gelte mangels einer Äußerung des Integrationsamtes innerhalb der Entscheidungsfrist als erteilt, gekündigt hat. Die weitere Kündigung vom 14. Juli 2003, die wie die Kündigung vom 12. Juli 2003 wegen Diebstahls von Firmeneigentum sowie hilfsweise wegen des Verdachts des Diebstahls erfolgt ist, ist unwirksam, weil der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat zu dieser Wiederholungskündigung nicht angehört worden ist. Weder die erste noch die zweite Kündigung sind auf den Vorwurf des Arbeitszeitbetruges bzw. auf den Verdacht desselben gestützt worden, denn insoweit hat das Integrationsamt die beantragte Zustimmung nicht erteilt.

1. Da der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht auf einen GdB 50 verweisen konnte, denn diese Feststellung ist erst gemäß Bescheid des Versorgungsamtes vom 15. Januar 2004 mit Wirkung vom 14. November 2003 getroffen worden, er jedoch seit dem 16. Januar 2001 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt war, finden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen im Hinblick auf den Kündigungsschutz gemäß § 68 Abs. 1 SGB IX Anwendung. Somit bedurfte die beabsichtigte außerordentliche fristlose bzw. die hilfsweise außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes (§§ 85, 91 SGB IX). Auch für die außerordentliche, mit einer sozialen Auslauffrist ausgesprochene Kündigung eines Schwerbehinderten wie eines gleichgestellten behinderten Arbeitnehmers ist die Zustimmung nach § 91 SGB IX erforderlich (vgl. BAG, Urteil vom 12. August 1999 - 2 AZR 748/98, AP Nr. 7 zu § 21 SchwbG 1986; Neumann in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 10. Auflage, § 91 Rn. 4 und 6; Gröninger/Thomas, Schwerbehindertengesetz, § 21 Rn. 3; KR-Etzel, 7. Auflage, § 91 SGB IX Rn. 2; Neumann, AR-Blattei SD 1440.2 Rn. 127; Braasch in: Neumann, Handbuch SGB IX, § 19 Rn. 99). Ob sich nicht im Falle einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit notwendiger Auslauffrist, welche die tariflich ausgeschlossene ordentliche Kündigung ersetzt, wie bei der Beteiligung des Betriebsrats bei einer außerordentlichen befristeten Kündigung gegenüber tariflich unkündbaren Arbeitnehmern das Zustimmungsverfahren nach den Regeln bei einer ordentlichen Kündigung richtet, ist bislang noch nicht entschieden worden und kann vorliegend dahingestellt bleiben (vgl. dazu: Düwell in: LPK-SGB IX, § 91 Rn. 8; Zwanziger in: Kittner/Däubler/Zwanziger, Kündigungsschutzrecht, 5. Auflage, § 21 SchwbG Rn. 2; Griebeling in: Hauck, SGB IX, § 88 Rn. 5 und § 91 Rn. 4; Müller-Werner in: Müller-Werner/Schorn, SGB IX Teil 2, § 91 Rn. 45 ff.). Das Zustimmungsverfahren würde sich bei der Anwendung der Regeln bezüglich einer ordentlichen Kündigung und somit nach den §§ 85 - 88 SGB IX richten. Das Integrationsamt hat nur die Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung wegen Diebstahls erteilt. Die hilfsweise gestellten Anträge - Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres wegen Diebsstahls und Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung hilfsweise mit sozialer Auslauffrist wegen des Verdachts des Diebstahls - hat das Integrationsamt nicht entschieden. Selbst wenn im Hinblick auf den am 14. Juli 2003 zugegangenen Bescheid vom 08. Juli 2003 die dadurch erteilte Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung wegen Diebstahls in eine Zustimmung zu den Hilfsanträgen umgedeutet werden könnte, würde die nach der Zustellung erklärte Kündigung vom 14. Juli 2003 gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam sein.

2. Die mit dem Schreiben vom 12. Juli 2003 aus wichtigem Grund (Diebstahl von Firmeneigentum sowie hilfsweise wegen des Verdachts auf Diebstahl) erklärte fristlose, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres erklärte Kündigung ist unwirksam, weil die Beklagte unzutreffend davon ausgegangen ist, die beantragte Zustimmung gelte gemäß § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX als erteilt, weil sich das Integrationsamt nicht innerhalb der Entscheidungsfrist geäußert habe.

a) Nach § 91 Abs. 1 SGB IX gelten die Vorschriften des 4. Kapitels des Teil 2 des SGB IX mit Ausnahme von § 86 SGB IX auch bei einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung, soweit sich aus dem Gesetz nichts Abweichendes ergibt. Für die Zustimmung gilt eine Antragsfrist von zwei Wochen, für deren Einhaltung der Eingang des Antrags bei dem Integrationsamt maßgebend ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB IX). Das Integrationsamt trifft seine Entscheidung innerhalb von zwei Wochen vom Tag des Eingangs des Antrags an (§ 91 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Zustimmung gilt nach § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX als erteilt, wenn innerhalb der Frist von zwei Wochen vom Tage des Eingangs des Antrags an eine Entscheidung nicht getroffen worden ist.

Anders als im Falle einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung, für welche eine Entscheidungsfrist nicht, jedoch die Zustellung der Entscheidung gesetzlich nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vorgeschrieben ist, bedarf es einer vorherigen Zustellung des Bescheids des Integrationsamtes nicht, wenn dem Arbeitgeber gegenüber die erteilte Zustimmung verlautbart worden ist. Der Arbeitgeber kann die außerordentliche Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen bzw. gleichgestellten behinderten Arbeitnehmer schon dann erklären, wenn ihm das Integrationsamt seine Zustimmung innerhalb der zweiwöchigen Entscheidungsfrist mündlich oder fernmündlich bekannt gegeben hat (vgl. BAG, Urteil vom 09. Februar 1994 - 2 AZR 720/93, BAGE 75, 355 = AP Nr. 3 zu § 21 SchwbG 1986; Urteil vom 12. August 1999, a.a.O.; ablehnend: Großmann GK-SchwbG, 2. Auflage, § 21 Rn. 70 und 109 ff.). Fehlt es an einer solchen Bekanntgabe, hat das Integrationsamt jedoch die beantragte Zustimmung innerhalb der Entscheidungsfrist erteilt und den Bescheid zur Post gegeben, kann der Arbeitgeber erst dann wirksam kündigen, wenn ihm der Bescheid auf andere Weise - hier durch postalische Übersendung - zugegangen ist (§ 39 Abs. 1 SGB X).

b) Der Kündigungsabsicht der Beklagten zugrunde lag der Vorfall vom 20. Juni 2003. Gleichviel ob der Lauf der Antragsfrist bereits an diesem Tag oder erst mit dem 24. Juni 2003 begann, hat die Beklagte die Antragsfrist des § 91 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unzweifelhaft gewahrt. Ihre beiden Anträge sind unstreitig am 26. Juni 2003 beim Integrationsamt eingegangen. Soweit der Kläger meint, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt, bestehen dafür keine Anhaltspunkte. Das Integrationsamt hat entsprechend § 91 Abs. 3 Satz 1 innerhalb der zweiwöchigen Frist eine Entscheidung getroffen. Da der Antrag am 26. Juni 2003 beim Integrationsamt eingegangen war, endete die Entscheidungsfrist mit Ablauf des 10. Juli 2003. Der zustimmende Bescheid datiert vom 08. Juli 2003. Er ist am 10. Juli 2003 postalisch aufgegeben und der Beklagten am 14. Juli 2003 zugestellt worden. Mit Schreiben von diesem Tag ist die zweite Kündigung erklärt worden, welche am 15. Juli 2003 zugegangen ist. Somit bestehen keine Anhaltspunkte, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt worden.

c) Nur dann, wenn innerhalb der zweiwöchigen Frist keine Entscheidung getroffen worden ist, gilt die Zustimmung nach § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX als erteilt. Einer Zustellung der Entscheidung vor Ausspruch der Kündigung bedarf es nicht. Der Beklagten ist nach ihrem Vorbringen innerhalb der gesetzlichen Frist weder mündlich noch fernmündlich die erteilte Zustimmung mitgeteilt worden. Nach ihrem Vorbringen ist ihr auf ihre telefonische Erkundigung am 09. Juli 2003 - also vor Ablauf der Entscheidungsfrist nach § 91 Abs. 3 Satz 1 SGB IX - nur mitgeteilt worden, die Zustimmung werde voraussichtlich erteilt. Der Bescheid sei noch nicht unterschrieben. Damit war für die Beklagte erkennbar noch nicht eine bereits erteilte Zustimmung fernmündlich mitgeteilt worden. Sie konnte nur davon ausgehen, die Zustimmung werde erteilt werden. Wenn die Beklagte am zweiten Tag nach Ablauf der Entscheidungsfrist mit der Begründung kündigte, das Integrationsamt habe sich innerhalb der Entscheidungsfrist nicht geäußert, deshalb gelte die beantragte Zustimmung als erteilt, hat sie verkannt, dass nach dem Wortlaut des Gesetzgebers nur dann die Zustimmung fingiert wird, wenn innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Entscheidung getroffen worden ist. Das Integrationsamt ist nicht verpflichtet, sich innerhalb der gesetzlichen Frist zu äußern. Die Beklagte handelte auf eigenes Risiko, wenn sie sich nicht vor Abgabe ihrer Kündigungserklärung bei dem Integrationsamt erkundigte, ob und ggf. mit welchem Inhalt eine Entscheidung durch das Integrationsamt getroffen worden ist.

Dies gilt umso mehr, als die Beklagte zwei Anträge an das Integrationsamt gerichtet hat und ihr bei einem erneuten Anruf am 10. Juli 2003 - am letzten Tag der Entscheidungsfrist - mitgeteilt worden war, der Bescheid sei am 09. Juli 2003 zur Post gegeben worden, welche jedoch gerade keine Zustimmung enthielt. Der Bescheid vom 09. Juli 2003, welcher den Antrag auf Zustimmung bezüglich einer beabsichtigten außerordentlichen fristlosen bzw. hilfsweise außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist wegen Arbeitszeitbetrugs sowie hilfsweise wegen des Verdachts des Arbeitszeitbetrugs betraf und die Verweigerung der Zustimmung beinhaltete, ist bei der Beklagten am 11. Juli 2003 eingegangen. Da der Beklagten, die zwei Anträge auf Zustimmung gestellt hatte, einerseits ein ablehnender Bescheid am 12. Juli 2003 vorlag und der andererseits am 09. Juli 2003 fernmündlich mitgeteilt worden war, die Zustimmung werde voraussichtlich erteilt, der Bescheid sei noch nicht unterschrieben, war sie aus eigener Fürsorge gehalten, bevor sie die Kündigung erklärte, sich zu vergewissern, ob und wie das Integrationsamt über den zweiten Antrag entschieden hatte. Nicht das Integrationsamt hatte sich vor Ablauf der Entscheidungsfrist zu äußern, es hatte nur eine Entscheidung zu treffen, um den Eintritt der Zustimmungsfiktion auszuschließen.

Da zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung zwar objektiv eine Entscheidung getroffen war, so dass die Zustimmungsfiktion nicht mehr eintreten konnte, die Beklagte jedoch unter der Annahme, die beantragte Zustimmung gelte mangels Äußerung des Integrationsamtes als erteilt, gekündigt hat, ist die Kündigung vom 12. Juli 2002 unwirksam.

Wird dem die Zustimmung begehrenden Arbeitnehmer innerhalb der gesetzlichen Frist weder mündlich noch fernmündlich die Zustimmung durch das Integrationsamt mitgeteilt, ist jedoch eine für ihn positive Entscheidung getroffen und die Entscheidung zur Post gegeben worden, greift die Zustimmungsfiktion des § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX nicht ein. Dies ist für den Fall der ablehnenden Entscheidung bereits höchstrichterlich entschieden (vgl. BAG, Urteil vom 16. März 1983 - 7 AZR 96/81, BAGE 44, 22 = AP Nr. 6 zu § 18 SchwbG; Urteil vom 27. Februar 1987 - 7 AZR 632/85, AP Nr. 26 zu § 626 BGB Ausschlussfrist; Urteil vom 09. Februar 1994 - 2 AZR 720/93, a.a.O.). Danach greift die Zustimmungsfiktion nicht ein, wenn die ablehnende Entscheidung innerhalb der gesetzlichen Frist den Machtbereich der Behörde verlassen hat. Es reicht vielmehr aus, wenn der ablehnende Bescheid am letzten Tag der gesetzlichen Frist zur Post gegeben worden ist, jedoch erst danach zugeht. Für den zustimmenden Bescheid gilt dieser Grundsatz entsprechend. Zwar kann der Arbeitgeber sowohl im Falle einer für ihn positiven Entscheidung als auch dann, wenn objektiv die Zustimmung als erteilt gilt, die beabsichtigte Kündigung erklären. Kann jedoch die Zustimmungsfiktion nicht eingreifen, weil das Integrationsamt fristgerecht eine Entscheidung getroffen hat, so kann nur die bekanntgegebene Entscheidung Grundlage für eine Kündigung sein.

3. Die weitere nach Erteilung der beantragten Zustimmung mit dem Schreiben vom 14. Juli 2003 erklärte Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, weil der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat vor dieser Kündigung nicht angehört worden ist.

a) Ist der Betriebsrat zu einer beabsichtigten Kündigung angehört und ist die Kündigung erklärt worden, so ist der Betriebsrat vor einer erneuten Kündigung, selbst wenn sie auf den gleichen Sachverhalt wie die erste Kündigung gestützt werden soll, grundsätzlich erneut anzuhören. Von dieser Verpflichtung ist der Arbeitgeber dann befreit, wenn eine Kündigung, zu welcher der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist, und der er ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt hat, am fehlenden Zugang gescheitert ist (vgl. BAG, Urteil vom 11. Oktober 1989 - 2 AZR 88/89, AP Nr. 55 zu § 102 BetrVG 1972). In einem solchen Falle ist vor einer erneuten Kündigung eine nochmalige Anhörung des Betriebsrats entbehrlich, weil sie in engem zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen und auf denselben Sachverhalt gestützt wird. Eine weitere Kündigung im eigentlichen Sinne liegt nicht vor, weil eine Kündigung empfangsbedürftig ist (vgl. BAG, Urteil vom 06. Februar 1997 - 2 AZR 192/96, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 95; Richardi/Thüsing, BetrVG, 9. Auflage, § 102 Rn. 118). Einer erneuten Kündigung bedarf es auch dann nicht, wenn eine objektiv zugegangene Kündigung durch ein weiteres Schreiben bestätigt wird, weil der Arbeitgeber irrtümlich davon ausgegangen ist, die Kündigung sei nicht zugegangen (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. April 1997 - 15 Sa 149/96, LAGE § 102 BetrVG 1972 Rn. 57; Koch in Ascheid/Preis/Schmidt, Großkommentar zum Kündigungsrecht, 2. Auflage, § 102 BetrVG Rn. 26; HaKo-BetrVG/Braasch, § 102 Rn. 31). Ist eine erste Kündigung ordnungsgemäß zugegangen, will der Arbeitgeber jedoch wegen Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Kündigung vorsorglich erneut kündigen (sog. Wiederholungskündigung), ist der Betriebsrat vor Ausspruch der vorsorglichen Kündigung erneut anzuhören (vgl. BAG, Urteil vom 31. Januar 1996 - 2 AZR 273/95, AP Nr. 80 zu § 102 BetrVG 1972; Urteil vom 24. Oktober 1996 - 2 AZR 3/96, AP Nr. 32 zu § 103 BetrVG 1972; ErfK/Kania, 4. Auflage, § 102 BetrVG 1972 Rn. 2; HaKo-BetrVG/Braasch, § 102 Rn. 31; HaKo-Kündigungsschutzgesetz/Griebeling, 2. Auflage, § 102 BetrVG Rn. 38; a.A. Kiel/Koch, Die betriebsbedingte Kündigung, Rn. 653).

b) Vorliegend hat die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat mit dem wortgleichen Schreiben wie ihr auf Zustimmung an das Integrationsamt gerichteter Antrag zu einer beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Diebstahls sowie hilfsweise wegen des Verdachts des Diebstahls hilfsweise jeweils mit sozialer Auslauffrist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres angehört. Das Anhörungsschreiben ist am 26. Juni 2003 beim Betriebsrat eingegangen, der noch am selben Tag Bedenken angemeldet hat. Soweit der Kläger vorsorglich eine ordnungsgemäße Anhörung bestritten hat, geht dieses pauschale Bestreiten ins Leere. Die Beklagte hat sowohl das Anhörungsschreiben als auch die Stellungnahme des Betriebsrats zur Gerichtsakte gereicht. Der Kläger hat nicht andeutungsweise dargetan, aus welchen Gründen die Anhörung nicht ordnungsgemäß sein soll. Die Beklagte hat ausgehend von der Annahme, die Zustimmung des Integrationsamtes gelte als erteilt, mit Schreiben vom 12. Juli 2003 die Kündigung aus dem Grund erklärt, welchen sie dem Betriebsrat mitgeteilt hatte. Die Beklagte hat, nachdem ihr der zustimmende Bescheid des Integrationsamtes vom 08. Juli 2003 am 14. Juli 2003 zugegangen war, das Arbeitsverhältnis mit im Wesentlichen gleichen Wortlaut gekündigt. Das Kündigungsschreiben vom 14. Juli 2003 unterscheidet sich von dem vom 12. Juli 2003 nur dadurch, dass nunmehr auf die erteilte Zustimmung hingewiesen worden ist. Zu dieser erneuten Kündigung, welche die Beklagte als vorsorglich und klarstellende Kündigung bezeichnet hat (vgl. Schriftsatz vom 05. Januar 2004), obwohl sich dies aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens nicht ergibt, ist der Betriebsrat nicht angehört worden. Nach den dargestellten Grundsätzen ist diese sogenannte Wiederholungskündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Kündigung vom 12. Juli 2003 ist dem Kläger am 14. Juli 2003 zugegangen. Die Beklagte hat nicht nur vorsorglich erneut gekündigt sondern deshalb, weil ihr am 14. Juli 2003 die erteilte Zustimmung des Integrationsamtes zu der beabsichtigten Kündigung vorlag. Vor Ausspruch der erneuten Kündigung vom 14. Juli 2003 hätte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat erneut beteiligen müssen. Da eine solche Beteiligung unterblieben ist, ist die Kündigung vom 14. Juli 2003 wegen Nichtanhörung des Betriebsrats unwirksam.

4. Die Verurteilung der Beklagten, den Kläger bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren als Fluggerätemechaniker weiter zu beschäftigen, hat das Arbeitsgericht auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BAG, Beschluss vom 27. Februar 1985 - GS 1/84, BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) entsprochen. Zwar ist die Beklagte dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, sie hat jedoch seit dem 01. April 2004 - also ab dem Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Urteils - die Verdienstansprüche abgerechnet und an den Kläger ausbezahlt. Der Kläger hat nicht auf den erhobenen Anspruch auf Weiterbeschäftigung verzichtet, sondern, wie er geltend macht, nur nicht auf eine tatsächliche Weiterbeschäftigung entgegenkommenderweise insistiert, um einvernehmlich nach Abschluss des Rechtsstreits möglichst im Rahmen eines beantragten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses weiterbeschäftigt zu werden.

III.

1. Die Kosten ihrer somit erfolglosen Berufung hat die Beklagte gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen dieses Berufungsurteil nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht selbstständig durch den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.



Ende der Entscheidung

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