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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 14.02.2005
Aktenzeichen: 15 Sa 93/04
Rechtsgebiete: BBiG, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

BBiG § 10 Abs. 1
BBiG § 10 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 611
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 15 Sa 93/04

verkündet am 14.02.2005

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch, den ehrenamtlichen Richter Lenk und den ehrenamtlichen Richter Thon auf die mündliche Verhandlung vom 14.02.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 08. September 2004 - Az.: 4 Ca 66/04 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten nach der im zweiten Rechtszug erfolgten Klarstellung um Ausbildungsvergütungsdifferenzen für die Monate Oktober 2003 bis Mai 2004.

Die am 07. September 1983 geborene Klägerin war, bevor sie am 28. Mai 2003 einen Ausbildungsvertrag mit der Beklagten abschloss, bei dieser ein halbes Jahr als Praktikantin tätig. Der Ausbildungsvertrag beinhaltet die Ausbildung zum Beruf des Mediengestalters für Digital- und Printmedien, Fachrichtung Mediendesign mit der produktspezifischen Spezialisierung Print-Produkte. Als Ausbildungszeit ist die Zeit vom 01. September 2003 bis zum 31. August 2006 vereinbart. Für das erste Ausbildungsjahr haben die Parteien eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 472,95 €, für das zweite Ausbildungsjahr eine solche in Höhe von 524,07 € und für das dritte Ausbildungsjahr eine solche in Höhe von 575,20 € festgelegt. Die Ausbildung erfolgt nach dem betrieblichen Ausbildungsplan entsprechend der Verordnung über die Berufsausbildung zur Mediengestalterin für Digital- und Printmedien und dem von den Verbänden der Druckindustrie zur Verfügung gestellten Ausbildungsplan. Die Beklagte, welche nicht tarifgebunden ist, bildet neben der Klägerin weitere Auszubildende nur im Bereich des Fotografenhandwerks aus. Im Bereich der Handwerkskammer P. beläuft sich die Ausbildungsvergütung für diesen Ausbildungsberuf auf 275,00 € (erstes Ausbildungsjahr), 305,00 € (zweites Ausbildungsjahr) bzw. 325,00 € (drittes Ausbildungsjahr). Die Beklagte zahlt an alle Auszubildenden unabhängig von der Art der Ausbildung den Mittelwert zwischen der Ausbildungsvergütung für Mediengestalter und Fotografen. Die Ausbildung zum Fotografen unterscheidet sich wesentlich von der eines Mediengestalters. Voraussetzung für die Ausbildung zum Mediengestalter ist regelmäßig ein höherer Schulabschluss. Die von der Klägerin am 30. Juni 2004 beim Arbeitsgericht eingereichte Klage ist der Beklagten am 05. Juli 2004 zugestellt worden.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte führe mindestens zum Teil, wie sich aus ihrem Auftritt als Werbeagentur ergebe, Tätigkeiten in der Druckvorstufe aus. Die von ihr bearbeiteten Daten gingen zum Teil in Abstimmung mit den Kunden direkt in den Druck. Mit Ausnahme von Retuschen an Digitalfotos erfülle sie keinerlei fotografischen Arbeiten. Ihre Tätigkeit stelle eine Ausbildung entsprechend der Ausbildungsverordnung der Druckindustrie dar. Als Maßstab für eine angemessene Ausbildungsvergütung müsse daher das Lohnabkommen für die Druckindustrie, gültig ab 01. April 2003, herangezogen werden. Nach einer Informationsbroschüre der Handwerkskammer K. belaufe sich die Ausbildungsvergütung für die Berufsausbildung zum Mediengestalter im ersten Ausbildungsjahr auf 735,53 € und nach der Mitteilung des Bundesagentur für Arbeit auf 733,00 €. In dem Lohnabkommen der Druckindustrie sei eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 748,00 € vorgesehen. Die tatsächlich geleistete Ausbildungsvergütung in Höhe von 472,95 € sei nicht angemessen. Unter Berücksichtigung eines Abschlages von 20 % im Hinblick auf die in der Druckindustrie geltende Ausbildungsvergütung stehe ihr ein monatlicher Differenzanspruch in Höhe von 125,52 € zu.

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.004,18 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat zur Abwehr der Klage geltend gemacht, die Ausbildungsvergütung bzw. deren Höhe bemesse sich nach dem Tarifvertrag, der für den Ausbilder maßgeblich sei oder im Falle der Tarifgebundenheit maßgeblich wäre. Als Maßstab für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung komme nicht das Lohnabkommen der Druckindustrie in Betracht. Sie erbringe nur fotografische und grafische Leistungen gegenüber ihren Kunden. Bei ihr handele es sich um einen Mischbetrieb mit 70 % der Gesamttätigkeit im Bereich der Fotografie. Beiträge führe sie je zur Hälfte an die IHK und an die Innung ab. Einschlägig sei der Tarifvertrag Fotohandwerk oder Fotobetriebe. Bei der Bemessung der Ausbildungsvergütung habe sie sich an denen des Fotohandwerks orientiert. Um alle Auszubildenden gleich zu behandeln, habe sie einen Mittelwert zwischen der üblichen Vergütung für Mediengestalter und für Fotografen gewählt.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch das am 08. September 2004 verkündete und am 17. September 2004 zugestellte Urteil antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Eine Ausbildungsvergütung, die sich an einem entsprechenden Tarifvertrag ausrichte, sei stets angemessen. Eine vertraglich vereinbarte Ausbildungsvergütung sei dann nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem Tarifvertrag enthaltene Vergütung um mehr als 20 % unterschreite. Fehle eine tarifvertragliche Regelung, könne auf die branchenüblichen Sätze abgestellt werden. Ein unmittelbar einschlägiger Tarifvertrag, an den beide Parteien gebunden seien, bestehe vorliegend nicht. Selbst wenn der Vortrag der Beklagten zutreffend sei, wonach sie zu 70 % im Bereich des Fotohandwerks und zu 30 % im Bereich der Mediengestaltung tätig sei, führe dies nicht zur Heranziehung etwaiger Tarifverträge im Fotohandwerk als Maßstab für die Vergütung einer Ausbildung zur Mediengestalterin. Vielmehr seien die Tarifverträge der Druckindustrie als Maßstab heranzuziehen. Der Ausbildungsberuf sei der Druckindustrie zuzurechnen. Selbst wenn es sich bei der Beklagten um einen Mischbetrieb handle, müsse sie, wenn sie einen höher wertigen Ausbildungsgang anbiete und entsprechend der Ausbildung im Bereich der Druckindustrie ausgestalte, die für diesen Bereich geltenden Ausbildungsvergütungssätze leisten.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 12. Oktober 2004 eingereichten Berufung, die sie mit Ablauf der auf den fristgerechten Antrag hin verlängerten Frist zur Berufungsbegründung ausgeführt hat. Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 1 BBiG verkannt. Nach der Rechtsprechung sei Ausgangspunkt der einschlägige Tarifvertrag. Ein Rückgriff auf die Ausbildungsvergütung eines Tarifvertrages, dessen räumlicher, zeitlicher und fachlicher Geltungsbereich die Parteien nicht erfassen könne, komme nur in Betracht, wenn eine einschlägige tarifliche Regelung nicht bestehe. Es sei rechtsfehlerhaft, als Maßstab die Tarifverträge der Druckindustrie heranzuziehen. Die Argumentation, etwaige Tarifverträge für das Fotografenhandwerk könnten nicht als Maßstab für eine höherwertige Ausbildung herangezogen werden, sei nicht nachvollziehbar. Nach der Rechtsprechung könnten für einzelne Arbeitsverhältnisse immer nur die Bestimmung eines Tarifvertrages derselben Tarifvertragspartei Anwendung finden. Auf ihren Betrieb könnten nicht zwei Tarifverträge, die aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen stammten, Anwendung finden. Vorliegend sei ein Fall der Tarifkonkurrenz gegeben, da es um den Anwendungsvorrang etwaiger Tarifverträge für das Fotografenhandwerk oder der Tarifverträge der Druckindustrie gehe. Auch wenn das Vorliegen eines Tarifvertrages für das Fotografenhandwerk nicht habe festgestellt werden können, seine die Tarifverträge für Fotobetriebe sachnäher. Diese Tarifverträge lägen vom fachlichen Geltungsbereich wesentlich sachnäher an der Tätigkeit der Beklagten als die Tarifverträge der Druckindustrie. Der Gehaltstarifvertrag für die Fotobetriebe sehe eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 448,40 € im ersten Ausbildungsjahr vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 08. 09. 2004 - Az.: 4 Ca 66/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend. Nach der Rechtsprechung könne ein Rückgriff auf empfohlene Vergütungssätze stattfinden, um bei fehlender Tarifbindung oder fehlendem einschlägigen Tarifvertrag die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung feststellen zu können. Fehle eine tarifliche Regelung könne auf branchenübliche Sätze zurückgegriffen oder eine der Verkehrsauffassung des betreffenden Industriezweiges entsprechende Vergütung zugrunde gelegt werden. Nach dem Ausbildungsplan sei ihr Ausbildungsplatz dem Tarifvertrag der Druckindustrie schwerpunktmäßig und nicht den Regelungen des Fotohandwerks zuzuordnen. Die Problematik der Tarifpluralität sei nicht gegeben. Beim Mediengestalter für digitale Printmedien handele es sich um einen neuen Ausbildungsberuf für das grafische Handwerk; er sei jedoch nicht mit dem Fotohandwerk vergleichbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das dem Begehren der Klägerin stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts vom 08. September 2004 ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. b ArbGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den gesetzlichen Grenzwert. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und mit Ablauf der auf den fristgerechten Antrag hin verlängerten Frist zur Berufungsbegründung ordnungsgemäß ausgeführt worden. Die somit gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die für das Berufsausbildungsverhältnis als Mediengestalterin vereinbarte Ausbildungsvergütung ist nicht unangemessen. Da die Klägerin nicht in einem der Druckindustrie zuzurechnenden Ausbildungsbetrieb ausgebildet wird, steht ihr eine Ausbildungsvergütung entsprechend dem Lohnabkommen der Druckindustrie nicht zu.

II.

Die von den Parteien vereinbarte Ausbildungsvergütung, die einen Mittelwert zwischen der Ausbildungsvergütung für Mediengestalter und Fotografen darstellt, ist nicht unangemessen.

1. Nach der Klarstellung in der Berufungsverhandlung sind Streitgegenstand die Ausbildungsvergütungsdifferenzen für die Monate Oktober 2003 bis Mai 2004 in Höhe von monatlich 125,52 €. Ursprünglich hatte die Klägerin die Differenzbeträge für neun Monate (September 2003 bis Mai 2004) verlangt, der Klagebetrag in Höhe von 1.004,18 € umfasst jedoch rechnerisch nur die Differenzbeträge für acht Monate. Diesen Widerspruch hat die Klägerin dadurch beseitigt, dass sie ihr Begehren auf die Differenzbeträge für die Monate Oktober 2003 bis Mai 2004 beschränkt hat.

2. Im Ausgangspunkt ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, der Auszubildende könne eine angemessene Vergütung beanspruchen, weil der Ausbildende nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BBiG dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren habe. Das Arbeitsgericht hat sich jedoch unzutreffend an der Höhe der Ausbildungsvergütung orientiert, die in einem anderen Gewerbezweig tariflich als in dem geregelt ist, in welchem die Klägerin ausgebildet wird. Ausbildungsvergütungen werden regelmäßig für alle Ausbildungsverhältnisse unabhängig davon, für welchen Ausbildungsberuf die Ausbildung erfolgt, in den entsprechenden Tarifverträgen des jeweiligen Gewerbezweiges geregelt.

Eine Differenzierung danach, welchen Abschluss die Ausbildung zum Ziel hat, erfolgt nach den einschlägigen Tarifverträgen nicht.

a) Das Arbeitsgericht hat einleitend die höchstrichterlichen Grundsätze unter Heranziehung der einschlägigen Erkenntnisse im Wesentlichen zutreffend dargestellt. Um der Anforderung der Angemessenheit zu genügen, muss die nach den Grundsätzen der Privatautonomie festgelegte Ausbildungsvergütung - eine beiderseitige Tarifbindung ist vorliegend nicht gegeben - für den Lebensunterhalt des Auszubildenden eine fühlbare Unterstützung bilden und zugleich eine Mindestentlohnung für die in dem jeweiligen Gewerbezweig bestimmbare Leistung eines Auszubildenden darstellen.

b) In den höchstrichterlich entschiedenen Fällen ging es regelmäßig darum, dass die Parteien eine Ausbildungsvergütung vereinbart hatten, welche die in dem jeweiligen Gewerbe tariflich festgelegten Ausbildungsvergütungssätze um mehr als 20 % unterschritt. So hat eine zur Bürokauffrau im Versicherungsmittlergewerbe ausgebildete Klägerin erfolgreich eine höhere als die vereinbarte Ausbildungsvergütung klagweise geltend gemacht, weil die in diesem Gewerbe von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Ausbildungssätze maßgebend sind (vgl. BAG, Urteil vom 10. April 1991 - 5 AZR 226/90, BAGE 68, 10 = AP Nr. 3 zu § 10 BBiG). Entsprechend war die bei einer Rechtsanwaltskanzlei zur Anwaltsgehilfin ausgebildete Klägerin erfolgreich, weil die vereinbarte Ausbildungsvergütung erheblich von der Mindestempfehlung der Rechtsanwaltskammer abwich (vgl. BAG, Urteil vom 30. September 1998 - 5 AZR 600/97, AP Nr. 8 zu § 10 BBiG). Auch der in einem Ausbildungsverhältnis zum Gerüstbauer bei einem Unternehmen des Gerüstbaus stehende weitere Kläger war mit seiner Klage erfolgreich, da er sich auf eine einschlägige tarifliche Regelung berufen konnte (vgl. BAG, Urteil vom 25. Juli 2002 - 6 AZR 311/00, AP Nr.11 zu § 10 BBiG). In dieser Entscheidung ist ausgeführt, nur wenn eine tarifliche Regelung fehle, könne auf branchenübliche Sätze abgestellt oder eine der Verkehrsauffassung des betreffenden Industriezweiges entsprechende Vergütung zugrundegelegt werden.

c) Aus den angeführten Erkenntnissen ergibt sich somit nicht, Maßstab für die Angemessenheit einer Ausbildungsvergütung seien - soweit vorhanden - die tariflichen Regelungen des Gewerbe- bzw. Industriezweiges, in welchem die Ausbildung zu dem gewählten Ausbildungsberuf möglicherweise überwiegend stattfinde und/oder in welchem nach der Ausbildung das überwiegende Einsatzfeld liegen mag. Entscheidend kommt es auf den Gewerbe- bzw. Industriezweig an, in welchem die Ausbildung stattfindet. Das Arbeitsgericht, welches bereits auf den Manteltarifvertrag für Auszubildende in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden verwiesen hat, hat insoweit zutreffend erkannt, dass darin nicht danach differenziert wird, in welchem Ausbildungsberuf ausgebildet wird. In diesem Industriezweig sind die Ausbildungsvergütungen in dem Tarifvertrag über Entgelt- und Ausbildungsvergütungen gestaffelt nach den Ausbildungsjahren für alle Berufsausbildungsverhältnisse einheitlich geregelt.

Auch in einer früheren Entscheidung des BAG (Urteil vom 08. Februar 1978 - 4 AZR 552/76, AP Nr. 1 zu § 10 BBiG) ist ein Tarifvertrag angeführt worden, in welchem die Ausbildungsvergütung für die gewerblichen, kaufmännischen und technischen Auszubildenden im Sanitär- und Installateur-, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer-, Klempner- und Kupferschmiede Handwerk einheitlich auf einen Betrag festgelegt war. Entsprechendes gilt für die geltenden Tarifverträge des Bankgewerbes, der Chemischen Industrie und der Papierindustrie. In diesen Gewerben bzw. Industrien wird zu den unterschiedlichsten Ausbildungsberufen ausgebildet. In dem einschlägigen Tarifvertrag der Papierindustrie z.B. werden zwar die drei Bereiche Ausbildung zu gewerblichen, zu kaufmännischen und zu technischen Berufen getrennt aufgeführt. Die Höhe der Ausbildungsvergütung ist jedoch für jeden Bereich dieselbe.

d) Bestehen für das Ausbildungsverhältnis in der betreffenden Branche keine Tarifverträge, steht es den Parteien frei, im Ausbildungsvertrag die Anwendbarkeit bestimmter Tarifverträge aus anderen Branchen zu vereinbaren, solange die dort gezahlte Vergütung für das Berufsausbildungsverhältnis angemessen ist. Fehlt eine solche Vereinbarung über die Anwendung bestimmter Ausbildungstarife, oder ist die getroffene Regelung unangemessen, kann die Angemessenheit an Tarifverträgen anderer Bereiche gemessen werden, die demjenigen des Auszubildenden hinsichtlich des Ausbildungsganges gleichen (vgl. BAG, Urteil vom 07. März 1990 - 5 AZR 217/89, BAGE 65, 34 = AP Nr. 28 zu § 611 BGB Ausbildungsverhältnis; Taubert, HzA Gruppe 9 Teilbereich 2 Rn. 177 ff). Die nicht tarifgebundenen Parteien haben die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages vorliegend nicht vereinbart. Nach der Feststellung des Arbeitsgerichts ist den Parteien ein Tarifvertrag, der die Ausbildungsvergütung im Fotohandwerk regelt, nicht bekannt. Dass in dem von der Beklagten angeführten Tarifvertrag für Fotobetriebe auf einen vergleichbaren Ausbildungsgang hingewiesen wird, macht sie ebenso wenig geltend wie ihre Zugehörigkeit zu diesem Gewerbe. Die Beklagte hat jedoch unbestritten vorgetragen, sie habe sich bezüglich der Ausbildungsvergütung an der für das Fotohandwerk im Bereich der Handwerkskammer P. orientiert. Da die Klägerin nur behauptet hat, die Beklagte führe mindestens zum Teil, wie sich aus deren Außenauftritt als Werbeagentur ergebe, Tätigkeiten der Druckvorstufe durch, sie jedoch keine Tatsachen dafür vorgetragen hat, bei dem Unternehmen der Beklagten handele es sich um einen solchen, welcher vom fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge der Druckindustrie erfasst werde, kann sie sich mit ihrem Klagbegehren nicht an den Tarifverträgen der Druckindustrie orientieren. Die Klägerin wird nicht im Industriezweig Druck zur Mediengestalterin ausgebildet. Darauf, dass die Parteien einen Ausbildungsplan, welcher Bestandteil des Ausbildungsverhältnisses geworden ist, verwenden, welcher "mit Genehmigung der Verbände der Druckindustrie" nachgedruckt worden ist, kommt es nicht an. Darin ist das wiedergegeben, welches als Anlage zu § 5 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Mediengestalter/zur Mediengestalterin für Digital- und Printmedien vom 04. Mai 1998 (BGBl. I S. 875) vom Verordnungsgeber geregelt worden ist.

e) Darauf, dass die Berufsausbildung zum Mediengestalter/zur Mediengestalterin ausweislich der angeführten Verordnung anspruchsvoller als die Berufsausbildung zum Fotografen/zur Fotografin nach dem Inhalt der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fotografen/zur Fotografin vom 12. Mai 1997 (BGBl. I S. 1032) ist, kommt es nicht an. Die Ausbildungsvergütung stellt keinen Arbeitslohn, sondern eine finanzielle Hilfe zur Durchführung der Ausbildung dar. Die Höhe der Ausbildungsvergütung orientiert sich allgemein nicht an einem bestimmten Ausbildungsberuf, sondern an der Höhe der Vergütungssätze in dem jeweiligen Gewerbe bzw. der jeweiligen Industrie. Eine vereinbarte Ausbildungsvergütung ist dann nicht angemessen, wenn sie wesentlich unter den branchenüblichen Sätzen liegt (Knigge, Arbeitsrechtliche Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes, AR-Blattei SD 400.2 Rn. 169). Da die Beklagte nur die Klägerin zur Mediengestalterin ausbildet, im Übrigen jedoch von ihr Berufsausbildungsverhältnisse für das Fotografenhandwerk durchgeführt werden und sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht ergibt, dass das Unternehmen der Beklagten der Druckindustrie zuzurechnen ist, kann die Klägerin keine höhere als die vereinbarte Ausbildungsvergütung zu Recht verlangen. Die Klägerin hat zu dem Vorbringen der Beklagten, ihre Tätigkeiten machten im Bereich der Fotografie ca. 70 % der Gesamttätigkeiten aus, nur erwidert, dies beziehe sich wohl auf sämtliche Betriebe des "mbm-Verbandes"; sie bestreite diesen Vortrag mit Nichtwissen. Sie, die Klägerin, führe im Rahmen ihrer Ausbildung zu 0 % fotografische Arbeiten aus. Darauf, welche Tätigkeiten die Klägerin ausführt, kommt es jedoch nicht an. Ein schlüssiger Vortrag dahingehend, bei dem Unternehmen der Beklagten handele es sich um einen solchen der Druckindustrie, hat die Klägerin vermissen lassen.

Die Beklagte zahlt einen Mittelwert zwischen der Ausbildungsvergütung für Mediengestalter und Fotografen an alle Auszubildenden. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Mittelwert nicht angemessen ist, sind nicht ersichtlich.

f) Da die Klägerin somit keine höhere Ausbildungsvergütung als die vereinbarte beanspruchen kann, kommt es nicht darauf an, ob sich die Klägerin an der höheren Ausbildungsvergütung in der Druckindustrie orientieren konnte oder ob der geringere in der Informationsbroschüre der Handwerkskammer K. genannte Betrag, der von der Bundesagentur für Arbeit angesetzte Betrag oder der im Bereich der Industrie und des Handels festgesetzte Betrag maßgebend wäre. Der Durchschnitt der drei von der Klägerin angeführten Beträge (Druckindustrie: 748,09 €; Handwerkskammer: 735,53 €; Industrie- und Handel: 716,00 €) würde sich auf 733,21 € belaufen, so dass unter Berücksichtigung des von der Klägerin vorgenommenen Abschlags von 20 % der monatliche Differenzbetrag mit 113,62 € anzunehmen wäre. Auch dieser Betrag kann nicht von der Klägerin beansprucht werden, da sie ihre Berufsausbildung nicht in einem dieser Gewerbe- bzw. Industriezweige absolviert. Darauf, dass andere Mitschüler ihrer Berufsschule, wie die Klägerin in der Berufungsverhandlung ausgeführt hat, eine höhere an den in der Druckindustrie geltenden Regelungen orientierte Ausbildungsvergütung erhalten, kommt es nicht an. Ausbildungsvergütungen werden - wie ausgeführt - regelmäßig einheitlich im jeweiligen Gewerbe bzw. für die jeweilige Industrie in einem einheitlichen Betrag festgesetzt und orientieren sich nicht wie die Arbeitsvergütung an der ausgeübten Tätigkeit.

III.

1. Da die Berufung der Beklagten somit erfolgreich war, war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Daraus folgt, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen hat.

2. Gegen dieses Urteil findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt.

Ende der Entscheidung

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