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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 23.08.2004
Aktenzeichen: 15 Ta 21/04
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG, GVG


Vorschriften:

ZPO § 572 Abs. 4
ZPO § 840
ZPO § 840 Abs. 1
ZPO § 840 Abs. 2 Satz 2
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a
ArbGG § 3
ArbGG § 48 Abs. 1
ArbGG § 78
ArbGG § 78 Satz 3
GVG § 17 a Abs. 2
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

15 Ta 21/04

Stuttgart, 23.08.2004

In dem Rechtswegebestimmungsverfahren mit den Beteiligten

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch ohne mündliche Verhandlung am 23. August 2004

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 24. Juni 2004 - Az.: 2 Ca 99/04 - wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 31,05 € festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens nimmt die Beklagte auf Erstattung von Anwaltsgebühren in Anspruch, weil die Beklagte eine Drittschuldnererklärung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist abgegeben und ihr Prozessbevollmächtigter die Beklagte zur Abgabe der entsprechenden Erklärung mit Schreiben vom 15. Januar 2004 aufgefordert habe. Dadurch sei eine Geschäftsgebühr nebst Kostenpauschale und Mehrwertsteuer in Höhe von 133,06 € erwachsen. Darauf hat die Beklagte 25,01 € geleistet. Die Klägerin verlangt noch 89,70 €, während die Beklagte Widerklage in Höhe von 3,45 € erhoben hat, weil die Anwaltsgebühr sich nicht aus der Hauptforderung sondern aus dem Kostenstreitwert berechne.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 24. Juni 2004 den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Pforzheim verwiesen. Gegen diese am 08. Juli 2004 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 12. Juli 2004 beim Arbeitsgericht eingereichten sofortigen Beschwerde, welcher das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Sie meint, für die aus § 840 ZPO hergeleitete Ansprüche sei "von Relevanz, welchem Rechtsverhältnis das schuldrechtliche Verhältnis zwischen Schuldner und Drittschuldner zu Grunde liege". Dies sei unstreitig ein Arbeitsverhältnis.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin/Widerbeklagten gegen den die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs verneinenden Beschluss des Arbeitsgerichts vom 24. Juni 2004 ist statthaft und im Übrigen auch zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Für eine isolierte Klage auf Ersatz der durch eine nicht abgegebene Drittschuldnererklärung entstandenen Kosten ist, selbst wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eine Lohnforderung betrifft, nicht die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gegeben. Eine solche Klage gehört in die Zuständigkeit der ordentlichen Zivilgerichte und damit vorliegend in die des Amtsgerichts Pforzheim, an welches der Rechtsstreit vom Arbeitsgericht zutreffend verwiesen worden ist.

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin des Ausgangsverfahrens ist gemäß § 48 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthaft. Über sie kann der Vorsitzende der Beschwerdekammer gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, § 572 Abs. 4 ZPO, § 78 Satz 3 ArbGG ohne mündliche Verhandlung allein entscheiden (vgl. zur alten Rechtslage: BAG, Beschluss v. 10. Dezember 1992 - 8 AZB 6/92, BAGE 72, 84 = AP Nr. 4 zu § 17 a GVG). Durch die Neufassung des § 78 Arbeitsgerichtsgesetz durch Art. 30 Nr. 15 des Zivilprozessreformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887 [1916]) ist die Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden der Beschwerdekammer über eine sofortige Beschwerde ausdrücklich geregelt worden (vgl. GK-ArbGG/Wenzel, § 78 Rn. 100 ff.). Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 ZPO). Der angefochtene Beschluss vom 24. Juni 2004 ist am 08. Juli 2004 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin/Widerbeklagten zugestellt worden. Die Beschwerde dagegen ist am 12. Juli 2004 beim Arbeitsgericht eingegangen, welches der Beschwerde nicht abgeholfen hat. Wenn auch der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 100,00 € nicht übersteigt, ist die Beschwerde nicht unzulässig, da Gegenstand des Ausgangsverfahrens ein Schadenersatzanspruch ist (§ 567 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

2. Wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, handelt es sich vorliegend nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG). Die Parteien des Rechtsstreits stehen sich nicht als Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenüber. Auch in Verbindung mit § 3 ArbGG ist die Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichts nicht gegeben. Darauf, dass die Klägerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt hat, durch welchen eine Lohnforderung des Streitverkündeten gegen die Beklagte gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen worden ist, kommt es nicht an. Die Klägerin macht gegen die Beklagte im Wege einer isolierten Klage einen Schadenersatzanspruch gemäß § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO geltend. Für einen solchen - isoliert geltend gemachten - Schadenersatzanspruch ist die Zuständigkeit der ordentlichen Zivilgerichte gegeben (MünchKommZPO-Smid, 2. Aufl., § 840 Rn. 29; Musielak/Becker, ZPO, 3. Aufl., § 840 Rn. 15; Baumbach/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 840 Rn. 23; Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 840 Rn. 14; Brüne/Liebscher, BB 1996, 743 ff.).

a) Vorliegend nimmt eine juristische Person eine andere juristische Person, welche Arbeitgeberin des Streitverkündeten ist, auf Schadenersatz in Anspruch, weil die Beklagte, der ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 28. November 2003 zugestellt worden ist, der Aufforderung, die Drittschuldnererklärung zu erteilen und zu erklären, ob und wieweit die Forderung als begründet anerkannt werde und Zahlungsbereitschaft bestehe, nicht gefolgt sei. Nach § 840 Abs. 1 ZPO besteht eine Erklärungspflicht des Drittschuldners. Dieser haftett nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung entstehenden Schaden. Wird der Lohn des Schuldners gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen, so verfolgt der Gläubiger bei der gerichtlichen Geltendmachung der gepfändeten Beträge kraft Einziehungsermächtigung Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Für die Geltendmachung von Entgeltansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig. Die Klagbefugnis des Gläubigers vor den Arbeitsgerichten ergibt sich in einem solchen Fall aus § 3 ArbGG. Vorliegend streiten die Parteien jedoch nicht darum, ob und ggf. in welcher Höhe das gepfändete Arbeitsentgelt des Streitverkündeten hätte abgeführt werden müssen. Die Klägerin macht vielmehr entstandene Kosten für die Zuziehung ihres Prozessbevollmächtigten auf Grund einer nicht erteilten Auskunft geltend.

b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin für ihre Auffassung, das angerufene Arbeitsgericht sei zuständig, sowohl auf eine Entscheidung des LAG Kiel (Urteil v. 01. Juni 1965 - 3 Sa 72/65, NJW 1966, 800) als auch des LAG Baden-Württemberg (Urteil v. 24. August 1993 - 10 Sa 39/93, JurBüro 1994, 134). In beiden Verfahren war die sachliche Zuständigkeit im ersten Rechtszug nicht gerügt worden. Vorliegend ist das Arbeitsgericht offensichtlich nach § 17 a Abs. 2 GVG verfahren und hat von Amts wegen die Zulässigkeit bzw. die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs geprüft. Die von der Klägerin des Weiteren angeführte Fundstelle "BAG 20, 39" ist offensichtlich unzutreffend, denn die beginnend in der amtlichen Sammlung BAGE 20, 30 angeführte Entscheidung befasst sich mit der vorliegend relevanten Rechtsfrage nicht, denn dort haben die Parteien über die Anwendbarkeit einer Ausschlussfrist gestritten. Auch in der von der Klägerin angeführten Kommentarstelle (Zöller/Stöber, ZPO, § 840 R.14 lautet es am Ende der Randnummer ausdrücklich: "Für isolierte Geltendmachung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Drittschuldner auf Kostenerstattung sind (nach Lohnpfändung) die Arbeits- und Sozialgerichte nicht zuständig".

Ausweislich der Gründe der in der Kommentarstelle angeführten höchstrichterlichen Entscheidung (BAG, Urteil v. 31. Oktober 1984 - 4 AZR 535/82, BAGE 47, 138 = AP Nr. 4 zu § 840 ZPO) ist ausdrücklich ausgeführt, zwischen dem Pfändungsgläubiger und dem Drittschuldner als Arbeitgeber bestehen keine arbeitsrechtlichen Beziehungen, für die nach §§ 2, 2 a ArbGG die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen begründet sein könnte.

Das BAG hat zwar in seinem Urteil vom 16. Mai 1990 - 4 AZR 56/90, BAGE 65, 139 (Vorinstanz: LAG Köln, Urteil v. 17. November 1989 - 9 Sa 906/89, LAGE § 12 a ArbGG 1979 Nr. 14; unter Aufgabe seiner früheren gegenteiligen Rechtsprechung vgl. Urteil v. 23. September 1960 - 5 AZR 258/59, BAGE 10, 39 = AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; Urteil v. 02. Mai 1968 - 5 AZR 190/67, BAGE 21, 1 = AP Nr. 10 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; Urteil v. 18. Dezember 1972 - 5 AZR 248/72, BAGE 24, 486 = AP Nr. 13 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten) erkannt, der Anspruch des Pfändungsgläubigers auf Schadenersatz nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO erfasse, wenn der Arbeitgeber als Drittschuldner die ihm nach § 840 Abs. 1 ZPO obliegende Erklärungspflicht verletze, auch die Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten zur Eintreibung der gepfändeten Forderung. Zur Zuständigkeit im Falle einer isolierten Geltendmachung des auf § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO gestützten Schadenersatzanspruches hat es sich jedoch nicht geäußert. Es hat allerdings ausgeführt: "Die Erklärungspflicht des § 840 Abs. 1 ZPO ist eine außerhalb des Arbeitsverhältnisses liegende, vom Arbeitgeber als Drittschuldner dem Pfändungsschuldner selbst geschuldete Obliegenheit, deren Verletzung das Gesetz mit einem Schadenersatzanspruch des Pfändungsgläubigers sanktioniert". Daraus folgt, dass es entgegen der mit der Beschwerde geäußerten Auffassung nicht von Relevanz ist, welches Rechtsverhältnis dem schuldrechtlichen Verhältnis zwischen Schuldner und Drittschuldner zu Grunde liegt. Für eine isolierte Geltendmachung des Anspruchs nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind die Gerichte für Arbeitssachen auch dann nicht zuständig, wenn Lohnsprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner gepfändet worden sind.

III.

1. Da die sofortige Beschwerde der Klägerin somit keinen Erfolg haben konnte, hat sie die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes des Beschwerdeverfahrens ist gemäß § 25 Abs. 2 GKG i. V. m. §§ 3 ff. ZPO festgesetzt worden. Da vorliegend nicht der Streitwert der Klage, sondern der Wert des Beschwerdeverfahrens nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG zu bewerten ist, erscheint es angemessen, dafür den Wert von 1/3 des ermäßigten Klagantrags zuzüglich des Wertes des Widerklageantrags in Ansatz zu bringen.

3. Gegen diesen Beschluss findet ein Rechtsmittel nicht statt. Begründete Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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