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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 123/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, KSchG


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 125
BGB § 126 Abs. 1
BGB § 305 Abs. 1 Satz 1
BGB § 307
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB § 312
BGB § 623
BGB § 626 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
KSchG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 2 Sa 123/05

verkündet am 19.07.2006

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 2. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hensinger, den ehrenamtlichen Richter Eschmann und die ehrenamtliche Richterin Sturm auf die mündliche Verhandlung vom 19.05.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Aalen - vom 21.06.2005 (Az.: 8 Ca 263/04) abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 16.04.2004 und 19.04.2004 nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten mit Schreiben vom 16.04.2004 ausgesprochenen außerordentlichen und mit Schreiben vom 19.04.2004 vorsorglich ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien.

Die am 13.07.1967 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin ist seit dem 05.01.1998 bei der Beklagten, einem Drogeriemarktunternehmen, als Verkäuferin/Kassiererin beschäftigt. Aufgrund des letzten Anstellungsvertrages vom 04.09.2003 arbeitet die Klägerin in der Verkaufsstelle D. in Teilzeit mit 10 Wochenstunden zu einer Vergütung von monatlich 456,00 € brutto.

Am 16.04.2004 wurde bei der Beklagten festgestellt, dass die Tageseinnahmen der Verkaufsstelle D. vom 14.04. und 15.04.2004 in Höhe von insgesamt 4.375,00 €, die in einem Tresor aufzubewahren waren, verschwunden waren. Der genaue Zeitpunkt der Entnahme der beiden Tageseinnahmen konnte von der Beklagten nicht ermittelt werden. In dem Zeitraum 14.04. bis 16.04.2004 hatten (jedenfalls) drei Mitarbeiterinnen in der Verkaufsstelle D., darunter auch die Klägerin, abwechselnd für eine bestimmte Zeit den Tresorschlüssel in Besitz. Die Klägerin hatte den Tresorschlüssel vom Abend des 15.04.2004 bis zum 16.04.2004 um 08.45 Uhr bei sich. Da nach einer mehrstündigen Befragung aller drei Mitarbeiterinnen der Verkaufsstelle D. die Beklagte den genauen Tathergang nicht klären konnte, bestand für die Beklagte ein Verdacht gegenüber allen drei Mitarbeiterinnen. Deshalb sprach die Beklagte am 16.04.2004 gegenüber allen drei Mitarbeiterinnen fristlose Kündigungen aus.

Im Rahmen der Befragung u. a. der Klägerin am 16.04.2004 und des Entschlusses, das bestehende Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen, benutzte die Beklagte, vertreten durch die kündigungsberechtigte und stellvertretende Verkaufsleiterin Frau K. und die Bezirksleiterin Frau F., ein Formularblatt. Dieser Vordruck "S. /Fristlose Kündigung/V55 03/95", den die Beklagte seit längerer Zeit verwendet, sieht folgendermaßen aus:

Das bestehende Arbeitsverhältnis zwischen

Herr/Frau/Frl.:

geb. am: wohnhaft in:

und der Firma A. S. E.

wird fristlos zum gekündigt.

Der letzte Arbeitstag ist der

Begründung:

Ort, Datum:

Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt. Auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet.

Unterschrift Mitarbeiter

A. S.

Unterschrift VL/BL

Dieses Formular füllte Frau K. am 16.04.2004 handschriftlich mit den Personalien der Klägerin, der Kündigungsbegründung und dem Datum aus und unterschrieb das Formular in der untersten Zeile "Unterschrift VL/BL". Dann übergab Frau K, die Kündigungserklärung der Klägerin, die in der Zeile "Unterschrift Mitarbeiter" unterschrieb.

Am Abend des 16.04.2004 erstattete die Beklagte u. a. gegen die Klägerin Strafanzeige. Mit Schreiben vom 29.04.2004 verlangte die Beklagte von der Klägerin die Zahlung einer Vertragsstrafe gemäß dem Anstellungsvertrag in Höhe eines Bruttomonatsgehalts. Im Betrieb, zu dem die Verkaufsstelle D. gehört, besteht kein Betriebsrat.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Kündigungen unwirksam seien. Sie habe die Tageseinnahmen der Beklagten nicht entwendet. Es bestehe auch kein begründeter Verdacht gegen sie. Sie habe den Klageverzicht am 16.04.2004 nach extremer Druckausübung auf sie unterzeichnet. Die Klägerin hat diese Erklärung gemäß § 123 BGB angefochten und gemäß § 312 BGB widerrufen.

Die Klägerin hat in der ersten Instanz beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass die fristlose Kündigung vom 16.04.04, zugegangen am 16.04.04, rechtsunwirksam ist, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist am 16.04.04 hinaus weiter unverändert fortbesteht und die Klägerin als Verkäuferin weiterzubeschäftigen ist.

2. Es wird festgestellt, dass die ordentliche Kündigung vom 19.04.04, zugegangen am 23.04.04, rechtsunwirksam ist, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist am 31.07.04 hinaus weiter unverändert fortbesteht und die Klägerin als Verkäuferin weiterzubeschäftigen ist.

3. Es wird festgestellt, dass die fristlose Kündigung vom 19.04.04, zugegangen am 23.04.04, rechtsunwirksam ist, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist am 23.04.04 hinaus weiter unverändert fortbesteht und die Klägerin als Verkäuferin weiterzube-schäftigen ist.

Die Beklagte hat in der ersten Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass u. a. gegen die Klägerin wegen des Verlustes des Geldbetrages ein erheblicher Verdacht bestehe und deshalb das Vertrauensverhältnis zerstört worden sei. Im Übrigen habe die Klägerin mit ihrer Unterschrift auf eine Klage gegen diese Kündigung verzichtet. Da dieser Verzicht nach Zugang der Kündigung von der Klägerin erklärt worden sei, sei dieser auch wirksam.

Das Arbeitsgericht hat im am 21.06.2005 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das Urteil insbesondere an, dass das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 16.04.2004 aufgrund einer Unterschrift der kündigungsberechtigten stellvertretenden Verkaufsleiterin formwirksam sei. Die Klägerin habe dann nach Ausspruch der Kündigung mit ihrer Unterschrift wirksam auf eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 16.04.2004 verzichtet. § 312 BGB sei vorliegend nicht anwendbar. Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses der Klägerin am 23.09.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 24.10.2005, einem Montag, eingelegte und am 23.01.2006 innerhalb der verlängerten Berufungsbegrün-dungsfrist ausgeführte Berufung der Klägerin. Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin insbesondere vor, dass die Kündigungserklärung der Beklagten vom 16.04.2004 bereits gemäß §§ 623, 125 BGB formunwirksam sei, weil die Unterschrift der Beklagten nicht an die Kündigungserklärung und Kündigungsbegründung anschließe. Die Kündigungserklärung sei der Klägerin auch nicht vor deren "Unterschrift" neben deren Erklärung auf Klageverzicht gegen die Kündigung zugegangen. Für den Verzicht habe die Klägerin auch keine Gegenleistung erhalten. Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin im zweiten Rechtszug wird auf die in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Schriftsätze vom 23.01.2006 und 05.05.2006 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach den Schlussanträgen der Klägerin in erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und trägt insbesondere vor, dass das Kündigungsschreiben vom 16.04.2004 dem Schriftformerfordernis entsprochen habe und die Klägerin nach Zugang dieser Kündigung wirksam einen Klageverzicht erklärt habe. Die Klägerin habe die Klageverzichtserklärung auch nicht wirksam angefochten. Ein Klageverzicht sei auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes wirksam. Der Klageverzicht der Klägerin stelle auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar, da die Beklagte im Hinblick auf die Erklärung der Klägerin auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verzichtet habe. Die vorliegenden Kündigungen seien als Verdachtskündigungen wirksam. Gegenüber der Klägerin und ihren beiden Kolleginnen habe der erhebliche Verdacht bestanden, dass diese Mitarbeiterinnen einen Betrag von 4.375,00 € unterschlagen haben. Da eine der drei Mitarbeiterinnen das Geld entwendet habe, sei es der Beklagten in einer Kleinst-Verkaufsstelle nicht zuzumuten, auch nur eine der drei Mitarbeiterinnen weiterzubeschäftigen. Eine Verdachtskündigung gegenüber alle drei Mitarbeiterinnen sei wirksam. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten im zweiten Rechtszug wird auf die in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Schriftsätze vom 02.02.2006, 10.04.2006 und 11.04.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist fristgerecht eingelegt und ausgeführt worden. Im Übrigen sind Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung nicht veranlasst.

II.

In der Sache hat die Berufung der Klägerin Erfolg. Die Verdachtskündigungen der Beklagten sind unwirksam. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist auch der Klageverzichtsvertrag unwirksam. Die formularmäßige Verzichtserklärung der Klägerin unterliegt einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB und stellt im vorliegenden Fall eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin dar, weil eine kompensatorische Gegenleistung der Beklagten fehlt.

1. Der als Kündigungsschutzantrag gemäß § 4 KSchG auszulegende Antrag Ziffer 1 ist begründet, weil die Klägerin am 16.04.2004 nicht wirksam auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat (1.1) und weil die außerordentliche Kündigung nicht gemäß § 626 Abs. 1 BGB wirksam ist (1.2).

1.1 Die Klägerin hat am 16.04.2004 nicht wirksam auf den Kündigungsschutz verzichtet.

Zwar kann ein Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung durch den Arbeitgeber auf den Kündigungsschutz verzichten (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, z. B. Urteil vom 25.09.1969 - 2 AZR 524/68 - AP Nr. 36 zu § 3 KSchG; 03.05.1979 - 2 AZR 679/77 - AP Nr. 6 zu § 4 KSchG 1969). Für die erkennende Kammer steht auch fest, dass die Kündigungserklärung der Beklagten vom 16.04.2004 dem Schriftformerfordernis gemäß §§ 623, 126 Abs. 1 BGB genügt. Die kündigungsberechtigte Mitarbeiterin der Beklagten hat die Kündigungserklärung und Kündigungsbegründung unterschrieben. Der Namenszug der kündigungsberechtigten Mitarbeiterin der Beklagten in der untersten Zeile des Formulares bildet einen räumlichen Ab-schluss des Urkundentextes (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Auflage, § 126 Rdnr. 5 m. w. N.). Die Kündigungserklärung der Beklagten ist der Klägerin mit Aushändigung des Formulares auch zugegangen.

Der nach Zugang der Kündigungserklärung von der Klägerin erklärte Verzicht auf eine Klage gegen die Kündigung ist jedoch unwirksam, weil die formularmäßige Verzichtserklärung nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 01.01.2002 und der Einbeziehung des Arbeitsrechtes in die AGB-Kontrolle (§ 310 Abs. 4 BGB) einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unterliegt und ohne kompensatorische Gegenleistung der Beklagten eine unangemessene Benachteiligung darstellt.

1.1.1 Der Klageverzicht ist in einem von der Beklagten vorgelegten Formular enthalten, so dass es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Derartige Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers sind gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist die Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, z. B. Urteil vom 03.11.1999 - VIII ZR 269/98 - NJW 2000, 1110, 1112). Eine formularmäßige Verzichtserklärung ohne kompensato-rische Gegenleistung stellt deshalb in der Regel eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar und ist deshalb unwirksam (ganz überwiegende Meinung zur Rechtslage seit 01.01.2002 - insbesondere zu Ausgleichsquittungen, in denen derartige Verzichtserklärungen enthalten sind: LAG Schleswig-Holstein 24.09.2003 - 3 Sa 6/03 - NZA-RR 2004, 74; LAG Hamburg 29.04.2004 - 1 Sa 47/03 - NZA-RR 2005, 151; LAG Düsseldorf 13.04.2005 - 12 Sa 154/05 - DB 2005, 1463; Reinecke, DB 2002, 583, 586; Preis, Sonderbeilage zur NZA Heft 16/2003, 19, 29; Erfurter Kommentar -Preis, 6. Auflage, §§ 305 bis 310 Rdnr. 74 b, 96).

1.1.2 Eine Gegenleistung der Beklagten für den Klageverzicht der Klägerin ist weder dargetan noch ersichtlich. Von einer kompensatorischen Gegenleistung könnte nur dann gesprochen werden, wenn die Beklagte vor der Unterschrift der Klägerin und damit dem Klageverzichtsvertrag der Klägerin Gegenleistungen versprochen hätte. Eine Vereinbarung über derartige Gegenleistungen vor dem Klageverzichtsvertrag hat die Beklagte jedoch nicht dargetan. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, sie habe im Hinblick auf den Klageverzicht der Klägerin auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verzichtet, hat sie weder dargetan, dass sie dies der Klägerin als Gegenleistung angeboten hatte noch dass dies vor Abschluss des Klageverzichtsvertrages geschehen ist. Dagegen hat die Beklagte noch am 16.04.2004 u. a. gegen die Klägerin Strafanzeige erstattet und mit Schreiben vom 29.04.2004 eine Vertragsstrafe geltend gemacht.

Die Klägerin hat deshalb nicht wirksam auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet.

1.2 Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.04.2004 ist unwirksam.

Die Beklagte begründet die außerordentliche Kündigung mit dem Verdacht u. a. gegen die Klägerin wegen der Entwendung der Tageseinnahmen vom 14. und 15.04.2004.

Eine (außerordentliche) Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, z. B. Urteil 05.04.2001 - 2 AZR 217/00 - AP Nr. 34 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; 10.02.2005 - 2 AZR 189/04 - AP Nr. 79 zu § 1 KSchG 1969). Der Verdacht muss schwerwiegend sein (BAG 10.02.2005 a.a.O.: "Dringender Verdacht" [B I. 4. der Gründe]).

Bei Anwendung der vorgenannten Rechtsgrundsätze zur Verdachtskündigung steht für die erkennende Kammer fest, dass der vorgetragene Sachverhalt nicht ausreicht, einen starken oder gar dringenden Verdacht gegen die Klägerin wegen der Entwendung der Tageseinnahmen zu begründen. Da auch die Beklagte von einer Mittäterschaft der drei Mitarbeiterinnen der Beklagten nicht ausgeht und nicht dargetan hat, steht nur fest - wenn man den Vortrag der Beklagten als wahr unterstellt, dass nur drei Mitarbeiterinnen Zugang zum Tresorschlüssel gehabt haben - dass eine der drei Mitarbeiterinnen die Tageseinnahmen entwendet hat. Damit besteht für eine Täterschaft der Klägerin ein Verdachtsgrad von 33,3 %. Ein Verdachtsgrad in dieser Höhe ist weder stark, schwerwiegend noch dringend und rechtfertigt keine außerordentliche Verdachtskündigung.

2. Auch die von der Beklagten hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 19.04.2004 zum 31.07.2004 ist sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam. Der von der Beklagten vorgetragene Sachverhalt rechtfertigt auch keine ordentliche Verdachtskündigung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO, wonach die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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