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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 27.05.2008
Aktenzeichen: 2 TaBV 5/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99 Abs. 3 Satz 1
1. Die Betriebsparteien können die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG im Einzelfall auch um mehrere Monate verlängern (hier: in einem Massenumgruppierungsverfahren um mehr als 6 Monate).

2. Die Betriebsparteien können die gesetzliche Zustimmungsfiktion des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht durch das Gegenteil, eine Zustimmungsverweigerungsfiktion, ersetzen.

3. Zur Vereinbarung einer Zustimmungsverweigerungsfiktion und den Grundsatz des Vertrauensschutzes.


Tenor:

1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 03.07.2007 - Az.: 31 BV 277/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe: I.

Die Beteiligten streiten in einem Verfahren gemäß § 99 Abs.4 BetrVG darüber, ob die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Umgruppierung von den 26 im Antrag benannten und im Bodenbereich tätigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, wobei jeder dieser Beschäftigten eine Fallgruppe repräsentiert, zu ersetzen ist bzw. schon als erteilt gilt.

Die Antragstellerin/Beteiligte Ziff.1 (im Folgenden: Arbeitgeber) ist ein Luftfahrtunternehmen, der Antragsgegner/Beteiligte Ziff.2 ist der für den Standort S. gebildete Betriebsrat.

Für die im Bodenbereich arbeitenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (im Folgenden: Mitarbeiter) des Arbeitgebers vereinbarten die Tarifvertragsparteien, die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e.V. (AVH) und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di.) zum 01.12.2005 neue Tarifverträge zu Vergütungssystemen [Tarifvertrag Vergütungssystem Boden (TV VS Boden DLH) und Vergütungstarifvertrag Nr.1 für das Bodenpersonal der D. AG (VTV Nr.1 Boden DLH], die den bislang geltenden Vergütungsrahmentarifvertrag vom 01.04.1989 (VRTV) ablösten. Das neue Vergütungssystem unterscheidet sich von der bisherigen Systematik dadurch, dass es neue Vergütungstabellen mit neuen Vergütungsgruppen gibt, wobei diese nunmehr 10 Vergütungsgruppen (A - N 2) statt wie bisher 17 Vergütungsgruppen enthalten. Ferner wurden die bisherigen individuellen Stellenbeschreibungen durch zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarte Standardstellenbeschreibungen abgelöst (Tätigkeitprofile). Die bisherige Tätigkeit der Mitarbeiter änderte bzw. ändert sich durch die neue standardisierte Stellenbeschreibung nicht. Zur Überführung der Mitarbeiter von der alten in die neue Vergütungsstruktur nach dem TV VS Boden DLH trafen die Tarifpartner eine Vereinbarung vom 30.11.2005 nebst Ergänzung vom 25.04.2006, die Regelungen zur Überleitung enthält. Die Tarifpartner haben ferner die alten Positionen nach dem VRTV den neuen Tätigkeitsmerkmalen nach dem TV VS Boden DLH gegenübergestellt (sog. TKM-Liste).Schließlich fertigten die Tarifpartner eine Überleitungsliste, in der sie die einzelnen Beschäftigten namentlich überleiteten und auf die die Protokollnotiz Nr.3 zum TV VS Boden DLH hinweist.

Mit Schreiben vom 09.11.2005 unter Beifügung der darin genannten Anlagen bat der Arbeitgeber den Betriebsrat um Zustimmung zur Umgruppierung u.a. der im Antrag genannten Beschäftigten. Die namentliche Überleitungsliste wurde, wie im Schreiben angekündigt, kurz danach dem Betriebsrat übermittelt. Mit E-Mail vom 15.11.2005 bat der Betriebsrat den Arbeitgeber um Fristverlängerung bis zum 25.11.2005. Mit E-Mail vom 21.11.2005, die der Arbeitgeber u.a. an den Betriebsrat versandte, wies der Arbeitgeber auf eine Vereinbarung über eine Fristverlängerung gemäß § 99 BetrVG mit dem F. Betriebsrat hin und bot dem Betriebsrat ebenfalls "dieses Verfahren" an, wegen der geringeren Mitarbeiterzahl u.a. in S. eine Fristverlängerung bis zum 31.03.2006. Am 24.11.2005 teilte der Betriebsrat dem Arbeitgeber mit, dass man sich dem Verfahren in F. anschließe und man auf einen Entwurf einer entsprechenden Regelungsvereinbarung warte.

Am 06.12.2005 schlossen die Betriebsparteien sodann eine Regelungsvereinbarung (Anlage A 10, AS 140 f.) folgenden Inhalts:

Regelungsvereinbarung Die D. AG, K.,

vertreten durch den Vorstand, und der Betriebsrat STR YX der D. AG, S., vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden, schließen folgende Regelungsvereinbarung

Präambel

Aus Anlass der Umstellung des bisherigen Vergütungsrahmentarifvertrages für das Bodenpersonal der D. AG auf die Regelungen des Tarifvertrages Vergütungssystem Boden der D. AG sind alle Mitarbeiter der D. AG durch die Tarifpartner D. AG/ Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e. V. und ver.di. neu eingruppiert worden. Dem Betriebsrat sind entsprechende Listen mit der für jeden Mitarbeiter vorgesehenen Eingruppierung überreicht und damit das Verfahren nach § 99 BetrVG eingeleitet worden.

1. Es besteht Einvernehmen darüber, dass es erforderlich ist, die korrekte Eingruppierung der Mitarbeiter durch den Betriebsrat in jedem Einzelfall zu überprüfen. Da eine nachvollziehbare Überprüfung der Umgruppierungen bzw. Eingruppierungen innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Frist nicht möglich ist, besteht Einvernehmen, dass die gesetzliche Stellungnahmefrist nach § 99 BetrVG bis zum 31. März 2006 verlängert wird.

2. Es besteht Einvernehmen darüber, dass alle Mitarbeiter zum 1. Dezember 2005 entsprechend der von den Tarifpartnern vorgesehenen Eingruppierung in das neue Tarifsystem übergeleitet werden.

3. Geschäftsleitung und Betriebsrat werden abteilungsbezogen die korrekte Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter besprechen. Kommt zwischen den Betriebsparteien eine Einigung hinsichtlich der Eingruppierung zustande, so gilt der Mitarbeiter rückwirkend ab 1. Dezember 2005 als korrekt eingruppiert. Die Geschäftsleitung wird dem Betriebsrat Anfang Dezember eine um Änderungen bei Mitarbeiter, die nach dem 31.10.05 aufgrund von Stufensteigerungen, Umgruppierungen, Vergütungserhöhungen, Versetzungen etc. ergänzte Liste aller Mitarbeiter überreichen, die Grundlage der Gespräche zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat sein wird.

4. Sollte bis zum 31. März 2006 eine vollständige Beurteilung der korrekten Eingruppierung nicht möglich sein, erfolgt für die noch offenen Fälle eine Verlängerung der Frist bis zum 30. Juni 2006. Für die Fälle, die bis dahin nicht einvernehmlich geregelt werden, gilt die Zustimmung zur Eingruppierung als verweigert. Der Arbeitgeber wird dann die entsprechenden Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten.

5. Diese Regelungsvereinbarung gilt bis zum Abschluss der Umgruppierungsverfahren

F., den 6.12.2005

D. AG Betriebsrat

Unterschrift Unterschrift

FRA PD STR YX

K.P. C.F.

In der Folgezeit fanden Gespräche zwischen den Beteiligten statt, in denen es vorwiegend um Wertigkeitsdiskussionen hinsichtlich der Tätigkeitsmerkmale des TV VS Boden DLH ging. So forderte der Betriebsrat etwa eine höhere Eingruppierung der Flightmanager und 1.Fachkräfte, was der Arbeitgeber unter Hinweis auf die von den Tarifpartnern vorgenommene Zuordnung ablehnte. Mit Schreiben vom 07.07.2006 benannte der Betriebsrat die strittigen Fälle, rügte, dass ohne Vorliegen der tatsächlichen Tätigkeitsbeschreibungen nicht geklärt werden könne, ob noch weitere strittige Fälle vorhanden seien, und erklärte bis dahin alle Fälle für strittig. Mit Schreiben vom 20.07.2006 legte der Arbeitgeber dem Betriebsrat Stellenbeschreibungen vor.

Am 16.08.2006 schlossen die Beteiligten eine weitere Regelungsvereinbarung (Anlage A 12, AS 143) folgenden Inhalts:

Regelungsvereinbarung in Ergänzung zur Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005

Betrifft: Überleitung in das Neue Vergütungssystem Boden

Gültig ab: 16.08.2006

Zuständig: FRA PD

Zwischen der D. AG, K. vertreten durch den Vorstand einerseits und dem Betriebsrat STR YX vertreten durch seine Vorsitzende andererseits werden in Ergänzung zur Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 folgende Regelungen zu Punkt 4 vereinbart:

1. Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens

Die Betriebspartner sind sich darin einig, dass eine Einigung hinsichtlich der Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort S. in das Neue Vergütungssystem Boden gemäß Punkt 4 der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 nicht erzielt wurde. Gemäß Punkt 4 der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 gilt daher die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als verweigert.

Die Geschäftsleitung wird demgemäß nach Punkt 4 der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 zeitnah, spätestens jedoch bis zum 31.12.2006, sämtliche Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht S. nach Maßgabe der in Punkt 2 und 3 dieser Absprache vereinbarten Regelungen einleiten.

2. Bildung von Fallgruppen im Zustimmungsersetzungsverfahren

Die Betriebspartner sind sich darin einig, dass das Zustimmungsersetzungsverfahren durch die Bildung von Fallgruppen (im Folgenden: Musterverfahren) administrativ vereinfacht und in einem beiderseits praktikablem Rahmen gehalten werden soll.

Beide Seiten werden sich zeitnah über die Bildung geeigneter Fallgruppen verständigen. Die in beiderseitigem Einvernehmen gebildeten Fallgruppen werden dann Bestandteil dieser Regelungsvereinbarung.

Die Betriebspartner sind sich darin einig, dass für diejenigen Fälle, in denen keine Einigung über die Bildung von Fallgruppen und die Zahl der zu führenden Musterprozesse erzielt werden kann, für jeden Mitarbeiter die Zustimmungsersetzung vor dem Arbeitsgericht S. eingeleitet werden muss. Der Betriebsrat S. wird bis spätestens 31.10.2006 sämtliche Fallgruppen abschließend mitteilen.

3. Anerkennung der Verfahren

Die Betriebspartner stimmen darin überein, dass die gerichtliche Entscheidung im Zustimmungsersetzungsverfahren zu einer vereinbarten Fallgruppe zugleich bindend für alle Einzelfälle der jeweiligen Fallgruppe ist.

4. Aussetzung der Verfahren nach § 101 BetrVG

Der Betriebsrat S. verpflichtet sich, für die Dauer, d.h. für die Zeit der Einleitung und Durchführung der Musterverfahren nach Punkt 1 bis 3 dieser Vereinbarung keine Verfahren nach § 101 BetrVG einzuleiten. Dies gilt auch für solche Verfahren, die nach Punkt 2 als gesonderte Einzelverfahren zur Zustimmungsersetzung geführt werden. Im Übrigen bleiben die Rechte des Betriebsrats unberührt.

5. Schlußbestimmungen

Diese Vereinbarung gilt für den Zuständigkeitsbereich des Betriebsrates S..

F., den 16.8.2006

FRA PD STR YX

i.V. K.Sch. C.F.

Daraufhin verständigten sich die Betriebsparteien auf entsprechende Fallgruppen und leiteten das vorliegende Verfahren ein.

Eine ausdrückliche schriftliche Mitteilung von Zustimmungsverweigerungsgründen im Sinne des § 99 Abs.2 BetrVG seitens des Betriebsrats an den Arbeitgeber erfolgte vor Einleitung dieses Verfahrens nicht.

Der Arbeitgeber ist der Auffassung, die Zustimmung des Betriebsrats zu den Umgruppierungen gelte bereits als erteilt, jedenfalls aber sei diese vom Arbeitsgericht zu ersetzen.

Zunächst sei festzuhalten, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet worden sei. Neben den im Schreiben vom 09.11.2005 genannten Anlagen sei eine erste Version der namentlichen Überleitungsliste am 11.11.2005 per Eilbrief an den Betriebsrat verschickt worden, am 15.02.2006 habe dieser lediglich eine nach Nachnamen sortierte neue Version der Liste erhalten, die von den Tarifpartnern und vom Arbeitgeber paraphiert gewesen sei. Damit habe der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet und diesen in die Lage versetzt, prüfen zu können, ob einer der Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs.2 BetrVG vorliege. Bei Massenumgruppierungen reiche es aus, wenn die einzelnen Arbeitnehmer genügend bezeichnet seien und erkennbar sei, wie diese in Zukunft eingruppiert würden. Mehr zu verlangen wäre Formalismus. Der Betriebsrat möge darlegen, weshalb er die Angabe des Alters und der Betriebszugehörigkeit für erforderlich erachte. Soweit er sich auf nicht aktuelle Stellenbeschreibungen berufe, sei darauf hingewiesen, dass diese nicht stetig angepasst würden, so dass es dem Arbeitgeber gar nicht möglich gewesen sei, aktuelle Tätigkeitsbeschreibungen vorzulegen. Im Übrigen entsprächen die neuen Tätigkeitsprofile dem aktuellen Stand. Unabhängig davon habe der Betriebsrat am 20.07.2006 die alten Stellenbeschreibungen erhalten. Zudem sei in der der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 vereinbart, dass mit Überreichung der Listen das Verfahren nach § 99 BetrVG eingeleitet worden sei. Der Betriebsrat könne sich angesichts dessen nicht mehr auf eine unzureichende Information durch den Arbeitgeber berufen.

Die Zustimmung des Betriebsrats gelte bereits nach § 99 Abs.3 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat habe entgegen seiner Verpflichtung weder im Schreiben vom 07.07.2006 noch in dem vom 24.10.2006 Zustimmungsverweigerungsgründe im Sinne des § 99 Abs.2 BetrVG genannt. Er beschränke sich lediglich auf den Hinweis, dass eine Einigung nicht erzielt worden sei und dass deswegen die Zustimmung als verweigert gelte. Erstmals genannt worden seien die Zustimmungsverweigerungsgründe in der Antragserwiderung in diesem Verfahren. Ein Nachschieben der Gründe sei aber nicht zulässig. Mit der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 sei nur eine Verlängerung der Frist vereinbart worden, nicht aber ein Verzicht auf die Benennung von Widerspruchgründen. Ein solcher Verzicht durch die Betriebsparteien sei im Übrigen nicht möglich.

Jedenfalls aber sei die Zustimmung nach § 99 Abs.4 BetrVG zu ersetzen. Die Zuordnung der im Antrag bezeichneten Arbeitnehmer stelle eine Rechtsanwendung auf Grundlage der geltenden Tarifverträge dar, der Betriebsrat habe grundsätzlich lediglich ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle des Vollzuges der Vereinbarungen der Tarifpartner. Ein Widerspruchsgrund im Sinne des § 99 Abs.2 BetrVG sei nicht ersichtlich. Die Betriebspartner seien hier an die tariflichen Vorgaben aus der Überleitungsliste gebunden.

Der Arbeitgeber hat erstinstanzlich beantragt,

die Zustimmung des Beteiligten zu 2 zur Umgruppierung der Frau I. W. in die Vergütungsgruppe F (Allrounder Vertrieb), des Herrn S. U. in die Vergütungsgruppe D (Professional Office), der Frau Ö. T. in die Vergütungsgruppe E (Allrounder Personal 1), der Frau C. B., der Frau R. J., der Frau H. K., des Herrn F. L., der Frau G. W. sowie der Frau U. B. alle in die Vergütungsgruppe E (Allrounder Planung 1), der Frau H. A. in die Vergütungsgruppe D (Professional Office), der Frau B. B. in die Vergütungsgruppe E (Allrounder Personal 1), der Frau D. H. in die Vergütungsgruppe F (Allrounder Operations 2), des Herrn R. H. in die Vergütungsgruppe D (Professional Operations 1), der Frau M. M. in die Vergütungsgruppe F (Allrounder Service 2), der Frau O. J. in die Vergütungsgruppe D (Professional Service 1) des Herrn W. L. in die Vergütungsgruppe E (Allrounder Disposition 1), der Frau A. Sch. in die Vergütungsgruppe D (Professional Disposition), der Frau B. H. in die Vergütungsgruppe D (Professional Disposition), der Frau M. H. in die Vergütungsgruppe F (Allrounder Service 2), der Frau S. Sch., der Frau S. H., des Herrn T. L. sowie des Herrn R. D. alle in die Vergütungsgruppe D (Professional Service 1), der Frau M. K. in die Vergütungsgruppe C (Professional Service 1), der Frau S. H. in die Vergütungsgruppe D (Professional Service 1) sowie der Frau H. B. in die Vergütungsgruppe C (Professional Service 1) nach Tarifvertrag Vergütungssystem Boden vom 30.11.2005 zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass die Zustimmung weder als erteilt gelte, noch sei diese vom Arbeitsgericht zu ersetzen.

Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Betriebsrat bislang noch nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 99 Abs.1 BetrVG unterrichtet worden sei. Mangels umfassender und rechtzeitiger Information habe die Anhörungsfrist deshalb nicht zu laufen begonnen. Die vom Arbeitgeber vorgelegten Listen genügten den Anforderungen des § 99 Abs.1 BetrVG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht. Der Betriebsrat habe sich aufgrund der ihm mitgeteilten Informationen deshalb kein umfassendes Bild über die Richtigkeit der vorgenommenen Umgruppierungen machen können. So sei es erforderlich, die Tätigkeit des jeweiligen Mitarbeiters im Einzelnen zu kennen. Die Nennung der bisherigen Planstelle genüge dazu nicht. Bei einer Planstelle sei nicht einmal sichergestellt, ob die tatsächlich innegehaltene Position des jeweiligen Mitarbeiters aufgelistet ist. Die mit dem Schreiben vom 09.11.2005 vorgelegten Unterlagen sowie die vorgelegte Überleitungsliste genügten nicht. Die nicht ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats ergebe sich auch daraus, dass nach dem eigenen Vortrag des Arbeitgebers die redaktionell endabgestimmte Fassung des TV VS Boden DLH und des VTV Nr.1 Boden DLH erst am 30.11.2005 unterzeichnet worden sei, selbst wenn das "Tarifergebnis Neues Vergütungssystem Boden DLH AG" am 08.04.2005 unterzeichnet und die TKM-Liste auf der ersten Seite paraphiert bzw. der Redaktionsstand der Tarifverträge am 07.11.2005 paraphiert gewesen sei. Zwischen Paraphierung und endgültiger Unterzeichnung des Tarifvertrages sei dieser an verschiedensten Stellen geändert worden. Zu einer umfassenden Unterrichtung gehöre auch, dass dem Betriebsrat die endgültige Version des Tarifvertrages vorgelegt werde, nicht irgendeine paraphierte "Zwischenversion". Ein endgültiger Tarifvertrag habe am 09.11.2005 noch nicht vorgelegen.

Die Zustimmung des Betriebsrats könne nicht wegen Versäumung der Wochenfrist als erteilt gelten. Die Betriebsparteien könnten durch Vereinbarung die Frist verlängern, lediglich das Fristende müsse eindeutig bestimmbar sein. Dies sei in der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 geschehen. Mit dem 30.06.2006 seien das Fristende und auch die Rechtsfolgen klar bestimmt.

Ferner gelte die Zustimmung des Betriebsrats auch nicht deswegen als erteilt, weil dieser keinen Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs.2 BetrVG benannt haben soll. Zwar bedürfe es grundsätzlich im Einzelnen der Benennung der Zustimmungsverweigerungsgründe. Die Betriebsparteien hätten aber in der Regelungsabrede vom 06.12.2005 eine anderweitige Vereinbarung getroffen. Danach gelte die Zustimmung bereits als verweigert, wenn zwischen den Betriebsparteien keine Einigung hinsichtlich der Eingruppierung zustande komme. Da unstreitig keine Einigung erzielt worden sei, gelte die Zustimmung als verweigert, was auch der Arbeitgeber in der Regelungsabrede vom 16.08.2006 zuerkannt habe. Wenn der Arbeitgeber sich nunmehr darauf berufe, dass der Betriebsrat jeweils einen konkreten Widerspruchsgrund habe darlegen müssen, widerspreche dies den eindeutigen Regelungen der beiden Regelungsabreden. Der Arbeitgeber verhalte sich insoweit zumindest treuwidrig. Im Rahmen der stattgefundenen Gespräche sei es um die korrekte Umgruppierung der einzelnen Mitarbeiter in den neuen Tarifvertrag gegangen, auch sei dem Arbeitgeber aus Gesprächen bezüglich der meisten Fallgruppen bekannt gewesen, warum der Betriebsrat seine Zustimmung verweigere. Allen Beteiligten sei der Widerspruchsgrund, nämlich der Verstoß der Umgruppierungen gegen tarifliche Bestimmungen, eindeutig erkennbar gewesen und dieser habe sich in den Regelungsabreden widergespiegelt.

Die Zustimmung sei auch nicht wegen einer Einschränkung des Mitbeurteilungsrechts aufgrund der tariflichen Überleitungslisten gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen. Eine solche Einschränkung gebe es nicht.

Mit Beschluss vom 03.07.2007 hat das Arbeitsgericht festgestellt , dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der bezeichneten Arbeitnehmer nach TV VS Boden DLH vom 30.11.2005 bereits nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt. Eine Prüfung einer Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG erübrige sich daher. Die Zustimmung des Betriebsrats zu den streitgegenständlichen Umgruppierungen gelte nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, da dieser nicht innerhalb der maßgeblichen Frist gegenüber dem Arbeitgeber seine Verweigerung schriftlich unter Angabe von Gründen im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG mitgeteilt habe. Die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG sei auch in Gang gesetzt worden, da der Betriebsrat vom Arbeitgeber ordnungsgemäß unterrichtet worden sei. Dies ergebe sich bereits daraus, dass in der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 die Bestimmung aufgenommen worden sei "das Verfahren nach § 99 BetrVG ist eingeleitet worden". In dieser Vereinbarung sei auch die gesetzliche Stellungnahmefrist nach § 99 BetrVG bis zum 31.03.2006 verlängert worden. Dies könne nur so verstanden werden, dass die Betriebsparteien übereinstimmend von einem Fristbeginn ausgegangen seien. Die Ergänzung zur Regelungsvereinbarung vom 16.08.2006 gehe von einem Fristablauf aus, welcher wiederum denknotwendig einen Fristbeginn voraussetze. Zwar müsse die Unterrichtung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG rechtzeitig und vollständig sein. Aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit folge jedoch, dass der Betriebsrat den Arbeitgeber auf etwaige Unzulänglichkeiten seiner Information hinweisen müsse und entsprechende Nachfragen zu stellen habe. Unterlasse er dies, könne er sich nach Fristablauf nicht darauf berufen, seine Zustimmung könne mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung nicht als ersetzt gelten.

Im vorliegenden Verfahren habe der Betriebsrat seine Zustimmung auch nicht unter Angabe der Zustimmungsverweigerungsgründe ordnungsgemäß verweigert. Mit der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 hätten die Betriebsparteien auch nicht wirksam auf eine schriftliche Zustimmungsverweigerung unter Angabe der Gründe verzichten können. Ein solcher Verzicht sei unwirksam. In der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 sei die gesetzliche Zustimmungsfiktion des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG durch das Gegenteil, eine Verweigerungsfiktion, ersetzt worden. Eine solche Abbedingung von organisatorischen Vorschriften des BetrVG liege aber nicht mehr in der Regelungsbefugnis der Betriebspartner. Eine solche Vereinbarung sei unwirksam. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben führe nicht dazu, dass die von den Betriebspartnern geschlossene Vereinbarung ungeachtet ihrer Gesetzeswidrigkeit zu berücksichtigen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Gegen diesen dem Betriebsrat am 04.07.2007 zugestellten Beschluss richtet sich dessen am 30.07.2007 eingelegte und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist ausgeführte Beschwerde des Betriebsrats. In der Beschwerdeinstanz vertieft der Betriebsrat seinen Vortrag. Er sei im Rahmen des § 99 Abs. 1 BetrVG nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden. Zur ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats an der Umgruppierung hätte es des Vorliegens eines ordnungsgemäß abgeschlossenen gültigen Tarifvertrages bedurft. Im Zeitpunkt des Anhörungsschreibens vom 09.11.2005 habe es jedoch lediglich einen paraphierten Redaktionsstand der Tarifverträge gegeben. Mangels eines gültigen Tarifvertrages hätten die Betriebsparteien deshalb nicht vereinbaren dürfen, dass das Verfahren nach § 99 BetrVG ordnungsgemäß eingeleitet worden ist. Der Betriebsrat könne auf seinen gesetzlichen Beteiligungsrechte nicht verzichten. Unter Verweis auf die Rechtsprechung ist der Betriebsrat der Auffassung, dass die Betriebsparteien die Wochenfrist einvernehmlich verlängern konnten, auch bis zum 30.06.2006. Die schriftliche Mitteilung von Verweigerungsgründen sei nicht erforderlich gewesen. Für den Arbeitgeber sei eindeutig erkennbar gewesen, dass der Betriebsrat seine Zustimmung wegen Verstoßes gegen den Tarifvertrag verweigere. Zumindest sei in der Vereinbarung vom 06.12.2005 wirksam auf eine schriftliche Zustimmungsverweigerung unter Angabe von Gründen verzichtet worden. Die Bestimmungen über die Mitwirkung des Betriebsrates seien nicht zwingend. Jedenfalls verstoße der Arbeitgeber mit der Ansicht, dass der Betriebsrat jeweils einen konkreten Widerspruchsgrund hätte darlegen müssen, gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Wegen des weiteren Vorbringens des Betriebsrats in der zweiten Instanz wird auf dessen Schriftsätze verwiesen.

Der Betriebsrat beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber verteidigt den angefochtenen Beschluss. Er ist der Auffassung, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet worden sei. Ein ordnungsgemäß abgeschlossener Tarifvertrag sei nicht erforderlich, es genüge jedes Vergütungssystem, das der Arbeitgeber habe anwenden wollen. Ein Verzicht auf die Angabe von Gründen in der Vereinbarung vom 06.12.2005 sei von den Betriebsparteien nicht gewollt gewesen. Auf die Benennung von Zustimmungsverweigerungsgründen hätten die Betriebsparteien auch nicht verzichten können. Die Umkehr der Zustimmungsfiktion in der Vereinbarung vom 06.12.2005 sei unwirksam. Bei der Vereinbarung einer Zustimmungsverweigerungsfiktion wäre ein Nachschieben von Gründen im arbeitsgerichtlichen Verfahren nämlich stets zulässig. Die Betriebsparteien hätten es dann in der Hand, den Prüfungsmaßstab der Arbeitsgerichtsbarkeit zu bestimmen. Im Übrigen diene die Norm des § 99 Abs. 3 BetrVG auch dem Schutz der Arbeitnehmer. Es sei auch unbeachtlich, dass die Betriebsparteien die Unwirksamkeit nicht gekannt hätten. Wegen des weiteren Vorbringens des Arbeitgebers in der zweiten Instanz wird auf dessen Schriftsätze verwiesen.

II.

1. Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und ausgeführte Beschwerde des Betriebsrats ist auch im Übrigen zulässig.

2. In der Sache hat die Beschwerde des Betriebsrats keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der bezeichneten Mitarbeiter gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt, da der Betriebsrat nicht innerhalb der zulässig verlängerten Frist gegenüber dem Arbeitgeber seine Verweigerung schriftlich unter Angabe von Gründen im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG mitgeteilt hat.

2.1 Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG in Gang gesetzt worden ist. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu den geplanten Umgruppierungen umfassend und rechtzeitig zu informieren. Der Umfang der vom Arbeitgeber geforderten Unterrichtung des Betriebsrats bestimmt sich nach dem Zweck der Beteiligung an der jeweiligen personellen Maßnahme. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat so unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe geltend gemacht werden kann. Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Informationspflicht, beginnt die Wochenfrist des Absatzes 3 nicht zu laufen und der Arbeitgeber darf die beabsichtigte personelle Maßnahme nicht durchführen (BAG 10.08.1993 - 1 ABR 22/93 - NZA 1994, 187).

Im vorliegenden Verfahren hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat mit E-Mail-Schreiben vom 09.11.2005 die zu diesem Zeitpunkt paraphierten und zum 01.12.2005 in Kraft tretenden Tarifverträge mit den Tätigkeitsprofilen und einer Überleitungsvereinbarung zugesandt. Die namentliche Überleitungsliste ist dem Betriebsrat aus Datenschutzgründen kurz danach in Papierform versandt worden. Damit sind dem Betriebsrat in diesem Zeitpunkt die erforderlichen und wesentlichen Informationen für eine Massenumgruppierung (in S. ca. 400 Fälle) zugeleitet worden. Wenn der Betriebsrat in diesem Zeitraum der Auffassung gewesen wäre, die zugeleiteten Informationen seien unvollständig, hätte er den Arbeitgeber darauf hinweisen und um Ergänzungen bitten müssen. Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nach § 2 BetrVG erfordert es, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber Mitteilung macht, wenn er für eine abschließende Stellungnahme noch weitere Informationen benötigt (BAG 14.03.1989 - 1 ABR 80/87 - AP Nr. 64 zu § 99 BetrVG 1972). Unterlässt er dies, kann er sich nach Fristablauf nicht darauf berufen, seine Zustimmung könne mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung nicht als ersetzt gelten bzw. nicht ersetzt werden.

Das Arbeitsgericht ist auch weiter zutreffend davon ausgegangen, dass beide Betriebsparteien von einer ordnungsgemäßen Information des Betriebsrates und damit einem Fristbeginn ausgegangen sind. Dies ergibt sich schon aus der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005, wo die Betriebsparteinen in der Präambel aufgenommen haben: "Dem Betriebsrat sind entsprechende Listen mit der für jeden Mitarbeiter vorgesehenen Eingruppierung überreicht und damit das Verfahren nach § 99 BetrVG eingeleitet worden". Weiter ist in Ziffer 1 dieser Regelungsvereinbarung enthalten, es bestehe "Einvernehmen, dass die gesetzliche Stellungnahmefrist nach § 99 BetrVG bis zum 31. März 2006 verlängert wird". Diese Bestimmungen können nur so verstanden werden, dass die Betriebsparteien übereinstimmend von einem Fristbeginn ausgegangen sind. Dies ergibt sich auch aus der Ergänzung zur Regelungsvereinbarung vom 16.08.2006. Dort haben die Betriebsparteien vereinbart, dass "gemäß Punkt 4 der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als verweigert gilt". Die Annahme einer Zustimmungsverweigerung setzt ebenfalls einen Fristbeginn voraus. Diese Erklärungen der Betriebsparteien zeigen - ungeachtet der Wirksamkeit - dass die Betriebspartner übereinstimmend von einem Fristbeginn und einem Fristablauf ausgegangen sind. Der Betriebsrat kann sich deshalb nunmehr nicht mehr darauf berufen, dass die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG gar nicht zu laufen begonnen hat.

2.2 Die Betriebsparteien haben die laufende Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG wirksam bis zum 30.06.2006 verlängern können.

Zunächst steht nach dem Beschwerdevorbringen des Betriebsrats, das im Beschwerdetermin unstreitig gestellt worden ist, fest, dass die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG am 06.12.2005 noch nicht abgelaufen war und es deshalb nicht auf die vom Arbeitsgericht vertiefte Erörterung ankommt, ob die Betriebsparteien eine abgelaufene Frist nachträglich verlängern konnten. Vorliegend kann auch dahinstehen, wann exakt die Frist in Gang gesetzt worden ist (mit Zugang der postalisch übermittelten namentlichen Überleitungsliste), da jedenfalls die Betriebsparteien die laufende Frist im E-Mail-Verkehr bis zum Abschluss einer Regelungsvereinbarung über eine Fristverlängerung verlängert haben. In dieser Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 haben die Betriebsparteien dann die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG bis letztlich zum 30.06.2006 verlängert.

Die erkennende Kammer ist der Auffassung, dass die Betriebsparteien im vorliegenden Massenumgruppierungsverfahren die Wochenfrist wirksam um über 6 Monate bis zum 30.06.2006 verlängern konnten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, ist die einvernehmliche Verlängerung der Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG durch die Betriebsparteien grundsätzlich zulässig (BAG 16.11.2004 - 1 ABR 48/03 - AP Nr. 44 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung, Gründe B II 2, ; Fitting BetrVG 24. Aufl., § 99 Rn. 266 m.w.N., a.A. Richardi-Thüsing, BetrVG, 10. Aufl., § 99 Rn. 257). Eine Frist, deren Beginn der Arbeitgeber weitgehend beeinflussen kann, dient nur dessen eigenen Interessen. Unter dieser Voraussetzung ist es dem Arbeitgeber nicht verwehrt, über den Beginn und/oder die Dauer der Frist Absprachen mit dem Betriebsrat zu treffen. Gesetzlich geschützte Belange der Arbeitnehmer werden dadurch nicht berührt. Zwar ging es in den vom Bundesarbeitsgericht bislang entschiedenen Fällen - soweit ersichtlich - nur um Fristverlängerungen von wenigen Tagen oder wenigen Wochen (BAG 17.05.1983 - 1 ABR 5/80; 22.10.1985 - ABR 42/84; 22.04.2004 - 8 ABR 10/03; 16.11.2004 - 1 ABR 48/03 - 03.05.2006 - 1 ABR 2/05). Auch wenn das Bundesarbeitsgericht von einem "beschleunigten innerbetrieblichen Verfahren" spricht (BAG 06.05.2006 - 1 ABR 2/05 - AP Nr. 31 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung), ist auch die einvernehmliche Verlängerung der Frist um mehrere Monate in einem Massenverfahren rechtlich nicht zu beanstanden. Die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG betrifft nämlich nur das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Das Fristende muss nur eindeutig bestimmbar sein. Auch kann die Frist nicht gänzlich aufgehoben werden.

Selbst wenn man sich der Rechtsansicht anschließt, dass die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auch die Rechtsstellung des einzelnen Arbeitnehmers betrifft (Richardi-Thüsing BetrVG, 10. Aufl., § 99 Rn. 258 m.w.N.), kann dies allenfalls bei einer Einstellung oder Versetzung in Betracht kommen, nicht jedoch bei einer Ein- oder Umgruppierung. Für den Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf das Entgelt derjenigen Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmalen seine Tätigkeit entspricht, ist es nämlich ohne Einfluss, ob der Betriebsrat im Sinne des § 99 BetrVG ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erschöpft sich hier in einer Richtigkeitskontrolle (BAG 03.05.2006 aaO).

2.3 Die Zustimmung des Betriebsrats gilt gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, da der Betriebsrat nicht innerhalb der bis zum 30.06.2006 zulässig verlängerten Frist gegenüber dem Arbeitgeber seine Verweigerung schriftlich unter Angaben von Gründen im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG mitgeteilt hat. Die Verweigerung der Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme hat schriftlich zu erfolgen. Sie ist für die Zustimmungsverweigerung eine Wirksamkeitsvoraussetzung (BAG 24.07.1979 - 1 ABR 78/77 - AP Nr. 11 zu § 99 BetrVG 1972). Die Zustimmungsverweigerungserklärung des Betriebsrats muss mit Gründen versehen sein. Eine Zustimmungsverweigerung ohne Begründung ist rechtsunwirksam erklärt (BAG 18.07.1978 - 1 ABR 43/75 - AP Nr. 1 zu § 101 BetrVG 1972). Der Betriebsrat muss die Zustimmungsverweigerung mit dem Vorliegen eines in Absatz 2 genannten Tatbestandes begründen. Da er lediglich ein Mitbestimmungsrecht in der Form des beschränkten Konsensprinzips hat, verlangt das Gesetz, dass er die Gründe angibt, aus denen er seine Zustimmung zu der personellen Einzelmaßnahme verweigert. Eine Zustimmungsverweigerung ist nicht mehr Ausübung des Mitbestimmungsrechts, wenn der Betriebsrat nicht angibt, aus welchem Grund er seine Zustimmung verweigert oder andere als im Katalog des Absatzes 2 aufgeführte Gründe nennt. Die vom Betriebsrat für die Verweigerung seiner Zustimmung vorgetragene Begründung muss es als möglich erscheinen lassen, dass einer der in Absatz 2 abschließend genannten Zustimmungsverweigerungsgründe geltend gemacht wird (BAG 26.01.1988 - 1 AZR 531/86 - AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972). Für die Wirksamkeit der Zustimmungsverweigerung ist deshalb keine Voraussetzung, dass die Begründung des Betriebsrats für das Vorliegen eines Zustimmungsverweigerungsgrundes schlüssig ist; es genügt, dass sie einen Bezug zu einem der in Absatz 2 genannten Tatbestände hat (BAG 18.07.1978, a.a.O.). Nach Ablauf der Wochenfrist oder einer zulässig verlängerten Frist gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat keine neuen Zustimmungsverweigerungsgründe nachschieben (BAG 15.04.1986 - 1 ABR 55/84 - AP Nr. 36 zu § 99 BetrVG 1972; vgl. zum Vorstehenden Richardi-Thüsing, BetrVG, 10. Auflage, § 99 Rdnrn. 263 ff.; Fitting, BetrVG, 24. Auflage, § 99 Rdnrn. 260 ff.). Im vorliegenden Verfahren hat der Betriebsrat nicht bis zum 30.06.2006 (und auch nicht danach) schriftlich seine Zustimmung unter Angabe der Zustimmungsverweigerungsgründe verweigert. Der Vortrag des Betriebsrates in diesem förmlichen Verfahren, dass dem Arbeitgeber die Verweigerungsgründe aus Gesprächen "in den meisten" Fallgruppen bekannt gewesen seien, ist demgemäß irrelevant.

Die in Nr. 4 der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 enthaltene Zustimmungsverweigerungsfiktion und letztlich der Verzicht auf die Angabe von Zustimmungsverweigerungsgründen ist unwirksam. Die Betriebsparteien haben in dieser Regelungsvereinbarung nicht nur eine sehr weitgehende Verlängerung der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG vereinbart, sondern für die nicht einvernehmlich geregelten Fälle nach Ablauf der verlängerten Frist eine Zustimmungsverweigerungsfiktion. Da nach dieser Vereinbarung die Zustimmung ohne eine Äußerung des Betriebsrats als verweigert gilt, haben die Betriebsparteien damit letztlich einen Verzicht auf die Darlegung von Verweigerungsgründen vereinbart.

Wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, haben die Betriebsparteien damit die gesetzliche Zustimmungsfiktion des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG durch das Gegenteil ersetzt. Sie haben deshalb eine organisatorische Vorschrift des Betriebsverfassungsgesetzes abbedungen. Zu einer derart grundlegenden Umgestaltung des Mitbestimmungsverfahrens bei personellen Einzelmaßnahmen sind die Betriebsparteien indessen nicht befugt (vgl. LAG Sachsen 08.08.1995 - 8 TaBV 19/94 - NZA-RR 1996, 331).

Im gleichen Abschnitt des Betriebsverfassungsgesetzes hat der Gesetzgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ausspruch von Kündigungen (§ 102 Abs. 1 BetrVG) in § 102 Abs. 6 BetrVG dahingehend erweitert, dass die Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung die Wirksamkeit einer Kündigung von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig machen können. Durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung kann damit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim Ausspruch von Kündigungen erheblich erweitert werden. Eine solche Möglichkeit der Erweiterung einer organisatorischen Vorschrift des Betriebsverfassungsgesetzes fehlt in § 99 BetrVG. Schon dies macht deutlich, dass die Betriebsparteien § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht in das Gegenteil umgestalten dürfen.

Zum anderen haben die Betriebsparteien mit der Regelungsvereinbarung gegen das gesetzliche Erfordernis verstoßen, dass der Betriebsrat im Falle einer Zustimmungsverweigerung die maßgeblichen Gründe mitteilen muss. Tritt nach dieser Regelungsvereinbarung die Zustimmungsverweigerung schon bei Fristablauf ein, so bedarf es nicht der Mitteilung von Verweigerungsgründen. Nach der Vorstellung der Betriebsparteien könnte der Betriebsrat die Verweigerungsgründe dann erstmalig im arbeitsgerichtlichen Verfahren vorbringen (wie im vorliegenden Verfahren in der Antragserwiderung des Betriebsrates vom 26.02.2007). Wenn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter Hinweis auf die Förmlichkeit des Verfahrens nach § 99 Abs. 3 BetrVG schon ein Nachschieben von Verweigerungsgründen im Beschlussverfahren unzulässig ist (BAG 03.07.1984 - 1 ABR 74/82; 15.04.1986 - 1 ABR 55/84 - AP Nr. 20 und 36 zu § 99 BetrVG 1972), so ist erst recht das erstmalige Vorbringen von Verweigerungsgründen im Beschlussverfahren unzulässig. Das "beschleunigte innerbetriebliche Verfahren" wäre weitgehend zweckentfremdet und würde ins arbeitsgerichtliche Verfahren verlagert. Die Betriebsparteien könnten dann den Prüfungsmaßstab der Arbeitsgerichtsbarkeit bestimmen.

Die in Nummer 4 der Regelungsvereinbarung vom 06.12.2005 enthaltene Zustimmungsverweigerungsfiktion ist demgemäß unwirksam. Rechtsfolge der Unwirksamkeit ist, dass sich das Zustimmungsverfahren nach den gesetzlichen Vorschriften richtet. Mangels einer schriftlichen Mitteilung von Zustimmungsverweigerungsgründen innerhalb der verlängerten Frist gilt die Zustimmung zur Umgruppierung der im Antrag genannten Mitarbeiter gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt.

2.4 Das Arbeitsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass die Berücksichtigung der Unwirksamkeit der in Nummer 4 der Regelungsvereinbarung enthaltenen Zustimmungsverweigerungsfiktion nicht gemäß § 242 BGB ausgeschlossen ist. Die Beachtung der in § 99 Abs. 3 BetrVG geforderten Form und Frist ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) führen jedoch nicht dazu, dass die von den Betriebspartnern geschlossene Vereinbarung ungeachtet ihrer Gesetzeswidrigkeit zu berücksichtigen ist. Zunächst ist ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers im vorliegenden Verfahren nicht erkennbar. Der Arbeitgeber hat sich im gesamten Verfahren nicht auf die Unwirksamkeit der Regelungsvereinbarung berufen, sondern lediglich darauf, dass in dieser kein Verzicht auf die schriftliche Mitteilung der Gründe der Zustimmungsverweigerung enthalten ist. Auch nach der Beschwerdeverhandlung ist für die erkennende Kammer nicht klar, warum die Betriebsparteien im vorliegenden Massenumgruppierungsverfahren nicht einfach die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG großzügig verlängert, sondern - entgegen dem Gesetz - eine Zustimmungsverweigerungsfiktion vereinbart haben. Der Arbeitgeber hat in der mündlichen Verhandlung angedeutet, dass man damit dem Betriebsrat entgegenkommen wollte. Der Betriebsrat hat weder dargetan noch ist es ersichtlich, dass die Vereinbarung einer Zustimmungsverweigerungsfiktion in Nummer 4 der Regelungsvereinbarung vom Arbeitgeber ausgegangen ist und der Betriebsrat demgemäß auf die Wirksamkeit dieser Vereinbarung vertrauen durfte. Vielmehr sind beide Parteien - der Arbeitgeber zumindest vorgerichtlich - von der Rechtmäßigkeit ihres Tuns ausgegangen. Das Vertrauen des Betriebsrats auf die Wirksamkeit der Regelungsvereinbarung in Nummer 4 ist deshalb nicht schutzwürdig. Der Betriebsrat musste sich selbst über die rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung Klarheit verschaffen. Beim vorliegenden Sachverhalt durfte der Betriebsrat - vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorschrift, der dazu ergangenen Rechtsprechung und den entsprechenden Kommentierungen - nicht auf die Wirksamkeit einer Vereinbarung vertrauen, die die gesetzliche Lage in das Gegenteil verkehrt. Die Unwissenheit der Betriebsparteien kann nicht dazu führen, dass eine gesetzeswidrige Vereinbarung wirksam ist (vgl. LAG Sachsen 08.08.1995 aaO).

3. Das Verfahren ist gemäß § 2 Abs. 2 GKG gerichtskostenfrei.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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