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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 30.04.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 11/09
Rechtsgebiete: TVöD


Vorschriften:

TVöD § 20
TVöD § 33 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung beider Parteien gegen das Urteil der 2. Kammer des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 27. August 2008 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 3/4 und dem Beklagten zu 1/4 auferlegt.

3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Gebührenstreitwert im zweiten Rechtszug: 9.185,05 EUR

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, nach welcher Stufe der Entgeltgruppe 9 die Klägerin für die Zeit vom 01. November 2007 bis zum 31. Mai 2008 Entgelt zu beanspruchen hatte, sowie weiter um die Frage, ob der Beklagte gegen - als solche unstreitige - Vergütungsansprüche der Klägerin für die Monate April und Mai 2008 mit einem Anspruch auf teilweise Rückzahlung einer für das Jahr 2007 geleisteten Jahressonderzahlung aufrechnen durfte.

Die am 06. Oktober 1942 geborene Klägerin stand bei dem beklagten Landkreis in einem langjährigen Arbeitsverhältnis. Zuletzt war sie bei der A. im Hohenlohekreis als Fallmanagerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der "Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst" jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme in der für die kommunalen Arbeitgeber maßgeblichen Fassung (TVÖD-VKA) Anwendung. Darüber hinaus war die Klägerin bis Ende des Jahres 2005, nicht jedoch in den Jahren 2006 und 2007, Mitglied einer an der Vereinbarung des TVöD beteiligten Gewerkschaft. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete gemäß § 33 Abs. 1a TVÖD zum 31. Oktober 2007, weil die Klägerin am 06. dieses Monats das 65. Lebensjahr vollendet hatte. In der Zeit bis zum 31. Oktober 2007 erhielt die Klägerin zuletzt Vergütung nach Entgeltgruppe 9, Stufe 6 TVÖD-VKA. Seit 01.November 2007 bezieht sie gesetzliche Altersrente.

Bereits am 20. Juli 2007 hatte die Klägerin bei dem beklagten Landkreis den Antrag gestellt, nach Eintritt in den Ruhestand weiterhin als Fallmanagerin beschäftigt zu werden. Dieser bot der Klägerin am 26. Juli 2007 einen neuen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01. November 2007 bis zum 31. Mai 2008 mit einer Vergütung in Entgeltgruppe 9, Stufe 2 TVÖD an. Dieses Angebot beruht auf dem Entschluss des beklagten Landkreises, wie er sich aus der Verfügung des Vertreters des Beklagten vom 02.10.2007 (Anl. A1 - BI. 6 der Akte des Arbeitsgerichts) ergibt. An eben diesem Tag unterzeichneten die Parteien den für die Zeit vom 01. November 2007 bis zum 31. Mai 2008 schriftlich abgefassten befristeten Arbeitsvertrag (Anl. A2 - BI. 7 bis 9 der Akte des Arbeitsgerichts). Unter § 4 des Arbeitsvertrags wird bestimmt, die Klägerin sei in der Entgeltgruppe 9 "eingruppiert (§ 17 TVÜ-VKA)". Für die Dauer dieses Vertrags entrichtete der beklagte Landkreis Vergütung nach Entgeltgruppe 9, Stufe 2 TVÖD; der monatliche Unterschiedsbetrag im Vergleich zur früheren Vergütung nach Entgeltgruppe 9, Stufe 6 TVÖD beläuft sich auf 980,57 EUR, für 7 Monate mithin 6.883,99 EUR.

Im Dezember 2007 zahlte der beklagte Landkreis an die Klägerin eine Jahressonderzahlung auf der Basis des von der Klägerin im Monat September 2007 bezogenen Gehaltes (Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVÖD), bezogen auf eine ganzjährige Beschäftigung im Jahr 2007. Mit Schreiben vom 08.04.2008 (Anl. A4 - Bl. 13/14 der Akte des Arbeitsgerichts) teilte der beklagte Landkreis mit, dass der Anspruch der Klägerin auf Jahressonderzahlung für 2007 lediglich 305,33 EUR betrage, und forderte den aus seiner Sicht zu Unrecht geleisteten Mehrbetrag in Höhe von 2.321,09 EUR zurück. Mit weiterem Schreiben vom 14.04.2008 (Anl. A5 - BI. 15 der Akte des Arbeitsgerichts) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er den überzahlten Betrag unter Beachtung der Pfändungsfreigrenzen vom Vergütungsanspruch der Klägerin für die Monate April und Mai 2008 in Abzug bringen werde. Demzufolge behielt der beklagte Landkreis von der Vergütung der Klägerin für den Monat April 2008 1.165,40 EUR netto und von der Vergütung für den Monat Mai 2008 1.155,68 EUR netto ein.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin für die Zeit vom 01. November 2007 bis zum 31. Mai 2008 eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9, Stufe 6 TVÖD sowie die für April und Mai 2008 einbehaltenen Nettobeträge. Sie hat die Auffassung vertreten, im Rahmen der befristeten Weiterbeschäftigung nach § 33 Abs. 5 TVÖD habe sie einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 6 TVÖD. § 33 TVÖD enthalte keine Öffnungsklausel, weshalb die Vorschriften des TVÖD weiterhin anwendbar seien. Eine Abgruppierung in die Entgeltgruppe 9, Stufe 2 TVÖD sei daher nicht zulässig. Die Auszahlung der vollen Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 auf der Basis des Septembergehaltes 2007 sei zu Recht erfolgt und nach § 20 TVÖD begründet. Die Voraussetzungen für eine Kürzung der Jahressonderzahlung auf 2/12 auf der Basis des Novembergehaltes sei nicht zulässig.

Die Klägerin hat folgende Anträge gestellt:

1. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.11.2007 bis zum 31.05.2008 nach der Vergütungsgruppe 9, Stufe 6 TVÖD zu vergüten und die anfallenden monatlichen Brutto-Nachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen 9, Stufe 2 TVÖD und 9 Stufe 6 TVÖD beginnend mit dem 01.11.2007 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 2.321,08 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus EUR 1.165,40 seit 01.05.2008 und aus EUR 1.155,68 seit 01.06.2008 netto zu bezahlen.

Der beklagte Landkreis hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, das gemäß § 33 Abs. 5 TVÖD begründete befristete Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 01. November 2007 bis zum 31. Mai 2008 stelle rechtlich nicht eine Fortsetzung des infolge der tariflichen Altersbefristung beendeten, sondern ein neues Arbeitsverhältnis dar. Es handele sich deshalb um eine Neueinstellung mit der Folge der Anwendung des § 16 Abs. 2 S. 2 TVÖD hinsichtlich der dort geregelten Stufenzuordnung. Danach habe die Einstellung in die Stufe 2 erfolgen müssen, nachdem die Klägerin über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr verfügt habe. Die im Jahr 2007 geleistete Jahressonderzahlung in Höhe von EUR 2.626,42 sei mit einem Betrag von EUR 2.321,09 überzahlt gewesen. Die Zeiten des am 31. Oktober 2007 beendeten Arbeitsvertrages könnten nach § 20 TVÖD nicht berücksichtigt werden. Maßgeblich sei allein das für die Zeit ab 01. November 2007 begründete neue Arbeitsverhältnis, weshalb die Klägerin Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für 2007 lediglich im Umfang von 2/12 auf der Basis des Novembergehaltes habe.

Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil der Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit der Berufung, mit der sie ihre Anträge, soweit sie im ersten Rechtszug erfolglos geblieben waren, seitens der Klägerin also der Klageantrag zu 1, seitens des Beklagten der Abweisungsantrag bezüglich des Klageantrags zu 2, nebst ihrer bereits erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung weiterverfolgen, wohingegen sie jeweils um die Zurückweisung der Berufung der Gegenseite bitten.

Wegen des Vortrags der Parteien in seinen Einzelheiten wird auf den Inhalt ihrer im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze sowie des angefochtenen Urteils, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe: Die an sich statthafte und auch sonst zulässige Berufung beider Parteien ist jeweils in der Sache nicht gerechtfertigt. Auch nach diesseitiger Auffassung ist der Klageantrag zu 1 (Berufung der Klägerin) unbegründet, der Klageantrag zu 2 (Berufung des Beklagten) jedoch begründet.

1. Berufung der Klägerin

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO besteht. Denn dieses ist nur eine Sachurteilsvoraussetzung für die begründete Klage (BAG, Urteil vom 30. Januar 2002 - 10 AZR 8/01 - n.v./juris). Sie ist aber unbegründet. Der Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD besteht nicht.

Zweifelhaft ist, ob dies schon deshalb der Fall sein könnte, weil die Parteien im Arbeitsvertrag etwa vereinbart hätten, dass die Vergütung für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses sich lediglich nach Stufe 2 dieser Entgeltgruppe bemessen soll. Zwar ist unter § 4 des Arbeitsvertrags nur die Entgeltgruppe 9 und nicht die Stufe bezeichnet. Allerdings ist in der Verfügung vom 02.10.2007 (Anl. A1) ausdrücklich darauf abgehoben, dass die Zuordnung nach Stufe 2 beabsichtigt sei, weil bei "regulärem Renteneintritt wohl eine Nachfolgekraft in EGr. 9, Stufe 2 eingestellt werden könnte". Dieser Umstand könnte bei der Auslegung der Vergütungsvereinbarung zu berücksichtigen sein. Allerdings ist die in § 60 Abs. 2 Satz 2 BAT nach altem Tarifrecht vorgesehene Abdingbarkeit der tariflichen Bestimmungen in § 33 TVöD nicht übernommen worden. Sollte aber in der Vertragsvereinbarung eine Abweichung vom Inhalt des Tarifvertrags zu Ungunsten der Klägerin enthalten sein, wäre diese gemäß § 4 Abs. 3 TVG nur dann nicht zu beachten, wenn Tarifbindung im Sinne des § 3 TVG bestünde. Eine solche ist aber nach § 3 Abs. 3 TVG für die Klägerin ab Ende des Jahres 2005 anzunehmen. Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, dass dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Anwendung eines Tarifvertrags vereinbaren, in der Regel davon auszugehen ist, dass etwaige Festlegungen insbesondere hinsichtlich der Vergütungsgruppen keinen konstitutiven Charakter haben, sondern vielmehr lediglich zum Ausdruck bringen sollen, welcher Inhalt nach Auffassung der Parteien die einschlägigen tariflichen Normen beizulegen ist (vgl. zur Auslegung einer solchen Vereinbarung etwa BAG, Urteil vom 12. März 2008 - 4 AZR 67/07 - ZTR 2008, 604 ff mit Hinweisen auf die weitere Rechtsprechung). Vorliegend könnte jedoch insofern etwas anderes gelten, als es dem Beklagten gerade darauf ankam, die Klägerin für die Dauer des befristeten Anschlussvertrages nicht besser zu stellen, als wenn eine Neueinstellung eines jüngeren Arbeitnehmers zu erfolgen hätte. Dies ergibt sich aus der von der Klägerin als Anl. A1 vorgelegten Verfügung des Landratsamts vom 02.10.2007. Aus ihr wird ersichtlich, dass der Beklagte das Ziel verfolgte, die finanzielle Belastung auf Grund der weiteren Tätigkeit der Klägerin so zu reduzieren, als ob eine Nachfolgekraft in Entgeltgruppe 9 Stufe 2 eingestellt werden könnte. Das Angebot des Beklagten zu diesen Vertragsbedingungen erfolgte deshalb bewusst mit diesem Inhalt und nicht allein deshalb, weil er Auffassung war, er müsse bereits im Wege des Tarifvollzugs eine Vergütung lediglich aus Stufe 2 der Entgeltgruppe 9 an die Klägerin leisten. Im Vertrag selbst aber kommt dies nicht mehr zum Ausdruck. Dieser Punkt wurde offen gelassen, sodass es auch unter diesem Gesichtspunkt auf die Tarifauslegung ankäme. Ob eine solche Vereinbarung aber gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstieße oder seine Rechtfertigung in § 10 AGG finden könnte, muss nicht weiter geprüft werden, denn die Verfahrensweise des Beklagten ist konform mit den einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen. Die Rechtsauffassung des Beklagten und des Arbeitsgerichts trifft auch nach diesseitiger Ansicht in diesem Punkt zu.

Zunächst ist vom Wortlaut der Tarifbestimmung auszugehen. Dieser ist eindeutig. Es ist nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Vollendung des 65. Lebensjahres ein neuer Arbeitsvertrag zu schließen, wenn der Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf das Erreichen des Rentenalters weiter beschäftigt werden soll (§ 33 Abs. 5 TVöD). Eine bloße Verlängerung des Vertrags kommt nicht in Betracht. Über den Wortlaut hinaus spricht auch die Tarifgeschichte für diese Auslegung. § 33 Abs. 5 TVöD ist die Nachfolgevorschrift des § 60 Abs. 2 S. 1 BAT. Allerdings konnten danach die tariflichen Vorschriften auch bei Tarifbindung beider Parteien zu Ungunsten des jeweiligen Arbeitnehmers verändert werden. Diese Möglichkeit besteht nach § 33 Abs. 5 TVöD nicht mehr. Die Diskontinuität der Arbeitsverhältnisse zeigt sich aber über den Wortlaut hinaus noch daran, dass eine kürzere Kündigungsfrist gelten soll. Dabei ist zu beachten, dass die Regelung, dass ein neuer Arbeitsvertrag abzuschließen ist, darauf beruht, dass die Tarifvertragsparteien sich schon durch frühere tarifliche Bestimmungen von dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 03. Februar 1975 (5 AZR 159/74 - AP Nr. 1 zu § 63 MTL II) absetzen wollten und klargestellt hatten, dass es sich bei der Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses über die Vollendung des 65. Lebensjahrs hinaus nicht um eine bloße Verlängerung und rechtliche Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses handeln sollte, sondern das Erfordernis einer völligen Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses begründet wurde (vgl. z.B. Sponer/Steinherr, TVöD § 33 Rn. 186; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT § 60 Rn. 19). Dies beruht auf deren Auffassung, solche Arbeitsverhältnisse seien sozial nicht erwünscht. Dieser Zweckrichtung des früheren § 60 Abs. 2 S. 1 BAT folgt auch § 33 Abs. 5 TVöD, wie sich aus dem insoweit übereinstimmenden Wortlaut und der Tatsache, dass eine kürzere Kündigungsfrist gelten soll, ergibt. Für diese Frage kommt es deshalb nicht mehr darauf an, ob sich das Tätigkeitsgebiet, die Vergütung oder sonstige Umstände, die für das Arbeitsverhältnis prägend sind, geändert haben oder identisch geblieben sind.

Handelt es sich aber bei der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses mangels Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses um eine Neu-Einstellung, ist, wovon das Arbeitsgericht und zuvor der Beklagte zu Recht ausgegangen sind, für die Frage der Zuordnung zu einer Stufe der Entgeltgruppe 9 § 16 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbs. TVöD-VKA einschlägig. Daraus folgt, dass die Klägerin zutreffend der Stufe 2 zugeordnet worden ist, weil der zweite Halbsatz dieser Norm zeitlich noch nicht eingreift. Absatz 2a wurde erst durch § 1 Nr. 7 des 2. Änderungs-TV vom 31. März 2008 mit Wirkung vom 01. Januar 2008 eingefügt, ist also ebenfalls für das Arbeitsverhältnis der Klägerin, das schon im Jahr 2007 begründet wurde, nicht einschlägig. Darüber hinaus gewährt diese Vorschrift auch keinen Anspruch, da sie nur eine Kannbestimmung zu Gunsten des Arbeitgebers enthält. Eine Verpflichtung, solche Zeiten bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen, bestünde nach dieser Vorschrift ebenfalls nicht (so schon für § 21a Abs. 2 BMT-G II Scheuring/Lang/Hoffmann, BMT-G § 21a Erl. 6). Eine solche Bestimmung gibt dem Arbeitgeber unter haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten und solchen einer Gleichbehandlung einen Spielraum, schafft aber keinen Anspruch zugunsten des Arbeitnehmers. Damit hat das Arbeitsgericht die Klage in diesem Punkt zu Recht abgewiesen.

2. Berufung des Beklagten

Auch diese ist zulässig, jedoch ebenfalls in der Sache nicht gerechtfertigt. Der Gehaltsanspruch der Klägerin ist in Höhe der Beträge, mit denen der Beklagte aufgerechnet hat, nicht nach § 389 BGB erloschen. Die Aufrechnung war zwar im Hinblick auf § 394 BGB in Verbindung mit §§ 850 ff. ZPO zulässig, die zur Aufrechnung gestellte Forderung bestand aber nicht. Die Klägerin war durch diese Leistung nicht ungerechtfertigt bereichert im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Eine andere Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich.

Im Unterschied zur Zuwendung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BAT ZuwendungsTV ist für die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD nicht mehr Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis seit 01. Oktober des fraglichen Jahres ununterbrochen zu einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes besteht oder aber sechs Monate zum selben Arbeitgeber bestanden hat. Dem Grunde nach wird der Anspruch durch das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses am 01. Dezember des Jahres ausgelöst. Darüber besteht vorliegend kein Streit. Ob auch ein Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ausreichen könnte, ist hier nicht zu erörtern. Es geht ausschließlich um Dienstzeiten, die die Klägerin unstreitig beim Beklagten zugebracht hat.

Für die Höhe des Anspruchs sind ähnlich der Regelung nach § 2 Abs. 1 und 2 ZuwendungsTV zwei Komponenten maßgeblich: Zum einen kommt es darauf an, welche Bemessungsgröße heranzuziehen ist (§ 20 Abs. 2 TVöD), zum anderen darauf, ob ein voller Anspruch oder nur ein anteiliger Anspruch entsteht, abhängig von der Zahl der Monate, in denen im Kalenderjahr der Arbeitnehmer Entgelt zu beanspruchen hatte (Abs. 4). Die Höhe des Anspruchs bestimmt sich nach der durchschnittlichen Höhe des Entgelts in den Monaten Juli bis September, wobei die im September maßgebliche Entgeltgruppe den Bemessungssatz bestimmt. Nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis erst nach dem 30. September begonnen hat, tritt nach Abs. 2 Satz 3 der erste volle Kalendermonat an die Stelle des vorgenannten Bemessungszeitraums. Der so errechnete Anspruch vermindert sich anteilmäßig um die Monate, für die der Arbeitnehmer im Kalenderjahr kein Entgelt bezogen hat. Die Frage, ob ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist kein Tatbestandsmerkmal für die Höhe des Anspruchs. Für die Berücksichtigung der Monate Januar bis Oktober 2007 genügt es, dass die Klägerin in diesen Monaten vom Beklagten Entgelt zu beanspruchen hatte (vgl. Sponer/Steinherr, TVöD § 20 Rn. 49). Die vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung kann sich somit nicht auf die Frage beziehen, ob die Klägerin Anspruch auf die volle tarifliche Sonderzahlung hat, sondern nur darauf, ob die Höhe der Sonderzahlung aus der Durchschnittsvergütung der in § 20 Abs. 1 Satz 2 TVöD genannten Monate errechnet wird, oder, weil es sich vorliegend um ein Arbeitsverhältnis gehandelt haben könnte, das nach dem 30. September begonnen hat (Satz 3), aus der Höhe des Entgelts für den ersten vollen Kalendermonat im neu begründeten Arbeitsverhältnis. Aus den vom Beklagten zu Unrecht für seine Behauptung, die ersten 10 Monate des Jahres 2007 seien unberücksichtigt zu lassen, herangezogenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 12. November 1987 (6 AZR 762/85 - ZTR 1988, 430) und vom 20. Dezember 1995 (10 AZR 968/94 - AP Nr. 13 zu §§ 22, 23 BAT Zuwendungs-TV) wurde nach altem Tarifrecht darauf abgestellt, inwieweit ein innerer Zusammenhang zwischen dem alten und dem neuen Arbeitsverhältnis bestand. War dieser Zusammenhang abzulehnen, erfolgte die Berechnung des Ausgangsbetrags nicht nach einem Referenzzeitraum aus der Vergangenheit, sondern nach den aktuellen, in den dortigen Streitfällen niedrigeren Bezügen. Eine Kürzung auf die anteilige Zeitdauer, die das neubegründete Arbeitsverhältnis bestand, wurde nicht in Betracht gezogen. Jedenfalls dann, wenn sich die Arbeitsverhältnisse nahtlos aneinander anschließen, gibt es keinen sachlichen Grund, die im früheren Arbeitsverhältnis zugebrachte entgeltpflichtige Dienstzeit zu negieren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Jahressonderzahlung, die keine Betriebsbindung mehr für die Zukunft voraussetzt, offenbar die Diensttreue in der Vergangenheit honorieren will. Das gilt aber dann auch für die Zeiten, die die Klägerin im vorangegangenen Arbeitsverhältnis zugebracht hat.

Hat die Klägerin nach allem in allen Kalendermonaten des Bezugsjahrs Entgelt vom Beklagten bezogen, sodass sie Anspruch auf die Sonderzahlung in voller Höhe hatte, ist die Leistung auch nach Abs. 2 Satz 1 und 2 zu berechnen. Die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, dass das Rundschreiben der VKA vom 16. Mai 2007 (R 149/2007) zur Durchführung der Jahressonderzahlung (§ 20 TVöD) ab 2007, berichtigt durch Rdschr. vom 12.6.2007 - R 182/2007, für die Frage der Anrechenbarkeit der gesamten Dienstzeit der Klägerin im Jahr 2007 unter Nr. 1.3 ("Unschädlich ist hingegen, wenn im unmittelbaren Anschluss an ein zunächst befristetes Arbeitsverhältnis ein erneutes Arbeitsverhältnis beim selben Arbeitgeber begründet wird") einen Sachverhalt beschreibt, der mit dem vorliegenden übereinstimmt, wird vom Beklagten zu Unrecht in Frage gestellt. Denn auch die Festlegung einer tariflichen Altersgrenze ist nichts anderes als eine Zeitbefristung des Arbeitsverhältnisses, die allerdings nicht von den Parteien des Arbeitsvertrags, sondern von den Tarifvertragsparteien als regelmäßige äußere Grenze für die Dauer des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde. Vorliegend wurde die Klägerin nach dem 31. Oktober 2007 mit denselben Arbeitsaufgaben beschäftigt wie vorher und nach derselben Entgeltgruppe bezahlt. Es änderte sich bezüglich der wesentlichen Umstände, unter denen die beiderseitigen Leistungen zu erbringen waren, nichts, was für die Annahme hätte Anlass bieten können, es handele sich um ein grundsätzlich andersartiges Arbeitsverhältnis, wie es bei den oben zitierten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts der Fall war. Nur dann wäre in Erwägung zu ziehen gewesen wäre, entsprechend der Auslegung der Regelungen des § 2 ZuwendungsTV durch das Bundesarbeitsgericht das Entgelt der Klägerin im Monat November 2007 als Bezugsgröße für den Anspruch zu nehmen.

Nach allem war die geleistete Sonderzahlung der Höhe nach, die rechnerisch unstreitig ist, nicht ohne Rechtsgrund geleistet, sodass die Aufrechnung des Beklagten die fraglichen Vergütungsansprüche der Klägerin nicht zum Erlöschen brachte.

Das Arbeitsgericht hat der Klägerin auch zu Recht Verzugszinsen zugesprochen. Insoweit wird auf dessen Ausführungen in den Entscheidungsgründen Bezug genommen.

3. Nach allem sind die Berufungen beider Parteien zurückzuweisen. Deshalb haben sie anteilig die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 ZPO).

Mit Rücksicht auf § 63 Abs. 2 GKG ist der Gebührenstreitwert nach Abschluss der Instanz festzusetzen. Der vom Arbeitsgericht nach § 63 Abs. 2 GKG für den ersten Rechtszug festgesetzte Gebührenstreitwert ist auch für den Berufungsrechtszug maßgeblich. Der Streit über die Stufenzuordnung ist nach 42 Abs. 4 Satz 2 GKG in Höhe der Differenzvergütung im streitigen Zeitraum zu bewerten. Dies sind 6.883,99 EUR. Mit diesem Wert ist nach § 39 Abs. 1 GKG der Wert des Zahlungsantrags in Höhe des eingeklagten Betrags zu addieren (1.165,40 EUR und 1.155,68 EUR, also 2.321,08 EUR).

Ende der Entscheidung

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