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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 27.08.2007
Aktenzeichen: 3 Ta 120/07
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 39 Abs. 1
GKG § 42 Abs. 4 Satz 1
GKG § 48 Abs. 1
GKG § 63 Abs. 2
ZPO § 3
Streitwert eines Feststellungsantrags, dass das Arbeitsverhältnis nicht über einen bestimmten Zeitraum hinaus fortdauert (Streit über die Dauer der Kündigungsfrist für einen abkehrwilligen Arbeitnehmer).
Tenor:

Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 4 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22. Juni 2007 - 9 Ca 205/07 - abgeändert: Der Streitwert wird auf 8.400,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts nach § 63 Abs. 2 GKG.

Gegenstand des Ausgangsverfahrens waren zwei Klageanträge, mit denen die Klägerin zum einen die Feststellung begehrt hat, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten am 30. Juni 2007 geendet hat. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei durch die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung erst zum 30. September 2007 beendet worden. Ferner hat die Klägerin noch Klage auf Feststellung erhoben, dass die Klägerin, so muss man den Klageantrag auslegen, bei Einstellung ihrer Arbeitsleistung zum 30. Juni 2007 nicht zur Bezahlung einer (für den Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist vereinbarten) Vertragsstrafe (in Höhe einer Bruttomonatsvergütung, hier 2.100,00 EUR) verpflichtet sei.

Das Ausgangsverfahren hat durch Prozessvergleich geendet.

Das Arbeitsgericht hat im angegriffenen Beschluss den Gebührenstreitwert auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen richten sich die Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 4, der Prozessbevollmächtigten beider Parteien im Ausgangsverfahren, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgen, den Streitwert für jeden Klageantrag auf insgesamt 8.400,00 EUR festzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie hierher vorgelegt. Wegen der Begründung wird auf Blatt 25/26 der Akte Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Beschwerden sind in der Sache gerechtfertigt. Beide Anträge sind nach § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO zu bewerten, wobei der Feststellungsantrag bezüglich der Dauer des Arbeitsverhältnisses der Streitwertlimitierung nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG ohne Rücksicht darauf, ob der Arbeitnehmer schutzbedürftig ist, unterliegt.

1. Zutreffend ist die Auffassung der Beschwerdeführer, dass bei der negativen Feststellungsklage bezüglich der Verpflichtung zu einer Leistung der Wert der Leistung für die Bemessung des Streitwerts maßgeblich ist. Der Wert der Arbeitsleistung, zu der die Klägerin nicht bereit ist, weil sie das Arbeitsverhältnis für beendet hält, bestimmt sich, wie nahe liegt, nach ihrem Preis. Das ist die zu erzielende Vergütung für den streitigen Zeitraum. Die Entgeltlichkeit der Leistung ist generell nicht zu berücksichtigen. Streitwertrechtlich ist bei synallagmatischen Verträgen nur auf die eine Seite der Leistungsbeziehung zu achten, die dem Streit unterliegt, sodass etwa bei der Klage des Verkäufers auf Bezahlung des Kaufpreises die Verpflichtung zur Übergabe des Kaufgegenstandes nicht von Bedeutung ist. Diesbezüglich ist in der Literatur oder Rechtsprechung kein Streit ersichtlich. Auch im Bereich des Arbeitsrechts wurde bislang nicht bezweifelt, dass bei der Klage auf Bezahlung der Vergütung für eine noch zu erbringende Arbeitsleistung der Wert der Arbeitsleistung nicht den Wert der Zahlungsklage vermindert.

Im Streit stand hier wirtschaftlich die Frage, ob die Klägerin ihre Arbeitsleistung über einen Zeitraum von weiteren drei Monaten zu erbringen hatte. Das wollte die Klägerin nicht. Ihr darin liegendes Interesse zum Zeitpunkt der Klageerhebung ist für die Festsetzung des Streitwerts maßgeblich. Sie wollte ihre Arbeitsleistungen anderweitig verwerten. Damit wollte sie der Beklagten eine Leistung vorenthalten, die einem Wert entspricht, der in der Vergütung einen wirtschaftlichen Ausdruck findet, die sie im Vertragsverhältnis oder, wenn dieser höher ist, auf dem Arbeitsmarkt bei einem anderweitigen Arbeitgeber, erzielen könnte. Für letzteres ist von den Beteiligten nichts vorgetragen. Deshalb ist auf die Vergütung abzustellen, die die Klägerin nach dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien zu beanspruchen hat. Da der streitige Zeitraum ein Vierteljahr nicht übersteigt, ist auch die Grenze des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG gewahrt. Dies ist nach den Angaben der Beteiligten ein Betrag von 6.300,00 EUR.

2. Der auf die Abwehr der von der Beklagten geltend gemachten Forderung einer Vertragsstrafe gerichtete Klageantrag (negative Feststellungsklage) ist mit dem Betrag der Forderung zu bewerten. Dies sind 2.100,00 EUR.

3. Beide Werte sind nach § 39 Abs. 1 GKG zu addieren. Es besteht nämlich keine wirtschaftliche Identität zwischen beiden Anträgen. Das Verlangen der Klägerin, ihre Arbeitskraft nicht der Beklagten zur Verfügung stellen zu müssen, um sie anderweitig zu verwerten, hängt zwar logisch mit der Frage zusammen, ob sie während des streitigen Zeitraums zur Arbeitsleistung bei der Beklagten verpflichtet ist. Es handelt sich aber um unterschiedliche Gegenstände, die nebeneinander bestehen, und nicht um eine Teilleistung, die sich aus der streitigen Rechtsbeziehung ergibt, oder um ein wirtschaftliches Ziel, das sich gegenseitig zum Teil deckt. Die Klägerin wollte sowohl bei der Beklagten nicht arbeiten als auch keine Vertragsstrafe zahlen. Für beide Ansprüche ist sonach nur die rechtliche Bewertung des Sachverhalts, nicht aber das wirtschaftliche Ziel identisch.

4. Nach allem sind die Beschwerden erfolgreich und ist der arbeitsgerichtliche Beschluss antragsgemäß abzuändern.

III.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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