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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 05.09.2005
Aktenzeichen: 3 Ta 132/05
Rechtsgebiete: GKG, KostVfg


Vorschriften:

GKG § 19 Abs. 1 Nr. 1
GKG § 22 Abs. 1
GKG § 22 Abs. 2
GKG § 29 Nr. 1
GKG § 66 Abs. 2
KostVfg § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 3 Ta 132/05

Stuttgart, 05. September 2005

Im Beschwerdeverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer ohne mündliche Verhandlung am 05. September 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 18. Juli 2005 - 8 Ca 543/04 - abgeändert:

Auf die Erinnerung des Beteiligten zu 1 wird der Kostenansatz des Arbeitsgerichts Freiburg in dieser Sache vom 28. April 2005 aufgehoben: Das Verfahren wird zur erneuten Erstellung des Kostenansatzes auf der Grundlage der Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts im "Endversäumnisurteil" (gemeint ist offenbar ein Versäumnisschlussurteil) vom 18. Januar 2005 an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Beschwerde des Klägers des Ausgangsverfahrens richtet sich gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts, mit dem es - so ist der Beschluss auszulegen - die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenansatz des Arbeitsgerichts zurückgewiesen hat.

In dem am 16. November 2004 eingeleiteten Ausgangsverfahren hat der Kläger folgende Klageanträge anhängig gemacht:

1.) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27. 10. 2004 - persönlich übermittelt durch den Geschäftsführer, Herrn ..., am 28. 10. 2004- nicht aufgelöst worden ist, 2.) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 31. 01. 2005 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht, 3.) für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1.): die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus weiter zu beschäftigen.

Der Kläger wurde nach Ausspruch der Kündigung als schwerbehindert anerkannt. Im Gütetermin vom 09. Dezember 2004 waren beide Parteien erschienen. Eine Einigung ist nicht erzielt worden. Durch verkündeten Beschluss hat der Vorsitzende deshalb einen Termin zur streitigen Verhandlung auf den 18. Januar 2005 bestimmt. Mit Zustimmung des Integrationsamts kündigte die Beklagte des Ausgangsverfahrens das Arbeitsverhältnis erneut am 31. Dezember 2004 zum 31. März 2005. Mit Telefax vom 10.1.2005 (Bl. 39 der Akte) hat die Ehefrau des Klägers dem Gericht mitgeteilt, dass sich der Kläger in stationärer Behandlung befinde und dass deshalb um Terminverlegung gebeten werde. Außerdem hat sie eine Kopie der neuerlichen Kündigung vorgelegt. Das Arbeitsgericht hat daraufhin die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers aufgehoben und ihn darauf hingewiesen, dass er sich in der mündlichen Verhandlung durch eine andere Person vertreten lassen könne, die allerdings eine Prozessvollmacht vorlegen müsse. Im Verhandlungstermin vom 18. Januar 2005 ist für den Kläger niemand erschienen. Hierauf hat das Arbeitsgericht, nachdem die anwesende Beklagte die Klage insoweit anerkannte, "als die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 27.10.2004 zum 31.01.2004 beantragt wurde", ein "Teilanerkenntnisurteil" mit dem Tenor verkündet: "Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beklagten durch die Kündigung vom 27.10.2004 nicht beendet wurde, sondern ungekündigt fortbesteht." Die Kostenentscheidung hat es dem "Endurteil" vorbehalten und den Streitwert auf 5.218,00 EUR festgesetzt. Weiterhin hat es ein "Endversäumnisurteil" verkündet, in dem der Tenor wie folgt lautet:

1. Die Klage wird abgewiesen insoweit, als beantragt wurde, dass das Arbeitsverhältnis über dem 31.03.2005 hinaus fortbesteht.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat hinsichtlich des Teilanerkenntnisurteils die Beklagte, hinsichtlich des Endversäumnisurteils der Kläger zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.218,00 € festgesetzt.

Hierauf hat das Arbeitsgericht am 28. April 2005 die Kosten nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 4 KostVfg auf der Grundlage eines Gebührenstreitwerts von 5.218,00 EUR (eine Entscheidung nach § 63 Abs. 2 GKG ist bislang allerdings nicht ergangen) in Höhe von 272,00 EUR angesetzt, und zwar ausschließlich gegen den Kläger.

Gegen diesen Kostenansatz hat dieser Erinnerung eingelegt und begehrt, die Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben. Der Hinweis des Arbeitsgerichts wegen der beantragten Terminverlegung sei missverständlich gewesen. Im Einzelnen wird auf die Erinnerungsschrift vom 14. 7. 2005 (Bl. 65 der Akte) Bezug genommen.

Diese Erinnerung hat das Arbeitsgericht der Sache nach im Beschluss vom 26. Juli 2005 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die im Hinblick auf § 66 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde des Klägers hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als ausschließlich vom Kläger die Kosten des Rechtsstreits verlangt werden.

Im Einzelnen gilt Folgendes: Soweit der Kläger geltend macht, die Kostenbelastung sei Folge eines unrechtmäßig ergangenen (Versäumnis-)Urteils, ist sein Vorbringen nicht schlüssig. Er hätte es in der Hand gehabt, gegen das Versäumnisschlussurteil Einspruch einzulegen und durch einen Erfolg in der Hauptsache für den Fall, dass die Klage auch insoweit begründet war, die Kostenentscheidung zu seinen Lasten zu vermeiden. Hätte sich aber ergeben, dass die Klage unbegründet war, hätte er ebenfalls die Kosten insoweit tragen müssen (§ 92 Abs. 1 ZPO). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Hinweis des Arbeitsgerichts unter Berücksichtigung aller im Laufe des Verfahrens erteilten Hinweise missverständlich war.

Aus einem anderen, vom Kläger nicht angeführten Grund erweist sich die Tatsache, dass die Gerichtsgebühr ausschließlich beim Kläger eingefordert wird, als fehlerhaft. Das Arbeitsgericht hat nämlich nicht die Kostenentscheidung im Versäumnisschlussurteil berücksichtigt. Diese ist zwar fehlerhaft, weil sie die Kosten des Rechtsstreits "hinsichtlich des Anerkenntnisurteils" der Beklagten und die Kosten "hinsichtlich des Endversäumnisurteils" dem Kläger aufbürdet. Diese Kostenentscheidung ist also auslegungsbedürftig, weil es zu Unrecht keine Kostenquote gebildet hat. Sie ist deshalb von der Kostenbeamtin auszulegen. Es ist zu ermitteln, was das Arbeitsgericht mit dieser Kostenverteilung ausdrücken wollte. Eine solche Auslegung ist bislang nicht vorgenommen worden. Dazu ist dem Arbeitsgericht durch Aufhebung des Kostenansatzes und Zurückverweisung des Verfahrens Gelegenheit zu geben.

Das Arbeitsgericht wird zu berücksichtigen haben, dass zum einen eine Gebührenermäßigung bezüglich des durch Anerkenntnisteilurteil erledigten Streitgegenstandes nach Nr. 8211 Nr. 2 KV GKG nicht in Betracht kommt. Das Verfahren hat nicht insgesamt durch ein Anerkenntnisurteil geendet. Der Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts ist auch nicht zu entnehmen, dass der Kläger die gesamten Gerichtskosten zu tragen hätte. Diese werden vielmehr auf aufgeteilt (§§ 22 Abs. 2, 29 Nr. 1 GKG). Erst durch Auslegung der vom Wortlaut her unbestimmten Kostenentscheidung lässt sich ermitteln, in welchem Umfang der Kläger und in welchem die Beklagten die Prozesskosten zu tragen hat. Dabei könnte auch eine Rolle spielen, in welchem Umfang der Kläger mit der Klage obsiegt hat. Der Wortlaut des Anerkenntnisurteils spricht für ein volles Obsiegen des Klägers, weil dort festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis trotz der dem Arbeitsgericht von beiden Parteien bekannt gemachten weiteren Kündigung vom 31. Dezember 2004 ungekündigt fortbestehe. Dieser Ausspruch steht aber wieder im Gegensatz dazu, dass das Arbeitsgericht im Versäumnisschlussurteil die Klage insoweit abgewiesen hat, als die Feststellung beantragt worden sei, das Arbeitsverhältnis bestehe auch über den 31. März 2005 hinaus fort. Beide Aussprüche widersprechen sich. Gleichwohl muss die Kostenentscheidung ausgelegt werden in einem Sinne, der dem, was das Arbeitsgericht möglicherweise gewollt hat, möglichst nahe kommt. Die Situation, dass das Arbeitsgericht zwar eine Kostenentscheidung getroffen hat, aber nicht klar ist, wer von den Parteien die Kosten in welchem Umfang zu tragen hat, ist vom Gesetz nicht bedacht worden, weil es wohl davon ausging, dass ein Gericht eindeutige Kostenentscheidungen zu treffen in der Lage ist. § 29 Nr. 1 GKG kann aber nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass der Kläger nach § 22 Abs. 1 und 2 GKG die Kosten so lange zu tragen hat, wie nicht eindeutig feststeht, in welchem Umfang eine anderweitige Kostenentscheidung erfolgt ist. Eine solche ist nämlich erfolgt. In diesem Umfang erlischt die Verpflichtung des Klägers, die Gerichtskosten zu tragen. Eine "Auffangverpflichtung" desjenigen, der das Verfahren eingeleitet hat, besteht jedenfalls im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf § 22 Abs. 2 GKG nicht in den Fällen, in denen die Kostenentscheidung inhaltlich unklar ist, ihr aber eine anderweitige Entscheidung im Sinne des § 29 Nr. 1 GKG zu entnehmen ist.

III.

Nach allem hat das Arbeitsgericht die Kosten unter Beachtung der hier vertretenen Rechtsauffassung erneut anzusetzen.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

Ende der Entscheidung

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