Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 23.02.2005
Aktenzeichen: 4 TaBV 2/04
Rechtsgebiete: TV SR TSI, TVG, BetrVG, BGB, ZPO, ArbGG, ERTV TSI, UmwG


Vorschriften:

TV SR TSI § 54 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 1 Nr. 1
BetrVG § 99 Abs. 2
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG § 99 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 4
BGB § 305c Abs. 2
BGB §§ 307 ff.
BGB § 310 Abs. 4 Satz 1
BGB § 613a
BGB § 613a Abs. 1 Satz 2
BGB § 613a Abs. 1 Satz 3
ZPO § 313 Abs. 2 Satz 2
ArbGG § 12 Abs. 5 a.F.
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 72 Abs. 2 Ziff. 2
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 2
ArbGG § 89 Abs. 2
ArbGG § 92 Abs. 1 Satz 2
ArbGG § 97 Abs. 4
ERTV TSI § 10
UmwG § 2 Abs. 1
UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1
UmwG § 20 Abs. 1 Ziff. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 4 TaBV 2/04

Verkündet am 23.02.2005

In dem Beschlussverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 4. Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Natter, den ehrenamtlichen Richter Berns und den ehrenamtlichen Richter Held auf die mündliche Verhandlung vom 23.02.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.05.2004 - 30 BV 173/03 - wird mit der Maßgabe, dass das Beschlussverfahren hinsichtlich der Arbeitnehmerin C. H. eingestellt ist, zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten über die zutreffende Eingruppierung der im Betrieb L. beschäftigten Arbeitnehmer der Antragstellerin.

Die Antragstellerin ist die Firma T. I. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin). Die Arbeitgeberin ging aus einer Verschmelzung und zwei Umfirmierungen vor, und zwar im Einzelnen wie folgt: Die ehemalige D. S. GmbH mit Sitz in L. wurde am 28.11.2001 in die Firma T. I. GmbH umfirmiert. Am 11.12.2002 wurde die ehemalige Firma T. I. GmbH (nicht identisch mit der Arbeitgeberin, im Folgenden: T. I. GmbH alt) auf die Firma T. I. GmbH verschmolzen. Im Verschmelzungsvertrag vom 25.10.2002 wurde in § 5 Abs. 3 Folgendes geregelt:

"Soweit die Rechte und Pflichten für die Arbeitnehmer der T. durch Rechtsnormen von mit ver.di abgeschlossenen Haustarifverträgen (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Tarifvertrag über besondere Arbeitsbedingungen; alle vom 20.03.2002) geregelt sind, gelten diese kollektivrechtlich weiter, weil die I. im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge Partei dieser Tarifverträge wird. Daneben bleibt auch die Mitgliedschaft der I. in den Metall-Arbeitgeberverbänden bestehen. Es entsteht Tarifpluralität, in deren Folge es für diejenigen Arbeitnehmer der I., die organisatorisch den Buchungskreisen 49 und 59 zugeordnet sind, kraft Spezialität der Haustarifverträge mit ver.di zu einer Verdrängung der mit der IGM bestehenden tarifvertraglichen Regelungen kommt. Hinsichtlich der Arbeitnehmer der I., die organisatorisch den Buchungskreisen 08 und 10 zugeordnet sind, findet sich in den mit ver.di geschlossenen Haustarifverträgen eine Bereichsausnahme, mit der Folge, dass insoweit die Rechte und Pflichten aus den mit der IGM geschlossenen tarifvertraglichen Regelungen fortbestehen.

T. verhandelt gegenwärtig mit ver.di über den Abschluss eines Haustarifvertrages betreffend Sonderregelungen für Arbeitnehmer der Buchungskreise 49 und 59 der I. (TV SR). Mit Abschluss des TV SR würden die dortigen Tarifnormen in ihren Anwendungsbereich die Rechte und Pflichten aus den mit ver.di unter den am 20.03.2002 geschlossenen Tarifverträgen modifizieren. Dies gilt unabhängig davon, ob der TV SR vor oder nach dem Wirksamwerden der Verschmelzung abgeschlossen wird."

Ebenfalls am 11.12.2002 wurde sodann die Firma T. I. GmbH in die Firma T. I. GmbH (die jetzige Arbeitgeberin) umfirmiert.

Der Antragsgegner ist der im Betrieb L. gebildete Betriebsrat. Im Betrieb sind ca. 2500 Arbeitnehmer der Arbeitgeberin beschäftigt. Nach Auffassung des Betriebsrats handelt es sich um einen Gemeinschaftsbetrieb, der neben dem Betrieb der Arbeitgeberin die Betriebe der Firma T. G. GmbH (ca. 300 Arbeitnehmer) und der Firma D. T. T. GmbH (ca. 120 Arbeitnehmer) umfasst.

Nach der Verschmelzung fanden im Unternehmen der Arbeitgeberin und im Betrieb L. folgende Tarifverträge Anwendung:

Für den Tarifbereich Nord-Württemberg/Nord-Baden hatte eine Tarifgemeinschaft von Dienstleistungsunternehmen, sämtlich Mitglieder im Verband der Metallindustrie Baden- Württemberg, mit der Industriegewerkschaft Metall am 03.09.1998 und mit der Deutschen Angestellten Gewerkschaft am 09.09.1999 einen Ergänzungstarifvertrag abgeschlossen. Dieser Tarifvertrag enthielt Regelungen, die die Flächentarifverträge der Metallindustrie des Tarifgebiets Nord-Württemberg/Nord-Baden ergänzten und teilweise abänderten. Der Ergänzungstarifvertrag galt räumlich und fachlich für die in einer Anlage 2 aufgeführten Betriebsstätten der Unternehmen der Tarifgemeinschaft. In dieser Anlage 2 waren die Betriebsstätten der Firma D. AG, D. S. GmbH sowie 10 weitere Unternehmen aufgeführt. In Ziffer 2 der Anlage 2 war festgehalten, dass die Tarifvertragsparteien Verhandlungen aufnehmen, um binnen zwei Jahren weitere Unternehmen der D. an die Tarifbindung heranzuführen.

Am 20.03.2002 hatte die Firma T. I. GmbH (alt) mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ein Tarifwerk für die bei dieser Firma beschäftigten Arbeitnehmer abgeschlossen. Das Tarifwerk umfasst einen Manteltarifvertrag (MTV TSI), einen Entgelttarifvertrag (ETV TSI), einen Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV TSI), einen Tarifvertrag über besondere Arbeitsbedingungen (TV SR TSI) sowie weitere Tarifverträge. § 54 Abs. 1 TV SR TSI bestimmt, dass die Arbeitnehmer mit ihrem bisherigen individuellen Jahreszielgehalt in den ERTV TSI überführt werden. Kurz vor der Verschmelzung am 11.10.2002 änderten die Tarifvertragsparteien den Geltungsbereich des Tarifwerks dahingehend, dass Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Altersteilzeittarifvertrag nicht für die Arbeitnehmer gelten, die organisatorisch den Buchungskreisen 08 und 10 zugeordnet sind. Insoweit wurde bestimmt, dass der Ergänzungstarifvertrag zu den Flächentarifverträgen der Metallindustrie fortgelte. Im Buchungskreis 08 waren in L. 1200 Arbeitnehmer und im Buchungskreis 10 1000 Arbeitnehmer beschäftigt.

In welchem Umfang die Arbeitnehmer im Betrieb L. bzw. im Unternehmen der Arbeitgeberin Mitglied der Industriegewerkschaft Metall bzw. der Vereinten Dienstleistungsgesellschaft oder nicht organisiert sind, ist nicht vorgetragen. Die Arbeitgeberin bestreitet, dass Arbeitnehmer Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall sind.

Für die im Betrieb L. beschäftigten Arbeitnehmer gelten unterschiedliche Arbeitsverträge. Mit den vom vorliegenden Verfahren betroffenen Arbeitnehmern sind Arbeitsverträge abgeschlossen, die zur Anwendung von Tarifverträgen folgende Bezugnahmeklausel enthalten:

"Für Ihr Arbeitsverhältnis gilt der Ergänzungstarifvertrag sowie die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie NW/NB bzw. Berlin - je nach den ergänzungstarifvertraglichen Bestimmungen zum Geltungsbereich - soweit diese nicht durch den Ergänzungstarifvertrag (ETV) abgeändert wurden. Die Tarifverträge gelten, solange Sie in einer Gesellschaft der Tarifgemeinschaft, die den Ergänzungstarifvertrag gem. § 3 Abs. 1 TVG abgeschlossen hat, beschäftigt sind, für das Arbeitsverhältnis in ihrer jeweils gültigen Fassung, wenn nicht abweichende einzelvertragliche Regelungen getroffen sind oder in späteren Abmachungen getroffen werden. Finden in Ihrem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung, so bezieht sich diese Verweisung auf den für den Betrieb spezielleren (insbes. Branchen-) Tarifvertrag."

Am 27.02.2003 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die beabsichtigte Umgruppierung der im vorliegenden Verfahren betroffenen Arbeitnehmer sowie ca. weiterer 220 Arbeitnehmer. Gegenstand der Umgruppierung war eine Überleitung der Eingruppierung aus dem Tarifwerk der Metallindustrie in den Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV TSI), der mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossen worden war. Die Frist zur Stellungnahme für den Betriebsrat verlängerten die Beteiligten einvernehmlich bis 27.03.2003. Mit Schreiben vom 18.03.2003 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Eingruppierung der im vorliegenden Verfahren betroffenen Arbeitnehmer mit einem Musterwiderspruch der Variante b (Anlage 12). Er führte hierbei aus, dass die vom Arbeitgeber beabsichtigte Eingruppierung sich auf den falschen Tarifvertrag beziehe. Der gültige Tarifvertrag für die Mitarbeiter des Buchungskreises 59 sei der Dienstleistungstarifvertrag.

Mit ihrem am 25.06.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrte die Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der in der Anlage 1 aufgeführten Arbeitnehmer in die jeweilige Vergütungsgruppe des Entgeltrahmentarifvertrags vom 20.03.2002 zu ersetzen. Der Antrag bezog sich auf rund 230 Arbeitnehmer. Das Verfahren wurde unter dem Az.: 30 BV 101/03 geführt. Mit Beschluss vom 24.10.2003 teilte das Arbeitsgericht das Ausgangsverfahren in 14 einzelne Verfahren auf, wobei es eine Aufgliederung der Arbeitnehmer durch die Arbeitgeberin in ihrem Schriftsatz vom 25.08.2003 in die Rubriken A bis O zu Grunde legte. Das hiesige Beschlussverfahren betrifft die Arbeitnehmer der Rubrik B. Diese umfasste ursprünglich 19 Arbeitnehmer.

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, dem Betriebsrat stehe kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG zur Seite. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts seien die Fälle von Tarifpluralität nach dem Prinzip der Tarifeinheit im Regelfall dahingehend aufzulösen, dass nur der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung komme. Im Verhältnis stehe zu einem Verbandstarifvertrag ein Haustarifvertrag stets die speziellere Regelung dar. Damit seien seit dem Zeitpunkt der Verschmelzung die mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft geschlossenen Haustarifverträge anzuwenden. Dies ergebe sich auch aus Satz 3 der Bezugnahmeklausel. Dort werde ebenfalls auf den spezielleren Tarifvertrag und damit auf das mit ver.di vereinbarte Tarifvertragswerk verwiesen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt:

Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden Arbeitnehmer: mit der Personalnummer: in die Vergütungsgruppe:

H., M. 092746 6

O., K. 126685 6

V., C. 128405 5

H., C., Dr. 112936 9

P., S. 125308 9

D., J. 129429 6

D., J. 128113 5

D., T. 125704 6

F., A. 129461 6

G., R. 126545 6

J., R. 124981 6

S., K. 125523 6

S., F. 119109 6

des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird ersetzt.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen, eine ordnungsgemäße Unterrichtung über die beabsichtigte Umgruppierung sei nicht erfolgt. Die Arbeitgeberin habe es unterlassen, den Betriebsrat darüber zu informieren, welche von der Umgruppierung betroffenen beschäftigten Mitglieder der Gewerkschaft ver.di seien. Darüber hinaus habe er seine Zustimmung zur Umgruppierung rechtswirksam verweigert. Jedenfalls für die Mitglieder der IG Metall könne ein ungünstigeres Tarifwerk nicht vereinbart werden. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin sei für die Mitglieder der IG Metall sowie die unorganisierten Arbeitnehmer das Tarifwerk der Metallindustrie für die Eingruppierung einschlägig. Einig seien sich die Beteiligten darin, dass im Unternehmen der Arbeitgeberin zwei Tarifwerke Anwendung fänden. Unrichtig sei jedoch, dass die mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft geschlossenen "Haustarifverträge" gegenüber dem Tarifwerk der Metallindustrie spezieller seien. Es treffe nicht zu, dass der Ergänzungstarifvertrag ein Flächentarifvertrag sei. Er sei mit zu vernachlässigenden Ausnahmen für Firmen der damaligen D.-Gruppe abgeschlossen worden. Darüber hinaus sei der Ergänzungstarifvertrag besser auf die Branche zugeschnitten als die mit ver.di geschlossenen Tarifverträge. Die Arbeitgeberin versuche bewusst, sich von den für sie ungünstigen tariflichen Regelungen zu befreien.

Die Arbeitgeberin hat erwidert, die Unterrichtung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Der Betriebsrat habe eine ungenügende Unterrichtung innerhalb der Wochenfrist nicht gerügt. Sie habe nicht die Möglichkeit selbst zu ermitteln, welcher Mitarbeiter Mitglied der IG Metall sei. Sie bestreite, dass dies der Fall sei. Auf die im Antrag bezeichnenden Mitarbeiter seien die mit ver.di vereinbarten Haustarifverträge anzuwenden. Diese hätten als Haustarifverträge vor den Flächentarifverträgen Metall Vorrang. Der Ergänzungstarifvertrag habe den Charakter des Tarifwerks der Metallindustrie als Flächentarifverträge nicht verändert. Darüber hinaus seien die mit ver.di geschlossenen Haustarifverträge besser in der Lage, den Interessen der im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer Rechnung zu tragen. Es handle sich auch nicht um den bewussten Versuch einer Tarifflucht, weil die Haustarifverträge mit ver.di lange Zeit vor der Verschmelzung vereinbart worden seien.

Mit Beschluss vom 27.04.2004 hat das Arbeitsgericht das Beschlussverfahren hinsichtlich dreier Arbeitnehmer eingestellt. Mit weiterem Beschluss vom 19.05.2004 hat das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung von 13 der im Antrag aufgeführten Arbeitnehmer ersetzt. Bei zwei Arbeitnehmern hat es den Antrag als unzulässig mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Arbeitgeberin sei kraft Tarifbindung sowohl an die mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft geschlossenen Arbeitsverträge als auch an das Tarifwerk der Metallindustrie, insbesondere den Ergänzungstarifvertrag gebunden. Somit sei ein Fall der sogenannten Tarifpluralität gegeben. In diesem Fall gehe das mit ver.di geschlossene Tarifwerk als speziellere Regelung dem Tarifwerk der Metallindustrie vor. Denn unabhängig von seinem Inhalt stelle ein Firmentarifvertrag stets die speziellere Regelung dar. Bei dem Tarifwerk der Metallindustrie handele es sich um Verbandstarifverträge. Dies gelte auch für den Ergänzungstarifvertrag, ungeachtet dessen, dass sich dieser auf einzelne Unternehmen der tarifschließenden Tarifgemeinschaft beziehe. Denn der Ergänzungstarifvertrag erhebe den Anspruch, auf weitere Unternehmen erstreckt zu werden. Ein Fall der "gewillkürten Tarifpluralität" liege nicht vor, weil die Haustarifverträge mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft bereits vor der Verschmelzung geschlossen worden seien. Die Frage der Gewerkschaftszugehörigkeit sei für die Anwendung der Haustarifverträge nicht entscheidend. Denn im vorliegenden Fall hätten die Vertragsparteien eine Gleichstellungsabrede vereinbart. Diese sei nicht wegen eines Verstoßes gegen das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam.

Gegen den ihm am 03.06.2004 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 23.06.2004 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 25.08.2004 am 11.08.2004 begründet. Er trägt vor, mit der Verschmelzung gelte das Haustarifwerk kollektivrechtlich weiter. Das vom Arbeitsgericht herangezogene Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.06.1998 betreffe jedoch nur den Fall der Verschmelzung im Wege der Neugründung. Im vorliegenden Fall gehe es hingegen um eine Verschmelzung durch Aufnahme. In diesem Fall finde eine Auflösung der Tarifkonkurrenz durch Durchsetzung der Tarifeinheit keine Anwendung. Aus der Satzung der Industriegewerkschaft Metall folge, dass diese auch Metallbetriebe in branchenfremden Unternehmen einbeziehe. Bei diesem Verständnis gebe es auch keinen Wertungswiderspruch zu Art. 9 Abs. 3 GG. Denn der angefochtene Beschluss greife in das Grundrecht der IG Metall-Mitglieder rechtswidrig ein, indem ihnen ein Tarifvertrag einer fremden Koalition aufgezwungen werde. Die von ihm vertretene Lösung entspreche auch dem Rechtsgedanken des § 613a BGB. Schließlich habe das Arbeitsgericht die tatsächlichen Verhältnisse im Betrieb zu wenig beachtet. Es gebe im Gemeinschaftsbetrieb schon deswegen keine Tarifeinheit, weil auf den überwiegenden Teil der Arbeitnehmer, nämlich die ca. 2200 Arbeitnehmer der Buchungskreise 08 und 10, die Metalltarifverträge Anwendung fänden.

Der Betriebsrat beantragt:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.05.2004 - 30 BV 173/03 - wird abgeändert.

2. Die Anträge werden auch im Übrigen abgewiesen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass sie durch Verschmelzung Tarifvertragspartei des Firmentarifwerks geworden sei. Das Arbeitsgericht habe sich zu Recht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.06.1998 gestützt. Es gebe keinen Grund, zwischen den Fällen der Verschmelzung durch Neugründung und Verschmelzung durch Aufnahme zu unterscheiden. Eine andere Betrachtung ergebe sich auch nicht aus § 613a BGB. Zutreffend habe das Arbeitsgericht die Tarifkonkurrenz zwischen den beiden Tarifwerken nach dem Prinzip der Tarifeinheit dahingehend aufgelöst, dass der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung komme. Dies verstoße nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Denn im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sei hinzunehmen, dass eines der Tarifwerke verdrängt werde. Dem Prinzip der Tarifeinheit stehe im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass die Arbeitnehmer der Buchungskreise 08 und 10 nach wie vor dem Tarifwerk der Metallindustrie zugeordnet seien. Denn insoweit hätten die Tarifvertragsparteien von ihrer Regelungskompetenz Gebrauch gemacht und eine eindeutige Regelung getroffen. Die Bereichsausnahme für die Buchungskreise 08 und 10 sei im Übrigen ab dem 31.12.2004 entfallen. Zutreffend habe das Arbeitsgericht das mit ver.di geschlossene Tarifwerk als Firmentarifverträge als das speziellere Tarifwerk angesehen. Aus der Anlage 2 zum Ergänzungstarifvertrag ergebe sich, dass dieser Tarifvertrag sich nicht nur auf die Unternehmen der D.-Gruppe erstreckt habe. Daneben habe das Arbeitsgericht seine Auffassung zutreffend darauf gestützt, dass die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft satzungsmäßig die fachnähere Gewerkschaft sei. Was die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer angehe, so habe das Arbeitsgericht zu Recht die Geltung des Haustarifwerks aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel angenommen. Auch die Gewerkschaftszugehörigkeit komme es demnach nicht an.

Im Anhörungstermin vom 23.02.2005 haben die Beteiligten das Beschlussverfahren übereinstimmend hinsichtlich der Arbeitnehmerin Dr. C. H. für erledigt erklärt. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands gem. § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der Anhörungstermine verwiesen.

B.

I.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist gem. § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie ist auch gem. § 87 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 66 Abs. 1, § 89 Abs. 2 ArbGG in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der im Antrag bezeichneten Arbeitnehmer in den Entgeltrahmentarifvertrag vom 20.03.2002 zu ersetzen ist.

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

a) Mit ihrem Antrag begehrt die Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung von ursprünglich 19 Arbeitnehmern (Rubrik B) gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen. Hinsichtlich der Arbeitnehmer E., K., Dr. v. B. und P. hat die Arbeitgeberin den Antrag erstinstanzlich zurückgenommen. Was die Arbeitnehmer K. und P. angeht, so hat das Arbeitsgericht den Antrag mangels Rechtsschutzinteresses abgewiesen. Zweitinstanzlich haben die Beteiligten das Beschlussverfahren hinsichtlich der Arbeitnehmerin Dr. C. H. für erledigt erklärt. Somit betrifft das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren noch 12 Arbeitnehmer.

b) Dem Antrag fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Zustimmung des Betriebsrats wegen Versäumung der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG als erteilt gilt. Zwar hat der Betriebsrat erst mit dem Muster-Widerspruch vom 18.03.2003 seine Zustimmung zur beabsichtigten Umgruppierung der im Antrag aufgeführten Arbeitnehmer verweigert. Die Mitteilung über die beabsichtigte Umgruppierung ging jedoch - ausgenommen die Arbeitnehmerin J. R. - bereits am 27.02.2003 beim Betriebsrat ein. Im Beschwerdeverfahren haben die Parteien jedoch mitgeteilt, dass die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG einvernehmlich verlängert worden sei. Hiergegen bestehen keine Bedenken (BAG, 17.05.1983 - 1 ABR 5/80 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 18). Was die Arbeitnehmerin J. R. angeht, so hatte die Arbeitgeberin zunächst den nicht zuständigen Betriebsrat M. angehört.

Die Anhörung des zuständigen Betriebsrats holte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 01.02.2004 nach. Der Betriebsrat widersprach fristgerecht am 06.04.2004.

2. Der Antrag der Arbeitgeberin ist begründet, weil der Betriebsrat seine Zustimmung zur Umgruppierung der vom vorliegenden Beschlussverfahren betroffenen Arbeitnehmer zu Unrecht gem. § 99 Abs. 2 BetrVG verweigert hat. Die Arbeitgeberin hat die Arbeitnehmer zutreffend nach Maßgabe des Entgeltrahmentarifvertrags für die TSI (ERTV TSI) vom 20.03.2002 eingruppiert.

a) Bei der beabsichtigten Maßnahme handelt es sich um eine Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Unstreitig sind die Arbeitnehmer der Rubrik B bislang eingruppiert nach § 2 des Ergänzungstarifvertrags für das Tarifgebiet Nord-Württemberg/Nord-Baden vom 03.09.1998. Dieser sah eine Vergütungsgruppenordnung mit insgesamt neun Vergütungsgruppen vor. Die Arbeitgeberin beabsichtigt nunmehr eine Eingruppierung der Arbeitnehmer nach den Maßgaben des § 10 ERTV TSI. Das dem Entgeltrahmentarifvertrag beigefügte Vergütungsgruppenverzeichnis sieht 10 Vergütungsgruppen vor, wobei sich die Eingruppierungsmerkmale von denjenigen des Ergänzungstarifvertrags deutlich unterscheiden. Hierin liegt eine Umgruppierung,, auch wenn damit aufgrund de Bestandsgarantie des § 54 Abs. 1 TV SR TSI eine Verringerung des Arbeitsentgelts nicht verbunden ist (vgl. nur BAG, 12.06.2003 - 8 ABR 14/02).

b) Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zur beabsichtigten Umgruppierung der Arbeitnehmer der Rubrik B zu Unrecht verweigert. Zustimmungsverweigerungsgründe gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG bestehen nicht.

aa) Erstinstanzlich hat sich der Betriebsrat darauf berufen, die Arbeitgeberin habe ihre Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht ordnungsgemäß erfüllt. Im Beschwerdeverfahren hat der Betriebsrat erklärt, dass er - etwaige - Mängel des Unterrichtungsverfahrens nicht mehr rüge. Im Übrigen würde eine Verletzung der Unterrichtungspflicht keinen Verstoß gegen ein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellen (vgl. nur BAG, 10.08.1993 - 1 ABR 22/93 - NZA 1994, 187).

bb) Der Betriebsrat kann ein Zustimmungsverweigerungsrecht auch nicht gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darauf stützen, der Arbeitgeber gehe bei der beabsichtigten Umgruppierung von einer Vergütungsgruppenordnung aus, die auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der Rubrik B keine Anwendung finde. Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG, 27.06.2000 - 1 ABR 36/99 - und 06.08.2002 - 1 ABR 49/01 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23 und 27), dass der Betriebsrat einer beabsichtigten Ein- oder Umgruppierung auch mit der Begründung widersprechen kann, die vom Arbeitgeber angewandte Vergütungsgruppenordnung sei nicht diejenige, die zur Anwendung kommen müsse. Zum mitbestimmungspflichtigen Vorgang gehört auch die Frage, ob der Arbeitgeber die für den Arbeitnehmer zutreffende Vergütungsordnung anwendet. Im vorliegenden Fall hat die Arbeitgeberin jedoch mit dem Entgeltrahmentarifvertrag für die T. diejenige Vergütungsordnung angewandt, die auf die Arbeitnehmer der Rubrik B anzuwenden ist.

cc) Auf die Arbeitnehmer der im Betrieb L. beschäftigten Arbeitnehmer der Arbeitgeberin finden potentiell zwei Tarifwerke Anwendung.

(1) Für die Arbeitsverhältnisse der bei der früheren Firma D. S. GmbH beschäftigten Arbeitnehmer kamen die Tarifverträge für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nord-Württemberg/Nord-Baden mit den Änderungen bzw. Ergänzungen durch den Ergänzungstarifvertrag vom 03.09.1998 Anwendung. Das Tarifwerk der Metallindustrie galt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gem. § 3 Abs. 1 TVG für die Firma D. S. GmbH als Mitglied der Tarifgemeinschaft (Anlage 2 zum Ergänzungstarifvertrag) und die im Unternehmen beschäftigten Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall.

Die zweifache Umfirmierung änderte an der Tarifgebundenheit nichts. Nach dem Ausscheiden der Arbeitgeberin aus dem Arbeitgeberverband Südwestmetall zum 30.06.2003 blieb die Tarifgebundenheit kraft Nachbindung gem. § 3 Abs. 3 TVG bestehen.

Für die in der früheren Deutschen Angestellten Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmer der Firma D. S. GmbH galt der Ergänzungstarifvertrag (hier nur vorgelegt mit der Unterschriftenleiste) aufgrund eines Vertragsschlusses vom 09.09.1999 als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Angestellten Gewerkschaft ist somit auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Tarifpartei des Ergänzungstarifvertrags. Was schließlich die nicht organisierten Arbeitnehmer angeht, so fand der Ergänzungstarifvertrag zusammen mit dem Tarifwerk der Metallindustrie aufgrund der unterschiedlichen Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen Anwendung. Für die Arbeitnehmer der Rubrik B gilt die Bezugnahmeklausel unter Ziff. 12 des als Anlage 7 vorgelegten Arbeitsvertrags.

(2) Auf die Arbeitsverhältnisse der bei der Firma T. I. GmbH (alt) beschäftigten Arbeitnehmer fanden hingegen die zwischen diesem Unternehmen und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossenen Firmentarifverträge vom 20.03.2002 Anwendung. Aufgrund der Verschmelzung der Firma T. I. GmbH (alt) auf die Firma T. I. GmbH (die umfirmierte Firma D. S. GmbH) wurde das zweitgenannte Unternehmen Tarifvertragspartei der Firmentarifverträge. Dies ergibt sich aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG.

Für den Fall der Verschmelzung im Wege der Neugründung hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 24.06.1998 - 4 AZR 208/97 - AP UmwG § 20 Nr. 1) entschieden, dass ein Firmentarifvertrag aufgrund der gesetzlich angeordneten Gesamtrechtsnachfolge uneingeschränkt auf den neu gegründeten Rechtsträger übergeht. Der Firmentarifvertrag wirkt daher kollektiv fort; § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB findet daneben keine Anwendung.

Zutreffend ist, dass das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsauffassung bislang lediglich für den Fall der Verschmelzung im Wege der Neugründung vertreten hat (BAG, a.a.O. unter 2.a am Ende). Es gibt jedoch keinen sachlichen Grund, den hier vorliegenden Fall der Verschmelzung durch Aufnahme anders zu behandeln. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Ziff. 1 UmwG gilt für beide Arten der Verschmelzung im Sinne des § 2 Abs. 1 UmwG. Die Geltung des Firmentarifvertrags beschränkt sich zwar zunächst auf diejenigen Arbeitnehmer, die zuvor ein Arbeitsverhältnis mit dem übernommenen Rechtsträger hatten (Däubler-Lorenz, TVG, § 3 Rn. 180; Däubler, RdA 1995, 136, 140; Wiedemann-Oetker, TVG, 6. Auflage, § 3 Rn. 154; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, Teil E Rn. 74). Findet jedoch im übernehmenden Rechtsträger ein Verbandstarifvertrag Anwendung, so stellt sich die Frage, ob im übernehmenden Rechtsträger künftig zwei Tarifwerke gelten oder nur eines. Dies ist keine Frage des Umwandlungsrechts, sondern eine solche des Tarifrechts. So sieht dies offenkundig auch der Betriebsrat, wenn er auf S. 3 der Beschwerdebegründung ausführt, im Falle der Verschmelzung durch Aufnahme könnten die bisherigen Grundsätze zur Auflösung einer Tarifpluralität keine Anwendung finden.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass im Betrieb L. der Arbeitgeberin je nach "Herkunft" der Arbeitnehmer unterschiedliche Tarifwerke zur Anwendung gelangten. Da es jedenfalls nicht dem Regelfall entsprechen dürfte, dass ein Arbeitnehmer sowohl Mitglied der Industriegewerkschaft Metall als auch der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist, handelt es sich nicht um einen Fall der Tarifkonkurrenz, sondern um einen solchen der Tarifpluralität. Denn es finden nicht Tarifverträge verschiedener Tarifvertragsparteien auf das gleiche Arbeitsverhältnis Anwendung. Vielmehr wird der Betrieb E. der Arbeitgeberin vom Geltungsbereich zweier von verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge erfasst, an die der Arbeitgeber gebunden ist, während für die jeweiligen Arbeitnehmer je nach Tarifbindung nur einer der beiden Tarifwerke Anwendung findet.

Hierbei genügt es, dass ein der tarifschließenden Gewerkschaft angehörender Arbeitnehmer beschäftigt ist oder sein könnte (BAG, 04.12.2002, a.a.O.). Diese Möglichkeit besteht zweifellos.

dd) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 05.09.1990 - 4 AZR 59/90; 20.03.1991 - 4 AZR 455/90; 26.01.1994 - 10 AZR 611/92, 04.12.2002 - 10 AZR 113/02 - AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 19, 20, 22 und 28) sind die Fälle der Tarifpluralität ebenso wie diejenigen der Tarifkonkurrenz nach dem Prinzip der Tarifeinheit im Regelfall dahingehend aufzulösen, dass nur der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Dies ist der Tarifvertrag, der den Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebs und der dort tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird. Zur Begründung hatte des Bundesarbeitsgericht ausgeführt, der Grundsatz der Tarifeinheit habe zwar im Tarifvertragsgesetz keinen Niederschlag gefunden, folge aber aus den übergeordneten Prinzipien der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Denn die Anwendung mehrerer Tarifverträge in einem Betrieb führe zu praktischen, kaum lösbaren Schwierigkeiten. Wenn dadurch für Arbeitnehmer, die nicht Mitglied der Gewerkschaft seien, die den spezielleren Tarifvertrag abgeschlossen habe, ein "tariffreier Raum" entstehe, so sei dies hinzunehmen.

Im Schrifttum ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nahezu durchweg auf Ablehnung gestoßen. Die Praktikabilitätsüberlegungen des Bundesarbeitsgerichts könnten keine Rechtsfortbildung begründen. Die Rechtsprechung bedeute einen Eingriff in die kollektive Koalitionsfreiheit derjenigen Gewerkschaft, deren Tarifvertrag verdrängt werde (Wiedemann-Wank, a.a.O., § 4 Rn. 275 ff. Däubler-Zwanziger, a.a.O. § 4 Rn. 940 ff. Löwisch/Rieble, TVG, 2. Auflage, § 4 Rn. 132 ff.; Kempen-Zachert, TVG, 3. Aufl., § 3 Rz. 137)). Für die Geltungsbereichsstreitigkeiten der Sozialkassen des Baugewerbes hat das Bundesarbeitsgericht neuerdings an seiner Rechtsprechung nicht mehr festgehalten (BAG, 13.05.2004 - 10 AS 6/04 - zitiert nach JURIS; ebenso LAG Hessen, 14.07.2003 - 16 Sa 530/02 - NZA-RR 2004, 649).

ee) Im vorliegenden Fall folgt die Kammer der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die bestehende Tarifpluralität nach dem Prinzip der Tarifeinheit dahingehend aufzulösen ist, dass nur der speziellere Haustarifvertrag Anwendung findet, an den die Arbeitgeberin aufgrund der Verschmelzung gebunden ist. Allerdings reichen Praktikabilitätsüberlegungen für sich allein nicht aus, um den Eingriff in die Koalitionsfreiheit derjenigen Arbeitnehmer zu rechtfertigen, die Mitglied der Industriegewerkschaft Metall sind und deren Tarifverträge verdrängt werden. Aus dem Verschmelzungsvertrag vom 25.10.2002 selbst ergibt es sich, dass die Anwendung mehrerer Tarifverträge in einem Betrieb jedenfalls für einen Übergangszeitraum keine unlösbaren Schwierigkeiten bereitet. Denn in § 5 Abs. 3 des Verschmelzungsvertrags ist geregelt, dass für Arbeitnehmer, die organisatorisch den Buchungskreisen 08 und 10 zugeordnet sind, eine Bereichsausnahme gilt, wonach auf diese Arbeitsverhältnisse nach wie vor das Tarifwerk der Industriegewerkschaft Metall Anwendung findet. Diese Bereichsausnahme haben die Tarifvertragsparteien erst durch eine Änderung des Entgeltrahmentarifvertrags vom 04.11.2004 mit Wirkung zum 31.12.2004 beseitigt.

Langfristig betrachtet ist es jedoch ein berechtigtes Anliegen der Arbeitgeberin, die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter des Betriebs in dasjenige Tarifwerk zu überführen, das mit der satzungsmäßig fachnäheren Gewerkschaft ver.di abgeschlossen worden ist. Die Arbeitgeberin ist ein Dienstleistungsunternehmen der EDV-Branche; vom satzungsgemäßen Zuständigkeitsbereich her ist daher die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die zuständige Gewerkschaft. Dass für zahlreiche Arbeitsverhältnisse das Tarifwerk der Metallindustrie Anwendung fand, erklärt sich allein durch die Herkunft der Firma D. S. GmbH aus dem D.- Konzern. Obwohl auch dieses Unternehmen ein Dienstleistungsunternehmen war, unterfiel es dem Organisationsbereich der IG Metall. Denn nach § 3 Ziff. 1c können Mitglieder der IG Metall auch die Beschäftigten der Betriebe anverwandter Dienstleistungszweige, insbesondere auch der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der Datenverarbeitung werden. Wie sich auch aus dem beigefügten Organisationskatalog ergibt, handelt es sich hierbei um Betriebe, deren Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, die unter den Organisationskatalog fallenden Betriebe bei der Verwirklichung ihrer Zielsetzung zu unterstützen.

Diese Regelung traf auf die Firma D. S. GmbH zu; bei der Arbeitgeberin ist dies hingegen sehr fraglich (vgl. Hessisches LAG, 11.03.2004 - 9 TaBV 174/03). Einer Aussetzung des Rechtsstreits nach § 97 Abs. 4 ArbGG bedarf es nicht, weil die Frage der Tarifzuständigkeit der IG Metall nicht entscheidungserheblich ist. Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die fachnähere Gewerkschaft ist.

ff) Die mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geschlossenen Haustarifverträge stellen gegenüber dem Ergänzungstarifvertrag und dem Tarifwerk der Metallindustrie die speziellere Regelung dar. Denn ein Firmentarifvertrag kann den besonderen Bedürfnissen eines Betriebes weitergehend gerecht werden als ein Branchentarifvertrag (BAG, 20.03.1991, a.a.O., unter B II 3 der Gründe). Ein materieller Günstigkeitsvergleich zwischen den Tarifwerken scheidet aus (Däubler-Zwanziger, a.a.O., § 4 Rn. 927), zumal es im vorliegenden Fall nach der Erklärung des Betriebsrats im Anhörungstermin des Beschwerdeverfahrens vom Einzelfall abhängt, ob der Firmentarifvertrag ungünstigere Regelungen enthält als das Tarifwerk der Metallindustrie. Dieses Tarifwerk ist auch unter Berücksichtigung des Ergänzungstarifvertrags vom 03.09.1998 ein Branchentarifwerk. Der Ergänzungstarifvertrag galt nach seiner Anlage 2 nicht nur für die D. S. GmbH, sondern auch für weitere Unternehmen. Darüber hinaus war der Ergänzungstarifvertrag nach den Ziffern 2 und 3 der Anlage 2 darauf angelegt, dass weitere vergleichbare Unternehmen in den Geltungsbereich einbezogen werden.

gg) Der Rechtsgedanke des § 613 a BGB steht im vorliegenden Fall der Anwendung des Prinzips der Tarifeinheit nicht entgegen. Es geht auch nicht um einen Fall der gewillkürten Tarifpluralität.

(1) Der Betriebsrat hat sich darauf berufen, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 21.02.2001 - 4 AZR 18/00 - AP TVG § 4 Nr. 20) greife die Ausnahmeregelung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB nur dann ein, wenn eine kongruente Tarifgebundenheit sowohl des neuen Betriebsinhabers als auch des Arbeitnehmers vorliege. Mit dem vorliegenden Fall ist diese Fallkonstellation jedoch nicht vergleichbar. Denn im Entscheidungsfall vom 21.02.2001 war der Arbeitgeber nicht an zwei unterschiedliche Tarifwerke gebunden. Ein Fall der Tarifpluralität lag gerade nicht vor.

(2) Auch von einer Tarifflucht, also von einer gewillkürten Herbeiführung einer Tarifpluralität, kann im Streitfall nicht gesprochen werden. Ein derartiger Fall läge etwa vor, wenn der Arbeitgeber die Geltung eines Branchentarifvertrags dadurch zu unterlaufen versucht, dass er einen Firmentarifvertrag mit einer Kleingewerkschaft abschließt. Verfügt diese Kleingewerkschaft nur über wenige Mitglieder im Betrieb, so würde dies dazu führen, dass in die Koalitionsfreiheit der Mehrheit der Arbeitnehmer durch die Verdrängung des Branchentarifvertrags eingegriffen würde. Ein vergleichbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor. Sowohl das Firmentarifwerk als auch das Branchentarifwerk ist jeweils mit Großgewerkschaften abgeschlossen, deren "Mächtigkeit" nicht in Frage steht.

Es liegt auf der Hand, dass die Vorgehensweise der Arbeitgeberin "zielgerichtet" in dem Sinne war, dass eine Harmonisierung der Arbeitsbedingungen angestrebt war (Klinkhammer/Welslau, Festschrift für Schwerdtner, S. 291). Diese Zielsetzung ist jedoch legitim. Zutreffend ist weiter, dass auf die bisherigen Mitgliedern der Industriegewerkschaft Metall ein gewisser Druck aufgeübt wird, sich der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di anzuschließen. Es stellt aber jedenfalls keinen gravierenden Eingriff in die individuelle Koalitionsfreiheit der betroffenen Arbeitnehmer dar, wenn sie sich statt der einen Großgewerkschaft einer anderen Großgewerkschaft anschließen müssen, um nicht auf den Status eines unorganisierten Arbeitnehmers zurückgeworfen zu werden (vgl. Schliemann, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 24, S. 32; Kania, DB 1996, 1921, 1922). Von einer Tarifflucht kann auch deshalb keine Rede sein, weil die Haustarifverträge auch nach Einschätzung des Betriebsrats keine durchweg ungünstigeren Arbeitsbedingungen vorsehen als das Tarifwerk der Industriegewerkschaft Metall.

c) Als Rechtsfolge ist festzuhalten, dass die mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossenen Firmentarifverträge, hier insbesondere der Entgeltrahmentarifvertrag für die Mitglieder dieser Gewerkschaft gem. § 3 Abs. 1 TVG kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gelten. Für die Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall und die nichtorganisierten Arbeitnehmer findet das Haustarifwerk aufgrund der Bezugnahmeklausel in Ziff. 12 der Arbeitsverträge Anwendung.

aa) Satz 1 und 2 der Bezugnahmeklausel enthalten eine Verweisung auf den Ergänzungstarifvertrag vom 03.09.1998 sowie das Tarifwerk der Metallindustrie. Satz 3 erfasst ausdrücklich den Fall der Tarifpluralität. Die Verweisung soll sich nämlich auf den für den Betrieb spezielleren Tarifvertrag beziehen, falls in dem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung finden. Es handelt sich um eine einzelvertragliche Vereinbarung, die dem Prinzip der Tarifeinheit Geltung verschafft, also um eine besondere Ausprägung einer Tarifwechselklausel (hierzu BAG, 16.10.2002 - 4 AZR 467/01 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 22).

bb) Gegen Satz 3 der Bezugnahmeklausel bestehen keine rechtliche Bedenken. Die Regelung verstößt nicht gegen die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Wenn sie bestimmt, dass im Falle einer Tarifpluralität der speziellere Tarifvertrag Anwendung finden solle, so ist dies derjenige Tarifvertrag, der den Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht. Regelmäßig lässt sich dieser Tarifvertrag unschwer ermitteln. Als Globalverweisung auf den spezielleren Tarifvertrag unterliegt die Bezugnahmeklausel in § 12 Satz 3 keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB. Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB unterliegen Tarifverträge keiner Inhaltskontrolle. Gleiches gilt für eine Globalverweisung auf einen Tarifvertrag. Denn der Tarifvertrag, auf den einzelvertraglich umfassend Bezug genommen wird, unterliegt der gleichen Richtigkeitsgewähr, wie bei einer Geltung kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auf einen einschlägigen Tarifvertrag umfassend verwiesen wird (Lakies, AR- Blattei, SD 35, Rn. 88 ff.; Witt, NZA 2004, 135; Haußmann, Festschrift für Schwerdtner, S. 89; Däubler/Dorndorf, AGB - Kontrolle im Arbeitsrecht, § 310 Rn. 44 ff.).

III.

In diesem Verfahren werden gem. § 12 Abs. 5 ArbGG a.F. keine Kosten erhoben. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

Zurück