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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 07.05.2004
Aktenzeichen: 5 Sa 39/03
Rechtsgebiete: ATG, BetrVG, TV ATZ, ZPO, BGB, TzBfG


Vorschriften:

ATG § 3 Abs. 1 Nr. 1
ATG § 3 Abs. 1 Nr. 2
ATG § 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a
ATG § 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b
ATG § 3 Abs. 1 Nr. 3
ATG § 4
ATG § 4 Abs. 1
ATG § 8 Abs. 2
ATG § 12
BetrVG § 37 Abs. 4
BetrVG § 37 Abs. 5
BetrVG § 38 Abs. 3
BetrVG § 38 Abs. 4
BetrVG § 78 Satz 2
TV ATZ § 2 Abs. 1
TV ATZ § 2 Abs. 1 lit. a
TV ATZ § 2 Abs. 1 lit. b
TV ATZ § 2 Abs. 1 lit. c
TV ATZ § 2 Abs. 2
TV ATZ § 2 Abs. 3
TV ATZ § 5
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 263
ZPO § 264
ZPO § 529
ZPO § 533
ZPO § 533 Nr. 2
BGB § 315 Abs. 1
BGB § 315 Abs. 3
TzBfG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 39/03

verkündet am 07.05.2004

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg -5. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lemm, den ehrenamtlichen Richter Rewald und den ehrenamtlichen Richter Prof. Dr. Schmidt-Leithoff auf die mündliche Verhandlung vom 07.05.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 20.02.2003 - 2 Ca 469/02 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, mit dem Kläger einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen, sowie im Berufungsverfahren hilfsweise über die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger unter Entgeltfortzahlung zur Nachholung der beruflichen Entwicklung entsprechend seinem Altersteilzeitbegehren von der Arbeit freizustellen.

Der am 18.05.1946 geborene Kläger, der 1975 das erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien in den Hauptfächern Anglistik und Geschichte sowie im Nebenfach Politikwissenschaft und 1977 die Magisterprüfung in den beiden Hauptfächern abgelegt hat, ist seit 01.01.1981 bei der Beklagten ...... als wissenschaftlicher Angestellter zuletzt mit Tätigkeiten der Vergütungsgruppe Ib BAT beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden Kraft einzelvertraglicher Vereinbarungen (vgl. Anlagen Blatt 69 bis 72 der Akten erster Instanz) der BAT sowie die diesen ergänzenden Tarifverträge Anwendung. Die Beklagte unterhält im Rahmen ihres Stiftungszwecks, Forschung auf dem Gebiet der Lern- und Wissensmedien zu betreiben sowie sich mit dem Transfer von Forschungsergebnissen in die Hochschul- und Weiterbildungspraxis zu befassen, das "...." (IWM). Dieses wird als Einrichtung der "Blauen Liste" durch Zuwendungen von Bund und Ländern finanziert. Das IWM arbeitet mit der Abteilung Medienpsychologie und Angewandte Kognitions-Psychologie des Psychologischen Instituts der Universität T. zusammen (vgl. Kooperationsvertrag vom 28.03.2002, Blatt 152 bis 154 der Akten erster Instanz). Der Inhaber des entsprechenden Lehrstuhls ist zugleich Vorsitzender des Stiftungsvorstandes der Beklagten und Direktor des IWM (Blatt 35 der Akten erster Instanz). Der Kläger hat beim IWM - wie zuvor beim DIFF - seinen Arbeitsplatz in der Abteilung Angewandte Kognitionswissenschaften.

Der Kläger war von 1984 bis November 2001 Mitglied des im Betrieb der Beklagten gewählten Betriebsrats und von Mai 1994 bis November 1997 sowie von März 2001 bis November 2001 jeweils dessen Vorsitzender. Seit dem 23.06.1995 ist er mit dem Thema "Lilo Herrmann - zu Vorgeschichte, Verlauf und Funktion einer widerstandsgeschichtlichen Kontroverse" vom Fachbereich Politische Wissenschaften der Freien Universität Berlin zum Promotionsverfahren Dr. phil. zugelassen. Mit Schreiben vom 18.08.2001 (Blatt 6 der Akten erster Instanz) beantragte der Kläger die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses für die Zeit vom 01.01.2002 bis zum Erreichen der Altersgrenze am 31.05.2011 in Form des Teilzeitmodells gemäß dem Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit vom 05.05.1998 i.d.F. des 2. Änderungstarifvertrages vom 30.06.2000 (TV ATZ). Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 19.12.2001 (Blatt 7, 8 der Akten erster Instanz) die Inanspruchnahme von Altersteilzeit unter Hinweis auf die gemäß § 4 ATG beschränkte Dauer der Erstattungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit im gewünschten zeitlichen Umfang ab, bot dem Kläger jedoch die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses für die Dauer von maximal sechs Jahren an. Auf etwa gleichzeitig gestellte Anträge schloss die Beklagte mit der Sekretärin D. für die Zeit vom 01.01.2002 bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres am 30.11.2007 und mit dem wissenschaftlichen Angestellten Dr. F. für die Zeit vom 01.04.2003 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres am 31.03.2009 Altersteilzeitarbeitsverträge jeweils im Blockmodell ab. Zu dieser Zeit beschäftigte die Beklagte nach ihrem Vorbringen 32, nach dem Vorbringen des Klägers 43 Arbeitnehmer. Mit Schreiben vom 25.06.2002 (Blatt 25, 26 der Akten erster Instanz) bat der Kläger, über seinen Antrag vom 18.09.2001 erneut zu entscheiden, worauf die Beklagte mit Schreiben vom 18.07.2002 (Blatt 29, 30 der Akten erster Instanz) ihr Angebot, konkretisiert auf den Zeitraum vom 01.06.2005 bis 31.05.2011, wiederholte.

Der Kläger hat mit seiner am 08.08.2002 erhobenen Klage im Wesentlichen geltend gemacht, die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft, weil diese keine Einzelfallentscheidung getroffen habe und die Begrenzung der Erstattungsleistungen durch die Bundesanstalt für Arbeit auf sechs Jahre gemäß § 8 Abs. 2 ATG kein zulässiges Kriterium für die Ermessensausübung sei. Bei der gebotenen Einzelfallentscheidung würde sich der streitgegenständliche Anspruch vor allem daraus ergeben, dass ihm gemäß § 37 Abs. 5 BetrVG aufgrund seiner jahrelangen Betriebsratstätigkeit Gelegenheit gegeben werden müsse, den Bildungs- und Verdienststandard eines vergleichbaren Mitarbeiters zu erlangen, und er zu diesem Zweck beabsichtige, sein 1995 begonnenes Promotionsvorhaben abzuschließen, wozu ihm die beanspruchte Teilzeitarbeit die Möglichkeit verschaffen solle. Zwei Mitarbeitern sei von der Beklagten 1993 bzw. 1988 Gelegenheit gegeben worden, noch im Alter von 48 bzw. 43 Jahren im Rahmen ihrer Institutsaufgaben zu promovieren; diese hätten inzwischen leitende bzw. Vertrauensstellungen inne. Ohne Betriebsratstätigkeit hätte er seine Dissertation ebenfalls fertig stellen können.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Antrag des Klägers auf Verringerung seiner Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche auf künftig 19,25 Stunden pro Woche, wobei die Vergütung nach dem ATZ-Tarifvertrag (TV ATZ in seiner jeweiligen Fassung) zu bemessen ist, ab Rechtskraft zuzustimmen,

2. für den Fall, dass der Antrag zu 1 begründet ist, die Beklagte zu verurteilen, die Arbeitszeit des Klägers so zu verteilen, dass die regelmäßige tägliche Arbeitszeit des Klägers von acht Stunden montags und donnerstags und die übrige zu erbringende Arbeitszeit im Rahmen der betrieblichen Gleitzeitregelung geleistet wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, dass das dem Kläger mit Schreiben vom 18.07.2002 unterbreitete Angebot ermessensfehlerfrei sei. Sie sei als Zuwendungsempfängerin an die haushaltsrechtlichen Vorgaben des Sitzlandes gebunden, nach denen bei Altersteilzeit mit Erstattungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit grundsätzlich ein Stellenanteil von 0,5 für die Beschäftigung eines Ersatzarbeitnehmers verwendet werden könne, andernfalls dieser halbe Stellenanteil jedoch gesperrt sei, weil Altersteilzeit ohne Erstattungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung zur Folge habe. Da das IWM ein kleines Institut mit lediglich sechs Stellen für Leitungspersonal, 14 Stellen für wissenschaftliches Personal, fünf Stellen für den Bereich Medien und Technik sowie sieben Stellen für Verwaltungs- und Sekretariatspersonal sei, habe sie die grundsätzliche Entscheidung getroffen, Altersteilzeitarbeitsverhältnisse maximal bis zur Höchstdauer der Erstattungsleistungen durch die Bundesanstalt für Arbeit einzugehen, weil eine darüber hinausgehende Altersteilzeitarbeit ohne Erstattungsleistungen und demgemäß ohne Ersatzeinstellung eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeit und damit des Erfolgs des Instituts darstelle, dessen Weiterförderung vom Ergebnis der regelmäßig (erstmals 2005) stattfindenden Evaluierungen abhänge. Ihre grundsätzliche Entscheidung sei daher von sachlichen Erwägungen getragen und trage auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz sowie dem Interesse der anderen Beschäftigten, die als Folge einer nicht möglichen Ersatzeinstellung eine Mehrbelastung treffen würde, Rechnung. Außerdem habe sie auch die Interessen der anderen älteren Arbeitnehmer zu berücksichtigen, weshalb sie die dem Kläger mit Schreiben vom 19.12.2001 und 18.07.2002 unterbreiteten Angebote ausdrücklich unter den Vorbehalt der Wünsche anderer Mitarbeiter gestellt habe, um nicht Vereinbarungen mit Arbeitnehmern gemäß § 2 Abs. 3 TV ATZ ablehnen zu müssen, die hierauf an sich nach § 2 Abs. 2 TV ATZ einen Rechtsanspruch hätten. An ihrem Institut seien neun Beschäftigte älter als 55 Jahre, von denen der Kläger der drittjüngste sei, von den darunter befindlichen sechs wissenschaftlichen Angestellten sei der Kläger der zweitjüngste. Dass der Kläger aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit im Verhältnis zu anderen vergleichbaren Arbeitnehmern ein Defizit in seiner beruflichen Entwicklung erlitten habe, treffe nicht zu. Sein Promotionsvorhaben stehe in keinem Zusammenhang mit seiner Arbeit am Institut. Dessen Abschluss sei daher weder für die Wahrnehmung gleichwertiger Tätigkeiten noch für ein gleichwertiges Ansehen erforderlich. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Vereinbarung des von ihm begehrten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.

Das Arbeitsgericht hat mit am 20.02.2003 verkündetem, dem Kläger am 27.02.2003 zugestellten Urteil (Blatt 280 bis 286 der Akten erster Instanz), auf das verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger zwar die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ erfülle, die von der Beklagten demgemäß zu treffen de Ermessensentscheidung aber nicht zu beanstanden sei. Der Arbeitgeber dürfe bei seiner Entscheidung nach § 2 Abs. 1 TV ATZ auch finanzielle Erwägungen und damit auch die Begrenzung der Erstattungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit auf höchstens sechs Jahre sowie die sich hieraus für seinen Betrieb ergebenden Folgen berücksichtigen, und zwar auch im Sinne einer dieser Höchstdauer entsprechenden generellen Vorentscheidung. Umstände, aus denen sich demgegenüber im Streitfall eine Schrumpfung des Ermessensspielraums auf "Null" ergebe, habe der Kläger nicht dargetan. Insbesondere ergebe sich eine solche Einschränkung des Ermessens nicht aus §§ 37 Abs. 5, 78 Satz 2 BetrVG.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 26. und 27.03.2003 eingelegten und innerhalb verlängerter Begründungsfrist am 30.06.2003 ausgeführten Berufung. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Ermessensentscheidung der Beklagten sei nicht unbillig, weil sie finanzielle Erwägungen habe berücksichtigen dürfen, sei unrichtig. Vielmehr habe die Beklagte aufgrund ihrer generellen Entscheidung, Altersteilzeitarbeitsverhältnisse höchstens für die Dauer von sechs Jahren einzugehen, ihr Ermessen, welches sich an den Umständen des Einzelfalles auszurichten habe, als Voraussetzung für eine gerichtliche Überprüfung überhaupt nicht ausgeübt. Bei der vom Arbeitsgericht somit selbst vorzunehmenden Interessenabwägung habe das Arbeitsgericht verkannt, dass sich die Beklagte auf eine finanzielle Mehrbelastung nicht berufen könne. Zum einen bestehe heute grundsätzlich ein Anspruch auf Teilzeitarbeit. Zum anderen könnten finanzielle Erwägungen des Arbeitgebers prinzipiell jedem Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages entgegengehalten werden, so dass davon auszugehen sei, dass dieser Interessenkonflikt bereits Eingang in das Altersteilzeitgesetz gefunden habe und demgemäß nicht doppelt berücksichtigt werden könne. Schließlich würde aber jedenfalls die Beklagte selbst überhaupt keine finanzielle Mehrbelastung treffen, da sie als Träger einer Einrichtung der "Blauen Liste" einen ständigen Finanzierungsanspruch gegen die Zuwendungsgeber habe und daher diese die Mehrbelastung treffe. Dies gelte im Streitfall umso mehr, als die Beklagte bereits durch den Weiterbildungsanspruch des Klägers aus § 37 Abs. 5 BetrVG buchhaltungsmäßig "belastet" sei. Auch wenn die Doktorarbeit des Klägers nicht betriebsbezogen wäre, wäre er dennoch für eine entsprechende betriebliche Qualifizierung und Fortbildung gemäß § 37 Abs. 5 BetrVG bezahlt freizustellen. Entscheidend sei, dass ihm irgendwie Gelegenheit gegeben werden müsse, aufgrund eines Entwicklungskonzepts seine berufliche Weiterentwicklung sicherzustellen, was nur außerhalb der Arbeitszeit möglich sei.

Hilfsweise macht der Kläger entsprechend der begehrten Verringerung und Verteilung seiner Arbeitszeit einen Anspruch auf bezahlte Freistellung gemäß § 37 Abs. 5 BetrVG geltend. Nach dieser Vorschrift habe ihm die Beklagte die Qualifikation zu gewähren, die er ohne umfassende Betriebsratsarbeit erworben hätte. Dabei seien auch Maßnahmen der betrieblichen Fort- und Weiterbildung zu berücksichtigen, an denen zwar vergleichbare Arbeitnehmer teilgenommen hätten, das Betriebsratsmitglied jedoch wegen der Wahrnehmung seiner Betriebsratsaufgaben nicht habe teilnehmen können. Die Beklagte habe ihm insoweitige Vorschläge, die eine Personalentwicklung für ihn beinhalten würden, nicht unterbreitet, sondern für Aufgaben, die mit seinen vergleichbar seien, neues Personal eingestellt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Antrag des Klägers auf Verringerung seiner Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche auf zukünftig 19,25 Stunden pro Woche, wobei die Vergütung nach dem ATZ-Tarifvertrag (TV ATZ in seiner jeweiligen Fassung) zu bemessen ist, ab Rechtskraft bis zum 31.05.2011 zuzustimmen,

2. für den Fall, dass der Antrag zu 1 begründet ist, die Beklagte zu verurteilen, die Arbeitszeit des Klägers so zu verteilen, dass die regelmäßige tägliche Arbeitszeit des Klägers acht Stunden montags und donnerstags und die übrige zu erbringende Arbeitszeit im Rahmen der betrieblichen Gleitzeitregelung geleistet wird,

3. für den Fall, dass die Anträge zu 1 und 2 unbegründet sind, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Entgeltfortzahlung zur Nachholung der betriebsüblichen Entwicklung nach Maßgabe der Arbeitszeitverteilung der Anträge zu 1 und 2 freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

da das angefochtene Urteil richtig sei. Sie habe bei ihrer Ermessensentscheidung nicht nur finanziell-fiskalische Erwägungen berücksichtigt, sondern auch das Altersgefüge des Personals, die vergleichbare Behandlung seitheriger Altersteilzeitfälle und die Interessen der anderen Beschäftigten, auch unter dem Gesichtspunkt der Mehrbelastung der verbleibenden Arbeitnehmer. Im übrigen verkenne der Kläger, dass auch der Staat zum sorgsamen Umgang mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verpflichtet sei und sie seinen Wunsch nach Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages schon deshalb habe ablehnen können, weil die Schongrenze des § 2 Abs. 3 TV ATZ i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 ATG von 5 % bereits überschritten sei. Die Behauptung des Klägers, zwischen dem IWM und der Abteilung Medienpsychologie und Angewandte Kognitionspsychologie des Psychologischen Instituts der Universität T. bestehe ein gemeinsamer Betrieb, sei unrichtig. Eine Verbindung zwischen dem Begehren auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags und angeblichen Ansprüchen nach § 37 Abs. 5 BetrVG sei weder sachlich noch rechtlich begründet, außerdem fehle jeglicher Vortrag dazu, welche berufliche Weiterentwicklung der Kläger ohne Ausübung des Betriebsratsamts hätte nehmen können. Der in dem auf § 37 Abs. 5 BetrVG gestützten Hilfsantrag möglicherweise zu sehenden Klageänderung werde nicht zugestimmt. Diese sei auch nicht sachdienlich.

Weg en der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 26.06.2003 (Aktenblatt 18 bis 35), die Berufungserwiderungsschrift vom 01.08.2003 (Aktenblatt 38 bis 48 bzw. 49 bis 59), den klägerischen Schriftsatz vom 21.04.2004 (Aktenblatt 80 bis 89) sowie die Erklärungen der Parteien im Termin am 07.05.2004 (Aktenblatt 91) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Abschluss des von ihm begehrten Altersteilzeitarbeitsvertrages hat. Der im Berufungsverfahren anhängig gemachte, auf § 37 Abs. 5 BetrVG gestützte Hilfsantrag ist bereits unzulässig.

A. Die Klage auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages ist zulässig, aber unbegründet.

I. Der Kläger begehrt mit dem Antrag zu 1, die Beklagte zur Annahme seines in der Klage enthaltenen Angebots auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages zu verurteilen. Es handelt sich um eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO), die geboten ist, wenn der Vertrag erst aufgrund gerichtlicher Entscheidung zustande kommen soll. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In zeitlicher Hinsicht ist klargestellt, dass der Vertrag mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung zustande kommen und mit dem 31.05.2011 enden soll. In inhaltlicher Hinsicht wird die begehrte reduzierte wöchentliche Arbeitszeit konkret bezeichnet und bezüglich der Vergütung auf die Bestimmungen des TV ATZ in ihrer jeweils gültigen Fassung Bezug genommen, so dass auch insoweit der Inhalt des Prozessziels genügend bestimmt ist. Dass im Antrag zu 1 nicht festgelegt ist, ob die Altersteilzeit im Block- oder Teilzeitmodell (§ 3 Abs. 2 lit. a und b TV ATZ) durchgeführt werden soll, stellt die erforderliche hinreichende Bestimmtheit des Antrags nicht in Frage. Aus dem zu seiner Auslegung heranzuziehenden, für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 gestellten Eventualantrag zu 2 ergibt sich nämlich, dass die Bestimmung des Inhalts des Altersteilzeitarbeitsvertrags insoweit nicht der Beklagten obliegen, sondern die Arbeit während der Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Teilzeitmodell nach näherer Maßgabe des Antrags zu 2 geleistet werden soll.

II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, auf die verwiesen wird, einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Abschluss des von ihm begehrten Altersteilzeitarbeitsvertrages verneint.

1. Auf § 2 Abs. 2 TV ATZ kann der Kläger den Anspruch nicht stützen. Einen Anspruch auf Vertragsänderung haben danach nur Angestellte ab Vollendung des 60. Lebensjahres. Diese Altersgrenze hat der am 18.05.1946 geborene Kläger - noch - nicht erreicht.

2. Der Anspruch ist auch nicht gemäß § 2 Abs. 1 TV ATZ begründet.

a) Zwar erfüllt der Kläger unstreitig die in § 2 Abs. 1 lit. a, b und c TV ATZ genannten Voraussetzungen. Hieraus folgt aber nicht ohne weiteres ein Anspruch auf Abschluss des begehrten Änderungsvertrages. Vielmehr hat der Arbeitnehmer beim Vorliegen der in § 2 Abs. 1 TV ATZ genannten Voraussetzungen lediglich einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber bei der Entscheidung über den Antrag des Arbeitnehmers auf Abschluss des Altersteilzeitvertrags in entsprechender Anwendung von § 315 Abs. 1 BGB billiges Ermessen wahrt, wie sich aus dem Wort "kann" in § 2 Abs. 1 TV ATZ ergibt (vgl. BAG, Urteil vom 12.12.2000 - 9 AZR 706/99 - AP Nr. 1 zu § 3 ATG; Urteil vom 26.06.2001 - 9 AZR 244/00 - AP Nr. 2 zu § 3 ATG; Urteil vom 03.12.2002 - 9 AZR 457/01 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG). § 2 Abs. 3 TV ATZ, der die Ablehnungsgründe auf dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe beschränkt, findet keine Anwendung. Für die Beurteilung der Entscheidung der Beklagten gilt daher die allgemeine Regel, wonach der Arbeitgeber billiges Ermessen dann wahrt, wenn er die wesentlichen Umstände des Einzelfalles und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt. Berücksichtigungsfähig sind alle sachlichen Gründe, die sich auf die Umstände des Wechsels eines Arbeitnehmers in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis beziehen (BAG a.a.O.). Ob die Grenzen des Bestimmungsrechts gewahrt sind, unterliegt der vollständigen gerichtlichen Kontrolle. Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen, so dass alle sachlichen Gründe unabhängig davon, ob sie bei der Entscheidung des Arbeitgebers eine Rolle gespielt haben oder dieser die Entscheidung in der Annahme getroffen hat, er brauche überhaupt keine Ermessensentscheidung treffen, zu berücksichtigen sind. Dies folgt aus § 315 Abs. 3 BGB. Danach steht dem Gericht ein Kontrollrecht über die Billigkeit der Bestimmung zu und für den Fall, dass die gesetzlichen Grenzen nicht eingehalten werden, das Recht zur eigenen Sachentscheidung (vgl. BAG, Urteil vom 03.12.2002, a.a.O.).

b) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Entscheidung der Beklagten, mit dem Kläger keinen Altersteilzeitarbeitsvertrag über die Dauer von mehr als sechs Jahren abzuschließen, nicht ermessensfehlerhaft.

aa) Die Beklagte hat ihre Entscheidung, mit dem Kläger kein die Dauer von sechs Jahren überschreitendes Altersteilzeitarbeitsverhältnis einzugehen, ausweislich ihrer Schreiben vom 19.12.2001 und 18.07.2002 mit der Beschränkung der Erstattungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit auf diesen Zeitraum (vgl. § 4 Abs. 1 ATG) begründet. Sie macht damit geltend, dass ohne Ersatzeinstellung der verringerten Arbeitszeit und bei Ersatzeinstellung im Umfang der freigewordenen Arbeitszeitkapazität einer insgesamt gleichbleibenden Arbeitszeit jeweils ein infolge der gemäß § 5 TV ATZ geschuldeten Aufstockungsleistungen erhöhter, selbst bei Vornahme einer Ersatzeinstellung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und b ATG nicht durch Erstattungsleistungen verringerter finanzieller Aufwand gegenübersteht. Diese erhöhte wirtschaftliche Belastung stellt, wie das Arbeitsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 12.12.2000, a.a.O.) zutreffend angenommen hat, einen im Rahmen der Wahrnehmung des Bestimmungsrechts zu berücksichtigenden sachlichen Grund für die Ablehnung des Begehrens auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages insbesondere für eine Dauer von mehr als sechs Jahren dar. Erst recht gilt dies unter weiterer Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beklagte als Zuwendungsempfänger des Bundes und der Länder nach den haushaltsrechtlichen Vorgaben des Sitzlandes gehalten ist, mit Arbeitnehmern zwischen dem 55. und dem 59. Lebensjahr Altersteilzeit ohne Erstattungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit für die Zeit bis zum Ruhestand nur zu vereinbaren, wenn keine Nachbesetzung erfolgt (vgl. Ziff.IIIb.3 der Neufassung der Durchführungshinweise des Finanzministeriums zum TV ATZ vom 19.10.2000, Beilage zu Nr. 46 des Staatsanzeigers für Baden-Württemberg vom 27.11.2000), worauf das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend hingewiesen hat. Denn in diesem hier gegebenen Fall käme auf die Beklagte nicht nur eine finanzielle Mehrbelastung zu, vielmehr müsste diese den Ausfall einer halben Arbeitskraft ohne Vornahme einer Ersatzeinstellung überbrücken, was angesichts der relativ geringen personellen Ausstattung ihres Instituts ohne Gefährdung ihrer Forschungstätigkeit und ihrer Förderungswürdigkeit nur durch eine Mehrbelastung ihres übrigen wissenschaftlichen Personals in Form der Leistungsverdichtung oder Mehrarbeit möglich wäre, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat.

bb) Die hiergegen vorgebrachten Einwände des Klägers vermögen nicht zu überzeugen.

Darauf, dass die Beklagte ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt habe, weil sie generell entschieden habe, Altersteilzeitarbeitsverträge gemäß § 4 Abs. 1 ATG höchstens für die Dauer von sechs Jahren abzuschließen, kommt es schon deshalb nicht an, weil bei der Beurteilung der Entscheidung des Bestimmungsberechtigten - wie oben ausgeführt - ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Im übrigen hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 12.12.2000, a.a.O.) zu Recht darauf hingewiesen, dass generelle Vorentscheidungen des Arbeitgebers, wie er eine Tarifnorm in die Praxis umsetzt, im Rahmen der gemäß § 315 Abs. 1 BGB zu treffenden Ermessensentscheidung keineswegs ausgeschlossen sind, diese vielmehr einer einheitlichen Anwendung der Tarifvorschriften dienen und dem Bedürfnis der Arbeitnehmer nach Transparenz Rechnung tragen. Soweit der Kläger andererseits mit Nichtwissen bestreitet, dass die Beklagte die von ihr behauptete, von ihm zum Beleg für die Nichtausübung ihres Ermessens angeführte generelle Vorentscheidung getroffen habe, könnte dies die Billigkeit der Ablehnungsentscheidung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes in Frage stellen. Dass die Beklagte entgegen ihrem Vorbringen mit Arbeitnehmern zwischen dem 55. und 59. Lebensjahr Altersteilzeitarbeitsverhältnisse für die Dauer von mehr als sechs Jahren abgeschlossen habe, hat der Kläger jedoch nicht behauptet und insbesondere nicht anhand eines konkreten Falles dargelegt.

Der Einwand, die Beklagte könne sich auf finanzielle Erwägungen nicht berufen, ist ebenfalls nicht durchgreifend. Zwar ist zutreffend, dass jede Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses insbesondere im Bereich des TV ATZ mit einer finanziellen Mehrbelastung des Arbeitgebers verbunden ist. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass diese finanzielle Mehrbelastung, weil sie den Tarifvertragsparteien beim Abschluss des Tarifvertrages bewusst war, als Ablehnungsgrund generell ausgeschlossen sein soll. Denn selbst der Rechtsanspruch nach § 2 Abs. 2 TV ATZ kann gemäß § 2 Abs. 3 TV ATZ aus dringenden dienstlichen oder betrieblichen Gründen ausgeschlossen sein, worunter in Ausnahmefällen auch eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung fallen kann. Erst recht sind demgemäß finanzielle Erwägungen im Bereich der Kann-Vorschrift des § 2 Abs. 1 TV ATZ nicht ausgeschlossen, da im Tarifvertrag insoweit keinerlei Umstände genannt werden, die der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen hat. Daher sind im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 TV ATZ alle sachlichen Gründe, die sich auf die Umstände des Wechsels eines Arbeitnehmers in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis beziehen, zu berücksichtigen, also auch die hiermit verbundene finanzielle Mehrbelastung. Hieran ändert im Streitfall der Umstand nichts, dass es sich bei der Beklagten um einen Zuwendungsempfänger des Bundes und der Länder handelt. Denn die finanzielle Mehrbelastung, die darauf beruht, dass der verringerten Arbeitszeit/Arbeitsleistung ein infolge der gemäß § 5 TV ATZ geschuldeten Aufstockungsleistungen erhöhter finanzieller Aufwand gegenübersteht, trifft zunächst einmal die Beklagte im Rahmen der ihr bewilligten Mittel. Ein Anspruch darauf, dass ihr die Zuwendungsgeber die für die Vornahme einer Ersatzeinstellung erforderlichen zusätzlichen Finanzmittel zur Verfügung stellen, um die von ihr aufgezeigten Nachteile für ihre Forschungstätigkeit und ihr übriges wissenschaftliches Personal zu vermeiden, folgt nicht aus Art. 91b GG. Denn diese Vorschrift verpflichtet die Zuwendungsgeber jedenfalls nicht zur Tragung von Personalkosten der geförderten Forschungseinrichtungen, die auf Altersteilzeitarbeitsverhältnisse zurückzuführen sind, auf deren Abschluss kein Rechtsanspruch besteht und deren Abschluss auch nicht gemäß § 315 Abs. 1 BGB geboten ist.

Im Übrigen ist auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass sich zwar die Zuwendungsgeber selbst gegenüber ihren Arbeitnehmern im Rahmen der Kann-Vorschrift des § 2 Abs. 1 TV ATZ angesichts der angespannten Haushaltslage auf finanzielle Erwägungen als Ablehnungsgrund sollen berufen können, nicht aber die von diesen finanziell abhängigen Forschungseinrichtungen gegenüber ihren Arbeitnehmern. Der Hinweis des Klägers darauf, dass es z.B. bei Sozialplänen mit privatwirtschaftlichen Unternehmen der öffentlichen Hand keine haushaltsplankonforme finanzielle Begrenzung gebe, geht insofern fehl, als auf den Abschluss eines Sozialplans beim Vorliegen der Voraussetzung hierfür ein Rechtsanspruch besteht, an dem es im Streitfall gerade fehlt. Auch aus dem in diesem Zusammenhang vom Kläger weiter angeführten Altersteilzeitgesetz ergibt sich nicht, dass der Beklagten gegenüber dem Verlangen des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses für eine Dauer von mehr als sechs Jahren die Berufung auf finanzielle Erwägungen verwehrt ist. Das Altersteilzeitgesetz enthält und enthielt nahezu ausschließlich Vorschriften, die das Verhältnis zwischen der Bundesanstalt für Arbeit (nunmehr Bundesagentur für Arbeit) und dem Arbeitgeber regeln. Sie bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Altersteilzeit öffentlich-rechtlich gefördert wird. Dazu, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages hat, mit dem der bestehende Arbeitsvertrag geändert werden soll, verhält sich das Altersteilzeitgesetz dagegen nicht. Vielmehr bedarf es für einen solchen Anspruch einer gesonderten privatrechtlichen Grundlage, die sich im Streitfall allein aus den Vorschriften des TV ATZ ergeben kann. Die vom Kläger speziell angeführte Vorschrift des § 8 Abs. 2 ATG betrifft zwar den Inhalt eines abgeschlossenen Altersteilzeitarbeitsvertrages, besagt aber nicht, dass der Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages nicht mit der Begründung abgelehnt werden kann, es bestehe kein Anspruch auf Erstattungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit. Vielmehr soll durch diese Vorschrift lediglich sichergestellt werden, dass im Falle der Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer mindestens die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATG bezeichneten Leistungen unabhängig davon erhält, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattungsleistungen nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 12 ATG im Einzelfall vorliegen. Auch der Hinweis des Klägers auf § 8 TzBfG ist in diesem Zusammenhang unbehelflich. Zwischen dieser Regelung und den Regelungen des TV ATZ besteht kein rechtlicher Zusammenhang. § 8 TzBfG begründet unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen allein einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, nicht aber auf die vom Kläger gewünschte Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit den dann von der Beklagten tariflich geschuldeten Aufstockungsleistungen, so dass sich auch aus der Vorschrift des § 8 TzBfG nichts zugunsten des Klägers für die Frage der Beachtlichkeit von finanziellen Erwägungen herleiten lässt. Soweit der Kläger schließlich die Unbeachtlichkeit der von der Beklagten angeführten finanziellen Erwägungen aus einem Vergleich mit den Kosten, die der Beklagten in Form von Verzugslohnansprüchen als Folge einer im Laufe des verfahrensgegenständlichen Rechtsstreits gegenüber dem Kläger unter sofortiger Freistellung von der Arbeit am 11.03.2003 mit sozialer Auslauffrist zum 30.09.2003 ausgesprochenen, rechtskräftig für unwirksam erkannten außerordentlichen Kündigung entstanden sind, herzuleiten versucht, liegt dies erkennbar neben der Sache. Auch wenn die Beklagte als Folge der Rechtswidrigkeit der von ihr erklärten Kündigung sowie des Entzugs des Arbeitsplatzes kraft Gesetzes (§ 615 Satz 1 BGB) zur Zahlung des Annahmeverzugslohns verpflichtet war, ändert dies nichts daran, dass sie sich im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung auf finanzielle Erwägungen sowie die hiermit im Zusammenhang stehende Nachbesetzungssperre und die sich hieraus einerseits ergebende Gefährdung ihrer Forschungstätigkeit und Förderungswürdigkeit sowie andererseits ergebende Mehrbelastung ihres übrigen wissenschaftlichen Personals als sachliche Gründe für eine Ablehnung des vom Kläger begehrten Abschlusses eines Altersteilzeitarbeitsvertrages für die Dauer von mehr als sechs Jahren berufen kann. Insoweit besteht weder ein rechtlicher noch sachlicher Zusammenhang, der sich auf die Umstände des Wechsels des Klägers in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis bezieht.

cc) Auf seinen Fall bezogene Umstände, die die angeführten Ablehnungsgründe, nämlich finanzielle Mehrbelastung, Gefährdung ihrer Forschungstätigkeit und Förderungswürdigkeit sowie Mehrbelastung des übrigen wissenschaftlichen Personals infolge Nachbesetzungssperre, im Rahmen der gemäß § 315 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung als nicht mehr ausreichend erscheinen lassen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Sein Vorbringen, dass durch den begehrten Altersteilzeitarbeitsvertrag eine zusätzliche finanzielle Mehrbelastung der Beklagten jedenfalls deshalb nicht eintrete, weil diese bereits finanziell ständig durch den Weiterbildungsanspruch des Klägers aus § 37 Abs. 5 BetrVG buchhaltungsmäßig "belastet" sei, betrifft unabhängig davon, ob und in welchem Umfang eine solche buchhaltungsmäßige Belastung überhaupt - noch - besteht, keinen Umstand, der im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen ist. Der Kläger übersieht insoweit, dass etwaige Ansprüche aus §§ 37 Abs. 5, 38 Abs. 4 BetrVG ebenso wie die aus §§ 37 Abs. 4, 38 Abs. 3 BetrVG unabhängig davon bestünden, ob er bei der Beklagten in einem Vollzeit-, Teilzeit- oder Altersteilzeitarbeitsverhältnis beschäftigt ist. Eine irgendwie geartete kompensierende Wirkung käme dem vom Kläger begehrten Altersteilzeitarbeitsverhältnis daher insoweit nicht zu. Gleiches gilt, soweit der Kläger unter Hinweis darauf, dass sein Arbeitsplatz infolge eines Organisationsmangels der Beklagten immer mehr Funktionen verloren habe und praktisch inhaltsleer geworden sei, auf Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen/Sozialplänen und dem Rationalisierungsschutz-Tarifvertrag verweist. Auch etwaige sich aus diesen Regelungswerken ergebende Ansprüche auf Zurverfügungstellung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes oder auf Fortbildung und Umschulung oder auch auf einen finanziellen Ausgleich bestünden völlig unabhängig davon, ob sich der Kläger in einem Vollzeit-, Teilzeit- oder Altersteilzeitarbeitsverhältnis befindet, so dass diese bei der zu treffenden Ermessensentscheidung ebenfalls nicht berücksichtigungsfähig sind. Dass in den vom Kläger angeführten Regelungswerken Gegenteiliges bestimmt ist, ist nicht behauptet. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Soweit der Kläger schließlich meint, die Ermessensausübung der Beklagten sei deshalb fehlerhaft, weil er gemäß § 37 Abs. 5 BetrVG einen Anspruch darauf habe, seine Doktorarbeit zum Abschluss zu bringen, kann auf die vorstehenden Ausführungen zu §§ 37 Abs. 5, 38 Abs. 4 BetrVG verwiesen werden. Geht man insoweit zugunsten des Klägers davon aus, dass ein dahingehender Anspruch nicht besteht, würde die Absicht des Klägers, die ihm infolge des begehrten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zur Verfügung stehende Freizeit zur Fertigstellung seiner Dissertation zu nutzen, jedenfalls kein überwiegendes Interesse des Klägers an dem Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses für die Dauer von mehr als sechs Jahren begründen, wenn man hierin überhaupt einen sachlichen Grund für einen Wechsel eines Arbeitnehmers in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis sieht, woran im Hinblick auf den in der Präambel des TV ATZ zum Ausdruck gebrachten Teilzwecks des Tarifvertrages, älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu ermöglichen, Zweifel bestehen könnten. Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde es dem Kläger nicht möglich sein sollte, auch während eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit einer Dauer von höchstens sechs Jahren seine Dissertation zum Abschluss zu bringen. Eine andere Beurteilung könnte allenfalls dann in Betracht zu ziehen sein, wenn die alsbaldige Beendigung des Promotionsverfahrens des Klägers auch im betrieblichen Interesse läge. Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass das Vorbringen des Klägers zu seiner Doktorarbeit nicht einmal ansatzweise irgendeinen Bezug zu seiner Forschungstätigkeit an ihrem Institut oder zur Forschungstätigkeit ihres Instituts überhaupt erkennen lässt. Dass die Beklagte mit anderen Mitarbeitern Altersteilzeitarbeitsverträge mit einer Dauer von mehr als sechs Jahren oder überhaupt Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen hat, um diesen Gelegenheit zu geben, über ein die Forschungstätigkeit ihres Instituts nicht berührendes Thema zu promovieren, ist nicht behauptet, so dass sich auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine Einschränkung des Ermessens der Beklagten nicht ergibt.

dd) Im Übrigen weist die Beklagte - worauf es entscheidungserheblich allerdings nicht mehr ankommt - zutreffend darauf hin, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 2 Abs. 1 TV ATZ auch die sich aus deren Altersstruktur ergebenden Interessen der übrigen Belegschaft zu berücksichtigen sind, um nicht Gefahr zu laufen, infolge von nach § 2 Abs. 1 TV ATZ für jeweils einen langen Zeitraum abgeschlossenen Altersteilzeitarbeitsverträgen spätere Wünsche von Arbeitnehmern auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages, die auf diesen gemäß § 2 Abs. 2 TV ATZ einen Rechtsanspruch haben, aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen gemäß § 2 Abs. 3 TV ATZ ablehnen zu müssen. Da nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Beklagten von ihren neun Beschäftigten, die älter als 55 Jahre sind, der Kläger der drittjüngste und von den darunter befindlichen sechs wissenschaftlichen Angestellten der Kläger der zweitjüngste ist, bestand und besteht diese Gefahr bei dem vom Kläger gewünschten Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags für die Dauer von - zunächst weit - mehr als sechs Jahren im Streitfall auch ganz konkret, da der Wunsch nach Eingehung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im allgemeinen erst ab einem Alter von ungefähr 60 Jahren aufkommt.

Dass diese Gefahr im Streitfall ganz konkret bestand und immer noch besteht, gilt insbesondere dann, wenn man als dienstlichen oder betrieblichen Ablehnungsgrund im Sinne von § 2 Abs. 3 TV ATZ auch die Überschreitung der Prozentzahl des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ATG ansieht (so etwa Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, Teil VI/8, Stand November 2003, Rn 10 zu § 2 TV Altersteilzeit). Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte mit den schon abgeschlossenen beiden Altersteilzeitarbeitsverträgen die 5 %-Quote bezogen auf ihre Arbeitnehmerschaft bereits erfüllt und ob im Falle eines Gemeinschaftsbetriebs zur Ermittlung der 5 %-Grenze auch die Arbeitnehmer des anderen Vertragsarbeitgebers zu berücksichtigen sind, obwohl durch die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ATG verhindert werden soll, dass die Unternehmen durch eine übermäßige Inanspruchnahme von Altersteilzeit überfordert werden (vgl. ErfK-Roth, 4. Auflage, Rn 27 zu § 3 ATG). Denn jedenfalls stellt die Altersstruktur der Belegschaft der Beklagten einen weiteren sachlichen Grund für die Ablehnung des Abschlusses eines Altersteilzeitarbeitsvertrages mit dem Kläger für die Dauer von mehr als sechs Jahren dar.

III. Der für den Fall der Begründetheit des Antrags zu 1 gestellte Antrag zu 2 ist infolge der Unbegründetheit des Antrags zu 1 der Entscheidung nicht angefallen.

B. Der Antrag zu 3 ist der Entscheidung zwar angefallen, dieser ist aber bereits unzulässig (§ 64 Abs. 6 ArbGG, § 533 ZPO).

Der erstmals im Berufungsverfahren gestellte, auf § 37 Abs. 5 BetrVG gestützte Hilfsantrag beinhaltet eine Klageänderung. Das mit ihm verfolgte Prozessziel ist nicht auf den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages mit dem sich aus den Anträgen zu 1 und 2 ergebenden Inhalt, sondern im Rahmen des unverändert fortbestehenden Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe der Arbeitszeitverteilung des Antrags zu 2 auf bezahlte Freistellung von der Arbeit im Umfange von 19,25 Stunden pro Woche zum Zwecke der Nachholung der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung gerichtet. Der Antrag zu 2. betrifft daher einen anderen Streitgegenstand, der sich mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 264 ZPO als Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO darstellt. Eine solche ist gemäß § 533 ZPO im Berufungsverfahren nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht diese für sachdienlich hält und die Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrundezulegen hat. An diesen Voraussetzungen fehlt es im Streitfall zumindest teilweise. Denn die Frage, ob und in welchem zeitlichen Umfang dem Kläger ggf. aufgrund welcher Anspruchsgrundlage Gelegenheit zur Nachholung welcher infolge seiner Betriebsratstätigkeit unterbliebenen betriebsüblichen beruflichen Entwicklung Gelegenheit trotz Ablaufs der in §§ 37 Abs. 5, 38 Abs. 3 und 4 BetrVG genannten Fristen gegeben werden muss, beurteilt sich nach völlig anderen Tatsachen als die mit der Berufung angefallene Entscheidung über den Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages gemäß § 2 Abs. 1 TV ATZ. Die Zulassung der Klageänderung würde daher zur Beurteilung eines völlig anderen und zudem in erheblichem Umfang der weiteren Substantiierung bedürftigen Streitstoffes nötigen, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden könnte, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter A II der Entscheidungsgründe ohne weiteres ergibt. Dies steht der mangels Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung erforderlichen Bejahung der Sachdienlichkeit der Klageänderung entgegen, so dass dahingestellt bleiben kann, ob bei der gegebenen Sachlage auch das Vorliegen der weiteren Voraussetzung des § 533 Nr. 2 ZPO zu verneinen ist.

C. Die Berufung des Klägers war daher mit der auf § 97 Abs. 1 ZPO beruhenden Kostenfolge zurückzuweisen.

D. Die Zulassung der Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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